DasguteLeben

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6 - 10 von 132
DasguteLeben vor 1 Jahr 18 7
6
Sillage
9
Haltbarkeit
5
Duft
DaSchamanDing!
Die Story der Marke Areej le Doré: der geheimnisumwobene "Russian Adam" hat bereits jede erdenkliche Art von Oud destilliert, er ist ein Meister des Fachs und kann zudem auf die seltensten Ingredienzen wie natürlichen Moschus zugreifen um seine mystischen Düfte in der östlichen Tradition der Parfümerie zu weben. Ein regelrechter Schamane! Wobei ihm zugute zu halten ist, dass er auf der Website zugesteht auch synthetische Duftstoffe zu benutzen. M.a.W. hier ist jetzt nicht die östliche Version von Annette Neuffer oder ein dem Parfüm-Sufismus Dominique Dubrana's a.k.a. AbdesSalaam Attar vergleichbarer Ansatz zu erwarten, sondern ein ganz eigenes Ding.

Zum Duft:
Ich habe hier keinerlei animalisches Oud, sondern vom Auftakt an sehr intensive trockene Holznoten mit etwas Sprühlack, sowie die spezifische Bibergeil-Animalik, Seit an Seit mit sehr süßem Tonka, wozu sich trocken-schmirgeliger Kakao gesellt. Ledrige Nuancen (auch hier staubtrocken) und sehr im Hintergrund, aber wahrnehmbar, rauchiger Birkenteer flankieren das Ganze, im Verlauf entsteht noch ein süssholzartiger Eau de Reglisse Ton, wie man ihn öfters antrifft, seit die Fraktionierung das Portfolio natürlicher Komponenten stark erweitert hat (z.B. bei Undergreen Black)

Russian Oud wirkt auf mich sehr rustikal, ungefähr so weit von französischen Traditionen der Komposition und des Blending entfernt, wie eine Holzhütte in Sibirien vom Champs Élysées. Aufgrund der Reaktion meiner Nebenhöhlen gehe ich zudem davon aus, das hier auch synthetische Komponenten drinstecken, auf die ich zuverlässig sensibel reagiere. Norlimbanol würde mich bei dem trockenen Holzhammer nicht überraschen, obwohl mich das bei Synthetikbomben wie "Rudis" zwar vielleicht ästhetisch, aber bisher nicht allergisch, irritiert. Auch der Diffusionseffekt wirkt auf mich synthetisch induziert, das kenne ich so von keinen Naturparfüm, dass ich bisher hatte.

Ich gebe offen zu, dass ich mit diesem Duft und diesem Ansatz überhaupt nichts anfangen kann. Für ein Kakao/Choco-Gourmand ziehe ich jederzeit Borneo 1834 oder Chocolat Irisée vor. Ich bin einerseits Traditionalist, also großer Freund der klassischen Parfümerie, wie sie während der Belle Époque in Frankreich entstand: klassische Kopf-Herz-Fond Struktur mit 80% Natur für das Fleisch und 20% Synthetik für das Skelett, wie das mal als Faustregel formuliert wurde. Andererseits kann ich mich sehr dafür begeistern, dass ein Naturparfümeur wie Dubrana eine andere Art von Mehrdimensionalität hinbekommt und damit Meisterwerke schafft oder eine Annette Neuffer die französische Klassik mit rein natürlichen Ingredienzen neu denkt oder ein Slumberhouse mir einfach eine völlig neue Parfümkategorie um die Ohren bzw. Nasenlöcher haut. Und natürliches Oud mag ich schon auch sehr gerne, aber dann relativ straight.

Hier überzeugen mich in der Summe leider weder die Rohstoffe (zu deutliche Synthetik), noch die Konstruktion (zu nebeneinander) oder die Vision - dazu muss ich dann auch hinzufügen, dass nach meinem bisherigen Eindruck der Hausstil wohl grundsätzlich nicht mit meinen Vorlieben zusammengeht. Wer von seinen Präferenzen her woanders steht wird das daher auch ganz anders sehen und ich bin ja hier auch ganz klar in der Minderheit: viele Blogs und Parfümschreiber, deren Meinung ich sehr schätze, überschlagen sich mit Lob für Areej le Doré. Also, was weiss ich schon? Nur, dass dat, Duftschamane hin oder her, mol so gor nich meine Tasse Tee is', wie der Engländer secht.


7 Antworten
DasguteLeben vor 1 Jahr 10 6
9
Flakon
5
Sillage
8
Haltbarkeit
6.5
Duft
Der Bart ist falsch
Begeistert vom EdT Bruder 1949 hatte ich die Erwartung, dass auch das EdP den Spagat zwischen Klassik und Gegenwart hinbekommt. Denn 1949 hat trotz moderner White Musk Basis das zitrisch-floral-pudrige Flair traditioneller Herrendüfte à la Signoricci oder Floris No. 89.
Dem vielstimmigen Lob zum Trotze finde ich im Eau de Parfum aber leider wenig Bewegendes, vielmehr eine Überdosis Norlimbanol und anderer inzwischen generischer Trockenholz- und Weichmacher Synthetik (Cypriol, Cashmeran, Iso E...) Florale und balsamische Aspekte werden davon erbarmungslos an die Wand gedrückt. Letztlich könnte das ein beliebiger trockener Synthi-Orientale sein, etwa ein Bentley Flanker (wobei Michel Almairac in diesem Fall der deutlich überlegene Parfümeur ist). Für mich langweilig und auf die Dauer auch recht irritierend in der Nase. Schade um den schönen Flakon. Dennoch: wer den Stil mag, bekommt hier immerhin für aktuell €40 / 75ml ein Produkt, das in seinen Pseudo-Niche Iterationen schnell mal das Dreifache kostet. Echte Dandys hingegen greifen sicherlich lieber weiter zu Calligraphy Rose, Tremlett Black Tie oder Annette Neuffer's Sanctified Rose.
6 Antworten
DasguteLeben vor 2 Jahren 8 3
8
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
9.5
Duft
Amerikaner fotografiert Engländer beim Malen einer toskanischen Landschaft
Crabtree & Evelyn entstand Ende der 60er Jahre in Woodstock, Connecticut aus einem Hobby des Filmdistributeurs Cyrus Harvey und seiner Frau. Harvey, Sohn jüdischer Einwanderer aus Litauen bzw. Polen, hatte einige Jahre nach dem Krieg aufgrund seiner 1944/45 in Paris entflammten Liebe zum französischen Cinéma mit einem Partner in Cambridge, Mass, einen Verleih für Arthouse Filme gegründet - Janus Films - der bedeutende Werke von Antonioni, Bergman, Fellini, Kurosawa u.v.m. nach Amerika brachte. Nach Verkauf der Firma 1966 zog er nach Connecticut aufs Land und wollte sich dem Gärtnern, der Corgi-Zucht und anderen sehr englisch klingenden Dingen widmen, doch aus Faszination mit der alternativ angehauchten Ladengalerie, die er unterhalb seines Lichtspielhauses in Cambridge, dem berühmten Brattle Theater, entwickelt hatte, entstand die Idee, statt Filmen jetzt Seifen aus aller Welt zu importieren. Mit dem Fantasienamen Crabtree & Evelyn wurde das ganze anglophil aufgehübscht und zunächst aus den eigenen vier Wänden betrieben, doch schon bald entstand ein Laden und dann Dependancen, die Beautyprodukte, Lebensmittel und Accessoires im hippen Landhausstil vertrieben. Als Harvey C&E 1996 verkaufte gab es allein in den USA 160 Filialen.

Was hat das nun alles mit Sienna zu tun? Nach meiner Wahrnehmung sehr viel, denn es ist genau solch eine wunderbare Phantasie eine klassischen alteuropäischen Herrenduftes wie sie ein romantischer Amerikaner erträumen würde. Stilistisch fest in der Hochphase der „mehr- hilft-mehr“-Ära der 80er Jahre verankert, ist Sienna ein ledriges grünes Chypre mit vielen Berührungspunkten zu der Aramis-Serie – dem Urduft, Tuscany und besonders auch Devin aber auch vielen anderen Klassikern der Ära, die eine komplexe DNA aus Zitrusnoten, Galbanum, Artemisia, Muskatellersalbei, Nelke, floralen Komplexen, Patchouli, Ambra, Leder, Eichenmoos und mehr teilen. Es verwundert nicht, dass Sienna sowohl italienische als auch Jermyn-Street Assoziationen weckt, es irisiert genau zwischen diesen Polen von „Italianità“ und „Britishness“, welche sich ja auch in der Herrenschneiderei verwirken.

Der Schöpfer Siennas ist nicht bekannt, hergestellt wurde der Originalduft, den ich besitze, allerdings in England. Sollte es gar auch John Stephen sein (Dukes of Pall Mall, Czech & Speake), dieser heimliche Elgar der englischen Parfümerie? Zuzutrauen wäre es ihm, denn obwohl Sienna ein günstiger Duft war, ist die Konstruktion hervorragend und sticht durch den cleveren Einsatz von Bienenwachs aus dem weiten Feld der Zeitgenossen hervor, welches mit seiner süsslich-wächsernen Note die grünen und ledrigen Töne wunderbar abpuffert und tatsächlich einen olfaktorischen „Sienna“ Ton einbringt, warm und ruhig wie eine toskanische Abendsonne, die Häuser und Felder mit einem rötlichen Gold überzieht. Und das ist dann auch das Bild, das ich von Sienna vor meinem geistigen Auge habe: ein europhiler Amerikaner fotografiert einen Engländer, der eine toskanische Abendlandschaft malt. Klingt postmodern, duftet aber ganz fantastisch.
3 Antworten
DasguteLeben vor 2 Jahren 18 1
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Modern cool
Es ist schon ein wenig ironisch, dass Almairac's Gucci PH stilbildend für einen großen Zweig der Nischenparfümerie wurde, nur um 2014 in einer Reinkarnation als Bentley Absolute den vielen überteuerten Flakons in Form eines Online-Preises von ca. € 30 eine lange Nase zu drehen.
Trocken holzig / pfeffriger Weihrauch ist gewiss nicht mein Lieblingsstil, aber an kalten Tagen oder wenn eine kühl-rationale Ausstrahlung gefragt ist, funktioniert es für mich sehr gut. Es ist hervorragend konstruiert, duftet nach teurem Niche-Parfum und passt perfekt zu einem modern geschnittenen schwarzen Anzug oder einem High End Casual Outfit. Gut gemacht, Bentley!
1 Antwort
DasguteLeben vor 2 Jahren 5 3
Mehr Wellness als Parfümkunst
Diese Linie gehört zu einem Luxushotel und Spa gleichen Namens in Südost-Frankreich und Jean Claude Ellena ist Creative Director. Das sind ja schon mal gute Referenzen. Pfeffrige Rose von Ellena ruft natürlich sofort Rose Poivrée in Erinnerung, einen meiner Lieblingsdüfte aus der Hand des Meisters. Smyrna erfüllt solche Erwartungen leider nicht. Es weckt in mir Assoziationen an Hautpflege für gesetzte Damen ("die Magie der türkischen Rose für reifere Haut"). Die Rosennote ist ganz angenehm, viel zitrisches Linalool, gelbfarbig, in voller Blüte an einem milden Sommertag, ein wenig seifig, nicht kunstvoll. Die Gewürznoten sind flach, pfeffrig-staubig, aber ohne eine Tiefendimension beizutragen oder eine Geschichte zu erzählen. Die Hölzer im Fond fallen kaum auf, Smyrna ist eine eher statische Angelegenheit und was am Ende bleibt riecht eher nach Rhubofix, jedenfalls zitrisch. Summa summarum, es duftet ziemlich genau, wie ich es von einem Luxushotelprodukt erwarten würde - Molton Brown mit besserem Budget, aber keine haute parfumerie. Funktioniert als Souvenir vermutlich recht gut, wenn man mal im Couvent des Minimes geblieben ist. Bin ich aber nicht.
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