Martha24

Mehr als zwanzig Jahre habe ich gebraucht, um mich mit Shalimar anzufreunden. Ja, Kleopatra hat sehr recht, wenn sie Shalimar "die barsche Alte" nennt, so 100% Freundschaft haben wir nie schließen können und das lag nicht an mir... Da ich in meiner Jugend aber selbst starke Raucherin war, kann ich die Alte wahrscheinlich besser ertragen als so manch empfindlicheres Naturell. Orient&Femme fatale, eine Kombination, die es mir schon immer angetan hatte, deswegen habe ich durchgehalten.
Mein erster Versuch war eine kleine Flasche Eau de Toilette vor mindestens 20 Jahren. Leider wussten wir damals in der Provinz noch nichts von den Gepflogenheiten der großen französischen Dufthäuser und hielten Eau de Toilette einfach für eine verdünnte Version des Eau de Parfums. Ich war enttäuscht vom EdT, die weiche vanillige Basis fehlte und die Bergamotte dominierte scharf das Geschehen. Im Earl Grey liebe ich Bergamotte, aber bei den Guerlains ist sie nie so blumig... Eine gute Freundin kaufte mir die Flasche ab und ich nahm Abschied von meinem Traum, mich fatal mit einem Klassiker der wilden 20er Jahre zu parfümieren.
Durch den ganzen Ramsch, den ich in den folgenden Jahren zu genießen und zu verachten lernte, begann ich jedoch wieder, Shalimar zu schätzen. All seinen Ingredienzen zum Trotz ist es so unsüß. Warm und weich weht es von Weitem und wenn man näher kommt, ist plötzlich Schluss, da ist dann nur noch etwas Herbes, Strenges. Das ist faszinierend - genau wie die Duftentwicklung nach dem Aufsprühen. Bei modernen Düften fehlt mir das häufig. Die Klassiker hingegen (besonders die Guerlains) nehmen mich auf eine weite Reise mit...
Im Herbst 2010 sah ich dann die erste Version von Shalimar Ode à la Vanille (damals noch ohne Madagaskar oder Mexiko!) in einem Schaufenster funkeln. Damit hatten sie mich in der Falle, denn zum einen liebe ich Flanker und zum anderen glaube ich an die magischen Kräfte von "echter" Vanille. Ein Gutschein im Briefkasten und eine unerwartete Rückzahlung des Finanzamtes besorgten den Rest - die Buddel war mein! Ich mag den Duft sehr, aber das bekannte Problem ist wieder da: Wenn ich glaube, das Angenehme, Warme und Weiche greifen zu können, ist es weg!
Zwischendurch hatte ich noch eine Liaison mit Shalimar Parfum Initial, aber irgenwie passt das für mich nicht in die Shalimar-Schublade trotz des Namens. Wahrscheinlich einfach eine andere DNA.
Eau de Shalimar hingegen ist ein echtes Shalimar, obwohl es ein eher zarter, sehr sommertauglicher Duft ist. Zu Beginn werden kräftig Zitrusfrüchte ausgepresst, die sauren Säfte spritzen, Fruchtfleisch und Schalen fliegen mir um die Ohren und das Wasser läuft mir im Munde zusammen. Richtig frischer Zitronensaft und Limetten, Limetten, Limetten...Dann tritt Shalimar selbst auf, grüßt kurz und fährt in die Sommerfrische. Und frei ist die Bühne für Dr.Ö. und seinen köstlichen Vanillinzucker!!! Wie konnte ich jemals an echte Bourbon-Vanille glauben? Nur das hier macht mich wirklich glücklich!!! Salonfähig wird der Duft durch eine feine, pudrige Iris-Note, die ihn vor einem Abgleiten ins Triviale bewahrt. Göttlich ist der feine Hauch der in der Kleidung hängenbleibt. Auf das Soufflé bin ich gespannt, glaube aber nicht, dass es Eau de Shalimar vom Siegertreppchen vertreiben wird, jedenfalls nicht von meinem!

Natürlich "kenne" ich L'Air du Temps schon seit Jahrzehnten, das Gelb und die Täubchen. Als mein Parfum-Wahn begann, war dieser Duft lange tabu, weil es die hexige Ex-Freundin des Freundes meiner Schwester benutzte (Solidarität!). Zudem befand ich mich in der Gewalt von Trésor, das gerade auf den Markt gekommen war. In der Folgezeit testete ich alles, was gut, teuer und neu war, Rang und Namen hatte usw. Nach über 25 Jahren harter Arbeit kann ich heute die Chanel-Klassiker und sogar Shalimar tragen (Mitsouko allerdings finde ich immer noch sehr, sehr seltsam...).
Tja, und nun stehe ich da mit meiner trainierten Nase und es kommen anscheinend nur noch Düfte mit fruchtiger Shampoo-Note auf den Markt. Und der Kurfürstendamm ist weit weg und wenn ich schon mal da bin, habe ich auch nur 2 Handgelenke... und dann die Preise...
Also wieder zurück in die gute alte Zeit. Aromatics Elixir, Anäis Anäis, Ivoire - nach ein paar Stunden riechen sie wundervoll, aber für die eine oder andere Duftphase vor dem Drydown brauche ich eine Wäscheklammer auf der Nase. Die Duftnoten sind so reichhaltig und vielfältig und verschmelzen miteinander, so dass ich keine Einzelheiten ausmachen kann. Und ich möchte auch wetten, wenn heute ein Mainstream-Duft mit den gleichen Noten erschiene - er würde trotzdem wie "Perwoll" riechen!!!
Und nun aber endlich zum Thema: Gerade war ich im Urlaub an der Nordsee. Parfümeriemäßig war da quasi nichts zu machen, es gab nur eine Drogerie und da sah ich ihn wieder: Diesen 1a-hässlichen, weißen Plastikzerstäuber und ich dachte mir, wie lange wird es dieses Original wohl noch geben? Sie werden den Duft bald reformulieren und er wird nach Tutti-Frutti-Duschgel riechen... Kaum wieder zuhause schon wird der ohnehin schon preiswerte Duft noch ein wenig reduziert - also nichts wie hin. Der erste Test, oh ja, das ist Vintage und Retro wie man es sich nur wünschen kann! Erst etwas undefinierbar, dann kommen Rose, Jasmin, Iris, Nelke und Sandelholz und schaffen etwas, das für mich der Duft der Frauen ist. Wahrscheinlich weil ich diesen Duft an Frauen wahrgenommen habe, als ich selbst noch keine war. Damit meine ich natürlich, dass ich noch ein Mädchen war und nichts Abenteuerlicheres... Ein Zeitmaschinenduft, der sich auch heute nicht zu verstecken braucht.

Wie alle Guerlain-Neuerscheinungen habe ich im Jahr 2012 auch "La petite Robe noire" getestet. Ich fand es nicht schlecht, aber es gab keine Schmetterlinge im Bauch. Die sehr plastische Kirsch-Note war etwas Neues für mich, aber das "noir" konnte ich nicht entdecken. Die Frische der EdT-Variante, die kurze Zeit später erschien, gefiel mir schon etwas besser (obwohl sie noch weniger "noir" war).
Als ich nun zu Anfang des Jahres die Duftpyramide dieses Flankers, der den Beinamen "Couture" trägt, las, war mein Jagdfieber geweckt, denn ich bin schon seit meiner Kindheit Patchouli-Fan. Das mag daran liegen, dass einige meiner Kinderjahre in die Hippie-Ära fielen...
Heute war es dann soweit: Die Türkisen in der Provinz hatten tatsächlich LpRn-Couture schon ausgepackt!!! Und als erstes hatte wieder die Kirsche ihren großen fruchtigen Auftritt, obwohl sie in der Duftpyramide hier gar nicht genannt wird. Aber diese Kirsche driftet nicht in fruchtige Banalität ab und deutet gleich eine größere Tiefe in der Basis an. Im Gegensatz zum "Original" (das ja eigentlich ein Mainstream-Relaunch ist...) präsentiert sich hier keine Lollypop-Kirsche, sondern eine Herzkirsche in Likör und edler Bitterschokolade. Trotzdem ist diese Kirsche nicht weichgekocht sondern von krachender Frische und Sinnlichkeit. Das Patchouli in der Basis erinnert mich an die großen "Fruitcholis", die rosanen Fräuleinwunder des letzten Jahrzehnts. Wem also die Miss und die Mademoiselle zu langweilig geworden sind, der wird hier womöglich seine neue Berufung finden.
Um die kleinen Nebennoten zu entdecken, werde ich den Duft noch ein paar mal testen müssen. Insgesamt empfinde ich ihn als sehr rund und harmonisch und erotisch. Er hat Charakter, aber er ist keine olfaktorische Blendgranate. Das Wohlgefühl des "Magischen Moments" ist da, aber es geht viel interessanter und lebendiger zu. Für den Hochsommer wird die Komposition nicht geeignet sein, für alle anderen Jahreszeiten sehe ich kein Problem. Ich freue mich schon auf eine umfangreiche Testreihe in den nächsten Wochen!

Jede Menge weiße Blüten und Früchte im Auftakt, wobei der Duft aber deutlich anders ist als die fruchtig-floralen Mixturen der letzten Jahre. Denn glücklicherweise hat man an Sirup und Moschus gespart. Etwas tropische Atmosphäre ist durchaus vorhanden, jedoch in Form einer frischen Brise, das habe ich noch nicht oft erlebt. Die Orangenblüte weiß zum Glück, wann sie sich zurückzuziehen hat und hält sich in meiner Kleidung deutlich länger als auf meiner Haut. Ich liebe Orangenblüten, aber wenn sie gar nicht mehr gehen wollen (wie z.B Nerolia Bianca von Guerlain), bekomme ich Migräne. Die aufgelisteten Zitrusfrüchte sind vorhanden, doch der Duft bietet entschieden mehr als andere sommerliche Zitruswässerchen. Eine Ganzjahresnutzung ist denkbar, den perfekten Auftritt wird er wahrscheinlich nur im Sommer schaffen. Flakon, Verpackung und Drumherum machen deutlich mehr her als bei den anderen Crabtree&Evelyn-Düften. Die Celebrity war mir beim Kauf eher im Wege und hat ihn etwas verzögert, normalerweise kaufe ich so etwas aus Prinzip nicht.
Nun kann der Sommer kommen, wenn der Winter schon nicht so richtig will!

Der Duft ist eine leichte Variante von Allure - ergänzt durch eine saftige Blutorangennote. Cristalle Eau de Toilette und Eau de Parfum habe ich auch in meiner Sammlung, durchaus schöne Sommerdüfte, aber mir persönlich nicht feminin genug. Der Allure-Erfrischer hingegen hat das gewisse Etwas ohne dabei zu "madamig" wie ihre Erbtante oder zu frivol wie das vieldiskutierte Fräulein zu wirken. Wobei ich auch diese beiden sehr schätze und gerne verwende, nur bei den momentanen tropischen Temperaturen machen sie sich entweder sofort dünne oder hinterlassen nur ein paar unpassende Elemente ihrer sonstigen Pracht. Das Bemerkenswerte an meiner Liaison mit Allure ist, dass es so gut in mein olfaktorisches Universum gepasst hat, dass ich die Flaschen (ja, auch ein EdP...)einfach ohne großes Aufheben fast geleert habe und sie fast vergessen hätte, wenn ich sie nicht aufgehoben hätte. Ja, es hat keine Beziehungskrise zwischen Allure und mir gegeben, aber ich bin trotzdem zu Mademoiselle zurückgekehrt. Drei weitere obsessive Jahre... Dann habe ich No. 19 (EdT) kennengelernt, die ist nicht soviel fremdgegangen.
Komisch, dass Allure Eau Fraîchissante bisher noch nicht kommentiert wurde. Hergestellt wird es bestimmt auch nicht mehr, ich habe es seit Jahren nicht mehr in den Regalen oder auf der Chanel-Homepage gesehen. Schade, sogar der Preis war moderat (wenn man sich damit abgefunden hat, dass edle Düfte immer ihren Preis haben...): 100 ml kosteten 2005 soviel wie 35 ml Edp. Und auch nach 8 Jahren duftet mein Rest (mindestens 10 ml) immer noch so frisch wie am Tag des Erwerbs.