Lovis

Dieser Duft ist einer der wenigen, die ich mir aus rein nostalgischen Gründen zulegen würde. Nicht, weil ich ein Travolta-Fan bin, wie die Überschrift eventuell vermuten lässt, sondern weil er eine Stimmung in mir wieder aufleben lässt, die sonst doch eher selten geworden ist.

Meine wilderen Party- und vor allem Discozeiten sind schon ein Weilchen vorbei, aber zumindest der größte Teil der Erinnerungen ist mir geblieben und um den Rest ist es wahrscheinlich nicht besonders schade.

Der Samstag Abend war DER Abend. Nicht, dass es der einzige Tag in der Woche gewesen wäre, an dem ich mich mit meiner einzig wahren und besten Freundin von allen ins Nachtleben gestürzt habe. Schließlich gab es ja auch noch den Freitag, als Einstieg ins ersehnte Wochenende, und, ganz besonders tückisch, den Mittwochabend, der in der von uns bevorzugten Disco mit der "Ladys Night" auf uns wartete - freie Mixgetränke für alle weiblichen Gäste bis Mitternacht.
Spätestens ab 0.00 Uhr lauerten dann die Herren der Schöpfung schon darauf, die nächste Runde auszugeben. Ellbogen und geschickte Ablenkungsmanöver waren also des Öfteren gefragt.

Aber der Samstagabend war etwas Besonderes, die Stimmung war unvergleichlich, die Disco voller, die Musik besser - und vor allem lauter - und die Luft so angefüllt mit Zigarettenqualm, künstlichem Nebel und den verschiedensten Düften und Gerüchen, dass man sie hätte schneiden können. Selbst wer damals nicht selber rauchte, hustete noch den Rest des verkaterten Sonntags, die Stimme war ruiniert, der Kopf so schwer, dass man sich schwor, nie wieder dermaßen über die Stränge zu schlagen.

Wer kennt ihn nicht, den gequält herausgepressten Schwur, NIEMALS im Leben wieder Alkohol anzurühren?!

Spätestens am nächsten Samstag war der natürlich vergessen, und die Party ging weiter.

Divin'Enfant ruft in mir diese aufgedrehte, kribbelige, fast fiebrige Stimmung wieder hervor, in der wir damals waren, wenn wir endlich den ersten Schritt machten, hinein in das Gewühl, die ohrenbetäubenden, dröhnenden Bässe, das gedämpfte Licht, durchzuckt von bunten Lichtblitzen, froh, den nervtötenden Alltag hinter uns zu lassen und voller Erwartung, was der Abend an Abenteuern bereithalten würde. Hinein in diesen typischen Geruch, den es nur dort gab.
Wir fühlten uns cool, sexy und frei, der nächste Morgen lag noch in weiter Ferne, oft waren wir leichtsinnig, vernünftig konnten wir noch sein, wenn wir alt wären.

Die Ironie daran ist, dass dieser Duft durchaus erwachsen wirkt.
So erwachsen, dass ich ihn damals nie getragen hätte. Heute gefällt er mir, womöglich, weil ich oft immer noch nicht so vernünftig bin, wie ich es vielleicht sein sollte. Oder weil mir die Unbeschwertheit dieser Zeit manchmal ein wenig fehlt...




Nachtrag:

Für mich ist dieser Duft an einem Mann nicht vorstellbar. An einer Frau kann er interessant, provozierend, verr(a)ucht wirken. Dies ist kein Mädchenduft!

Aber an einem Mann würde er mich an zu viele nervös gerauchte Zigaretten und zittrig getrunkenen, zu süßen Alkohol erinnern, von dem schon der ein oder andere Tropfen daneben gegangen ist. Keine schöne Vorstellung.

Verführer gibt es wie Sand am Meer, und sie bedienen sich der unterschiedlichsten Strategien, um ihr Ziel zu erreichen.

Da wäre beispielsweise der ganzjährig gut gebräunte, prollige Muskelprotz, der immer zu laut redet und noch lauter lacht, bevorzugt über seine eigenen, dümmlichen Witze. Schließlich soll Jede/r sofort bemerken, dass er anwesend ist! Zarte Andeutungen sind seine Sache nicht, ungeniert trägt er mit Vorliebe zu enge Jeans und unterstreicht seine Erscheinung mit einem recht albern anmutenden, o-beinigen Gang, der seine Potenz betonen soll. Eleganz oder Tiefgang darf man von ihm nicht erwarten, meist sieht man ihn in Begleitung beliebig austauschbarer, hohl kichernder junger Damen, die immerhin als weithin sichtbares Statement ihre wasserstoffblonde Haarfarbe passend zum darunter befindlichen Nichts gewählt haben. Er ist so sehr von seiner Wirkung auf Frauen überzeugt, dass er es gar nicht erst in Betracht zieht, eine Abfuhr zu erhalten. So ist es denn auch kein Leichtes, ihn wieder loszuwerden. Hier sind deutliche Worte gefragt, zur Not sind vorsorglich erlernte Selbstverteidigungspraktiken anzuwenden, denn selbst den Wink mit dem Zaunpfahl versteht er nicht.


Ein ganz anderer Vertreter seiner Art ist der sanft lächelnde, ewig verständnisvolle und niemals ohne einen beeindruckenden Blumenstrauß erscheinende Komplimentemacher. Dein neues Shirt ist immer suupersüüß, deine Haare ein Traum und dein Hintern selbstredend entzückend. Leider blümelt er mit seinen Sträußen um die Wette, dich beschleicht das ungute Gefühl, niemals etwas anderes erwarten zu dürfen als blumigsüßes, unschuldiges Händchenhalten, das kannst du auch mit deiner besten Freundin. Die hat auch mehr Biss, und genug Anstand, sich nicht ungefragt deine Reizwäsche auszuleihen.


Auch der eher herbe Typ ist vertreten, er wirkt recht unterkühlt, seine Worte sind zwar mit Bedacht gewählt und durchaus klug, doch fehlt ihnen jegliches Feuer. Seine Kenntnisse der Verführung sind rein theoretischer Natur, während du dich leicht bekleidet und erwartungsvoll lasziv auf den Laken räkelst, schreitet er auf und ab und rezitiert die großen Verführer der Antike. Eiskalt sein Blick, wenn er dir mit stechender Stimme verkündet, dein Aufzug sei zwar recht passend zum Thema gewählt, entbehre aber der notwendigen Ernsthaftigkeit. Noch während du ihn aus dem Fenster schubst, krallt er sich an deinen Armen fest und zischt dir eine alphabetisch geordnete Liste der größten Poeten ins Ohr.



- Dieser geliftete Schönling hingegen hat seine besten Zeiten schon lange hinter sich. Früher, ja, früher war sein Name in aller Munde, die Frauen fielen reihenweise in Ohnmacht, wenn er in Sicht kam, der große Auftritt war ihm sicher, es gab Standing Ovations. Schön war er, reich und interessant, fast ein wenig protzig. Heute, nach zahllosen Einschnitten hier und dort und diversen Diäten, ist nur noch eine auf den ersten Blick makellose Hülle übrig. Statt in Würde zu altern und die reizvollen Falten eines leidenschaftlich gelebten Lebens mit Stolz zu tragen, versteckt er unter der glänzenden Oberfläche nicht mehr als ein nettes, süßliches und belanglos seichtes Gewässer, der aufregende, (mit-) reißende Strom ist verschwunden. Ich kann nur noch erahnen, wie charismatisch sein Lächeln einmal war, mit welcher Leidenschaft er mich womöglich verführt hätte.


So gibt es nur ein kurzes , albernes und süß-klebriges Küsschen auf die Wange, und meine Erleichterung, dass er nicht mehr genug Kraft und Ausdauer hat, mir zu folgen, während ich flüchte.

Sie kannte ihn nicht wirklich, nur gelesen hatte sie von ihm. Das, was sie las, hatte sie neugierig gemacht, ihr Interesse geweckt, doch anfangs war es dabei geblieben.
Immer häufiger versuchte sie, ihn in diesen Zeilen zu erkennen, seinen Charakter, seine Natur zu verstehen. Das war natürlich unmöglich, sie wusste das. Und doch fühlte sie sich von ihm angezogen, sie konnte nicht anders, sein Charme hatte sie bereits in seinen Bann gezogen.

Mit der Zeit entstand eine Sehnsucht in ihr, die sie sich nicht erklären konnte. Sie ging im Geiste all die vernünftigen Gründe durch, die dagegen sprachen, ihn zu treffen, sie wusste, sie war nicht die Einzige, die ihn begehrte, und er würde nicht im Geringsten zu ihr passen. Immer wieder ertappte sie sich dabei, wie sie gedankenverloren aus dem Fenster starrte, ruhelos, aufgewühlt, und an ihn dachte. In ihren Tagträumen war er nur schemenhaft zu erkennen, doch seine Berührung konnte sie erahnen, und statt ihn zu vergessen, wurde der Gedanke an ihn ihr ständiger Begleiter und die Sehnsucht immer größer.

Als sie später darüber nachdachte, konnte sie sich nicht mehr erklären, wie es dazu kommen konnte. Eines Tages stand er einfach vor ihr, und seine Nähe, seine Ausstrahlung, sein selbstsicheres Auftreten ließen ihre Zweifel übermächtig werden. Hatte sie einen Fehler gemacht?
Da stand sie nun, allein mit ihm, schwankend und unsicher. Er war einen Tag früher angekommen als geplant, hatte sie überrascht, und sie hatte keine Zeit mehr gehabt, sich umzuziehen. In ihren verwaschenen, alten Jeans und ihrem dicken Pulli fühlte sie sich seltsam fehl am Platz, zu unscheinbar, zu jung.
Doch bevor sie wusste, was sie tat, streckte sie die Hand nach ihm aus. Ein herber, frischer Duft raubte ihr fast den Atem, als er auf sie zukam, wirkte verstörend auf sie. Er zog sie an sich, hielt sie fest, und jetzt erkannte sie ihn, wusste, dass er es war, der Eine, nach dem sie gesucht hatte. Und plötzlich war da kein Platz mehr für Zweifel, es gab nur noch sie und ihn, so vertraut, als wäre es nie anders gewesen. Sie spürte seinen Herzschlag, fühlte seine Wärme, sog gierig den schweren, süßen Duft seiner warmen Haut ein und vergaß alles, was vorher gewesen war.

Er zog sie fort, entführte sie in die verschwommene Welt ihrer dunklen Träume, tanzte mit ihr eng umschlungen einen ganzen Tag und eine ganze Nacht lang, und sie fühlte sich in seinen Armen wie eine Königin in schimmernden Gewändern in einer rauschenden Ballnacht.

Später, am nächsten Tag, saß sie am Fenster, wieder allein. Sie sah hinaus in die trübe Kälte und dachte an das, was geschehen war. Wie im Rausch hatte sie sich gefühlt, und noch immer konnte sie ihn riechen, überall dort, wo er sie berührt hatte, seine Wärme hüllte sie ein wie ein unsichtbarer Umhang.

Sie wusste, sie würden sich wiedersehen, an einigen, ganz besonderen Tagen, und ein kleines Lächeln lag auf ihren Lippen.

Dieser Garten hat mich verzaubert. An meinen ersten Besuch kann ich mich kaum erinnern, in meinem Gedächtnis finden sich nur Bilder von milchig-nebligen Schwaden, sanftem Grün und herber Süße...
Nun besuche ich ihn zum dritten Mal, verzückt, neugierig und erstaunt zugleich. Der Boden dampft, es ist schwül nach dem schweren Regenguss. Die feuchte Luft nimmt mir den Atem, geschwängert vom Duft fremdartiger Pflanzen. Blumen und blühende Sträucher säumen den Weg. Dicht an dicht stehen hier die Bäume, reife Orangen hängen tief von den Zweigen. Je weiter ich gehe, desto größer scheint der Garten zu werden.
Weiche Schlingpflanzen streichen mir über die Knöchel, mit den Händen teile ich vorsichtig den üppigen Vorhang aus Blättern vor mir und schlüpfe hindurch. Dahinter verborgen eine kleine Lichtung, in der Mitte ein See. Riesige Seerosen treiben auf dem dunklen Wasser, kleine Wassertiere plätschern träge vor sich hin. Die Luft ist hier frischer, ein leichter Wind kräuselt die Wasseroberfläche.
Ich setze mich in das weiche Gras und atme den schweren, hypnotischen Duft der kleinen Sträucher ein, die hier wachsen. Patchouli - seltsam - bei meinem ersten Besuch habe ich dich gar nicht entdeckt, du hattest dich ganz klein gemacht und darauf gewartet, dass ich dich finde. An kaum einem anderen Ort kann ich deinen Geruch ertragen. Doch hier hast du es kühl, schattig und ruhig, und ich liebe deinen Duft. Vorsichtig zupfe ich ein paar deiner Blätter ab und lege sie in eine kleine Schatulle aus Sandelholz. Lange wirst du bei mir bleiben, lange noch, nachdem ich aus diesem Traum erwacht bin, und mir den Weg zurück zeigen. Ich kann es kaum erwarten.


Edit:
Eventuelle Ähnlichkeiten zu anderen Kommentaren bitte ich vielmals zu entschuldigen. Eure Waldfeen, Nymphen und verwunschenen Seen haben mich zum Blindkauf verführt und durch das Dufterlebnis begleitet, sie kamen praktisch mit dem Duft aus dem Flakon gepurzelt. Vielen Dank dafür!!

Dieses Düftchen habe ich mir "blind" gekauft, als es mir beim Einkauf stark reduziert über den Weg lief. Irgendwie hatte ich in Erinnerung, dass ich mit ihm hier schonmal geliebäugelt hatte...
Ausgepackt, aufgesprüht und: Hä? Das kennst du doch?
An mir riecht Selection fast 1:1 wie Noa von Cacharel, es scheint mir nur so, als wären die einzelnen Bestandteile stärker "zusammengepresst" worden, so dass es mir sehr schwerfällt, hier einen wirklichen Duftverlauf zu erkennen. Bratapfel? Nicht mal ein Hauch davon!
Ein heller, freundlicher, frischer und zugleich weicher Duft, durchweg alltagstauglich, wenn man nicht stark parfumiert, sondern einfach nur "gut" riechen möchte.
Ich finde ihn schön, aber trotz der enormen Ähnlichkeit fehlt ihm etwas, das ich bei Noa finde und hier nicht, ich kann es gar nicht genau festmachen, das gewisse Etwas eben...
Ich versuche es mal mit einem Bild:
Bei Noa tanzen ein paar junge Frauen in weißen Kleidern über eine weichgezeichnete Blumenwiese, natürlich brav bedeckt, und sie tanzen auch nicht wild oder lasziv, eher etwas verträumt und sehr niedlich. Aber wenn du gerade denkst "Schnarch, wie langweilig ist das denn...", dreht sich eine zu dir um und zwinkert dir zu. Nicht wirklich sexy oder aufreizend, eher etwas frech, gerade so, dass du verwirrt bist, ohne genau zu wissen, warum. Dann verschwinden sie im frischen Morgennebel, während nur ihre Duftschleier bleiben...
Bei "Selection" haben sich die Damen müde getanzt und kuscheln sich direkt nach dem Aufsprühen schön gemütlich ein. Der Duft ist noch da, aber eben ohne Bewegung und ohne Zwinkern.

Trotzdem ein schönes Düftchen, nicht billig (trotz des wirklich sehr günstigen Preises), nicht aufdringlich, aber auch nichts Herausragendes. Aber das braucht man ja auch mal ;)

Nachtrag:
Manchmal gibt es ja komische Zufälle im Leben. Nachdem ich diesen Kommentar geschrieben habe, habe ich mir die älteren Kommis hier nochmal durchgelesen und musste sehr schmunzeln bei Mariella's Schilderung der Tanzeinlage im Film "WALL.E", weil ich selbst auch so oft flennen muss bei so schönen Szenen (ja, selbst bei Trickfilmen...). Gehe ins Wohnzimmer, da sitzt mein Jüngster und guckt - na? Genau, "WALL.E". Ausgewählt aus ca. 30 verschiedenen Aufnahmen. So durfte ich mich also, eingedieselt mit 'Selection Woman', auch durch den Weltraum schniefen :)
Schööön...