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FFL vor 3 Jahren 10 5
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Duft
Die Abstinenz der Guerlinade
Als ich neulich durch den Douglas Flagship Store in Frankfurt am Main schlenderte, blieb ich endlich mal beim Guerlain Exklusiv-Counter stehen. Die exklusiven Reihen von Guerlain, also L'Art et le Matiere (Unisex) sowie Les Parisiens (Herren) gibt es schließlich nur in exklusiven Boutiquen. Tja, da lohnt sich der Besuch bei Douglas. Ich ließ mir also alle 4 aktuellen Düfte von Les Parisiens (Derby, Arsene Lupin Voyou, Chamade Homme sowie Le Frenchy) auf die Haut sprühen und verglich einfach mal. Ich war überrascht, dass der Duft, der mir dabei am besten gefiel, ausgerechnet Yoyou war - von meinen Recherchen wusste ich bereits, dass dieser hier bei Parfumo am schlechtesten wegkommt.

Also erstmal eine Abfüllung mitgeben lassen und nochmal ausgiebig getestet. "Etwas schwach auf der Brust", "Guerlain-untypisch" und "Langweilig" las ich hier, solle er sein. Ja, das kann ich bestätigen. Ein besonders auffälliger Duft ist er nicht. Er ist weder raumfüllend, noch in irgendeiner Form extrem. Er ist nicht gourmandig, nicht boozy, nicht klassisch, ja was dann... einfach cremig-geschmeidig würzig-holzig. Braucht man sowas? Ich war mir immer noch nicht schlüssig.

Seine wahren Qualitäten zeigte er dann aber dann, wenn es darauf ankommt... im Alltag. Stichtwort Zahnarzt-Besuch. Manche werden jetzt denken: Auweia, Zahnarzt, bloß kein Parfüm auflegen! Ja, stimmt eigentlich, aber echte Parfum-Junkies gehen doch nie ohne Parfum raus! ;-)
Noch bevor ich Voyou kennenlernte, legte ich Ormonde Man auf, einen klassisch-grün-herben Männerduft, der hier durchaus als alltagstauglich, reserviert und office-tauglich beschrieben wird. Für den Zahnarzt war er dann aber doch too much. Während ich da lag, unter der Lampe auf der Zahnarztliege, mit Arzt und Assistentin über mir, nahm ich meine eigenen dunkelgrünen, krautigen "Whiff" wahr. Oje, dachte ich mir, hoffentlich stört es keinen... naja irgendwann sagte der Arzt dann "könnte jemand bitte das Fenster öffnen". Urghs... ich fühlte mich nun unwohl. Für den nächsten Zahnarztbesuch suche ich mir das langweiligste raus was ich habe, schwor ich mir selbst.

Dann kam der Douglas-Besuch und dann Voyou. Und dann der Folgetermin beim Zahnarzt. Diesmal keine negativen Lady Reactions, äh... Doctor Reactions. Test bestanden. Seitdem trag ich ihn immer öfters. Voyou begleitet einen still und heimlich, ist diebisch, wie Arsene Lupin, der Meisterdieb. Ein Meister der Verkleidungskunst... das heißt, er lungert gerne unter Jacken und Decken, und legt man diese ab, schlägt er zu mit einer angenehmen Brise. Dieser Whiff ist ganz Gentlemen-like und sogar verführerisch (wie der Roman-Protagonist), dank Sandelholz leicht süßlich, dank Zistrose aromatisch-harzig.

Voyou ist somit ein leichtfüßiger Immergeher. Ein Duft, den niemand unattraktiv finden wird, aber auch niemand zu attraktiv. Ein Duft für alle Fälle, der Nobrainer zum einfach vor die Tür gehen, wenn man nicht auf Parfüm verzichten will, obwohl man... eigentlich keins bräuchte. Einfach nur die Kombination aus leichter Frische mit dezenter Würzigkeit und angenehmer Holzigkeit. Die anfängliche Zitrus-Würze wandelt sich in eine Harz-Würze und wird dabei zu keiner Zeit aufdringlich oder stechend.

Die Guerlinade fehle, sagen manche. Ja. Wenn man Guerlinade definiert also das Vorhandensein einer Vanille-Iris-Kombination. Aber nicht wenn man sie definiert als die Genialität des Parfümeurs (hier: ein nettes Parfum zu kreieren, das keinem weh tut) und die Qualität der Rohstoffe. Danke Jean-Paul Guerlain.
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FFL vor 4 Jahren 14 8
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Duft
Darf es ein bisschen weniger sein?
Diese Titelfrage hört man in unserer modernen Zeit, in der Fasten, Verzichten und FdH immer mehr in Mode geraten, immer öfter. Muss es wieder das Schnitzel mit Pommes sein, oder biegen wir ab zum Salatbuffet? Die neue Apple Watch gleich aus Edelstahl, oder reicht Aluminium? Eis aber bitte mit Sahne... oder ohne? Und auf einmal stand ich vor der Frage: Ormonde Man mit 50% Ölkonzentration, oder reichen 30%? Aber fangen wir von vorne an.

Beim Stöbern durch die Top 30 der Herrendüfte in unser aller Lieblingsparfümdatenbank stieß ich irgendwann auf Ormonde Man (Parfum). Natürlich habe ich mir erstmal eine Abfüllung bestellt, und wenn man schonmal dabei ist, gleich noch eine vom "normalen" Eau de Parfum (weit außerhalb der Top 100) gleich dazu. Ist die hochkonzentrierte Variante wirklich besser?

Noch bevor die Proben eintrafen, hatte ich mich schonmal bei Ormonde Jayne, London, informiert, wie der Hase generell rennt. Es gäbe alle Parfums von O. Jayne mit 30% (Standard) sowie 40% oder 50% (Made-to-Measure) Parfümölanteil, teilte mir der freundliche Mail-Support mit.
Als ich den Support dann fragte, wieso die 30%-Konzentration "Eau de Parfum" heiße, obwohl laut Wikipedia ein EdP nur "10–20% aromatic compounds" hat (puh, mein Englisch reichte gerade so aus), kam als Antwort nur "we understand that this can be confusing".
Hihi, nun gut, Ormonde Jayne hat also seine eigene Definition und haut einfach voll auf die 12. Bisher dachte ich immer, die 43% Ölanteil, die das italienische Label "Profumum Roma" verwendet, seien schon das Höchste der Gefühle. So kann man sich irren...

Nun aber zu den Düften selbst: Das Parfum wird hier hoch gelobt, und ich kann die Lobhymnen sehr gut nachvollziehen. Die höhere Konzentration des Parfums (50%) lässt den Duft intensiver wirken. Ich habe den Eindruck, dass die Hemlocktanne hier stärker überdosiert wurde als die übrigen Noten. Dies scheint den meisten hier zu gefallen. Mir persönlich gehen dabei die anderen Noten, die den Duft etwas kantiger und frischer machen, also Vetiver und Pfeffer, etwas unter. Übrigens: Die 40%-Variante könnte die goldene Mitte sein - den scheint hier aber noch niemand getestet zu haben.

Doch wir sind hier nun beim Eau de Parfum (30%): An diesem gefällt mir, dass er etwas klassischer rüberkommt, nicht so balsamisch, aber würziger und kantiger und mit einem spürbaren Duftverlauf (Bergamotte im Opening). Im Büro würde ich mich damit wohler fühlen. Abends dagegen würde ich wohl das Parfum bevorzugen, mit der waldig-grünen Hemlocktanne, die zwar giftig ist, aber der eine beruhigende Wirkung nachgesagt wird (naja, Gift kann gut sedieren *scherz*).

Noch eine Beobachtung im Drydown (EdP), die ich nicht verschweigen will: Viele sagen, sie nehmen kein Oud war und so ging es mir auch erst. Doch im späten Drydown, als Bergamotte und Wacholder schon längst lebwohl gesagt hatten, nahm ich plötzlich eine süße staubige Holzigkeit wahr. Diese Note kam mir vertraut vor und dann kam die Eingebung: MFK's Oud. Und: Hatte Frau Jayne in einem Interview nicht berichtet, dass sie "die Welt bereist habe und dabei auf laotisches Oud gestoßen sei"? Tja, dieses hat auch der Francis K. benutzt (8 Jahre später). Ergo: Doch bissel Oud drin. Beim Parfum (50%) dagegen nahm ich weiterhin nur Hemlocktanne wahr.

Und die Moral von der Geschicht: Eine Empfehlung gibt es nicht. Jeder muss die für sich passende Konzentration wählen. Ich wähle die preislich günstigere, da sie mir einen Ticken besser gefällt. Und mal ehrlich: 30% Konzentration sind schon mehr als 95% der übrigen Düfte auf dem Markt vorweisen. Da darf es gerne ein bisschen weniger sein ;-)

Update: Die enthaltene Hemlocktanne (black hemlock oder auch canadian hemlock), die 30 Meter hoch wird, ist doch nicht giftig. Lediglich der Schierling (hemlock), der nur 2 Meter groß wird und ähnlich duftet, ist giftig. Dennoch ist bei "Ormonde Woman" auf der offiziellen Website von O. Jayne zu lesen: "We think of poor Socrates drinking the poison and its dark connotations."
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FFL vor 4 Jahren 6 1
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Duft
0 Hype
Wow, was entdeckt man hier noch für Schätze... Lanvin for Men würde ich als Geheimtipp bezeichnen. Ein Parfum, welches längst in Vergessenheit geraten ist und mit dem man unique unterwegs ist. Aber fangen wir von vorne an...

Ihr kennt das... man stöbert durch die Parfumo Bestenliste, hat bereits Herod, Aventus und Oud Wood abgehakt und stolpert auf einmal über ein Parfum, von dem man noch nie gehört hat. So ging es mir mit Lanvin for Men. Den muss ich testen, dachte ich mir, also ran an den Speck!

Nachdem ich endlich eine Probe dieses schon lange discontinue'ten (sagt man das so?) Duftes in die Hände bekam, dachte ich nach dem ersten Sprüher: Wow, so roch Mann damals also. Ja, der Duft ist wirklich klassisch und entwickelt nach dem Zitrusauftakt sofort eine gewisse Seifigkeit. Eine leichte Würze begleitet diese und grüne Noten gesellen sich dazu. Insgesamt ein frischer, cleaner Duft ohne Ecken und Kanten, der ein wenig nach Barbershop - obgleich eher ein Chypre und kein Fougère - duftet.

So why discontinued? Lanvin Paris, übrigens das älteste Pariser Modelabel, wurde bekannt durch Frauenparfums wie Arpège. Als dann in den 60er und 70er Jahren Männerparfums ins Sortiment kamen, waren diese evtl. weniger erfolgreich. Ich vermute, die potentielle Kundschaft verband mit dem Markennamen eher Damenparfums und... die Konkurrenz durch Chanel und Guerlain war evtl. auch übermächtig.

Empfehlen würde ich LfM eher reiferen Herren, die Erfahrung mit klassischen Düften haben und davor auch nicht zurückschrecken. Achja, die gebräuchliste Form der Auslieferung war der Schüttflakon :-/

Tja, zu einer Zeit, als es noch kein YT, keine Influencer und keine Hypes gab, kamen auch schon tolle Parfums raus. Ich hoffe, die lieben Influencer bekommen sowas nie in die Finger, sonst wars das mit dem Geheimtipp ;-)
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FFL vor 4 Jahren 10 10
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Duft
Zitronen am Adlerholzbaum
Was macht man, wenn man die typischen Oud-Kombos schon kennt? Man probiert mal was ganz exotisches aus... das kam mir vor ein paar Wochen, irgendwann im Juni, in den Sinn. Als Fan von Oud-Düften machte ich mich also auf die Suche nach - ganz der Jahreszeit entsprechend - sommertauglichen Oud-Düften. What? fragt sich nun sicher so manch einer... das ist ein Widerspruch in sich. Tja eigentlich schon. Oud, egal ob nach Kuhdung duftend, medizinisch angehaucht oder von der süßlichen Sorte, ist eigentlich eher was für die kalte Jahreszeit...

Doch nach etwas Suchen fand ich hier Aoud Lemon Mint - und bestellte mir direkt eine Abfüllung beim Parfumo meines Vertrauens. Oud mit Zitrone? Top oder Flop? Kann sowas funktionieren?

Also testete ich erstmal vorsichtig zuhause in Oud-Quarantäne (*lach*) bei vorsichtigen 22 Grad Innentemperatur. Zitrone und Pfeffer überdecken das Oud, welches von Anfang an präsent ist, aber im Hintergrund bleibt. Hier denke ich erstmal "Experiment gelungen!" Frisch-oudig geht also. Dazu noch bissel Mandelsüße... warte, zuviel von allem? Jein, die Zutaten sind fein verwoben (minimal synthetisch wirkt es dann doch, aber nicht störend).

Der Duft ist m. M. n. interessant und besitzt einen hohen Wiedererkennungswert. Er ist etwas bissiger (Minze, Koriander, Jasmin - das sind schon sehr unterschiedliche Duftnoten) als die bekannten Oud-Kombos (Oud von Mfk, Santal Royale, M7 etc.), aber wirkt auf stimmige weise fluffig-cremig. Schon nach 30 Minuten nehme ich kein Oud mehr wahr. Und das ist irgendwie genial. Als Oud-Fan kann man den Oud-Duft zuhause noch etwas genießen, und bis man dann draußen ist, ist das Oud weg und die Umwelt wird nicht belästigt ;-)

Ich vernehme dann recht bald die Vanille-Amber-Basis; der blumig-erdigen Mittelteil schwingt noch etwas mit. Leder ist auch etwas da, aber eher von der helleren Sorte. Im Drydown gefällt mir der Duft am besten. Er ist warm (Amber) und süß (Vanille) aber wird fluffig aufgelockert durch minimale Überbleibsel der Kopfnoten.

Nach dem ersten Test versuchte ich dann, den Duft tagsüber im Freien, diesmal bei 25 Grad zu (er)tragen. Da wurde es schon grenzwertig - es war immernoch angenehm und ich roch gerne an meinem Handgelenk, bei mehr als 25 Grad wäre das Potpourri aus polarisierenden Elemente dann aber zu heftig (Leder und Jasmin bei Sonne!).

Oud muss man natürlich mögen, aber wenn, dann ist dieser Duft einen Test wert im warmen Frühling (oder im aktuellen Achterbahnsommer). Haltbarkeit und Sillage sind jedenfalls überdurchschnittlich, wie von Mancera gewohnt.
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FFL vor 5 Jahren 11 3
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Duft
Das edle Hubba-Bubba-Parfum
Wir schreiben das Jahr 2014. Unser geschätzter Meister-Parfumeur Roja D. sitzt in seiner "Chambre de création créative" - ups, Regiefehler (er ist ja Brite) - in seiner "Chamber of creative Creation" und siniert darüber, welchem Thema sein nächster Duft folgen sollte.

"Hmm, ich fange erstmal mit den klassischen Zutaten an, mit denen ich schon reichlich Erfahrung habe. Über das gewisse Etwas mache ich mir später Gedanken" - dachte er und warf erstmal die Grundstoffe eine typischen Roja-Duftes in den Topf: Kardamom, Vetiver, Labdanum, Jasmin, Bergamotte, Lavendel. "So, erstmal würzig genug, leicht blumig und zitrisch ist die Mischung auch... kann also schon mal kein Reinfall werden. Aber was nun? Vielleicht noch Weihrauch dazu und Pfeffer... hmm."

Also grübelte und sinierte er, und während er zwei kleine Ampullen mit den Duftstoffen 'Weihrauch' und 'Pfeffer' über dem Topf von der einen in die andere Hand jonglierte mit den Worten "Was nehme ich denn nur?", rutschte ihm sein Hubba-Bubba-Kaugummi von der Zunge, mitten in den Topf! Es war seine Lieblingssorte "Fancy Fruit" - die bekannte rosafarbene Sorte, die in den 90ern sehr beliebt und wortwörtlich in aller Munde war. Sofort gesellten sich zu den klassischen Noten der bisherigen Ingredienzen die Fruchtigkeit eines Pfirsichs kombiniert mit der Süße einer Tonkabohne. Wow, that's it! Würzig und fruchtig - wieso war er da nicht gleich drauf gekommen? Dies sollte sein neues Parfum werden.

Natürlich war ihm klar, dass er den Geschmack der Hubba-Bubbas irgendwie mit natürlichen Ingredienzen nachbilden musste, aber das sollte nicht sein Problem sein - dafür hatte er ja genug angestellte Chemiker, die das schon hinbekommen würden. Jetzt fehlte dem Kind nur noch ein Name...

Zuerst dachte er an den Namen "Scandal" - ist ja schließlich fast schon skandalös, Parfum mit Kaugummi-(Bei)Geschmack zu verkaufen... aber, Mist... den Namen hatte er ja schon einem anderen Parfum gegeben! Wie wäre es mit "risque"? - ist ja schließlich ein Risiko, solch eine Kreation zu veröffentlichen... was, wenn die Leute sagen, die Hubba-Bubbas mit Cola-Geschmack waren doch viel besser? ;-)

Ok, der Name ist cool, dachte er. Aber um das Risiko noch riskanter zu machen, schreibe ich den Namen falsch und mache aus dem "risque" ein "risqué" mit Accent Aigu. That's it!

Zurück ins Jahr 2019. Der Duft ist mittlerweile discontinued. Es gibt nur noch die Variante pour Femme. Vielleicht weil rosa Kaugummis doch eher was für Mädchen sind... wer weiß? Was bleibt (zumindest in Restbeständen), ist ein toller Duft. Würzig-süß und dank zitrischer Noten dennoch bis +20 Grad tragbar. Beinahe ein Immergeher. Und sicher wieder ein Meisterwerk.
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