SchatzSucher
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Was man bei Paco Rabanne noch so alles kann....
Der Name Paco Rabanne wirkt ja auf viele Parfumos wie ein rotes Tuch. Denkt man doch zunächst an Düfte wie One Million, PureXS und Invictus, an denen kaum ein gutes Haar gelassen wird und es bereitet wohl auch diebischen Spaß, diese sehr clever produzierten und vermarkteten Düfte (und ihre Träger) in der Luft zu zerreißen. Ich gebe zu, daß mir da auch nicht jede Neuschöpfung gefällt.
Dennoch beißt die Maus keinen Faden an der Tatsache ab, daß diese bespöttelten und verachteten Kreationen sich im echten Leben da draußen wohl sehr gut verkaufen. Da können wir noch so viel motzen.
Doch neben diesen plakativen Haudraufdüften gibt es auch noch eine Duftwelt von Paco Rabanne, die subtiler ist und andere Parfumos bzw. Kundschaft anspricht.
Und an dieser Stelle möchte ich gern einhaken.
Paco Rabanne ist zunächst Mitte der 60er Jahre als Modeschöpfer mit bahnbrechenden futuristischen Kreationen bekannt und berühmt geworden. Verwendete er doch als Erster industriell erscheinende Materialien wie Pappe, Metall, Kunststoff, Glasfasern, was ihm den Spitznamen "Klempner" oder "Metallarbeiter" (wie Coco Chanel ihn gern betitelte) einbrachte.
1969 wurde in Zusammenarbeit mit der Firma Puig der erste Duft auf den Markt gebracht "Calandre", zu deutsch "Kühlergrill". Erst einmal ein lächerlich erscheinender Name.
Doch im Hinblick auf seine modischen Schöpfungen erscheint mir der Name gar nicht so unpassend gewählt.
Irgendwann wurde Calandre durch diese noch immer erhältliche Version ersetzt.
Und ich muß sagen, daß mir Calandre ausgesprochen gut gefällt.
Dieser Duft hat tatsächlich eine metallisch anmutende kühle Ausstrahlung. Und er ist eine ganz hervorragende Interpretation des mir so lieben Chypre-Themas.
Diese Duftrichtung läßt mich seit geraumer Zeit nicht mehr los und ich bleibe nach wie vor der Ansicht, daß sehr viele Chypredüfte, die eigentlich für die Damenabteilung vorgesehen waren, ganz hervorragend von Herren getragen werden können.
Calandre gehört ebenfalls dazu. Ist dieser Duft in keiner Phase seines Verlaufs wirklich süß oder verspielt.
Der Aufbau entspricht meiner Nase nach dem klassischen Chypre-Strickmuster, ein Auftakt mit Zitrusnoten, die hier nicht aufdringlich oder aufgesetzt künstlich wirken. Sie bilden das Grundgerüst, auf dem sich dann die blumigen Noten stützen. Diese blumigen Noten sind von Haus aus ebenfalls nicht süß, sie wirken eher herb, kühl und etwas spröde. Dazu kommen leichte holzige Akzente und eine deutliche Pudrigkeit, die mir fast wie feinster Metallstaub erscheint und diese schillernde Kühle des Duftes noch unterstreicht. Ich meine auch noch, daß eine Portion Aldehyde mit verwendet wurde.
Dazu ist die Ähnlichkeit von Calandre zu Rive Gauche von Yves Saint Laurent mehr als deutlich.
Bis zur Basisnote sind beide Düfte sich so ähnlich, daß es recht schwierig wird, sie auseinanderzuhalten. Erst ab der Basis trennen sich beide Düfte wieder, Calandre bleibt blumiger, während Rive Gauche zusätzlich noch eine Note entwickelt, die ein wenig an frische Druckerschwärze erinnert.
Calandre hat eine sehr gute Haltbarkeit, 8 Stunden dürften locker drin sein, auf Kleidung ist der Duft noch am nächsten Tag sehr gut wahrzunehmen. Er strahlt recht gut aus, ist aber nicht aufdringlich.
Zu Kostüm und Anzug macht Calandre eine ebenso gute Figur wie zur Abendgarderobe. Der Duft ist dazu der perfekt passende Schmuck. Und jahreszeitentechnisch kann ich da keine Einschränkung machen. Ein kühlerer Duft kann sich auch im Winter sehr gut machen.
Leider kenne ich die Ur-Version von Calandre nicht, da wäre ein Vergleich mal sehr interessant. Aber wenn die aktuelle Version schon so verheißungsvoll duftet....
Wenn ich mir die "Habe-Ichs" so ansehe, gehört Calandre zu den weniger bekannten Düften. Ich könnte jetzt sagen schön so, dann bleibt mehr für die Liebhaber übrig ;-)
Aber die Liebhaber von Chypredüften sollten hier ruhig mal ein Näschen nehmen und sich um eine schöne und interessante Dufterfahrung bereichern lassen.
Ein weiterer sehr schöner Vertreter der weniger bekannten Paco-Rabanne-Duftwelt ist Métal aus dem Jahr 1979, der kühle Metallik und Chypre ebenso perfekt verkörpert und den ich genauso großartig finde.
Und daß man unter dem Namen Paco Rabanne mehr kann als Haudraufdüfte auf den Markt zu bringen, hat sich hier sicher gezeigt.
Calandre wäre für mich ganz sicher ein Kaufkandidat, doch habe ich bereits Rive Gauche in der aktuellen Version, die ich grandios finde. Und da die Ähnlichkeit sehr stark ist, bleibe ich bei Rive Gauche.
Ich danke Yatagan ganz herzlich für diese wunderbare Dufterfahrung!