Darf’s ein bisschen weniger sein?
Bei Nüwa von Roja blieb ich hängen. Die Flasche mit ihrem mit roten Swarovski-Steinchen besetzten Deckel stach mir unweigerlich ins Auge. Der Inhalt war keineswegs Liebe auf den ersten Blick, vermochte aber mein Interesse zu wecken. Da hatte jemand eine Idee gehabt. Und hervorragende Zutaten. Das Bemerkenswerteste aber, fand ich, war der Preis. Tausend Euro für 100ml. Nein, in keiner kleineren Grösse zu haben.
Pah, ich hab für Düfte schon wesentlich mehr hingeblättert. Mein kambodschanisches Oud bewegt sich bei 2700 Euro pro 100ml und das Dehn al Oud (gekauft bei Oriental Style) bei 1600 Euro. Allerdings durfte ich hier, was die Menge anbelangt, ein Wörtchen mitreden. Und so kommt es, dass ich von den beiden Duftölen je ein winziges Fläschchen mit drei Millilitern Inhalt besitze, die aber wegen ihrer Intensität vermutlich bis an mein Lebensende reichen werden.
Im Osswald in Zürich stapelt unmittelbar vor meiner Nase eine kostspielig aber schlecht gekleidete Russin Oud-Stars und Rojas auf den Ladentisch. Resolut öffnet sie ihr Portemonnaie und blättert der erfreuten Verkäuferin ein paar Tausender in die Hand. Vielleicht tue ich der Frau Unrecht und sie stellt die Düfte zuhause im kalten Russland auf einen Schrein und meditiert davor. Das Teufelchen in mir hegt den Verdacht, dass sie keine Ahnung hat, was sie da in ihre Tasche stopft. Hauptsache teuer.
Schon klar, da spricht der blanke Neid aus mir. Wie hat Sokrates gesagt:„Wie zahlreich sind die Dinge, derer ich nicht bedarf.“ Es gibt tatsächlich eine Menge Dinge, derer ich nicht bedarf, aber bei ein paar Millilitern Nüwa könnt ich mir durchaus vorstellen, auf die Weisheit der alten Griechen zu pfeifen.
Geht nicht. Im Angebot steht ausschliesslich die 100 ml Flasche und die würd ich bei meiner Experimentierfreudigkeit erstens nie zu Boden kriegen und zweitens müsste ich sie mir auf Kosten anderer Parfums vom Mund absparen. Und das, findet mein Teufelchen, hat Roja mit seiner Preispolitik definitiv nicht verdient. Abgesehen davon, fragt es mich mit einem Glühen in den Augen, welches mit dem roten Nüwa-Deckel gefährlich um die Wette leuchtet, wer will schon wie eine schlecht gekleidete Russin riechen?
Ein Amouage kostet bei uns in der Parfümerie um die 480 Franken in der 100ml Flasche. 50ml kosten rund 100 Franken weniger. Da lob ich mir Frau Tonis, die kann wenigstens rechnen. Ausserdem verkauft sie auch 30ml Abfüllungen, und zwar zu einem absolut fairen Preis. Blöd ist nur, dass ich mich mit ihren Parfums, abgesehen von der „Linde Berlin“ nicht wirklich anfreunden kann.
By Killian’s schwarze Kristallflakons sind fraglos eine Augenweide. Wer sich das Geld dafür sparen und lieber in Flüchtiges investieren will, hat die Möglichkeit, zu einem wesentlich günstigeren Preis einen Refill zu erwerben. Dieser kommt zwar simpel, aber trotzdem einigermassen schick daher. Ein gläserner Taschenzerstäuber und ein goldener Metalltrichter sind mit von der Partie. Wenn ihr mich fragt, nicht nur ein faires, sondern auch praktisches Angebot.
Im Oriental-Style Berlin, da machen sie’s uns vor. Man könnte auch anders. Nämlich den Kunden bestimmen lassen, wie viel er wovon kaufen will. Und ob er einen mit Platin beschichteten Behälter wünscht, oder ob’s auch eine simple Glasflasche tut. Für Kunden wie mich, deren Nase vornehmer ist als deren Geldbeutel, wär das überaus erfreulich.