Fabistinkt

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11 - 15 von 29
Fabistinkt vor 5 Jahren 17 4
7
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Aggressive Eleganz
Madame Rochas ist als Blindtausch zu mir gewandert. Als ein Produkt der frühen 60er Jahre mit einer sehr vertrauten Pyramide schien sie mir schon ungerochen sympathisch, bin ich doch ein großer Fan von Calèche, das ganz ähnlich gestrickt ist. Eine sehr liebe Münchnerin bot Madame schließlich im Souk an und ich schlug zu. Zwei Überraschungen folgten.

Die gute: Großzügigerweise hatte die Parfuma gleich einen ganzen Flakon Rochas Femme beigelegt, die schon länger auf meiner Wunschliste stand.

Die weniger gute: Madame und ich hatten Startschwierigkeiten. Der erste Eindruck war noch positiv und fiel genauso aus wie erwartet: Helle Aldehyde, wie sie in den 60er und 70er Jahren in Mode waren (Calèche, Rive Gauche, Calandre, Van Cleef & Arpels First etc.). Seifig-cremiger als noch in der Generation vorher, die wahre Rauchbomben sein konnten und mit einer großen Strahlkraft. Die Kombination aus diesen Aldehyden und den sonnigen Orangenblüten, mit denen sie verwoben sind, ist enorm gefällig.
Nun zum weniger guten Teil: Auf den zweiten Riecher kommt das Fundament zum Vorschein, auf dem Aldehyde und Orangenblüten tanzen. Es ist eine klassische Chyprebasis, was per se weder gut noch schlecht ist. Allerdings gehört das enthaltene Eichenmoos zur kratzig-trockenen Sorte. Eichenmoos kann wunderschön sein und im richtigen Maß einen perfekten herben Gegenpart für Blumen oder ähnliches darstellen. Oder es kann einem den Atem nehmen. So schlimm ist es bei Madame natürlich nicht, doch mir kommt es vor, als würde es darin unnötig gepusht. So entsteht insgesamt ein sehr eleganter Duft, der eine große Energie, Schärfe und Strahlkraft besitzt. Ich würde es als beinah aggressive Eleganz beschreiben. Etwas, was vielleicht Anna Wintour frühmorgens vor der Arbeit aufsprüht, um dann bis spät in die Nacht ihre Assistentinnen durch die Redaktion der Vogue zu scheuchen.
Madame und ich werden wohl nicht mehr so recht warm miteinander. Ersatz ist schon auf dem Weg, die jüngere Schwester aus dem Hause Rabanne mit dem glänzenden Kühlergrill.
Wem Madame aber eindeutig zusagen sollte, sind all diejenigen, die Reformulierungen alter Klassiker betrauern. Diese Madame scheint mir kräftig und ausdrucksstark wie eh und je zu sein, weit entfernt von verwässert und totreformuliert.

EDIT: Diesen Kommentar habe ich ursprünglich zur Version von 1989 gepostet, da ich meinte, dass es sich um diese handelt (Flakon sieht aus wie der dort abgebildete). Es ist aber wohl die aktuelle Variante, die nur nicht so aussieht wie hier auf dem Foto. Danke für den Hinweis, J.!
4 Antworten
Fabistinkt vor 5 Jahren 39 10
9
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Perlende Aldehyde im Sonnenlicht
Diese Woche ist Karl Lagerfeld gestorben. In Blogbeiträgen und einem Kommentar wurde hier schon alles gesagt, trotzdem habe ich das Gefühl, auch noch meinen Senf dazu geben zu müssen. Karl Lagerfeld war eine Marke, wie meine Oma sagen würde. Für mich war er so ziemlich der coolste alte Mann, der auf diesem Planeten herumlief. Sein pfeilschnelles Geplapper mit dem winzigen missingschen Akzent und dem leichten Lispeln, ein Koffer voller Allüren und ein hellwacher Geist machten ihn zu einer sympathischen, schrulligen, einschüchternden und liebenswerten Diva. Fachlich als Designer bei Chanel war er sicher immens talentiert, mir fehlt nur leider gänzlich das Wissen, um seine Arbeit beurteilen zu können. Immerhin habe ich einmal ein Paar Unterhosen seines Labels Karl Lagerfeld besessen, die waren allerdings immer einen Tick zu eng und unbequem. Ganz passend eigentlich.

Jetzt würde es sich natürlich anbieten, einen Duft zu kommentieren, der unter seinem Namen auf den Markt gebracht wurde. Ich hatte sogar schon drei davon im Schrank stehen: Chloé; Sun, Moon & Stars und Lagerfeld Classic. Alle drei durften jedoch schnell wieder weiterziehen, da es keiner von ihnen schaffte, den Funken der Begeisterung zu entzünden. Stattdessen möchte ich lieber einen Chanel-Duft beschreiben, der während seiner Zeit dort lanciert wurde: N°5 Eau Première.

N°5 Eau Première kam vor über zehn Jahren auf den Markt, um eine neue Generation anzufixen, ähnlich wie bei Guerlain mit Shalimar Parfum Initial. Dazu hat man versucht, eine hellere und luftigere Version des Originals in Eau-de-Parfum-Konzentration zu erschaffen. Und es ist gelungen.
Meine Referenz für N°5 ist das Eau de Toilette, das im Gegensatz zum weit verbreiteten EdP (80er Jahre) zu den originalen Konzentrationen aus den 20ern gehört: Es beginnt mit rauchigen, fließenden Aldehyden und wird schnell herb mit leicht grün-würzigen Untertönen von Vetiver. Seine Anziehung liegt für mich in den Aldehyden, die zwar anständig rauchen, dabei aber eine sagenhafte Feinheit besitzen und dadurch hochwertig und teuer wirken. Müsste ich N°5 EdT einem Genre zuordnen, wäre es eindeutig ein Chypre durch die herb-moosig-grüne Basis. Florale Noten sucht man vergebens, die sind vielleicht im puren Parfum oder im EdP zu finden.

Für das Eau Première hat N°5 nun komplett das Genre gewechselt. Von einem Chypreduft ist nichts mehr übrig. Vetiver steht zwar noch in der Pyramide gelistet, man ahnt ihn aber bestenfalls noch durch einen winzigen, herben Touch, der sich den Aldehyden entgegenstellt. Diese sind die Stars in Eau Première: Strahlend hell leuchtend, cremig und zart, befreit vom Rauch der 1920er Jahre schimmern sie wie pures Licht auf der Haut. Die wunderschöne Feinheit der originalen Aldehyde wurde beibehalten und um ein paar zitrische Facetten ergänzt. Der Duft wirkt unheimlich elegant und stilvoll, dabei aber nahbar und liebenswert. Unterlegt sind die sonnigen Aldehyde von einem eleganten, floralen Mix, den ich wie immer nicht auseinander klamüsern kann. Was den Verlauf betrifft, ist das Eau Première ganz die Mama, nämlich sehr linear. Was man am Anfang riecht, bleibt bis zum Schluss. Und der kommt ziemlich spät, die Haltbarkeit ist spitze, genau wie die Sillage.

Müsste ich wählen zwischen Original und Eau Première, die Wahl würde ohne Zögern auf letzteres fallen. Es wurde explizit für meine Generation geschaffen und dieses Ziel haben sie erreicht. Ich könnte mir vorstellen, dass N°5 eine ähnliche Faszination hervorgerufen hat, als es vor bald 100 Jahren lanciert wurde.

Verpackt ist Eau Première in der maximierten Version des originalen Parfum-Flakons, einem schlichten, geometrisch konstruierten Glasfläschchen mit gläsernem Stopfen, der der frühen Moderne entspringt und seine Eleganz durch Reduktion auf das Wesentliche erhält.

Gut gemacht, Chanel! Und tschüß, Karl.
10 Antworten
Fabistinkt vor 5 Jahren 35 16
10
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Ein Traum aus Puder und Guerlinade
Mein letzter Kommentar zu einem Parfüm ist lange her. Der theoretische Teil der Bachelorarbeit war von Herbst letzten Jahres bis zum 14. Januar wichtiger als Duftbeschreibungen, wenn auch letztere um ein Vielfaches mehr Freude machen. Das kurze Zeitfenster bis zum praktischen Teil, das nicht mehr lange dauern wird, habe ich bislang lieber für Blogbeiträge zum Design von Flakons genutzt. Der erste Parfümkommentar dieses Jahres soll deshalb nicht irgendeinem Wässerchen gelten, sondern einem der ganz großen Klassiker, der blauen Stunde von Guerlain.

L’heure bleue kenne ich schon relativ lange, allerdings war unsere Bekanntschaft nur von sehr oberflächlicher Natur. Ein kurzes Kennenlernen auf einem Papierstreifen, bei Nägele & Strubell schnell auf die Hand gesprüht, tiefer ging unsere Beziehung bislang nicht. Deshalb habe ich auch bis vor kurzem nur ihre ersten Eindrücke gekannt und es versäumt, ihre tatsächliche Schönheit zu entdecken, die sich erst nach einigen Minuten entfaltet.

In der ersten Phase leuchten kurz Aldehyde und Hesperiden auf. Aldehyde sind wie so oft nicht in der Pyramide gelistet, doch sie sind definitiv vorhanden und lassen für wenige Momente einen angenehmen, altmodischen Rauch aufsteigen. Parallel mit den Aldehyden flirren ein paar sonnige Spritzer von Bergamotte durch die Luft.
Beides ist jedoch von kurzer Dauer und ein sehr prominenter Eindruck folgt auf das Intro: Gartennelke und Iris, sehr pudrig und sehr erdig, erblühen auf der Haut. Diese beiden dominieren den Duft in der Anfangsphase und sind bis in die Basis hinein noch wahrnehmbar. Wer L’heure bleue noch nicht testen konnte, kann hier Vanderbilt von Gloria Vanderbilt als Referenz zu Rate ziehen. Nach typischem 70er-Jahre-Grün taucht bei ihr ein ganz ähnlicher pudrig-erdiger Ton auf, der vielen ebenfalls aus Nuit de Noël oder Tabac Blond von Caron und Soir de Paris von Bourjois bekannt sein dürfte.

Und hier endete für gewöhnlich meine L’heure bleue-Erfahrung. Erst mit dem nagelneuen Souk-Flakon einer sehr netten Schwarzwälderin habe ich diesen Duft jetzt komplett kennengelernt und mich schockverliebt. Denn: Der schönste Teil folgt erst. Nach und nach durchdringt pure Guerlinade die erdigen Puderwolken. Wie ein warmes Licht im Nebel, dessen Schein langsam größer wird, leuchtet bernsteinfarben die Benzoe auf, harzig, heimelig und stark an Weihrauch erinnernd (oder ist Benzoe am Ende Weihrauch?). Eng verwoben mit der Benzoe ist dichte, unendlich warme Vanille. Diese lässt an Shalimar denken, das über zehn Jahre später entwickelt wurde, ebenfalls von Jacques Guerlain. In dieser Phase ist die Blaue Stunde für mich am Schönsten, wenn floral-gelbe Pudernoten und bernsteinfarbene Vanille-Benzoe Hand in Hand gehen und einen unfassbar liebenswerten Duft entstehen lassen. Ab und zu blitzt im warm-pudrigen Schein eine hellgrün-blumige Note auf, bei der es sich wahrscheinlich um das aufgeführte Veilchen handelt. So stark, wie es andere der Pyramide nach wahrnehmen, empfinde ich es aber bei weitem nicht. Nelke/Iris und Ambra regieren hier eindeutig, das Veilchen ist nur eine Randerscheinung.
Zum Ende werden die floralen Pudernoten weniger und die mittlerweile bräunlich-orange leuchtende, warme Ambra übernimmt komplett das Zepter.

Was ungefähr ab Einsetzen von Vanille und Benzoe geschieht, macht mich aus zwei Gründen sehr glücklich: Erstens riecht es phantastisch, zweitens habe ich endlich einen Ersatz für einen geliebten und leider eingestellten Duft gefunden. Das pure Parfum von Tosca (4711/Mäurer & Wirtz) ist einer meiner ganz großen Lieblinge und ich könnte täglich darin baden. Leider wird es schon lange nicht mehr produziert und die noch erhältlichen Versionen (EdP, EdT und EdC) versprühen nicht denselben Zauber. Zwar besitze ich mittlerweile vier kleine Flakons der puren Tosca, doch irgendwann werden auch diese aufgebraucht sein und ich brauche dringend Ersatz durch etwas, was es weiterhin zu kaufen gibt. Und hier kommt Guerlains L’heure bleue ins Spiel. Zwar sind die Unterschiede da und nicht klein, doch das Gefühl, das beide vermitteln, ist ähnlich. Tosca besitzt bedeutend mehr rauchige, dunkle Aldehyde als die Blaue Stunde, welche dafür viel erdig-pudriger und gelb duftet. Sobald sich aber Puder bzw. Aldehyde legen und das leuchtende Bernsteinherz zum Vorschein kommt, sind sich beide sehr ähnlich und verströmen die gleiche Art von Magie. Im Vergleich muss ich allerdings sagen, dass L’heure bleue etwas weniger Dichte besitzt als Tosca. Mein ältester Flakon davon stammt aus den 50er Jahren. In dieser Version hat das Parfüm eine derartige Tiefe, dass man darin versinken und nicht mehr auftauchen könnte. Allerdings ist das möglicherweise den unterschiedlichen Konzentrationen geschuldet und das Extrait der L’heure bleue ist vielleicht genauso dicht und tief wie das Tosca Parfum. Um den kompletten Vintage-Tosca-Effekt zu bekommen, habe ich mir jetzt das Tosca-Duschgel besorgt und sprühe mir nach dem Abtrocknen großzügig die Blaue Stunde auf. Traum…

Aber genug jetzt der Vergleiche. Die Sillage ist relativ hautnah, bei Bewegung und Wärme macht sie sich allerdings gut bemerkbar, die Haltbarkeit ist gut. Ein winziger Kritikpunkt ist für mich, dass sie gerne noch ein kleines bisschen dichter sein könnte. Manchmal fühlt es sich an, als wären die Bestandteile nicht ganz vermischt, sondern würden wie kleine Blöcke nebeneinander stehen. Von Experten wie Dariush Alavi habe ich mittlerweile gelesen, dass die aktuelle Version von Thierry Wasser eine bedeutende Verbesserung zu den vorangehenden Versionen darstellen soll. Wie auch Mitsouko hat L'heure bleue wohl eine Art Verjüngung durchlaufen und lässt ihre Bestandteile neu erstrahlen.

Flakon: L’heure bleue duftet nicht nur umwerfend, sie kommt auch in einer phantastischen Verpackung daher. Ihr Flakon ist ein typischer Vertreter des Jugendstils und transportiert den Charme dieser Ära gekonnt in unsere Zeit. Wohl aus Kostengründen wurde Mitsouko nach dem ersten Weltkrieg in denselben Flakons abgefüllt und im neuen Jahrtausend fanden La Petite Robe Noire und Vol de Nuit Evasion ihr Zuhause darin. Ziemlich bald werde ich diesem Art-Nouveau-Flakon wahrscheinlich einen extra Blogbeitrag widmen.

L’heure bleue ist für mich äußerlich wie innerlich nahezu perfekt gelungen und ein absolutes Gesamtkunstwerk. Bin ich froh, dass sie endlich in mein Leben eingezogen ist und wir uns anständig kennen gelernt haben! Sie ist mit Sicherheit jetzt schon eine meiner liebsten (und ältesten) „Neuentdeckungen“ dieses Jahres und wird höchstwahrscheinlich einen dauerhaften Pfeiler meiner Sammlung darstellen.
16 Antworten
Fabistinkt vor 6 Jahren 21 8
7
Flakon
6
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Die grünen 40er Jahre
Zu „Ma Griffe“ habe ich leider keinen Bezug aus dem realen Leben, er begegnete mir zuerst auf Parfumo. Auf eBay ist er glücklicherweise recht günstig zu finden, so ging ich irgendwann im Frühjahr als Miss-Dior-Fan das Risiko des Blindkaufs ein und ein verschweißter, als „vintage“ titulierter Flakon flatterte zu mir ins Haus. Wie alt er tatsächlich ist, kann ich nicht sagen, die Flasche entspricht aber nicht der, die bei der 2013er Variante abgebildet ist, sondern ist altmodisch aus Dreiecken zusammengesetzt, gekrönt von einem dunkelgrünen Deckel.
Zum Duft:
Ma Griff eröffnet grasgrün und ein wenig säuerlich-frisch. Welche grünen Bestandteile man genau riecht, kann ich nicht herausfiltern. Auf dieses satte Grün tröpfeln ein paar Aldehyde, die schnell wieder verdampfen. Der Eindruck ist pudrig, trocken und nur minimal floral. Würde es heute auf den Markt kommen, wäre Ma Griffe sicher ein Unisexparfüm, wenn nicht sogar eines, das nur in den Männerregalen steht.
Wenn sich die Frische legt, dreht sich der Carven ein wenig und in mir entstehen leicht unangenehme Assoziationen: er erinnert an den Geruch, den man in der Nase hat, wenn man sich den Kopf so richtig böse anstößt, etwas bitter und irgendwie dumpf. Von Dauer ist diese Phase netterweise nicht und alle Noten pendeln sich nach und nach ein, bleiben angenehm grün und behalten etwas von der Bitterkeit (olfaktorisch gesprochen). Ich könnte mir vorstellen, dass der Balmain'sche „Vent Vert“ ganz ähnlich gerochen haben mag, bevor er Anfang der 90er Jahre reformuliert wurde, da er viel kräftiger und auf altmodischere Weise nach Grün riecht als der ziemlich blumige grüne Wind. „Vent Vert“ entstand schon ein Jahr nach „Ma Griffe“, gleichzeitig mit Miss Dior (1947). Letztere waren beide Kreationen von Jean Carles, „Vent Vert“ und der verwandte „Bandit“ (1944) aus dem Hause Robert Piguet wurden von Germaine Cellier gebraut. Alle vier sind sich ähnlich, wobei „Bandit“ in die würzige Richtung geht, „Vent Vert“ (in der 90er-Jahre-Fassung) sehr zart und unauffällig blumig daher kommt, „Ma Griffe“ ziemlich trocken bleibt und „Miss Dior“ mit viel Galbanum an das Erbe „Vol de Nuits“ von Guerlain anknüpft, ergänzt um kräftigen Salbei. „Femme“ von Rochas (1945) kann man garantiert auch in Beziehung zu den vier Grünen stellen, mit ihr habe ich mich nur noch nicht richtig beschäftigt. Diese Chypre-Generation der 40er Jahre sind die Eltern der würzigen Chypres ab Ende der 50er Jahre, man denke an Aramis, Cabochard, Aliage und wie sie alle heißen.
Eichenmoos will meine Nase hier übrigens nicht so richtig bemerken, was gar nicht so traurig ist.
Mal sehen, wie es mit uns weitergeht, interessant und ungewöhnlich ist Ma Griffe auf alle Fälle.
8 Antworten
Fabistinkt vor 6 Jahren 15 2
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Verschmustes Kuckuckskind
Mon Guerlain ist mir zu einer Zeit begegnet, als es die Industrie wirklich sehr darauf anlegte. Anfang dieses Jahres waren die Parfümerien voll davon, überall standen extra Tische mit dem neuen rosa Zuwachs und seinem floralen Geschwisterchen. Es wurden Proben und besprühte Stoffbänder verteilt und mit bedufteten Guerlain-Fächern der möglichen Kundschaft hinterher gewedelt. Sooo gerne hätte ich einen der papiernen Windmacher gehabt, aber da war nix zu machen. Jedenfalls fruchtete die olfaktorische Dauerbeschallung tatsächlich bei mir. Mon Guerlain macht es einem auch sehr einfach, ihn zu mögen:
Er eröffnet minimal zitrisch mit der Bergamotte. Gleichzeitig steigt aber schon ein Schleier modern anmutenden Lavendels in die Nase, durch den sehr schnell die warme Vanille der Basis hindurch scheint. Diese Kombination aus Lavendel und süßer, kuschliger Vanille ist selbstverständlich weder anspruchsvoll noch besonders interessant, sie erreicht aber zweifelsohne die beabsichtigte Wirkung, nämlich dass man den Duft in Windeseile ins Herz schließt. Verändern tut er sich über die Zeit nicht bedeutend, er klingt einfach langsam aus.
Dass süße Vanille im frühen 21. Jahrhundert en Masse verwendet wird, um Düfte einfacher zugänglich (und käuflich) zu machen, ist nichts Neues. Dass Guerlain zu diesem Mittel greift, ist allerdings ungewöhnlich. Im Gegensatz zu anderen Werken aus der traditionellsten aller Parfümschmieden kommt beim ersten Riechen nicht der Guerlain-Effekt. Vielmehr wirkt er wie das Kuckuckskind einer beliebigen Duftmarke, das zufällig ins oktogonale Extraitfläschchen geplumpst ist. Wahrscheinlich sind solche Mittel den Massenmarkt zu erobern aber notwendig, um die duftende Denkmalpflege der Jickys und Mitsoukos weiterhin finanzieren zu können.
Nichtsdestotrotz ist er auf seine simple Art sehr schön und sorgt für viele zufriedene Momente. Ungefähr so wie Frollein Fischers „Atemlos“ bei einer langen Autofahrt mit guten Freunden, die sonst auch anspruchsvollere Dinge hören.
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