HenrikBlau

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1 - 5 von 8
HenrikBlau vor 3 Jahren 9
6
Sillage
6
Haltbarkeit
6.5
Duft
Obst und Rosen oder Der kratzige Schnurrbart
Ich habe zwar schon ein Herbst- und Winter-Parfum gefunden. Aber die bereits besorgten Proben laden natürlich trotzdem zum Schnuppern und Kommentieren ein. Und es ist auch einfach spannend zu wissen was so los ist im Duft-Universum. Dank Corona-bedingt stark eingeschränktem Arbeits- und Sozialleben habe ich aktuell jedenfalls eine Menge Zeit zum testen. Und mittlerweile auch nähere Bekanntschaft mit der Spezies „Parfum-Youtuber“ gemacht. Dort tauchte aktuell auf den diversen Top-Listen auch immer wieder Rochas Moustache EdP auf. Brauche ich zwar nicht. Aber „Haben ist besser als brauchen.“ – also einfach mal eine Abfüllung aus dem Souk bestellt und ausprobiert. Und tatsächlich ist zu diesem Duft noch nicht sehr viel geschrieben worden. Darum ein hoffentlich hilfreicher Kommentar von mir.

FLAKON
Habe eine Abfüllung, daher kein Kommentar und keine Bewertung zum Flakon.

HALTBARKEIT & SILLAGE
Bei 5 Sprühstößen hält der Duft auf meiner Haut circa 6 Stunden. Direkt nach dem Aufsprühen ist die Projektion stark, 30-40 Minuten später aber bereits auf den Nahbereich beschränkt. Nach 2 Stunden ist der Duft fast hautnah. Also nicht sonderlich ausdauernd oder durchsetzungsstark. Aber für die meisten Gelegenheiten angemessen.

DUFT bzw. DUFTVERLAUF
Direkt nach dem Sprühen dominiert eine starke Rosa Pfeffer Note. Holzig, fruchtig, kaum scharf, ein wenig streng. Schnell treten dann deutlich Mandarine und Rose hinzu. Die Mandarine kommt für mich eher wenig süß und ohne jede Spritzigkeit daher. Keine prickelnde oder intensive Zitrus-Frische, wie sie mir beim Schälen einer dieser Früchte in die Nase steigt. Die Rosen-Note zeigt eine natürlich wirkende, zurückhaltende Blässe und ist insgesamt eher dezent und grünlich-angehaucht inszeniert, statt etwa überbordend schwülstig oder süß. Im Hintergrund wirken ziemlich schnell bereits die Basisnoten mit und runden den Rose-Mandarine-Pfeffer-Mix angenehm holzig-würzig-balsamisch-süß ab. Mal vom Geruch abgesehen entwickelt Moustache hier (so ab Minute 20-30) auch eine für meine Nase sehr spannende und angenehme Textur: kuschlig-kitzlig, beinahe Fell-artig. Allerdings viel weicher als ein Schnurrbart. Eher wie Kaninchen- oder Katzenfell. Im weiteren Verlauf gibt sich das recht bald wieder. Der rosa Pfeffer verschwindet langsam aber sicher, es wird insgesamt holzig-würziger und etwas süßer. Vor allem die Zedern-Note tritt nun deutlich hervor. Nach 2-3 Stunden machen auch Rose und Mandarine auf meiner Haut allmählich schlapp. Nach ca. 4 Stunden bleibt eine vanillig-holzige Basis mit minimaler floraler Restwürze.

ANWENDUNG
Für mein Empfinden ist Moustache EdP leicht und gefällig genug, um als holzig-blumig-süßer Immergeher zu funktionieren (mögliche Ausnahmen: Sport und heiße Tage). Mit seiner ausgeprägten Zedernholz-Note entspricht der Duft für mich eher „männlichen“ Duft-Konventionen, kann aber m.M.n. von allen gut getragen werden. Rosenduft war und ist für mich persönlich schon immer sehr erwachsen, fein und teuer/ edel konnotiert. Also vielleicht eher nichts für Teens oder Twens. Das alles aber bitte nicht so eng sehen. Wer es mag soll es tragen.

FAZIT
Bei weitem kein schlechter Duft, aber für mich auch nicht wirklich überzeugend.
Die Kombination von Rose und Mandarine finde ich sehr kreativ und ungewöhnlich, aber im vorliegenden Fall auch etwas gewöhnungsbedürftig. Phasenweise wirken die beiden auf mich nicht gerade frisch. Fast ein wenig überreif bzw. welk. Geschmackssache.
Eine Schwachstelle von Moustache sehe ich persönlich an der Basis bzw. im „dry-down“. Hier bekommt der Duft unangenehm bitter-kratzige Nuancen. Nun also Kratzbürste statt Kuschelkätzchen? Die Liebste stimmt zu und ergänzt, es habe auch etwas von „salzig-scharfer Meeresluft“. Tja, stimmt. Diese Note kenne ich tatsächlich von einigen „blauen“ Düften (z.B. „Blue Seduction for Men“). Nach ein wenig Internet-Recherche vermute ich, dass die fragliche Duftnote von irgendeinem (billigen?) synthetischen Zeder- bzw. Holz-Riechstoff kommt. Das hätte ich mir doch etwas "runder" gewünscht. Aber bei dem niedrigen Preis müssen natürlich leider irgendwo Abstriche gemacht werden.

Letztendlich insgesamt eher „hmm“ als „mmh“. Bin froh, trotz online-Hype und niedrigem Preis nicht einfach blind gekauft zu haben.
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HenrikBlau vor 3 Jahren 3 1
6
Sillage
8
Haltbarkeit
7
Duft
Die Marzipan-Kirsch-Mandel von Guerlain - Kratzige Schale, weicher Kern
Als Duft-Neuling auf Entdeckungsreise in die überwiegend unbekannten Gefilde würzig-süßer Herbst- und Winterdüfte mache ich in letzter Zeit wöchentlich 1-2 Stops beim türkisen Laden, um mir aus reiner Neugier die Handgelenke zu beduften. Alles nur halbwegs interessante wird dann erstmal als Abfüllung im Souk besorgt (Danke, danke an euch alle für diese tolle Möglichkeit!) und einige Tage getestet. Darunter auch Guerlains L'Homme Idéal Extrême. So erstmals auf diese Marke bzw. diese Duftreihe aufmerksam geworden, fiel mir in den Parfumo-Top-100 (Herrendüfte) die EdP-Variante ins Auge. Kannte ich zwar noch nicht. Aber aufgrund der guten Bewertungen und vielverspechenden Rezensionen (ich las u.a. von einer hochwertigen Kirschnote und einem massentauglichen Designer-Duft aber in edel und mit Nischencharakter) habe ich einfach mal eine Probe mitbestellt.

FLAKON
Habe nur eine Abfüllung aus dem souk. Darum kein Kommentar und keine Bewertung zum Flakon.

HALTBARKEIT & SILLAGE
Im Alltag komme ich mit drei-vier Sprühern gute 7 Stunden aus. An gemütlichen Tagen hält der Duft gerne auch mal bis 10 Stunden. In den ersten 45-60 Minuten nach dem Aufsprühen projeziert der Duft auf meiner Haut sehr stark, beinahe raumfüllend. Dann zieht er sich aber sehr schnell in den Nahbereich zurück und ist nach 2 bis 3 Stunden nur noch quasi hautnah wahrzunehmen.

DUFT bzw. DUFTVERLAUF
L'Homme Idéal EdP eröffnet prickelnd und lebendig mit cremiger Bergamotte, trocken-coumarinigen Noten und fruchtig-puderzuckriger Süße. Dazu gesellen sich krautig-würzige Noten und etwas leicht stechendes, welches ich am ehesten als Lavendel definieren würde (erinnert mich auch ein wenig an getrockneten Estragon?). Im Hintergrund wirkt eine subtile Vanille-Wärme. Einzelne Noten bzw. Zutaten sicher zu isolieren fällt mir bei diesem Duft eher schwer. Die charakteristische Mandel präsentiert sich etwas versteckt und doch unverkennbar Marzipan-artig. Nach kurzer Zeit nehme ich Bittermandelöl bzw. Benzaldehyd (auch bekannt als Kirscharoma) wahr - neben Mandeln und (Puder-) Zucker eine typische Zutat für Marzipan. Zur geschmacklichen Abrundung wird Marzipan zudem oft etwas Rosenwasser beigefügt. Und so ist es nur konsequent, dass mir nach 15-20 Minuten eine fruchtig-honigartige Rosen-Note in die Nase steigt, wodurch der bisher eher trockene Duft schön vollmundig und rund wird. Spätestens jetzt geht es also unmissverständlich in quietschsüß-gourmandiges Terrain. Ich rieche vor allem saftiges und pudrig-süßes Marzipan, komme aber nicht umhin, auch an rotes Weingummi zu denken (irgendwo zwischen englischem Weingummi und diesen Haribo-Kirschen). In den nächsten 1-2 Stunden lenken stärker hervortretende Vanille und ein wenig Weihrauch das Duftgeschehen dann allmählich in eine andere Richtung. Nämlich in die eines süß-rauchig-kratzigen Tabak- oder Leder-Akkordes. Die Marzipan- und Kirsch-artigen Noten werden schwächer, bleiben aber präsent. Nachwievor schwingen auch trocken-coumarinige, krautig-würzige oder leicht herbe Nuancen mit, welche ich nicht sicher einordnen kann. Eine Verbindung zu Vanilleschote oder Tonkabohne scheint mir naheliegend, jedoch ohne dass ich das näher begründen könnte. Weitere Assoziationen sind Benzoe, Balsam, Coumarin/ Heu, getrocknete Kräuter, Campher, Lavendel. Aufgrund dieses leicht "grünlichen" Einschlages denke ich hier eher an Pfeifentabak als an Leder. Diese Kratzigkeit verliert sich aber nach und nach, während Sandelholz und Vanille den Duft warm-würzig abrunden.

ANWENDUNG
Ich würde L'Homme Idéal edp als gourmandig-süß-würzigen Tages- und Abend-Duft für die kühleren Monate einordnen. Passend sowohl für die Freizeit als auch für ein eher ungezwungenes Arbeitsumfeld. Bei aller gourmandigen Verspieltheit finde ich ihn insgesamt doch sehr erwachsen, sodass ich ihn eher an Menschen ü30 und in mindestens "casual-schicker" Garderobe sehe als an Mittzwanzigern mit Kapuzenpullover und Laufschuhen. Aber jeder wie er meint.

FAZIT
Die Duft-DNA von L'Homme Idéal EdP kenne ich so von keinem anderen Parfum. Ob dadurch schon ein Prädikat wie "Nischenqualität" gerechtfertigt ist, weiß ich nicht. Zumindest interessant ist dieser Duft. Dadurch hat er allemal Potenzial um aufzufallen - durch seinen individuellen Charakter, nicht durch Lautstärke. Ob er dann nicht nur auf- sondern auch ge-fällt ist natürlich eine andere Frage.

Ich bin hin- und hergerissen. Der üppige Marzipan-Akkord mit Honig-Kirsch-Rose-Touch gefällt mir sehr gut. Ebenso die würzig-weiche Ende des Duftverlaufes. Dazwischen ist mir der Duft jedoch oft etwas zu unruhig. Die krautig-herben Noten und der kratzige Weihrauch (zer-)stören rüde das ansonsten gelungene gourmandige Gesamtbild, statt sich einzufügen. Auch die gelegentlich aufkommende Assoziation zu klebrig-künstlichen Haribo-Kirschen finde ich eher unangenehm. Zu diesen Minus-Punkten sei gesagt, dass sie vor allem aus der Nähe bemerkbar sind, wenn ich mir quasi die Nase am Duft plattdrücke. In der Sillage des Duftes fallen sie weniger ins Gewicht. Trotz ihrer verführerisch-süßen Anziehungskraft mag ich Guerlains Marzipan-Kirsch-Mandel aber letztlich doch nicht anbeissen.
1 Antwort
HenrikBlau vor 3 Jahren 5 3
7
Sillage
8
Haltbarkeit
7
Duft
Ok Havane oder Winter sieht auf Kuba eben anders aus
Auf meiner Entdeckungsreise in die Welt der Herbst- und Winterdüfte habe ich mir u.a. auch eine Abfüllung von Muglers Pure Havane ersoukt. Vor allem weil ich einfach neugierig war auf das mir noch relativ unbekannte Genre der (süßen) Tabak-Düfte und weil es ein sehr gut bewerteter Vertreter seiner Gattung ist (seit langem in den Parfumo-Top-30 der Herrendüfte). Aber auch, weil zum Zeitpunkt der Bestellung (schon ein paar Wochen her) unter den Duftzwillingen zwei Parfums angegeben waren, die mir sehr gut gefallen: Herod (Parfums de Marly) und L'Homme Idéal Extrême (Guerlain). Die 5ml sind aufgebraucht und die Eindrücke verlangen nach einem ausführlichen und hoffentlich hilfreichen Kommentar.

FLAKON
Habe wie gesagt eine Souk-Abfüllung, darum kein Kommentar und keine Bewertung zum Flakon. Seltsamerweise habe ich den Flakon auch noch nicht ein Mal irgendwo im Laden stehen sehen.

HALTBARKEIT & SILLAGE
Bei 4-5 Sprühern umgibt mich für die ersten 30-60 Minuten eine etwas mehr als Arm-lange bzw. breite Duftwolke. Dann geht die Sillage auf eine Fußlänge bis Schulterbreite zurück und wird nach 3-4 Stunden hautnah. Die effektive Haltbarkeit von 8-10 Stunden sollte für die meisten Zwecke ausreichend sein. Noch einige Stunden später sind auch die letzten Überreste des Duftes verflogen.

DUFT bzw. DUFTVERLAUF
Pure Havane startet vor allem Heu-artig trocken und blumig-frisch, mit viel zuckrig-honigartiger Süße und ein wenig Tabakblatt. Dazu gesellt sich eine herb-bittere Note, die mensch dem Honig-Akkord zuschlagen oder gesondert als Kakao-Note wahrnehmen kann. In jedem Fall ist die Honig-Note eher leicht, zuckrig-süß und ein bisschen blumig. Für Honig evtl. etwas "dünn". Erinnert mich eher an Zuckersirup. Die Tabak-Note tritt in den nächsten Minuten zunehmend deutlicher hervor, begleitet von balsamischen und Zedernholz-artigen Noten und ein wenig Vanillin. Mit etwas Phantasie kann ich auch einen Hauch von erdigem Patchouli erahnen. So bekommt der Duft etwas kribbelnde Würze und ein wenig Wärme. Ich rieche das Holz der Zigarrenkiste. Oder doch ein Holzfass mit leicht stechendem, etwas übertrieben blumig-würzigem Rum? Wie dem auch sei: Damit wäre die Duftentwicklung dann nach 10-15 Minuten auch schon abgeschlossen. So sollte Pure Havane sein und so wird es bleiben. Das kann mensch seicht und langweilig nennen. Oder wohlwollender: minimalistisch und zuverlässig.

(Die von einigen Rezensentinnen aufgeführte Kirsch-Note in der Eröffnung bekomme ich nur auf Papier oder Kleidung.)

ANWENDUNG
Pure Havane ist ein sehr gefälliger (gourmandig-)würzig-süßer Tabakduft für milde bis kühlere (aber nicht kalte) Tage und Abende. Passt gut für Freizeit oder formlose abendliche Anlässe und dabei sicher besser zu Sakko oder Hemd als zu Sweater und Jogginghose. Lederjacke ginge bestimmt auch sehr gut. Der Duft ist relativ günstig zu bekommen und folgt dem gourmandig-süßen Trend der letzten Jahre. Er passt daher meiner Wahrnehmung nach am besten zu jüngeren Menschen (sagen wir mal u40). Aber ich würde älteren deswegen nicht davon abraten. Macht mal wie ihr meint.

FAZIT
Puh, schwierig. Ich war auf der Suche nach einem würzig-süßen Herbst- und Winterduft. Dafür finde ich persönlich Pure Havane viel zu leicht. Insbesondere an der Basis würde diesem eher schmal geratenen Tabak-Duft etwas mehr Würze, Wärme und Fülle gut tun, um kalten Temperaturen etwas entgegensetzen zu können. Oder vielleicht auch etwas rauchiges, um näher bei dem Honig-Zigarren-Thema zu bleiben. Andererseits ist Pure Havane ja vielleicht gar nicht so ein Winterduft? Wenn ich Einordnung und Duftpyramide mal kurz ignoriere, kann ich die Duftnoten auch anders lesen: Hinter dem "Honig" verbergen sich dann Kakao und Zucker(-sirup). Das leicht blumige Tabakblatt bleibt. Vielleicht ist es auch eine mit Honig aromatisierte Zigarre. Aus Holz, Balsam, blumigen Noten und Zuckersüße wird ein alter Rum. So entsteht eine würzig-leichte und etwas synthetische Kuba-Atmosphäre, welche dem Namen "Pure Havane" durchaus gerecht wird und meiner Meinung nach deutlich besser zu Mojito passt als zu Glühwein. Also möglicherweise eher etwas für Frühling oder Herbst. Oder gar für kühle Sommerabende bzw. die milden Nächte des kubanischen Winters? Es bleibt zu testen, ob der Duft dafür nicht eventuell zu süß wäre. So oder so ist Pure Havane ein guter Duft, der für mich aber irgendwie zwischen zu vielen Stühlen zu sitzen scheint: Interessant aber seicht, schwer aber leicht, winter-sommerlich. Vorläufiges Urteil daher "nur": Ok.

PS -
Stichwort "Top-30-Herrendüfte":
Kann ich solch einen top-bewerteten Duft wirklich nur ok finden? Nicht einmal schlecht, sondern tatsächlich nur ok? Ja, na klar. Gerade Duft ist schließlich etwas höchst subjektives. Möglicherweise profitiert Pure Havane gegenwärtig auch noch stark von dem guten Ruf bzw. den guten Bewertungen seiner älteren Formulierungen. In einschlägigen Internet-Foren wird dem älteren Pure Havane im Vergleich zu der aktuellen Version jedenfalls oft sowohl bessere performance als auch mehr Tiefgang nachgesagt. Auch einige der neueren positiven Rezensionen hier behandeln explizit ältere bzw. "Vintage"-Formulierungen von Pure Havane. Möglicherweise sind die Veränderungen aber auch gar nicht so gravierend wie sie teilweise dargestellt werden.

Stichwort "Duftzwillinge":
- PdM Herod? Nein. Herod opulent, warm, fruchtig, blumig, süß, extrovertiert, mit kräftiger Vanille in der Basis. Pure Havane im direkten Vergleich still, schlapp, beinahe anämisch. Völlig zu Recht ist Herod mittlerweile aus der Zwillings-Liste gestrichen.
- Guerlain L'HIE? Eher nein. Beide zwar mit Tabak und honig-artiger Süße. Bei aller Ähnlichkeit unterscheidet sich L'HIE aber mit Noten von Mandel/Amaretto, dunkler Kirsche, Zimt und Leder klar vom schlankeren Pure Havane.
3 Antworten
HenrikBlau vor 4 Jahren 17 5
8
Sillage
9
Haltbarkeit
7.5
Duft
Gebrannte Mandeln oder Die Spätfolgen einer katholischen Kindheit
Wann immer ich in den letzten Wochen beim türkisen Laden in der Innenstadt vorbeikam bin ich kurz rein und hab mir beide Handgelenke mit herbst- bzw. winterlichen Wässerchen beduftet. Dabei fiel mir auch dieser Gentleman in die Hände. Er machte einen sehr sympathischen ersten Eindruck, also besorgte ich mir eine Abfüllung und probierte es mal ein paar Tage mit ihm. Hier das Ergebnis.

Flakon
Habe bloß eine Abfüllung, darum keine Wertung. Im türkisen Laden machte der Flakon einen wertigen Eindruck, insbesondere der eher großzügig dosierende und sehr satt klingende Sprühkopf. Der dicke schwere Boden und dass opake schwarze Glas machen es sicher schwer, den Füllstand einzuschätzen.

Haltbarkeit und Sillage
Bei drei Sprühern an Hals und Nacken ist die Sillage nach dem Auftragen ordentlich bis mächtig. Insbesondere in warmer Umgebung (sprich: drinnen) projiziert der Duft lange und stark, bevor er sich nach 2-3 Stunden in den Nahbereich (aber nicht hautnah) zurückzieht. Die Haltbarkeit ist sehr stark. Über 24 Stunden nach dem Aufsprühen nehme ich hautnah noch Iris, Vanille, Balsam, Rauch und Patch wahr.

Duft bzw. Duftverlauf
Die Kopfnote begeistert mich direkt mit einer lebhaften Lavendelnote, die sich nach kurzem aber starken Soloauftritt sogleich zurückzieht und mit trocken-pudriger Iris, frischem Pfeffer und leichter vanilliger Süße wunderbar sanft harmoniert. Bald schon schwächeln Lavendel und Pfeffer etwas und werden duch kräftige rauchig-balsamische Noten abgelöst, welche über die nächsten Stunden das Duftgeschehen dominieren. Dazu gesellt sich eine deutliche, jedoch verspielt-leichte, beinahe Puderzucker-hafte, vanillige Süße. Diese beiden "Duft-Richtungen" stehen für meinen Geschmack leider etwas zu unvermittelt nebeneinander, statt ein rundes Ganzes zu bilden. Dieser gentleman hat Ecken und Kanten. Nicht zuletzt durch den Auftritt eines sehr vornehmen Patchouli wird der Duft nun zunehmend weicher, dunkler, trockener und süßer. Gelegentlich meine ich noch Überreste vom Pfeffer wahrzunehmen.

Fazit
Im Vergleich zu verwandten Iris-Düften (näher kenne ich nur Valentino Uomo Intense) wirkt der weihrauchig-pudrig-süße gentleman auf mich gar nicht makeup-y oder aufgekratzt laut, sondern vielmehr edel und gelassen. Sehr gutaussehend, aber nicht direkt sexy. Ein Rauhbein im Smoking. Für mich eher ein Winterduft und auch eher was für formelle abendliche Anlässe als für's Büro. Aber jeder wie er will.

PS - Menschen die finden dass Vanille-Weihrauch Düfte wie "This is him!" unisex-Potential haben sollten auch hier mal reinschnuppern! Auf "This is him!" wurde ich seinerzeit durch eine Freundin aufmerksam gemacht, die diesen Duft trug.

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Ein kleiner Witz zum Schluss:
Wer einen guten, hautnahen Gourmanden sucht sollte unbedingt mal Givenchy Gentleman edp sehr großzügig auftragen und dann 24-36 Stunden warten. Reste pudriger Iris und rauchig-süße Vanille/ Benzoe Noten erzeugen dann einen erstklassigen Akkord von noch warmen, frisch gebrannten Mandeln!
Ich persönlich nehme Weihrauch und ähnliche Noten in Parfums nur schlecht wahr bzw. blende diese sehr schnell aus (möglicherweise Spätfolgen einer katholischen Kindheit). Darum habe ich für diesen Kommentar u.a. die Hilfe meiner Partnerin in Anspruch genommen. Denn ich komme beim Gentleman schon nach kurzer Zeit in den Genuss der pudrig-zuckrigen gebrannten Mandeln :P Davon möchte ich immer mehr und mehr auftragen. Meiner Partnerin tränen derweil vor lauter Weihrauch bzw. Tolubalsam schon die Augen. Ein gefährlicher Duft!
5 Antworten
HenrikBlau vor 4 Jahren 11
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Y - Der kleine Bruder vom großen Blauen?
Vorab: Dieser Kommentar ist Teil meines persönlichen Forschungs-Projektes "(Sommer) Immergeher 2020", in dessen Rahmen ich einige mögliche Alternativen zu meinem bisherigen Standard-Duft "Bleu de Chanel (edt)" teste und kommentiere. Nähere Informationen und links zu weiteren Duft-Kommentaren von mir könnt ihr bei Interesse auf meinem Profil oder meinem blog finden (https://www.parfumo.de/Benutzer/HenrikBlau/Blog/Eintrag/projekt-sommer-dumb-grab-2020). Nun aber zur Sache.

Flakon
Schlicht und schick. Relativ dickes Glas mit Farbverlauf von klar nach dunkelblau/ schwarzblau. Der schwarze Klick-Verschluss ist aus Kunststoff, hat eine griffige Oberfläche und sitzt schön fest. Der Zertäuber erzeugt einen feinen, gleichmäßigen Sprühnebel und gibt den Flakon-Inhalt in eher großzügigen Mengen ab. Solide.

Haltbarkeit und Sillage
Dreimal Sprühen auf Hals und Nacken gibt mir eine etwas über Arm-lange Sillage. In geschlossenen Räumen ist Y zwar präsent, aber nicht raumfüllend oder aufdringlich. Nach 3-4 Stunden lässt die Ausstrahlung allmählich nach und der Duft zieht sich auf Schulterbreite zurück. Nach ca. 6 Stunden ist er langsam erschöpft, bleibt aber hautnah noch einige Zeit wahrnehmbar.

Duft bzw. Duftverlauf
In der Eröffnung eher synthetisch und unglaublich(!) frisch. Spritzig-süße Noten von grünem Apfel und Zitrusfrüchten weiten meine Nasenflügel und lassen mir das Wasser im Munde zusammenlaufen. Kribbelt da auch eine leichte Ingwer-Schärfe in meiner Nase? ... hm, könnte auch irgendwas zitrisches sein. In den ersten 30-60 Minuten geht die Süße deutlich zurück, aber ohne zu verschwinden. Dafür tauchen frisch-herbe Noten auf, welche sich mit den fruchtig-süßen Noten zu interessanten Eindrücken verbinden. Ich denke an frische Orangenschalen, Rosenblüten, tonic water/ Gin Tonic. Hier kommt zweifellos etwas grünes ins Spiel. Als Salbei und/ oder Wacholder kann ich das allerdings nicht klar identifizieren. Langsam aber sicher kommen auch Weihrauch und ein wenig Holz durch. Nach ca. 2 Stunden hat der Duft seine Entwicklung abgeschlossen und bleibt synthetisch-grün-blau-frisch-herb mit ein wenig Fruchtsüße und holzig-rauchigen Untertönen. Die in der Duftpyramide aufgeführte Tonkabohne kann ich erst erkennen wenn die anderen Noten quasi vollständig verflogen sind (was 12 Stunden oder länger dauern kann).

Fazit
Yves Saint Lauren Y (edp) ist ein echter blauer: Frisch, sauber, freundlich, unaufdringlich. Aber mit einem interessanten fruchtig-grünen Twist, welcher ihn eine gute Spur jünger wirken lässt als andere Vertreter seines Faches, ohne jemals kindisch zu sein. Passt zu nahezu allen Anlässen und Tages-/ Jahreszeiten. Eventuelle Ausnahmen: Sehr schickes Essengehen (zu jung), romantisches Dinner-Date (zu frisch), Winter (zu "kühl"). Die Grund-DNA von Y erinnert mich tatsächlich stark an den "großen Blauen": Bleu de Chanel (edt). Zitrus, Weihrauch, Holz. Drumherum gibt es aber deutliche Unterschiede: Y performed etwas stärker und ist eindeutig süßer und durchweg frischer als BdC. Letzterer ist etwas zurückhaltender und insbesondere in der Basis viel weicher, würziger und wärmer. Im Sommer 2020 habe ich keinen anderen Duft so oft und so gerne getragen wie YSL Y (edp).
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