Knurli

Es war die Ära der Holzfällerhemden, echten Supermodels und Grunge.
Als Kind der Neunziger Jahre hab ich diesen Duft gemeinsam mit meinen anderen Schätzen vor dem Schminkspiegel meines Mädchenzimmers drapiert. Im Hintergrund dudelten meist Smashing Pumpkins, Nirvana oder Alanis Morisette. Man schminkte sich gemeinsam mit den Freundinnen anämisch, kleidete sich wie ein Holzfäller der gerade zögerlich seine weibliche Seite entdeckt und sprühte sich dann großzügig mit Düften wie Classique und Sun Moon Stars ein.
Etliche Jahre (räusper) später schenkte ihn mir mein Vater zum Geburtstag. Ich gestehe, ich war leicht irritiert, hatte ich diesen Duft irgendwie stinkbombenartig in Erinnerung. Das undankbare Kind nahm sich dann doch noch zusammen und wurde positiv überrascht.
Gar nicht so schwer wie früher, viel leichter und ich hatte ihn auch rauchiger in Erinnerung. Der Duft den ich im Jahre 2014 vor meinem aktuellen Schminkspiegel drapiere ist etwas fruchtig, fein ambriert und nicht zu süß. Ein Hybrid zwischen einem Sauberduft und einem Orientalen. Er weist eine angenehm zurückhaltende Sillage auf und die Haltbarkeit ist eher im Mittelfeld. Passt für mich deshalb tagsüber genauso gut wie abends.
Bei mir hat er besonders nachts anscheinend Zeitmaschinenqualitäten.
Ein Sprühstoß zum kuscheligen Einschlafen hat zu wilden Träumen von Französichschularbeiten und den eigentlich längst vergessen Schwarm aus der 5. Klasse geführt...

"Mmmhh. Ja riecht wie das blaue Männerparfum von Gaultier..." Meine Schwester und mein Mann waren sich darin einig. Diese Assoziation wurde wahrscheinlich von den Unmengen an Moschus geweckt die der Dottore hier verpackt hat, die beiden Düfte haben für mich nicht wirklich etwas miteinander zu tun.
Aber Cotone Muschio Bianco ist schon ziemlich maskulin.
Im Sommer mag ich frische Düfte gerne, diesen hier finde ich zwar nicht schlecht aber ziemlich schwül, ich würde ihn im Hochsommer im Büro eher nicht tragen. Ein Kollege meinte im Winter sogar ich würde ein Zimtparfum benutzen.
Der Versuch ihn an meinem Mann zu testen schlug fürchterlich fehl. Zwei Sprüher am Hals und der Gute hat mir die Ohren vollgejammert. Viel zu stark und wie ich sowas nur aushalten kann.
Dieser Duft ist was für "taffe" Tage an denen ich mal den Silberrückenmodus aktivieren muss. Vielleicht zur nächsten Gehaltsverhandlung.

Ich fand die Beschreibung von Lush so charmant. Von wegen Beatniks und verrauchte Jazzkeller und so.
Französische Zigaretten mochte ich schon immer und Espresso auch. Also dachte ich mir: "Was solls. Man lebt nur einmal!"
Mein Vater hat früher Möbel restauriert und die Beize die er zum Entfernen alter Farbe benutzte entspricht in etwa dem ersten Eindruck beim Aufsprühen.
Danach ändert sich das Ganze in Richtung rohes Fleisch. Würzig mariniert - muss man zugegeben.
Wer hier tapfer durchhält wird zum Schluss mit einer verraucht-dreckigen Tonkabohne belohnt die echt nicht mal so schlecht ist.
Benutzen werde ich den Duft allerdings nicht mehr da ich einen Ausschlag davon bekomme. Schade, die Idee an sich hat sich gut angehört.

Wenn es draußen ungemütlich ist, ist es schön sich auf das Sofa zurückzuziehen zu können, der Kamin spendet heimelige Wärme, eine kuschelige und warme Kaschmirdecke die ganz leicht nach dem herben Duft meines Liebsten riecht tut ihr Übriges.
Frisch gebadet und total entspannt widmet man sich unterhaltsamer Leküre, sieht sich alte Filme an oder döst einfach ein bisschen vor sich hin.
Regentropfen klatschen schwer gegen die Fensterscheiben, man hat ein paar Vanilleduftkerzen angezündet, eine heiße Schokolade mit Sahne, Milchschokolade und Honig gebraut und nascht üppige Pralines dazu.
Das ist für mich Wish.
Die schwarze Johannisbeere gibt dem Auftakt zwar eine kratzige Note aber nur kurz, die Vanille und Toffee Noten umschmeicheln dann für lange Zeit in aller Süße (!!!) rauchigen Weihrauch und ganz leicht maskulinen Patchouli.
Dieser Duft umarmt mich zärtlich aber mit Kraft, er ist sehr süß (also wirklich wirklich süß), gourmandig und orientalisch.
Er hat Körper, kann mich mittragen, diesem Duft bin ich nichts schuldig, er fordert mich nicht heraus.
Ich muss mich nur wohlig gehenlassen, darin versinken und darf auf keinen Fall an Kalorien oder die Salonfähigkeit von Vanilleschwaden denken.
Mit ihm fühle ich mich getröstet, eingelullt, warm, geborgen und sicher.
Ich liebe ihn vor Allem abends aber sparsam dosiert ist er auch an kühlen Tagen ein angenehmer Begleiter.

Diesen Duft musste ich einfach haben als er als Weihnachtsspecial 2013 bei Lush erhältlich war. Zu sehr liebe ich das gleichnamige Duschgel das jeden Winter für mich ein Garant für olfaktorische rosa Kaugummiwonnen unter der Dusche ist.
Der erste Eindruck war ein Schock. Süßstoffsüß. Kinderhustensaft mit Blendi. Die Fee haut hier ordenlich mit der Synthetikkeule zu.
Hat sich der erste Tumult gelegt kommen die Süßigkeiten zum Vorschein. In erster Linie das Zeugs das man im Freibad als Kind so gern gegessen hat. Ich muss sofort an Hubba Bubba Kaugummi, Gummischnürl und Kirschbonbons denken.
Die Reaktion meines Mannes:"Mmmhhh Fizzers". Der Bürokollege musste an die Wachau denken (Marillen) und ich an Willy Wonka.
Das Ende klingt mit einem Päckchen künstlichen Vanillezuckers aus.
Alles in allem ein sehr lauter, grellpinker Duft. Pippi Langstrumpf würde ihn wahrscheinlich ganz selbstbewusst tragen, ich muss echt in Stimmung dafür sein sonst komm ich mir damit albern vor.