Floyd

Floyd

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11 - 15 von 450
Floyd vor 2 Monaten 51 41
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Floating through the boreal dawn
Etwas hielt in der Nacht das Meer an. Es ist jetzt ganz stumm, wurde starr irgendwann. Die Erde dunstet Geosmin, ist feucht und dunkel und klamm. Sie treibt wie ein Körper in Birkenteerschleiern, die ganze Küste ist davon überzogen, die getauten Wiesen von verregneten Gräsern, die sich windenden Reste von Tang. Sind Sporen von Bernstein in den diesigen Nebeln. Sie fallen auf Wurzeln in fröstelnde Böden, verlieren sich allmählich darin in den würzigen borealen Flechten. Ich atme die grüne Dämmerung. Seit Monaten warten wir auf den Morgen.
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Fischersund, das Label von Jón Þór Birgisson, dem Sänger und Gitarristen der isländischen Postrockband Sigur Rós, kreiert Düfte, welche die isländischen Jahreszeiten abbilden. Die dunkle 'Skammdegi' Serie (No.23, No.54 und Flotholt) befasst sich mit dem borealen Winter, zeigt diffus kühle Bilder karger nordischer Landschaften.
"Flotholt" eröffnet mit einem Akkord aus rauchig-würzigem Birkenteer, feuchten Gräsern und salzigem Tang. Die angeführte Bergamotte wirkt dezent kühlend, verstärkt den Eindruck eines klammen Nebels. Allmählich setzt sich nasse Erde durch, der in der Serie allgegenwärtige Geruch von Geosmin fällt diesmal aber etwas weniger dominant aus, stattdessen sind erdig-wurzelige Terpene des Vetiver ausgeprägter, erinnern manchmal auch an würzige Flechten, welche durch Spuren von Amber leicht harzige Nuancen bekommen. Alles in allem bleibt der Geruch aber eher feucht-grün, erdig-rauchig, neblig-transparent und moderat in der Projektion. Er gilt als erste offizielle Kooperation mit Sigur Rós und wurde dementsprechend auch audiovisuell illustriert:
https://www.youtube.com/watch?v=nBHlsgJErOs
41 Antworten
Floyd vor 3 Monaten 51 45
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
The Darker Sounds, Vol.54
Wie lange wohl ist es schon dunkel. Wie viele Tage schon bin ich im Schuppen. Polarlichter flimmern mit den klammen Böden in grünen Wellen durch die beschlagenen Scheiben. Sie rinnen über die Lackfarbendosen, die alten Autoreifen. Liegen noch Tannen aus fernen Tagen, im Sommer vergangen, längst vergessen, die durch Risse in alten Farbeimern knorrige Wurzeln schlagen. Da fließen Flechten aus ihren Nadeln wie verzweigte Amöben aus Terpentin, die über ausgebauten Rückbänken, geflickt mit öligen Lederlumpen, den frisch gestrichenen hölzernen Wänden wie lebende Organismen mäandern. Sie starren mit mir aus den Fenstern. Dorthin, wo die frierenden feuchten Wiesen sich mit dem nassen Asphalt der Straßen in die boreale Nacht ergießen. Man kann sich schon allerhand einbilden. Da sind keine Übergänge zu sehn, nur kondensierende Wärme über atmenden Rücken wilder Silhouetten.
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Fischersund, das Label von Jón Þór Birgisson, dem Sänger und Gitarristen der isländischen Postrockband Sigur Rós, vertreibt neben den eigenen Düften auch Kunstgegenstände. Das Haus versteht sich selbst als begehbares Kunstwerk, ständigem Wandel unterworfen. Es sei "a place where people can come and rest in their senses, a space that communicates directly with your senses, be it through smell, sound, touch or taste." Die Düfte der dunklen 'Skammdegi' Serie (No.23, No.54 und Flotholt), erzeugen diffus kühle Bilder karger nordischer Landschaften.
"No.54" verbindet den Geosmingeruch feuchter Erde, nasse Gräser und würzige Flechten der borealen Nacht scheinbar mit dieser Kunstwerkstatt. Die natürlichen, frisch-grünen Aromen verschwimmen förmlich mit synthetischen Holzlack- und Farbnoten, setzen den hellen Geruch von Terpentin frei, der sich irgendwie in den harzigen Nadeln und Hölzern der Tanne sowie den benzinartig-rauchigen Wurzeln des Vetiver zu verlaufen scheint. Irgendwo liegen ein paar alte Autoreifen, fließt Wasser aus den Wiesen über nassen Asphalt, der mit dezent urinösen Noten (Ammoniak) in Leder und animalischem Moschus verschwimmt, stets im Diffusen bleibt, als rieche man all dies in einem öligen Lappen, mit welchem man das Gesamtbild verschmiert hat. Für mich der faszinierendste Geruch des Hauses mit einem gewissen Suchtfaktor.
45 Antworten
Floyd vor 3 Monaten 43 42
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
The Darker Sounds, Vol.23
Hier oben ist der Himmel eine diffuse Leinwand, eine grüne Aurora über Geisterland. Flechten liegen auf feuchten Böden wie Fischernetze über dem Sund. Nebel weht wie zarter Rauch aus Raureif im kühlen Wind. Die karge Vegetation verschwimmt. Sie dunstet Lichtreste aus klammem Lehm. Wo die wilden Gräser stehen. Dort ist nie ein Mensch gewesen, leben Elfen und wandeln Feen. Riechst Du den aniskühlen Atem. Er kommt von dort, wo die Trolle wohnen. Noch vor dem dämmerden Morgen verstecken sie sich in den Höhlen. Man sagt, sie würden sonst zu Steinen. Komm, lass uns den grünen Schleiern folgen, den glosenden Nebeln aus Geosmin.
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Fischersund ist das Label von Jón Þór Birgisson, dem Sänger und Gitarristen der isländischen Postrockband Sigur Rós. Das Haus vertreibt neben den eigenen Düften auch Kunstgegenstände, Tee, Decken und mehr. Es sei "a place where people can come and rest in their senses, a space that communicates directly with your senses, be it through smell, sound, touch or taste." Die Blechdosen für Solids und Verpackungen bearbeite Vater Birgir von Hand, heißt es. Ich finde sowas ja sympathisch. Tatsächlich wird man schon beim Besuch der Homepage durch die warmen und sphärischen Klänge der Musik in eine innere Ruhe isländischer Ferne versetzt. Ähnlich wirken auch die Parfums des Hauses, trotz eines gewissen Anteils an Synthetik, auf mich. Die Düfte der dunklen 'Skammdegi' Serie (No.23, No.54 und Flotholt), mit welchen ich mich in drei Rezensionen befassen werde, erzeugen diffus kühle Bilder karger nordischer Landschaften, erdig-feucht, kräutergrün-neblig, der Geruch von Geosmin scheint allgegenwärtig.
"No.23" war das erste Release des Hauses und ist somit auch der Beginn meiner Reise ins Land der Naturgeister. Sehr reduziert geht Birgisson hier zu Werke. Man betritt zum ersten Mal die feuchte Erde Islands, nimmt säuerliche Gräser und lehmige Wurzeln wahr, Aniskraut kühlt die Luft, flimmert wie grüne Nordlichter am Himmel. Pfeffer sorgt zu Beginn noch für ein gewisses rauchig-nebliges Kribbeln, wie würzig-kühler Raureif, leicht unterfüttert von hellem Tabakblatt. Dann folgt ein nachtfüllender, moderater bis hautnaher Fadeout von Geosmin, Gräsern und Aniskrautflimmern.
42 Antworten
Floyd vor 3 Monaten 51 45
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Am Ende der grünen Regenbögen
Am Ende der grünen Regenbögen wachsen die größten Cannabisblüten. Pepe rieb sich ungläubig die Augen. An den gezackten herbwürzigen Blättern glitzerten winzige Zitrustropfen, die an seinen Händen kleben blieben. Beseelt begann er zu grienen. In Gedanken zerplatzten Zypressennadeln ganz langsam in seinen Fingern, fingen an in dunklem Bittergrün zu harzigen Buds zu mutieren. Bisschen feucht erst noch, wie wenn nach dem Regen die Blätter säuerlich schimmern, würden sie bald in der Sonne dörren zu herben Kräutern und würzigem Balsam, um in hellgrün knisterndem Rauch zu verbrennen. Pepe fand sich nach etlichen Stunden in getrockneten Nadeln am Waldboden liegen und war doch ganz in den Wolken.
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"Oracle" thematisiert das archaische mediterrane Ritual der Reinigung durch das Räuchern mit getrockneten Salbeibüscheln. Die Kombination aus herben Zitrusfrüchten, bitter-würzigem Salbei, zitrischen Zypressennadeln, balsamisch-rauchigen Wacholderbeeren, der haustypischen rauchigen Gewürzbasis - ich tippe wieder auf indonesische Gewürznelke, Ceylon-Zimt und Birkenteer - sowie omanischem grünem Weihrauch, vermutlich zitroniger Hojari, weckt in mir jedoch eher die Assoziation von frischer, harziger Cannabisblüte.
Recht schnell verschmelzen zu Beginn die Zitrusnoten mit den Nadeln der Zypresse, dem fast schon adstringierenden Salbei und den rauchigen Wacholderbeeren zu der dunklen herb-grünen Marihuana-Blüte, welche durch die Weihrauchharze ihre typisch balsamische Süße erfährt, die zunächst noch eher säuerlich feucht wirkt - vermutlich durch die Zitrusnoten - um dann zunehmend trockener, würziger und rauchiger zu werden, bis sie schließlich mit der genannten Gewürzbasis gegen Ende einen trockenen Nadelwaldboden bilden. Ein THC-freier Retreat für Hippie-Nostalgiker, moderat und abendfüllend.
45 Antworten
Floyd vor 3 Monaten 55 49
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Take up thy caleidoscope and walk
Auf Deiner Suche nach neuen Küsten schaust Du durch Fleisch von Limettenbaumwurzeln wie durch ein Theaterglas. Du spürst keine Wellen, da ist nur etwas Salz vor dem Bug in den wogenden Nebeln, drin wirbeln Tropfen von Zitrusölen wie Gischt der Flora fremder Inseln. Nimm Dein Kaleidoskop, beginne zu gehen. Zypressenkronen erscheinen, verschwinden im Weihrauch über den Stränden, dahinter erspähst Du fellige Böden, die atmend sich heben und senken. Bäuche von Klippschliefer-ähnlichen Wesen, warmwürzige Ambra-Blasen, die wie fließende Dias in Honig zerplatzen, zeitlupenartig über schmutzigen Blüten, die sich winden am Boden, welkend verleben, eins werdend mit den harzigen Erden.
Oh, Fiona, das solltest Du sehen! All die ledernen Osmanthusblüten in seidig schimmernden Biberkleidern. Wie die Harzkörnchen neue Bilder erzeugen, wann immer wir am Prisma drehen. Wie die Sandelholzplanken zu Staub nun verwehen, zu sanftem Rauch über morschen Rinden, fernen Wolken von Belugavanillen, die sich spiegeln in dunklen Bernsteinseen im Herzen der innersten Inseln.
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New Oceans And Meridians (N.O.A.M. Botanical Perfumes) ist ein olfaktorisches Raumzeitreisebüro, verlässt bekannte Küsten, erschafft bildgewaltige Kunst, umgibt Dich mit fernen Orten, hüllt Dich in Abenteuer und ist dabei absolut tragbar. Das Schweizer Label verwendet für seine komplexen Kompositionen ausschließlich hochwertige natürliche Rohstoffe. Es pflegt den persönlichen Kontakt zu kleinen Destillen, Händlern und Herstellern. So ist es auch diesmal wieder die Rarität der teils kostspieligen Materialien, welche die kleine Manufaktur dazu zwingt, die Auflage auf zwanzig Flakons zu beschränken.
Dass man bei jedem Tragen immer wieder neue Facetten darin entdeckt, ist wohl der Grund für die Namensgebung. "The Ambergris Caleidoscope" beginnt mit hellgrünen, wurzelig-hesperidischen Noten (Kaffernlimette, Bergamotte) über sanft animalisch-harzigen (Hyraceum, Elemi) Aromen. Manchmal ist es auch eher das Neroli, das sich in der Eröffnung mit Weihrauchharzen zeigt, durchwoben von der ätherischen korsischen Zypresse. Unter der dezent salzigen Ambra werden bald auch die animalischen Noten etwas deutlicher, werden der warmwürzige vegane schwarze Moschus-Attar und das Hyraceum mal von leicht indolischem Jasmin unterstrichen, dann wieder von ledrigen Facetten (Zibet, Osmanthus). In dieser Phase erinnert mich der Duft entfernt an Fiona von TSVGA. Ein Labdanum-artiger Honig bildet zunächst neben der Ambra das Rückgrat des Herzens, changiert mit morschen Rinden (Oud) vor einem rauchigen Hintergrundrauschen von Sandelholzpulver, dunkler Vanille, Black Sacra Incense und verschiedenen Harzen. In der Basis bilden vor allem Amber und Benzoe die Tiefe des Sees darunter, welche noch lange Zeit auf der Haut erhalten bleibt. Das Kaleidoskop ist in seiner Komplexität der Noten erstaunlich transparent und vielschichtig und bleibt moderat in seiner Projektion.
49 Antworten
11 - 15 von 450