Floyd

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Floyd vor 5 Jahren 11 7
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Pssst...! Brauchsch Du Stoff? Warm und weich?
Verstohlen, als würde er das erste Mal in seinem Leben eine Pornovideothek betreten, huscht er durch die mit gold eingefasste Türe der Schlossparfümerie. Seine Blicke wandern fast schuldbewusst über die vielen kleinen Fläschchen und Kartonagen in den Regalen des kleinen Etablissements, als eine ganz in Nachtfarben gekleidete Dame sich aus einem Gespräch mit Kunden gehobenen Alters löst um ihn anzusprechen. "Wie kann ich ihnen behilflich sein?" fragt sie, jedoch ohne diesen fast vorwurfsvollen Unterton, den man als Mann mittleren Alters, dessen Kleidung eher gepflegtes Vintage-Understatement vermittelt, oft in nobleren Boutiquen entgegengebracht bekommt. "Haben Sie Black Hashish oder Black Afgano?" fragt er in gedämpfter Lautstärke und spürt die Blicke der älteren Kunden in seinem Rücken. "Wir haben Black Afgano." sagt sie und hat schon das kleine Fläschchen vor ihm auf den Tresen gestellt. Sie lässt ihn am Verschluss riechen, jedoch nicht versteckt, wie es die Dealer im Schlossgarten getan hätten, nein, ganz offen. "Das ist ein sehr intensiver Duft," sagt sie und windet sich noch einen Moment lang, das C-Wort in den Mund zu nehmen, "Cannabis ist da sehr dominant." überwindet sie sich dann doch schließlich. Genau, was ich gesucht habe, denkt er sich und sprüht die schwarze Substanz, die ihn sehr an das von früher her vertraute Öl erinnert, auf das rechte Handgelenk.
Während er versucht, die gewaltige Eröffnung des BA zu entziffern, stellt die Dame diskret ein weiteres, bedeutend größeres Fläschchen auf den Tisch. "Das ist P 100 - Jubilée, unsere Eigenkreation, das könnte Ihnen auch gefallen." sagt sie und reicht ihm die Verschlusskappe. "Dieser ist ähnlich, nicht ganz so stark und er setzt seinen Fokus mehr auf Patchouli." fährt sie fort. Lange taucht er seine Nase in die kleine goldene Kappe, ehe er mit den Worten "Das gefällt mir auch sehr, ich liebe Patchouli." sein linkes Handgelenk damit besprüht.
Tatsächlich ähneln sich die beiden sehr, denkt er sich, doch während sich auf seinem rechten Handgelenk dunkelharzige, kantige und exaltierte Duftexplosionen abspielen, bleibt das Schauspiel auf seinem linken Handgelenk eher zahm.
Wohl komponiert, warm, stimmig und ruhig ergänzen sich hier die holzig-erdige Patchouli- und Zeder-Symbiose mit dem Oud, machen es weicher und gefällig, das Ambra im Hintergrund ist ein weiterer Weichzeichner. Weihrauch, Gewürze und Sandelholz sind hier die zahmen, rauchig-harzig und holzig-würzigen Gegenspieler, zu Beginn noch sehr gut wahrnehmbar treten sie über die vielen kommenden Stunden jedoch mehr und mehr in den Hintergrund, bevor sie wiederum deutlich später von den eigentlichen Hauptakteuren im Fade-out überholt werden, was die für ihn einzig wahrnehmbare Entwicklung dieses Duftes darstellt, dessen Haltbarkeit definitiv überdurchschnittlich ist. Die Sillage ist in den ersten 2 Stunden ordentlich, jedoch nicht überbordend, anschließend verweilt sie auf einer halben Armlänge, bis sie sich nach weiteren Stunden enger anlegt.
Während er sich entschlossen für den schwarzen Afghanen entscheidet, füllt ihm die Dame das P 100 ab. Diese Abfüllung wird ihm in den kommenden Wochen verdeutlichen, dass es sicherlich nicht immer die Dröhnung eines BA sein kann, dass auch P 100 seine Liebhaber haben wird, er selbst sich aber für einen unähnlicheren Leise(r)treter entscheiden wird.
7 Antworten
Floyd vor 5 Jahren 7 3
8
Flakon
5
Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft
Die dichten Wälder Brooklyns
Von der Bowery her kommend biegen wir am City Hall Park links in Richtung Brooklyn Bridge ab. Majestätisch goldgelb im Abendlicht schimmernd erhebt sie sich vor uns. Als wir sie passieren schließe ich die Augen in gespannter Erwartung, wonach sie wohl riechen mögen, die dichten Wälder Brooklyns. Hier hat es also seinen Ursprung, The Woods von der Brooklyn Soap Company. Ich spüre, wie unser Taxi die Brücke verlässt und rechts in Richtung Brooklyn Heights abbiegt.
Einen Moment lang rieche ich frische, harzige Würze, Mandarine, Ingwer und Pfeffernoten sind ebenso wie zunächst undefinierbare warme Hölzer wahrnehmbar. Es geht sehr schnell, bis die frische Würze sich zu rauchig harzigen Nuancen wandelt. Hier sind schnell Muskat in Verbindung mit Kaschmirholz, wenig Weihrauch und viel Myrrhe zu erkennen, unterlegt von angenehm süßlich harzigem Benzoe. Warm wabern die Düfte durchs Taxi, dass ich mich immer noch nicht traue die Augen zu öffnen. Ich assoziiere dicht gewachsene Bäume mit goldgelbem Harz und jede Menge Commiphora-Sträucher, schwitzend, tropfend und doch auf dem Weg zum Boden bereits trocknend. Es vergeht jedoch nur eine Stunde, ehe diese warme Sillage deutlich abnimmt. Ich stecke meine Nase zum Fenster hinaus: Der Duft verschiebt sich nun leicht ins Moschusartige, auch der Weihrauch gewinnt nun etwas mehr die Oberhand, jedoch eher den abnehmenden übrigen Düften geschuldet. Ein dreistündiger Fade-out beginnt. Stimmen, braune und rote Backsteinhäuser schimmern mehr und mehr duch meine immer weiter geöffneten Lider.
Interessant und schön, aber doch eher brav und unspektakulär war es hier. Das ist es wohl, was man von einem täglichen, erholsamen Waldspaziergang erwartet. Nur die waldtypischen Bäume habe ich etwas vermisst. Abenteuer gibt's woanders. Ich werde ihn erstmal nicht in meine Sammlung aufnehmen, behalte ihn aber in guter Erinnerung.
3 Antworten
Floyd vor 5 Jahren 10 9
6
Flakon
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Sillage
6
Haltbarkeit
7.5
Duft
Hundstage in Südfrankreich
Die Durance ist ein Fluss in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur im Südosten Frankreichs. Pétillante Verveine ist sicherlich der Duft aus dem Hause Durance, der diese Region am ehesten wiederspiegelt.
Mit seinen tatsächlich prickelnden zitrischen Kopfnoten, die sich gleich zu Beginn mit der Zeder und dem dezenten Moschus verbinden, erinnert er mich an die Hundstage in Südfrankreich. Ein kleines Straßencafe in einem an einem felsigen und doch trocken bewaldeten Berghang gelegenen Örtchen mit eng verschachtelten Steinhäusern mit Blick auf die Durance, ein Erfrischungsgetränk in der Hand.
Eine großartige Entwicklung des Duftes ist aufgrund der schlichten Zusammensetzung natürlich nicht zu erwarten. Er geht vielleicht etwas mehr ins Holzige und Moschusartige, dominant bleibt dabei aber immer die zitrische Frische. Seine Zurückhaltung in Sillage (eng anliegend) und Haltbarkeit (etwa 3 Stunden) stehen für den Bonvivant im ureigentlichen Sinn, Genuss mit Maß.
Dass dieser als rein weiblicher Duft eingestuft wird, finde ich etwas unpassend, ist er doch eher herber als etwa Verveine von L'Occitane, der als unisex durchgeht. Letzterer war vergangenen Sommer meine erste Wahl. Wenn der aber dann zu schwächeln begann, hab ich gerne mit dem herberen Durance EdT nachgelegt. Vertragen sich hervorragend, die beiden.
Ach und wegen der hervorragenden Preisleistung nehm ich ihn auch gerne zum Auffrischen der Duftsäckchen im Kleiderschrank.
9 Antworten
Floyd vor 5 Jahren 25 10
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Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
8.5
Duft
Respekt, Captain!
"Captain," murmelt Ricky Hall, der Barbier, in seinen dunkelbraunen Vollbart, beugt sich aus seinem verschlissenen roten Chesterfieldsessel über den Tisch und kippt beiden einen ordentlichen Schuss Bay Rum in den Earl Grey, "Dein EdP hat mich enttäuscht." Captain Fawcett zwirbelt sich irritiert den Schnauzer zurecht und zieht kritisch die linke Augenbraue hoch, während er ungläubig seinen Gegenüber dabei beobachtet, wie der eine Orangenschale in die Getränke reibt. "Nee, sorry, aber wenn Du Eindruck machen willst mit nem richtigen Duft, musst Du Dir schon was einfallen lassen." zischt Ricky, tunkt seine Zigarre in Honig und zündet sie diskret mit einem riesigen, heftig rauchenden Weihrauchstab an. "Und jetzt riech mal am Tee!" brummt Hall. Der Captain beugt sich ebenfalls über den Tisch, um vorsichtig den Duft von Rum, Bergamotte und Orangenzeste über der Tasse wahrzunehmen, als ihm Ricky den Weihrauchstab auf die Untertasse legt und ihm etwas Honigrauch ins Gesicht pustet. "Das is ne Kopfnote, was?!" grinst der Barbier und beginnt damit, seine glühende Zigarrenspitze in weiches, harziges Ahornbenzoe zu tunken.
Captain Fawcett lehnt sich zurück: "Das riecht würzig, harzig, balsamisch.." "Und qualmt ganz ordentlich, was, Captain?" unterbricht ihn der Barbier, "und jetzt noch was Grünes!" Ricky wirft einen klebrigen Klumpen Galbanharz in den Aschenbecher und hält sein Zippo dran. "Na, was sagst Du, Captain?"
Fawcett öffnet seine Krawatte: "Ja, grün, aber auch harzig!" "Bin ja noch nicht fertig!" sagt Hall bedeutungsschwanger, quetscht das warme, weiche Ahornbenzoe mit der heißen Gabel in die Galbanummasse und mengt eine leckere Vanilleschote drunter, streut etwas Thymian und Koriander drauf und schiebt das ganze neben die Teetasse. "Was sagst Du jetzt?"
Fawcett scheint ganz offensichtlich verblüfft: "Das ist...rauchig, maskulin, harzig, aber auch würzig süßlich, aber nicht zu süß, das ist..", der Captain lehnt sich wieder entspannt zurück, er kann den Barbier duch all den Dunst kaum noch erkennen, also schließt er die Augen. So vergehen etliche Stunden, in welchen sich beide den wabernden Düften hingeben, welche sich nur extrem langsam in harzig, balsamischer Wärme verlieren. "...großartig!" beendet Fawcett schließlich seinen Satz. "Ich möchte diesen Duft für die Ewigkeit festhalten! Die Männer sollen ihn im Herbst, Winter und Frühling tragen können, wann und woimmer sie wollen. Nur zuviel sollen sie sich nicht davon auftragen, das sollten wir ihnen sagen. Man riecht sie sonst gegen alle Seewinde. Dies flüssige Gold soll Ihren Namen tragen, Barbier!"
"Respekt, Captain!" meint der Barbier und fügt hinzu: "Wir nennen ihn Alk und Kippen, OK?"
10 Antworten
Floyd vor 5 Jahren 30 10
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Hemingways wundervolle Zauberwand
Der erste Eindruck ist wie die Ankunft am Flughafen in Havanna und damit meine ich nicht die ewige Wartezeit bei der Passkontrolle, sondern den Moment, wenn man ins Freie tritt: Diese warme karibische Wand und der Wunsch nach einem kühlen Erfrischungsgetränk. Cuban Cedar & Lime erfüllt beides auf einmal und noch viel mehr.
Hier kommen die Kopfnoten Zeder, Bergamotte und Limette gemeinsam mit den Herznoten Leder und Grapefruit rein. Das ist die Zauberwand, die einen direkt vom Flughafen in den Ledersessel in Hemingways Lieblingslokal drückt, bei geöffneten, überdimensionierten, dunklen, (zedern-)hölzernen Kolonialstiltüren, deren Duft durch die feuchtwarme Luft sich mit dem Sessel, der eigentlich nur noch aus Patina besteht und dem Mojito vermischt. Nur dass wegen typisch kubanischer Lieferschwierigkeiten die Minze für den Mojito ausgegangen ist und der Alkohol sich schon verflüchtigt hat, ehe das Getränk beim Kunden ist. Stattdessen hat sich da irgendwie ein Spritzer Grapefruit reingeschlichen, der aber, ähnlich wie die Bergamotte eine wunderbare Verbindung zwischen der frischen Limette, die eben noch am Baum vorm Lokal hing und den warmen und harzigen Noten der Zeder und der Würze des Leders herstellt.
Dieser Eindruck bleibt sehr lange, die Limette verflüchtigt sich langsam und unmerklich wie die Grapefruit und doch bleiben sie gegenwärtig, wie die Musik des Quinteto Rebelde noch im Raum bleibt, obwohl diese sich längst betrunken in einer Kutsche zurück in die Berge im Süden aufgemacht haben. Über die nächsten Stunden tritt sanft der Moschus aus der Basisnote zu Tage, wie Hemingways Parfüm, das sich langsam aus der Patina des Sessels löst und sich harmonisch mit Zeder und Leder vereint, bevor er sie wieder ein paar Stunden später (draußen vor der Bar wird es schon hell) schließlich langsam in den Hintergrund drängt.
Ein Duft für älter gewordene, eventuell auch (grau)bärtige Jungs in Leinenhemd, abgewetzter Nietenhose und Lederschuhen mit Hateraskappe. In unseren Gefilden eher fürn Frühling, Herbst und Winter. Dann aber ein Gedicht, ähm nee, ne Kurzgeschichte, ach was sag ich, eine wundervolle Novelle!
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