Flaconesse
duftende Gedanken
vor 5 Jahren - 11.07.2019
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Über Kunst und Körperpflege, das ELDO Wanderpaket

Wenn ich an die Marke Etat Libre d‘Orange denke, von der ich bisher nicht allzuviel gehört, gelesen und getestet habe,kommen mir zunächst 2 Dinge in den Sinn:

  • Aufgrund des Flacondesigns vermute ich künstlerisch hochwertige Parfüms im mittleren Preissegment
  • Orange, als liebenswertes Städtchen in Südfrankreich, dass ich leider bei unserer letztjährigen Rundreise nicht besucht habe

Halten wir also fest, dass ich nichts weiß J

Putain de Places habe ich aufgrund des ungewöhnlichen Namens getestet und als für mich untragbar empfunden. Werde ihm hier jedoch gerne eine 2.Chance geben.

Ich öffne also erwartungsvoll das Wanderpaket, das meine liebe Freundin Julie auf die Rundreise geschickt hat und schnuppere an jeder der 8 Proben. Keine missfällt mir auf den ersten Riecher. Ich nehme Krautiges, Würziges, Süßes wahr und freue mich auf die ausgiebigeren Tests nur halt, was ist das? Iso-E-Super, einer meiner Persönlichen Feinde blieb mir an der Nase kleben, irritiert mich den ganzen Abend. Ich verdächtige Fat Electrician als Übeltäter, der mir wohl etwas zu dicht auf die Pelle gerückt ist und muss ob der Namensgebung schmunzeln. Freches Dickes Ding Du!

Hier meine ersten Eindrücke:

True Lust :Zunächst kommt mir ein dicht gewebter, süßer Hautduft entgegen der noch etwas Würzigeres verbirgt. Nach kurzer Zeit entwickelt sich diese unterschwellige seifig-chemische Note, die ich auch bei Amouage – Gold Woman ausgemacht habe und nicht sonderlich leiden mag, ich verdächtige das Maiglöckchen. Zum Glück flacht diese unbeliebte Note schnell wieder ab. Der Duft wird immer runder, hautähnlicher und erinnert mich im Ausklang etwas am J‘aime la Nuit von Agent Provocateur, den ich diesem hier jederzeit vorziehen würde, denn durch die enthaltenen Veilchennote ist mir True Lust etwas zu schüchtern.

Bijou Romantique: Beim Aufsprühen erhascht man einen flüchtigen, zitrischen Hauch der, sobald er die Haut erreicht, vom Muskatellersalbei niedergedrückt wird. Bald befreien sich die flinken Zitrusfrüchtlein und schweben erhaben über dem Kraut, das nach und nach milder wird und eine cremige Vanillenote preisgibt, die sich mit Allem versöhnlich verbindet. Zu Anfang dachte ich noch, dieser Duft ist ganz und gar nicht meins, nun muss ich meine Einschätzung revidieren. Alleine für diese unfassbar cremige, runde und besondere Basisnote hat sich das Testen gelohnt!

Delicious Closet Queen: Auch dieser Duft kommt zu Beginn sehr krautig-würzig daher, wird aber schnell cremiger, milder und ist mehr als die Summe seiner Bestandteile, die ich nun nicht mehr auseinander zu dividieren vermag. Ich würde ihn als einen cremig-würzigen „your skin but better“-Duft beschreiben, der ein dezenter, nirgendwo aneckender Alltagsbegleiter ist.

Une Amourette: Mein bisheriger Favorit. Wunderschöne und spannungsreiche blumig-holzige Kombination, in der Neroli und Akigalawood die Hauptakteure darstellen. Ein ausführlicher Kommentar hierzu ist bereits verfasst und online.

Fat Electrician startet würzig-süß, fast schon dreckig. Ich denke an ein Bauarbeiterdekolletée und bin nicht gerade angeturnt. Bald wird der Duft sanfter, die Vanille betritt das Feld und mildert den sehr rauchig daher kommenden Vetiver ab. Alles in allem ein spannender, unisex tragbarer, aber durchaus kein neuer Duft. Bvlgari Black ist für mich die bessere Wahl. Ob hier tatsächlich Iso-E-Super drin ist? Vielleicht hat mir meine Nase einen Streich gespielt.

Putain des Places: Uneinig darüber, ob der Duft nun „Palastnutte“ oder „verdammte Paläste“ heißt, entscheide ich mich für ersteres. Die Professionelle kommt also auf hohen Hacken, stark geschminkt durch die pompöse Eingangshalle gestakst. Man kann sie schon von weitem Erschnuppern. Das kratzig-süße Amber, welches die verruchten Damen im 19.Jahrhundert trugen, sollte einerseits den Sexgeruch übertünchen, andererseits einen warmen, animalischen Hautduft vortäuschen. Eingerahmt von würzigen, ledrigen und blumigen Noten erinnert mich das Parfum an eine exzessivere Variante von Venezia. Putain des Places ist sicher ein Duft für den ganz großen, ganz lasziven Auftritt, aber bitte nicht im Büro oder an anderen Orten ohne Fluchtmöglichkeit und keines Falls zu dick auftragen!

Dangerous Complicity: Zu Beginn legt sich ein dicklicher Pfirsichlikör auf meine Haut und ich stempel ihn direkt als Kuschelduft ab, doch halt nach 5 Minuten fängt es zu schmoren an. Krautig und rauchige Noten mischen sich dazu und etwas das mir in der Nase britzelt, wie angegrillte Datteln, außen kross mit fast bitter karamelisiertem Fruchtzucker, innen weich und süß. Als Duft unendlich interessant und vielschichtig zum daran riechen, nicht aber zum selbst tragen, denn für mich ist Dangerous Complicity mehr Kunst als Körperpflege.

Sécrétions Magnifique: Mein Fehler war es erst die ganzen Kommentare und Statements zu diesem sagen wir mal kontrovers diskutierten Parfum zu lesen und promt hatte ich Angst vor dem Hauttest. Ich las weitere Bewertungen auf Parfümerieseiten, sah mir Katie Puckricks Livetest hierzu an und bekam noch größere Angst, als sie tatsächlich kurz vorm Würgen und den Tränen nah war, versicherte mich bei Julie, ob sie auch diesen tatsächlich getestet hatte, was sie mit einen lauten „JA“ und einem vor Lachen weinenden Smiley kommentierte. Da stand ich nun, die Probe in der Hand, am Sprühkopf schnüffelnd, nahm etwas süßlich-beißendes und überaus unangenehmes wahr und bekam die Bilder von vewesendem Aas nicht aus dem Kopf. So packte ich den Tester ungesprüht wieder in das Kästchen zurück und beschloss, dass es ok ist, nicht alles mitzumachen.

In der Zwischenzeit hatte ich viel Interessantes über Etat Libre d’Orange gelesen und dessen Verständnis über Parfum und Kunst. Provokative Namen, erfolgreiche Kollaborationen und kann zu den getesteten Düften Folgendes sagen:

Vieles ist würzig, alles ist Kunst: nicht immer neu, nicht immer schön, aber hochwertig und absolut testenswert.

Danke liebe Julie für das horizonterweiternde Wanderpaket :-*

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