IamCraving

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IamCraving vor 3 Jahren 16 9
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Duft
Am Ende kommt ein Wal und macht alles fein
Und wieder einmal träume ich.
Träume mich in dieses lang ersehnte Duftwasser, das zur Sehnsucht selbst geworden ist.
Sehnsucht wonach? Nach Aufbruch.

Dabei wollte ich anfangs gar nicht träumen.
Hellwach trifft das wolkige Nass auf meine Haut.
Im aufdringlichen Licht eines frühen Nachmittages, der an Halskratzen erinnert.
Halbwegs klar im Kopf: Einatmen.
Und während ich immer noch in der Welt, im aufgeräumten Raum stehe, breitet sich das Kissen aus.
Es ist ein mit Lavendel Gefülltes und ich denke "Himmel, nein! Ich will nicht, ich will doch wach bleiben!"
Doch zu spät, der vertraute, trocken-bürgerliche Duft betäubt meine Sinne, ich sinke mit flatternden Lidern auf seinen violetten Leinenbezug und falle tief.

Durch Schichten, in Schächte, deren Geschichten ich nie kannte.
Ins Tiefe, das mich zu rufen schien.
Die knuspernden Lavendelkapseln waren nur die Lockung, der Käse in der Mausefalle.
Also falle ich.
In den Schlaf und in die Träume, deren sich selbst spinnender Faden aus Duft gemacht ist.
Langsam weicht der großmütterlich projizierende Köder auf, sein Duft ist nicht mehr zahnlos und schweräugig, er wird kühl und Tau benetzt.

Ich hocke in der schwärzesten Ecke eines dunklen Gewölbes, kaum ein Lichtstrahl kommt hier an, es riecht ein bisschen nach Kohlekeller und frischem Schlamm.
Drahtige, wolfsgroße Gestalten mit fuchsartigen Schweifen tummeln sich in der Mitte dieses verschwommenen Ortes, sie lecken den süßen Tau von den Lavendelköpfen und machen dabei abgehackt erregte Geräusche. Ihre Rudellaute haben die Dreckigkeit von schwitzendem Labdanum und während ihre Zungen über den kniehohen Lavendel hobeln verwandelt sich dieser in viele hunderte Zypressen, deren schickliche Staturen im Nichts der deckenlosen Höhe verschwinden.
Ihr säuerliches Holzaroma zieht meine Mundwinkel trotz wild klopfenden Herzens nach oben.
Die Gestalten scheinen jedoch gar nicht erfreut ob dieser wundersamen Beendigung ihrer Tautropfen-Orgie.
Nun werfen sie, gewillt zu wissen, wer diesen Zauber herbeiführte, ihre gesichtslosen Köpfe umher und obwohl ich mich so klein mache wie eine Mimose beim Tango Tanzen, richten sich erst ein, dann zwei dann alle Blicke auf mich.
Veilchenblatt-raue Panik schabt meine Innenwände ab und während die Gestalten sich wie in Trance auf mich zubewegen, bemerke ich, dass die Zypressen nicht nur nach oben, sondern auch nach unten wachsen. Überall wo ein Baum steht und normalerweise Wurzeln den Boden massieren sollten, erstreckt sich das federförmige Gewächs wie achsengespiegelt in weitere Untiefen des Raumes.
Ich taumel also wie ferngesteuert zur mir nächsten Zypresse und stürze mich in das umumrissene Loch im Boden, durch das ihr Zwilling nach unten strebt.

Wieder falle ich und wo es eben noch nach viechigem Atem, düsteren Visionen und verlebt Organischem roch, offenbart sich nun die Ahnung nach reiner Luft.
Ich hatte ganz vergessen zu atmen, doch nun, da es durch meine geschlossene Haut hell wird, macht sich eine mitternachtsblaue Seligkeit in meiner Nase breit und ein plötzlicher Schwall ozeanischer Wildheit durchspült mich und kreischt mich an, so dass ich fast aufwache.

Landung im nassen Element.
Tatsächlich hat es mich in die tiefsten Tiefen der Überweltenmeere verschlagen.
Doch hier herrscht auf dem Grund keine Finsternis, im Gegenteil, kalkweiß ist das Wasser und so aufregend duftet es, dass meine Kiemen sich gierig vollsaugen.
Metallisch, gewächsig, aufbrausend, wellig, knarzend, grünstänglig.
Ein Wal, kaum größer als ein Seepferdchen, streift mein Bein, schwimmt grußlos an mir vorüber und scheidet ein Mohnsamen ähnliches Korn aus.
Ich weiß, was zu tun ist und schwebe so nah an das kleine Gebilde heran, bis ich seine unebene, flimmernde Oberfläche sehen kann, dann schlucke ich es mit einer großen Ladung Salzwasser herunter.

In mir ist Dunkelheit.
Einverleibt und abgesunken im schwarzen Gewölbe, ist sie nur schwierig heraus zu kratzen.
Doch in mir beginnt es zu flackern.
Aus dem Flackern des winzigen Klümpchens wird ein sanftes Glimmen, erst fragend, dann bestimmter, bis es warm zu leuchten beginnt und mein Körper sich auflösen will in seinem durchdringenden Licht und dem erhitzten, strahlenden Wasser, das alles umgibt.

Derartig ausgefüllt und eingehüllt falle ich.
Nach oben.
In das herbe Dicht von Baumnadeln,
in das fahle Licht des Meeresnebels,
in das weiche Nichts des Erwachens.
9 Antworten
IamCraving vor 4 Jahren 14 5
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Duft
Hot'n Cold oder Das Beste aus beiden Welten
Wenn ich über einen Duft schreibe - und so häufig passiert das ja nicht - springt er mich meistens direkt an. Natürlich gibt es auch die Lieblingsdüfte, die, die es in einen Top-Soundso Ordner geschafft haben, die einen immer wieder berühren und beglücken und über die zu sprechen man sich lange vorgenommen hat. Doch seltsamerweise wage ich mich an diese Schätze seltener heran, als an jene Parfums, die ganz plötzlich kometenhaft aus den Tiefen unseres Duftuniversums auf mich zurasen. Das muss nicht einmal beim ersten Testen passieren, aber wenn es passiert, ist da auf einmal die unerklärliche Dringlichkeit, diese von dem Gebräu ausgelösten Sinnesregungen auszusprechen, zu teilen, ja gewissermaßen den Duft zu Worten zu machen, so wie die Programmmusik es umgekehrt mit Worten und Musik tut.

Je lyrischer also der Duft, je mehr Worte und Empfindungen bereits aus ihm heraus quellen, desto stärker die Anziehung, zu Papier und Stift zu greifen, um diese kleinen Geschichten oder auch bloße Sinnesfetzen aufzulesen und lesbar zu machen.

Mit Vanille Absolument ging es mir ebenso, es ist wahrlich ein Duft von dem gesagt werden kann, er habe „Charakter“. Aber nicht nur das, er ist ganz und gar ungewöhnlich, provoziert einen Double Look, oder eben Double Sniff, so überraschend ist sein Auftakt, seine Übergänge, seine Bilder.
Das verblüffendste ist wohl diese unfassbar - und das meine ich wörtlich - glatte und kühle Vanille, die schon in der Kopfnote angerollt kommt, wie eine glänzende Billardkugel und die die übrigen in Dreiecksform angeordneten Duftkugeln auseinander stieben lässt.

Wie die knackige Luft in einer Tropfsteinhöhle und ebenso glatt wie die vom klaren Wasser geschliffenen Stalaktiten ist der pointierte Duft von dieser Vanille.
Deshalb gefällt sie mir auch so, der ich normalerweise von vanillelastigen Kompositionen weniger eingenommen bin, denn sie verweigert sich all den vielen über die Maße süß-klebrigen, ins Koma gekuschelten Plätzchen-Kreationen, und auch ihre sanfte Wärme sucht sich einen verschnörkelten, langsam bestiegenen Weg.

In die kathedralen-hohe Höhle, deren Stein so schwarz ist wie die Schote, nach der sie duftet, dringt mit dem Wandern der Sonne auf einmal ein zaghafter Lichtstrahl durch einen Spalt. So schlank er auch ist, er erwärmt die Stelle, auf die er am Boden trifft mit seiner balsamischen Umarmung.
Jetzt wirkt der Duft wie eine mit sich selbst gelayerte Collage, eine zweifarbige Kordel, die an der feuchten Steinwand herunterbaumelt, ein filmischer Einstellungswechsel, eine dynamische Parallelmontage, die zwischen der andauernden Kühle und der wabernden Würzigkeit, die sich durch Tabakblätter und Tonkabohne ankündigt, hin und her springt, eine Fotografie, deren Licht- und Schattenspiel unsere vielen Bewusstseinsschichten, Untiefen, Wünsche, Extreme und verdrängten Potentiale verkörpert.
Mit etwas Abstand streichelt uns noch die angenehm frische Luft, ganz kalt ist sie, wenn wir sie einsaugen, doch wenn wir näher kommen und je länger die runden Moleküle den Raum erfüllen, desto mehr breiten sich eine wohlige Würze und unkitschige Süße aus, die an Datteln mit Mandelmuß, Whisky, und Harz erinnern.

Das Finale ist bescheiden, es gesellt sich vermehrt die unaufdringliche Süße der Benzoe zu den Hauptakteuren und sorgt für eine seidene Rundheit, die ihresgleichen sucht.

Dass ein Duft auf zwei Spuren - ein Rad gleitet über die eisglatte Schiene durch luftige Höhen, das andere erzeugt in der Kurve Druck und somit Wärme - in Richtung seines herrlich lustvoll herausgezögerten Finales rauschen kann, habe ich bisher selten erlebt und darin besteht die größte Freude beim Beobachten der Entwicklung dieser weit empfundenen und facettenreichen Schöpfung.
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IamCraving vor 4 Jahren 15 6
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Duft
Das Gefühl nach einem Mittagsschlaf, von dem man immer nicht so recht weiß, ob man es mag oder nicht
Friedlichkeit und wirre Träume belauern sich gegenseitig im Tiefschlaf eines Schlummers am Tag.
Da breitet sich ein Suchtgefühl nach warmer, wunder Schlafeslust aus, fast schon wütend und dabei doch so zerbrechlich. Nach dem Aufwachen ist die Kehle trocken und geweitet, die Orientierungslosigkeit oft groß, das leichte Pochen im Bauch zufrieden, irgendwo bleibt ein Rest von bedrohlicher, traumhafter Unwirklichkeit.

All das ist „Fashion Avenue“ für mich in einem Duft.
Eine hinreißende Mimose ist der Beginn dieser schläfrigen Versuchung. Sie lenkt mit ihrer blumigen Lieblichkeit und unverfälschten Klarheit alle Aufmerksamkeit auf sich, ist frech, hell und flink und lockt uns mit gurgelndem Kichern …….in den Stall. Zum Glück ist weit und breit keine Kuh zu sehen. Der Stall ist leer und läuft über vor Nachmittagssonne, die durch alle Ritzen im trockenen Holz rinnt. Es duftet nach warmem Heu und das ist der Moment, in dem es zu spät ist, der Verlockung eines kleinen Schläfchens zu widerstehen, denn das Heu ist einfach zu weich um sich nicht darin einzubetten. Sofort betäubt uns ein schweres, ziehendes Wohligkeitsgefühl, in das man sich fallen lassen kann wie in einen Kuss, das nicht langweilig wird und welchem ständig und aufs Neue nachzugeben die größte Wonne ist! Ab und zu zucken wir im Schlaf kurz und kräuseln die Nase weil eine bärengroße Limette uns im Traum verfolgt und mit Fruchtfleischfasern bewirft, denen wir mehr schlecht als recht auszuweichen versuchen. Und so wälzen wir uns in sachter Erregung durch den goldgelben Nachmittag, bis wir aufgeweckt werden und das erwähnte leichte Brennen die Brust abwärts eine Mischung aus drohendem Unheil und Geborgenheit verströmt. Aber wer hat es eigentlich gewagt, uns aus diesem seligen Schlummer zu reißen, und gerade dann, als die böse Limette von einem riesigen Heuballen erschlagen worden ist? Natürlich, die Mimose. Sie hatte sich just nach unserer Ankunft im Stall, wie Mimosen das so machen, schüchtern verzogen. Da sie aber ein neugieriges Geschöpf ist, hat sie sich nach einer Stunde wieder geöffnet, angepirscht und uns mit großen grünen Augen beim Schlafen zugeschaut. Es gibt schlechtere Schlafzimmergefährten zum wach werden und so mustern wir uns gegenseitig aus sicherer Entfernung. Die Sonne geht bereits unter und irgendwo platzt ein kleiner Glücksspeicher in uns und löst die Unentschlossenheit, ob dieses Nach-dem-Mittagsschläfchen-Gefühl denn nun angenehm sei oder nicht, eindeutig in die schöne Richtung auf.
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IamCraving vor 5 Jahren 17 6
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Duft
Nie wieder an Montage denken!
Die Replica Kollektion von Maison Margiela versucht Erlebnisse, Momente und Orte olfaktorisch zu rekreieren und zu beschreiben. Diese Konkretisierung von Dufterfahrungen ist nichts Neues, doch wird sie selten so treffend, erhellend und kreativ umgesetzt. Meine Haltung gegenüber einer derartigen Geruchsvermarktung war anfangs gemischt. Möchte man als Abenteurer, Segler auf den Ozeanen der Odeurs der Welt, Berger tief gesunkener Schätze mit der Apple Navigationsapp von A nach B geleitet werden? Möchte man die Interpretation des „Steppenwolfes“ bereits vor der eigentlichen Hesse-Lektüre lesen? Möchte man beim Küssen die Zungentechnik des Partners kommentieren? Duftbeschreibungen mit einer allzu vorgegebenen Richtung können die Phantasie beschneiden, können Überraschungen vorwegnehmen und Initiative beanspruchen. Wenn das Konzept aber wie gesagt derartig wohlkomponiert und durchdacht aufgeht und zudem Raum für nostalgische, persönliche Gefühle und Ideen lässt kann man sich nur auf das dargebotene Universum einlassen und in ihm aufgehen.
Beach walk entführt uns- wer hätte es geahnt-an einen korsischen Strand. Meine Variante des Inspiration gebenden Ortes ist die Küste Malibus, an der ich das erste Mal mit dem sonnigen Duftwasser in Berührung gekommen bin.
Wenn man Beach walk aufträgt, reist man nicht nur an einen Ort, man überwindet auch die scheinbar starre Zeit. Denn sobald die Haut von der sonnigen Flüssigkeit benetzt wird, haben wir bereits einen ereignisreichen Tag hinter uns. Beach Walk riecht nach dem Ende eines Sommertages am Meer. Nicht nach dem Anfang, nach leichtem Schlaf und Morgendämmerung. Nein, ein warmer Nachmittag ist es, den wir erleben, das Abschwellen einer teuren Sonnencreme, die gemütliche Trägheit nach Stunden des Sich Treiben Lassens, das leichte Brennen nach vielem Lachen. Trotz dieser Tiefenentspannung, die Beach Walk spüren lässt, lascht man nicht ab, es ist der pure Genuss, der immer die Vorfreude auf mehr mit sich bringt. Wir wollen und werden schlicht und einfach nie mehr an Montage denken, der Moment ist goldene 
Zufriedenheit! Die dominierende Ylang-ylang Note, dieser buttrig tanzende Nektartopf lässt einem die Knie und den Kopf weich werden, man spürt die kitzelnde Sonne auf der Haut (und das an den Sonne negierendsten Orten, wie z.B. dem grauen Berlin; ein Sprüher und die Seele wird teleportiert!), es mischen sich eine zarte Gänseblümchen Gelassenheit und ein dezenter Spritzer erfrischenden Kokoswassers hinzu. Ein hintergründiger pfeffriger Dämpfer der Wärme schützt vor drückender Schwüle und hebt die Strand Ambiance ins Aristokratische, man freut sich auf einen Teller Miesmuscheln mit frischer Zitrone und Baguette in Gesellschaft braun gebrannter Körper.
Nur wenige Düfte fungieren wie dieser als Katapult durch Raum und Zeit, ungebunden an eine explizite Vorgeschichte mit dem Parfum; bewirkt rein durch Orts- und Menschenkenntnis , genaues (Hin)Riechen und ein Gespür für eine fast primitive Sehnsucht. Purer Hedonismus!

6 Antworten
IamCraving vor 6 Jahren 7 2
8
Flakon
9
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
A Parisian in America
Der Fundort dieser vor Charme sprühenden Rarität könnte nicht mehr mit ihrem Charakter kontrastieren. In der Wüste Albuquerque’s unter dem absurd blauen Himmel New Mexiko's steht zwischen Flohmarkt Buden, Streetfood Ständen und Wühltischen ein kleiner weißer Wohnwagen.
Darin befindet sich nicht nur ein kurioses, an Vielseitigkeit und Qualität reiches Sammelsurium an Düften -der Stauraum gleicht der Handtasche Mary Poppins’- sondern auch zwei reizende junge Herren, die sich „nur“ nebenberuflich ihrer Leidenschaft für das bewusste, genussreiche und neugierige Riechen widmen. Ich werde sogleich herzlichst empfangen, unaufdringlich, aber mit wissendem Schmunzeln beraten, die Vorschläge sind alle ein Aha-Erlebnis, fast alle ein Treffer. Neben einer ganzen Reihe an privaten Tom Ford Fragrances, die alle in 10ml Zerstäubern abgefüllt werden können, hat es mir besonders der französische Duft „Delice Infini“ von La Bouquetière angetan. Man warnt mich. Nicht vor einer Verirrung in der Unendlichkeit des Schwelgens, sondern vor der glitzerinartigen, schimmernden Schicht, die die Köstlichkeit mit sich bringt. Einem Auftragen auf Textilien ist abzuraten, der Haut bereitet das samtige Flimmern jedoch keine Unannehmlichkeit, es garantiert im Gegenteil eine längere Präsenz des Bouquets.

Da reist man also nun in die neue Welt, weilt zwischen den alten Jagdgründen der Navajos und den Neuen amerikanischer Waffennarren, zerknittert an der non existenten Luftfeuchtigkeit, wird erhoben durch die Weite des Himmels und der Wüste und dann schlagartig in einen Pariser Salon, ausgestattet mit pompösen Canapés und schlichten Liliengestecken, versetzt. Die Decken sind hoch, ebenso die Bogenfenster, die Luft ist kühl ebenso die Blicke der jungen Französinnen, die an ihrem Cremant nippen, Rommee spielen, die Begleitung von Mademoiselle Z begutachten und auseinandernehmen. Sie schweben aufrecht in ihrer Wolke aus infantiler Arroganz, die sich in ihrem Duft widerspiegelt, ihre Distanz hat etwas Stechendes, doch es sticht so süß, ein wenig säuerlich, wie die Perlen im kalten Schaumwein. Je länger wir in der gediegenen, doch lauernden Atmosphäre des Salons verweilen desto träger wird unser Gemüt. Wir lassen uns in die zu weiche Lehne des Canapés sinken, die duftende Ausstrahlung des Raumes wird wärmer, umhüllt uns in einen Hauch jugendlichen Patchouli, weiße Blüten und adeligen Schweiß. Draußen ist es 20 Grad wärmer als in dem alt ehrwürdigen Gewölbe, in dem nun Limettensorbet und Biskuit gereicht wird. Beobachten, beobachtet werden, in wachsamer Erregung, im Wissen um die eigene Noblesse. In einer anderen Welt schwitzen Menschen, man kann es ahnen, man ist Teil der Jahreszeit, trägt den klebrigen Sommer im Herzen, die Kühle im Kopf und in der Brust.

Zurück in Albuquerque verbringe ich den Rest des Tages mit Delice Infini auf dem Schlüsselbein am Rio Grande. Auch bei 35 Grad funktioniert dieser einzigartige Geschichtenerzählerduft, unterstreicht und kontrastiert die Hitze gleichsam.
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