Flair

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1 - 5 von 9
Flair vor 1 Jahr 10
9
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft
Du bist meine nächste.
Eine leichte Brise fährt durch ihr naturblondes leicht gewelltes Haar, in dem sich strähnenweise das helle Braun ihrer Wildlederjacke wiederfindet. Bei jedem Ihrer Schritte tanzen ihre Curls wie ein Schwarm kleiner Kolibris auf ihren Schulterblättern. Mit kurzen gewandten Schritten überquert sie einen Fußgängerüberweg, tippt an ihre earbuds. Piano, Moncrieff. Ein scheues Lächeln fliegt von ihren Lippen einem an ihr Vorüberziehenden zu. Sie nimmt das Dunkel der morgenverhangenen Großstadt auf, verleiht ihr Wärme, lässt schwarzen Asphalt in Satinbraun erscheinen. Das Klackern ihrer Heels unterlegt den Trubel um sie herum mit Rhytmik, einem festen Rahmen. Die hellen Töne lassen die gesamte Szenerie in einer gestochenen Klarheit erstrahlen. Sind das dreizehn Zentimeter Absätze? Sie bewegt sich mit einer Anmut, dass sie auch hätte barfuß laufen können. Was ist das für ein Lippenstift? Farbig, aber nicht schrill, nein, eher unaufdringlich gedeckt. Eine Erscheinung in den Pastelltönen dieser Welt. Sie kommt näher. Cherry blossom? Nein, es ist Himbeere...

Bevor London den ganz großen Hype erfuhr, organisierte ich mir eine Abfüllung Ombre Nomade. Drücke den Zerstäuber, benetze meinen Hals. Absolut bad, absolut nice. Man will direkt eine roughe Lederjacke überwerfen und irgendetwas verrücktes tun. Raus auf die Straße, den Asphalt. Weg vom Office, dem Sofa, dem Garten. Ich befülle meine Holzregale mit einer frischen Lieferung Fichte. Naja, wenigstens etwas maskulin-urtypisches. Holz für die Wärme der Familie. Jax Teller bin ich aber nicht. Folgende Formel gilt es also zu finden: Ombre Nomade - Rauch + Beere.

Schnell fiel der Name Tuscan Leather. Ein bisschen mehr von der Himbeere? Nein, TL ist auch nicht wirklich süß. Ich bedanke mich hier mit zahlreichen Verbeugungen bei all denen, die schon in den letzten Jahren Widian - London mit treffenden Duftrezensionen versehen habe. Was ihr verspracht, hat London gehalten: Ich rieche warmes Leder ohne Rauch, ohne Schärfe. Ich rieche Süße, so unendlich reife Süße, so natürlich. Ich rieche etwas Dunkles, was ich kaum in Worte fassen kann. Es umschmiegt die restlichen Duftkomponenten, umschmiegt mich. Und ich rieche das alles in einer vollkommenen Klarheit. Keine Fragen, keine Ungenauigkeiten. Wie kann ein Duft so f*ckin perfect sein?

Als verantwortungsvoller Familienvater leiste ich mir in etwa einmal im Jahr einen Nischenduft - soll ja nicht heißen: "Kinder, eine warme Mahlzeit ist überbewertet - Hauptsache die Sippschaft duftet verdammt geil!". Die letzten Jahre dominierte Parfums de Marly meine Zuwächse, aktuell finde ich mein Selbst in Lyric von Amouage am meisten wieder - aber London, du bist meine nächste.

Widian - London funktioniert immer. Ich könnte jetzt eine Vielzahl von Alltagssituationen aufzählen, aber zitiere hier gerne einfach einen meiner Vorredner: "Mit London bist du verdammt nochmal der am besten riechende Typ im Raum!"
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Flair vor 1 Jahr 13 8
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Ich schmecke die endlosen Weiten des Ozeans
Mein weißes Baumwollshirt liegt mir luftgetrocknet auf der Brust. Der Wind will westwärts, er fegt mir Strähnen meines kupferfarbenen Haars quer übers Gesicht. Die Spitzen meiner Haare kitzeln mich an der Nase, finden den Weg zwischen Augen und Pantone Sonnenbrille. Ich blicke auf golden bis champagner glitzernde Wellen unter der tief stehenden Sonne. Die unverkennbaren Laute von sich zankenden Austerfischern. Meine Zehen spüren den Sand, schon seit Woche trage ich keine Schuhe mehr. Sand, die Gischt, kaltes Wasser, Schlick und wieder Sand. Ich drehe mich um, sehe die anderen von unserem daytona-roten Pick-Up springen. Unbefangenes Stimmengewirr, Musik, irgendjemand muss eine Box dabei haben. Bleibe stehen, spüre das Vorbeilaufen der anderen an den meine Beine peelenden Sandkörnern, die durch sie aufgesprengt werden. Ich gehe hinterher, spüre unzählige Jakobsmuscheln unter meinen Fußsohlen. Das Rauschen der Brandung wird lauter. Die sprudelnde Wasseroberfläche hat nun einen lachsfarbenen Ton angenommen, brandet auf Sandbänke und steigt an einigen Strandabschnitten an dunklen Basalttürmen auf. Salz legt sich über meine Haut, kriecht über meine Lippen. Ich kann die endlosen Weiten des Ozeans schmecken.

Lassen wir die Duftpyramide und alles fachliche beiseite. Ich habe verschiedene Sommer- und Meeresdüfte getestet. Light Blue tut was man von ihm erwartet, Millesime hat Segelbootflair, aber keine bringt einen per Zerstäuber-Druck an die Küsten dieser Welt wie Pacific Rock Moss. So riechen lange, heiße Sommer. Nie aufhören wollende Tage am Strand, tropische Nächte, klimpernde Eiswürfel in beschlagenen Gläsern. Ja, man riecht Moos, aber kein 80er-Jahre-graue-Anzüge-in-der-Chefetage-Alpha-Eichenmoos sondern wirklich das Salzwasser benetzte Grün von Felsen. Man riecht Salz, schmeckt es förmlich. Aber Pacific Rock Moss ist auch sweet, absolut sweet. Der einfachste Vergleich wäre der mit einem klassichen Longdrink - ist aber auch der langweiligste. Nein, Pacific Rock Moss riecht wie diced pineapples (Gruß an Rozay x Drake) auf nackter karamelfarbener Haut, der Fruchtsaft perlt an ihr ab und verläuft in unsteten Bahnen...
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Flair vor 1 Jahr 7 3
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Flakon
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Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Feminin? Klar, das hier ist Rose und kein Eichenmoos!
Meine vorherige Rezension galt Layton, meinem bisherigen Lieblingsduft. [Skippt den ersten Absatz einfach, wenn ihr direkt zur Duftbeschreibung von Lyric gelangen wollt!]
Mit dieser vorherigen Rezension meldete ich mich seit langem zurück und verabschiedete mich zugleich von Layton. Allerdings geht es hier nicht um Layton, sondern um Lyric. Ich verband mit Layton nicht nur einen angenehmen Duft, sondern auch ein erreichtes Ziel. Mit Lyric ist es ähnlich. Zuletzt entdeckte ich meine Liebe zum geschriebenen Wort (wieder) - wenn ich mir den ein oder anderen Text hier auf Parfumo durchlese, bin ich bei weitem nicht der einzige, der die Lyric liebt. Jedenfalls lief mir in genau dieser Zeit Lyric über den Weg. Ich glaube an Zusammenhänge des Großen Ganzen und sehe hierin keinen Zufall.

In meiner jungen (rund 3 Jahre) Parfumokarriere behandelte ich Rosendüfte eher stiefmütterlich. Da ich bisweilen kein sonderlicher Oud-Freund war, fielen viele maskuline Oud-Rose-Düfte weg. Ansonsten war mir die Rose a la Chloe geläufig, die mich immer eher an einen (hochwertigen) Bodenreiniger erinnerte. Oder Toy Boy von Moschino. Total crazy, extrovertiert, aber eben auch eindimensional und stumpf. Ich stolperte über Lyric und war von der eher dunklen Beschreibung angetan.

Meine erste Abfüllung hielt meiner Erwartungshaltung stand. Rose, Hundert Prozent Rose! Aber irgendwie nicht grell, leicht, cheap. Nein, irgendwie dunkel und geheimnisvoll. Irgendwie verrucht. Düster, in niedrig über Kopfsteinpflaster hängende Nebelschwaden gehüllt. Durch das feuchte Kopfsteinpflaster wird auch die mitschwingende Kühle von Lyric symbolisiert. Denn auch das kann Lyric: kühl und frisch, krass, wie geht das? Hier wurde mir bewusst, dass es sich nicht um einen einfachen Designerduft, sondern um etwas komplexeres handelt. Das Cover von Lyric sollte im Sin City Style gehalten sein - ein rotes Kleid von einer dunklen Gasse.

Die Haltbarkeit ist wundervoll. Noch am nächsten Tag klebt der Duft an meinem Pullover - und hier kommt natürlich auch die frisch gewaschene Wäsche ins Spiel. Natürlich denken wir, wenn wir Rose riechen an frische Wäsche (oder im Fall von Chloe an saubere Böden). Auch bei Lyric ist dies der Fall, aber gedanklich nicht vordergründig. Lyric schafft es neben dem Geheimnisvollen, dem Verruchten auch etwas Sauberes auszustrahlen. Für mich steht immer die Rose im Vordergrund, aber ich kenne auch Beschreibungen, die die Zitrik im Kopf wahrnehmen. Im Duftverlauf gesellen sich definitiv auch Weihrauch und ein wenig Würze hinzu. Das ganze geschieht aber anschmiegsam und weich.

Lyric ist durch seine Vielseitigkeit zu den absolut verschiedensten Anlässen tragbar. Das Dunkle-Kräftige lässt Lyric im Winter funktionieren und das Kühle-Frische im Sommer. Das Süß-Verruchte beim Date und das Einfach-Sauber im Office. Genau das macht für mich ein Lieblingsparfum, ein Signatureduft aus. Dies gab mir Layton und Lyric kommt hier sehr nah ran, wenn auch auf eine ganz andere Art und Weise. Und natürlich ist der Flakon der Hammer - auf Bildern eher klobig, liegt er einfach nur hochwertig in der Hand. Ein besonderes Highlight ist der verzierte, magnetische Deckel.

Ist Lyric feminin? Na klar! Wir haben es schließlich mit Rose und nicht mit Eichenmoos zu tun. Ähnlich wie die mitschwingende Sauberkeit trägt Rose auch immer etwas Feminines in sich. Aber durch das Dunkle und Düstere ist Lyric absolut tragbar für einen Mann. Wenn auch für einen eben lyrischen, einen kreativen Mann. Das Weibliche ist Sinnbild für das Empfangende. Lyric lässt dich Ideen und Inspiration aus dem Raum empfangen und durch die Umsetzung schönes in die Welt bringen. Lyric ist ein Duft für den verträumten Mann, den geheimnisvollen Mann. Betörend, sinnlich, endlose Tiefe in der Schwärze seiner Augen.


3 Antworten
Flair vor 1 Jahr 8
8
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Wenn ich nur einen Duft besitzen dürfte...
...dann wärst du es. Beziehungsweise, dann 'warst' du es.

Dies wird die erste Rezension von mir nach 2-jähriger Abstinenz (natürlich nur von Rezensionen, nicht von Parfums). Dieses wieder Willkommenheißen verbinde ich allerdings mit einem Abschied. Einem Abschied von dir, Layton.

Du warst gemeinsam mit Herod der erste Nischenduft, den ich riechen durfte. Ebenfalls gemeinsam mit Herod warst du der erste Nischenduft, der dann als Flakon bei mir einzog. Wenn du etwas liebst, lass es frei - ist die Liebe bedingungslos, werdet ihr wieder zueinander finden. Vielleicht sehen wir uns wieder, Layton.

Mein ersten Eindruck von Layton war gut - mehr aber auch nicht. Neben Herod und Oajan viel der Duft recht gewöhnlich aus und hätte auch aus einem Haus der gängigen Designerdüfte entsprungen sein können. Der erste Eindruck ist wichtig aber eben nicht alles - meiner Erfahrung nach muss ich einen Duft mehrfach im Alltag, gerne in verschiedenen Situationen (Klima, Anlass, Outfit,...) getragen haben, um wirklich eine Einschätzung abgeben zu können.

Immer mal wieder griff ich nun zu meiner Abfüllung von Layton und legte den Duft auf. Irgendwann, wir waren bei Freunden, stand ich von einem Stuhl auf und nahm einen mich heftig flashenden Duft war. Das war eine absolut klebrige Verführung. Dunkel, süß, erotisch. Vanille, Apfel, egal - ich musste Immer wieder in meine Eigensillage eintauchen und diesen Duft spüren. Von da an war klar - Layton soll mein Signature werden.

Layton hat genug Power für den Winter, ist aber nicht zu würzig für den Sommer. Hat sexiness für den Abend und coolness fürs Office. Dass er eben zunächst wirkt wie ein Designer macht all das möglich - das ist die Besonderheit von Layton.

Und nun noch nochmal etwas persönliches. Da ich mir nicht einfach so und ohne Anlass einen 200€ Flakon leiste, verknüpfte ich den Kauf mit einem definierten Erfolg. Ich erreichte dann tatsächlich auch das Ziel, allerdings nicht unter den Umständen, die ich mir ausgemalt hatte. Layton kaufte ich trotzdem. Leider war dann nie die Freude da, die ich als Erwartungshaltung mit dem zu Erreichende verknüpft hatte. Manchmal fühlte ich mich nicht würdig, Layton zu tragen. Ein halbes Jahr später verlor ich dann für einige Tage meinen Geruchssinn (voll crazy) - seit dem riecht Layton für mich nicht mehr so, wie ich es lieben lernte. Ich gab ihm Zeit, aber irgendetwas war kaputt. Ich bezeichne mich als durchaus spirituell und sehe in alldem sehr viel mehr, als einfach nur eine Geschichte zu einem Parfum.

Ich sage bye bye Baby, vielleicht bis bald. Eine Art Part II zu dieser Geschichte findet ihr bald unter Lyric Man von Amouage.
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Flair vor 3 Jahren 27 12
9
Duft
Cremige Königin der weißen Blüten
Ich vergebe hiermit offiziell den Titel zur 'Cremigen Königin der weißen Blüten Düfte' an Kayalis 'Déjà Vu White Flower | 57'. Voller Freude stelle ich zudem fest, dass dies der erste Kommentar für dieses noch recht junge Parfum ist.

Auf der Suche nach neuen Damendüften für meine Frau bin ich in einem Video von Leni's Scents (vielen Dank für die Empfehlung Leni!) über Déjà Vu gestolpert. Da die Kombination aus Orangenblüte, Sandelholz & Vanille meiner Frau in der Regel immer gefällt und der Duft als absolut bester weiße-Blüten-Duft angepriesen wurde, bestellte ich mir umgehend eine Abfüllung im Souk.

Mit Superlativen sollte man vorsichtig sein, und auch mit der vollen Punktzahl bei einer Bewertung - aber fuck, dieser Duft hat es verdient! Wie bereits in meinem Statement nach dem ersten Sprühstoß beschrieben: Déjà Vu ist der Wahnsinn! Eine perfekt abgestimmte Kombination aus weißen Blüten und einer cremigen Süße. Obwohl es sich hier um einen floralen Duft handelt, empfinde ich den Duft defintiv nicht als zu 'blumig' oder gar opulent. Déjà Vu geht in die Richtung von Boss Orange, nur viiieeel cremiger! Man stelle sich ein cremiges Vanilleeis vor, das mit zum perfekten Reifegrad geernteten Früchten dekoriert ist - und darüber lässt man als Soße langsam den Inhalt eines Boss Orange Flacon laufen. Essen sollte man das nicht, aber riechen wird ist bombastisch! :)

Da Déjà Vu alle wesentlichen Elemente mitbringt, ohne in eine Richtung zu stark auszuschlagen ist der Duft in jeder Situation und zu jeder Zeit tragbar - ein weiterer fetter Pluspunkt. Anziehende Süße sowie luftige Cremigkeit funktionieren bei einem Date oder am Abend genauso wie bei einer Grillparty im Garten oder im Büro!

Zuletzt noch eine kleine Spekulation bzgl. des Namens ohne Hintergrundwissen: die Hauptakkorde dieses Duftes sind keine Weltneuheit, so gut wie jeder wird einen ähnlichen Duft bereits gerochen haben. Wenn man Déjà Vu das erste mal riecht hat man ein Déjà Vu, "den hab ich doch schon Mal gerochen..." - 'Déjà Vu White Flower | 57' schafft es jedoch, sich als absolute Königin der weißen Blüten Düfte über alles bisher gerochen zu erheben.
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