Jezebel

Ungeduldig tripple ich von einem Bein aufs andere.. kann sie kaum erwarten, meine Begegnung mit der Grand Dame. Viel wurde über sie erzählt, das Publikum entschied sich, entweder vor Ehrfucht zu wispern, gar in Ohnmcht zu fallen oder in standing ovations zu verharren. Heute wird sie mich gnädigerweise empfangen. Ich hab mich recht schick zurechtgemacht, edel aufgehübscht. Wohl wissend, dass ich der luxeriösen und gebildeten Künstlerin niemals auch nur annähernd würdig entgegentreten werden kann. Es geht los, ich werde ihr meine Aufwartung machen, der Diva. Sicherlich wird sie mir ihre beringte Hand zum Kuss entgegenhalten. Auf dem Weg zu ihr lausche ich ehrfürchtig ihrer letzten Opernaufnahme, schließe vor Genuß (fast) - ich muss ja fahren, die Augen, um mich besser auf ihre Arien konzentrieren zu können. Vor der Villa angekommen überprüfe ich nervös den Sitz meiner Haare, ziehe mir die Lippen nach. Und dann klingle ich. Stille. Ich klingle nochmal, das Personal ist im Lauf der Zeit doch nicht etwa schwerhörig geworden? Nichts. Enttäuscht und in der Hoffnung vielleicht durch einen Wink durch die Terrassentür auf meine Anwesenheit aufmerksam machen zu können, wackle ich auf meinen Pumps durch die etwas verkommene Gartenanlage. Verandatüre ist geschlossen. Die Brokatvorhänge sind zugezogen. Enttäuscht mache mich mich auf den Rückweg. Ich beschließe, doch noch einmal zu läuten und als ich versehentlich gegen die prunkvolle Türe stoße, gibt sie nach. Klopfenden Herzens trete ich ein. "Madame, Madame Perfectio" rufe ich. "Madame Perfectio, sind Sie da? Wir haben einen Termin." Nichts. Keine Antwort. Mit schlechtem Gewissen und neugierig schleiche ich mich durchs Haus, meine Schuhe hinterlassen eine Spur im Staub. Die Möbelstücke sind abgedeckt. Vorsichtig öffne ich eine Türe, die in ein ehemals wohl prachtvolles Schlafzimmer führt. Ich nehme mir ein Herz und trete ein. Madame ist nicht da. Auf dem Tisch liegen Dokumente. Ich lese einen Vertrag über die Aufnahme in ein Seniorenpflegeheim. Noch etwas steht da. Eine Kristallvase mit edlen Goldgravuren. Verblühte Rosen und matschige Nelken lassen ihre welken Köpfe hängen, vielleicht verbirgt sich auch eine tote Maus zwischen den schleimigen Stengeln im blasigen Blumenwasser. Nehme ich Ammonik wahr?. Vorsichtig stecke ich meine Nase in den Blumenfriedhof. Eine stechender Hieb direkt ins Gesicht. Ich taumele, wehre mich mit Händen und Füßen gegen ein tentakeliges Monster, das sich bösartig und hämisch in meinen Hals krallt und mir die spitzen Zähne in den Nacken jagt. Ich schreie entsetzt, japse nach Luft, wische mir Glibber aus den Augen und kämpfe mit Händen und Füßen um mein Leben. Endlich habe ich wieder die Oberhand über dieses Blumenvasengeschöpf. Ich schleudere mir die unbequemen Pumps von den Füßen und renne rutschend und schlitternd die Wendeltreppe in Richtung Ausgang. Im Auto verriegle ich die Autotüre und starre entsetzt in den Spiegel. Ich bin fahl wie gelbes Wachs, habe dunkle Augenringe. Falten überziehen mein Gesicht. Schlagartig bin ich ergraut.

Gefährlich platzende schwarze Blasen bilden sich in dem harzig- öligen Gebrau, das auf einem alten Metallkessel über der Feuerstelle brodelt. Es ist dunkel, nur der Schein des Feuers spielt Schattenspiele in der dunklen Waldhütte....Kräuter. Harze, Blumenextrakte, Öle, unzählige ausgeweidete Tiere hängen fein säuberlich getrocknet an einer Leine..Schwerbeinig schleicht die Hexe zwischen ihren Dosen und Tiegeln hin und her.. entnimmt hier eine Substanz und dort ein getrocknets Kügelchen... reibt und schüttelt und verarbeitet die Zutaten geschickt in einem Mörser zu feines Pulver......Die Hexe kichert zahnlos und zählt genau 1, 2, 3, 4 5, 6 ,7 Tropfen aus einem kleinen Elixiergefäß ab....Sie weiß, dass auch nur ein Tropfen die Sinne lähmt und das Opfer des Gebräus willenlos macht..und schüttet die Gaben vorsichtig in die aufgeregte Masse. Augenblicklich wird das dunke Ölgemisch tiefgrün----Würzigharzigtierischklebrigköstliche Dämpfe erfüllen den kleinen Raum.....Der Rabe steht auf einem Fuß und flattert aufgeregt mit den Flügeln...Die Hexe flucht, sie ist mit ihren Fellstiefeln auf ein Krötenbein getreten....und wickelt sich fester in ihr dickes wollenes Schultertuch....Sie murmelt, sie zischt, ihre hellwachen Augen funkeln, als sie ein letztes Mal in dem grünen Ölgemisch rührt und einige Millimeter in ein Fläschen umfüllt...sagenumwobene Runen eingraviert und in ein Jutesäckchen bindet... "Krakee Krakee" krächzt der Rabe, als er das Bündel in den Schnabel nimmt, aus dem Fenster flattert von der tiefschwarzen Nacht umfangen wird....er überquert Berge, Wälder, Schluchten und Seen bis er die Burg erblickt. Auf der Zinne wartet sehnsüchtig eine junge wunderschöne Frau. Ihre langen schwarzen Haare umwehen ihre zarte Gestalt....Sie nimmt das Fläschen in Empfang, knickst erfürchtig vor dem Raben und geht mit aufrechtem Gang und hocherhobenem Haupt zurück in ihr Gemach... Sie hat ein Ziel......

Eine Domina...Königin, Herrscherin....Unbeschreiblich rieche ich es, dieses kostbare Elixier... es ist in sich selbst verliebt, ist nicht gefällig.. will gar nicht gefallen.... Ich habe keine Idee, welche geheimnisvollen Zutaten ich eigentlich rieche....es schmeichelt edel , excellent kompositiniert,,,feinnuanciert geschichtet, erlesen, würzig, edel, moosig, dunkel wie die Nacht .. herbsüß , sinnlich?..Ich assoziere eine verruchte Lady (oder Hexe), kapriziös unnahbar.. unerreichbar für die Herren die sie anbeten.... Sie hat die Wahl, nur der Beste ist gut genug für sie.. . Ihre demütigen und zahlreichen Verehrer kickt sie arrogant mit der Schuhspitze weg und schickt ihnen eine abfällige Handbewegung nach.. Sie kann es sich leisten.. sie hat Stil, Eleganz, wird angebetet.., weiß was sie will....Nichts für die Frau die Mainstreamdüfte oder harmlose Düfte vorzieht... Da ist nichts zurückhaltend, nichts gefällig, nichts bescheiden oder süsslich....

Der Flakon wirkt billig, das rosa Deckelchen auch und versteckt seine arrogante Duftschönheit, als ob er ihr Geheimnis für sich behalten wollte.. mir ist das recht, dann hab ich den -Duft fast! für mich alleine :) Ist ab sofort mein neuer Signaturduft

Rosen, rosarot, rosarote Rosendusche.. Hilfe.. überall ROSA.....Die Rosen sind rosa, die Wiese ist rosagrün gepunktet.. selbst die Bienen sind rosaschwarz gestreift.....rosa Regentropfen fallen auf die rosa Spitzchenkleidchen der rosigwangigen Prinzessinnen mit rosafarbenen Flatterbändchen im Haar, die mit rosigen Ballettschühchen die Rosensuite tanzen.....Rosa Rosendornen akzeptieren in ihrer Harmlosigkeit nicht mal eine Nuance eines anderen Dufthauches...Für mich zu eintönig rosig, es fehlt so ziemlich alles ausser der Rose bei diesem Duft...

Vorstellen kann ich mir den Duft mit einem viertel dosierten Sprüher auf das Taufkleidchens eines schlafenden kleinen Mädchens

auf eine Duftorgie hatte ich mich eingestellt... auf eine olfaktorische Offenbarung, welche die Sinne verzaubert und verhext..... geheimnisvoll mystische orientalische Nächte verspricht die Rezeptur.. wer kann da schon widerstehen: Bergamotte, Zimt, Jasmin, Patchouli, Amber, Weihrauch und andere verheissungsvolle Elixiere...der Duft der Nacht
Ich hülle mich in geschmeidige Seide mit arabischen Orientfarben.....dekoriere meine Ruhestätte mit samtenen Kissen.... Pfauenfedern warten erregt darauf, mir sanft zu zufächern..... zartes Geschmeide.... Bereit bin ich für meine zärtliche Pachouliweihrauchamberjasmingeliebte... Knisterflüsterprickelfeeling....Stunden werden zu Tagen..

DIngDong.. die Töhle bellt..."hier ist ihr Paket" schnauzt mich der Postbote genervt an und knallt mir ein Päckchen vor die Tür.. Ich schaue beschämt an mir herab, umhüllt mich doch die laszive Erwartung an meine zärtliche Verführung. Ich bin bereit..! .. Irrtiert erwache ich aus meiner Liebestrance.... mit zitternden Händen raschle ich Papier... ein billiger Taschenzerstäuber grinst mich hämisch an und kleine Strasssteinchen beissen mich boshaft ins Auge... ein vorsichtiger Sprüher...... ahhhhhh.... BÄÄÄÄÄHHHHH!!! meine Nase beginnt zu weinen....Pfauenfedern werden grau und welk.. Seide und Samt verwandeln sich in Sekundenschnelle in kratzige Judesäcke..... pappsüßwürgigdünnwiewasserartiger Sprühregen befleckt meine Sinne... Klostein, Eau de la Gosse.. meine sinnliche Geliebte entpuppt sich als Billig Nutte, derb dreist, ihre besten Jahre hat sie längst hinter sich, verzweifelnd sucht sie Liebe und Nähe indem sie ihren verlebten Körper anbiedert...... weiße Deoränder verschmutzen ihr speckiges Mieder... quellende Brüste empören mein Auge und die Friedhofsblümchen, leicht welk, die sie sich in ihre splissigen Haare gesteckt hat, vollenden das Bild einer liebeshungrigen Frau....... Ich brauch nen Schnaps