Martine

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Martine vor 3 Jahren 22 3
Signature?
Warum habe ich es bisher nicht geschafft, meine Gedanken zu diesem Duft aufzuschreiben? Seit Jahren besitze ich ihn und jedesmal wenn ich ihn benutze, denke ich, der passt zu mir, das ist meine „Signatur“. Und dann rutscht er wieder aus meinem Blickfeld. Ist ja nur ein Cologne. Das kann doch gar nicht „signatur-tauglich“ sein, die sollen doch nur kurz erfrischen, sind stark zitronig und ohne Tiefe.

Aber hier liegt der Fall dann doch eindeutig anders. Es kommen zwei Dinge zusammen:

Zum einen hat Eau Mandarine Ambree eine unglaubliche Qualität und Einzigartigkeit, die hier schon herausgearbeitet wurde. Er ist mit seiner oft kommentierten realistischen Mandarine durchaus „frisch“ und natürlich. Und doch gibt der Amber von Anfang an Tiefe und Wärme, die man man eher bei Parfums vermutet. Ich rieche eine schwer zu spezifizierende und überaus elegante und subtile Würzigkeit heraus, die ich mitnichten eindimensional finde. Und der Clou, wenn man nach drei vier Stunden denkt, das war es jetzt, wird man nach etwa sechs bis acht Stunden noch einmal überrascht (ähnlich wie beim Eau d‘Hermes übrigens). Der Duft lebt erneut auf, diesmal mit einer eher animalischen, Körperlichkeit ausstrahlenden Ambernote. Wundervoll! Love it...

Zum anderen zeigt es sich einmal wieder. Ein Duft selbst und stand alone ist nichts, es ist immer die Verbindung, die er mit der Persönlichkeit des Trägers oder der Trägerin eingeht. Wenn ein Duft nicht passt, überzeugt er nicht, da mag er noch so hochwertig und langlebig sein. Wenn er passt ist es himmlisch!

Alles in allem ein wie ich finde unterschätzter Duft. Er ist haltbarer und präsenter als man denkt, ohne jedoch den zurückhaltenden Charakter eines Colognes zu verlieren. Er ist eine gute Alternative für alle die z.B. das Eau des Merveilles lieben, es aber schon zu oft an sich selbst und anderen gerochen haben. Er hat eindeutig Hermes DNA und kann aus meiner Sicht wirklich zu allen Jahreszeiten und Gelegenheiten getragen werden. Ein Signature-Cologne vom Feinsten!
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Martine vor 3 Jahren 19
Hermes‘sche Ursuppe
Alles so intensiv und schnell in den letzten Jahren, auch die Düfte. In der Hoffnung, in der Flut der Neuerscheinungen nicht unterzugehen, scheinen die Parfümeure alles zu tun, um aufzufallen. Die Kreationen werden entweder immer ausgefallener (Memoire, Gucci) oder immer blumig lauter (eigentlich alle anderen). Ich ertrage kaum einen neuen Duft länger als ein paar Tage. Alles too much, am Ende auch immer zu synthetisch. Doch ich bleibe Getriebene, voller Hoffnung, den Heiligen Gral zu finden, den ultimativen Signatureduft, meine unverwechselbare Aura.

Wie durch Zufall habe ich vor ein paar Tagen beim Aufräumen ein Hotelfläschchen Duschgel von Hermes Eau d‘orange verte gefunden. Noch halb voll. Wollte es schon fast wegschmeißen, hatte ich diesen Duft doch etwas sehr altherrenhaft in Erinnerung. Doch probieren kann ja nicht schaden! Und ich war wider erwarten begeistert. Wie spritzig, Zitrone am Anfang, das gute alte Eichenmoos am Ende. Körpernah, Lockdown-tauglich. Erinnerungen an Urlaube in Südfrankreich, an Zeiten, wo man eben nur den einen Duft besaß, der mit einem selbst und den eigenen Erlebnissen untrennbar verschmolzen ist.

Ihr ahnt es, ich war angefixt. Es folgte eine ausführliche Studie auf Parfumo. Und so rutschte auch der Concentré ins Blickfeld. Immer ignoriert, nie probiert. Doch schien er auf einmal alles zu versprechen, was ich mir erträume. Weicher, nicht ganz so eckig wie der Eau (obwohl in das in gewisser Weise einzigartig macht), mehr Amber, vielleicht cremiger. Und gepriesen als No Sillage Duft und nicht so haltbar...in meiner Übersetzung, auf keinen Fall aufdringlich, hautnah...

Irgendwie hab ich es dann auch im Lockdown geschafft, schnellstmöglich eine Flasche zu erwerben. Und schwelge seit ein paar Tagen...die Grundnote des Eau kann ich eindeutig wahrnehmen, schön, dass sie erhalten geblieben ist, die Komposition ist in der Tat wärmer und runder. Nach einem frisch-zitrischen Auftakt wird es schnell behaglich, ohne jedoch ins winterlich-gourmandige abzugleiten. Die Anmutung von Wald (Zeder) kommt auf. Immer begleitet von einem Hauch Kühle (Minze, Basilikum). Alles spielt sich tatsächlich eng am Körper ab. So als wenn es nah um einem herum sanft dampft, wie nach einem Sommerregen. Gerade dieser Effekt erinnert mich an Christine Nagels Un Jardin sur la Lagune mit seiner wirklich einzigartigen Pudrigkeit. Aber auch an die dem Orange Verte nachfolgenden Colognes von Ellena, die ich alle abgöttisch liebe.

Hier, liebe Parfumos, findet Ihr die Hermes‘sche Ursuppe. Alles ist im Eau und insbesondere auch im Concentré schon enthalten. Die unverwechselbare Eleganz, das Understatement, die von Hermes immer wieder gepriesene Leichtigkeit des Lebens. Und das alles ganz „naturell“ und zeitlos. Und last but not least, entgegen vieler Verlautbarungen haltbar bis zum nächsten Tag.

Back to the roots, liebe Freunde! Wann wenn nicht jetzt!

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Martine vor 4 Jahren 28 5
Gelungen, tragbar, hypermodern
Seit Tagen arbeite ich mich an diesem Duft ab. Nicht sofort überzeugt greife ich doch immer wieder zu meinem Pröbchen. Und komme langsam zu einem Urteil. Dieser Duft ist hochinteressant und sehr gut tragbar! Warum?

Er beginnt weich, rauchig, fast ein wenig holzig, mit einem völlig eigenständigen nicht-blumigen Duft, den ich schwer in Worte fassen kann, der aber irgendwie etwas „hautiges“ hat. Schön, das einem das Eau des Merveilles hier noch gar nicht wirklich begegnet. Man hat das Gefühl, ein neues Parfum von Hermes in den Händen zu halten. Irgendwann nach etwa einer halben Stunde wird der Duft pudriger, etwas wärmer vielleicht auch, ich entdecke leicht Metallisches, Mineralisches. Die Erinnerung an den Geruch von warmen Steinen wurde in dem einen oder anderen Review schon mal angesprochen. Das teile ich vollkommen, finde den Duft sogar genial in dieser Hinsicht. Steine in dieser klaren, präzisen Form habe ich in Parfums so noch nicht gerochen. Herrlich! Das Steinmotiv wird dann auch einige Stunde durchgespielt, Steine in der Sonne, Steinlandschaften in der Nacht unter dem Sternenhimel, Steine am Meer, in der Gischt. Es kommen immer wieder neue Facetten dazu. Hier ist nichts linear...Fast schade, dass am Ende dann doch noch deutlich erkennbar der Eau des Merveilles herauskommt. Dies ist für mich der langweiligste weil bekannte Teil dieses Dufterlebnisses. Und aus meiner Sicht hätte man darauf gut verzichten können. Der Duft hätte es auch stand-alone geschafft.

Insgesamt wunderschön, eigenständig, sehr leicht und subtil, viel, viel leichter als das Eau. Sehr körpernah und wirklich völlig unsüß und doch sehr feminin. Einen kleinen Wermutstropfen hab ich zwar schon, irgendwo schlummert ein kleines bisschen Synthetik, künstlicher Seetang oder so ähnlich, wie auch bei all den anderen Kreationen von Christine Nagel. Sie ist eben ausgebildete Chemikerin und liebt es offensichtlich neue, unbekannte und etwas seltsame Noten zu kreieren, die uns stark fordern. Hier kann ich aber irgendwie gut darüber hinwegriechen. Ich bin sogar geneigt zu sagen, hier passt es perfekt. So riecht wohl das hypermoderne 21. Jahrhundert, mit seinen technischen Möglichkeiten aber auch seiner langsam wachsenden Erkenntnis, dass wir Menschen nichts anders sind als Teil der Natur...Danke, Hermes!

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Martine vor 4 Jahren 20 1
9
Flakon
6
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Da wirft einer einen Stein ins Wasser
Ich liebe Düfte. Ich bin verrückt danach. Schlimm, dass mich in den letzten Monaten eine Duftstoffallergie plagt. Kaum einer meine Lieblinge geht mehr. Wenn ich morgens in der U-Bahn stehe, verspüre ich fast Atemnot bei all den Kaufhausdüften um mich herum. Habe ich früher nicht bemerkt, wie aggressiv viele Düfte sind? Wieviel Chemie und Synthetik enthalten ist? Ich kann es auf einmal herausriechen wie nie...und es stößt mich fast ab und ich finde die meisten Düfte gar nicht mehr schön.

Mit verhaltenem Interesse bin ich dann auf die Couvent des Minimes Düfte gestoßen. Es gibt sie inzwischen im Karstadt, ich hatte aber auch bereits darüber gelesen. Natürlich auch weil Jean Claude Ellena hier seit neuestem seine Hände im Spiel hat. Man propagiert einen sehr hohen Anteil natürlicher Duftstoffe und sie seien 100% vegan. Auf instagram wird der Aspekt Green Parfum sehr stark in den Vordergrund gerückt.

Ausprobiert habe ich zunächst Smyrna, Rose mit Pfeffer. Aus der Reihe „Außergwöhnliche Düfte“. Erstaunlicherweise für mich verträglich, aber nicht hundertprozent überzeugend. Eine doch leicht synthetische Note hängt tagelang in der Kleidung, auch Waschen hilft nicht. Es geht so...

Dann bin ich jedoch auf die unter Curatel von Jean Claude Ellena entstandene neue Linie der Parfums Singulieres übergegangen. Hattai hat mich von Anfang an angezogen. Sanft, gourmandig, viel Amber. Vor allem körpernah, nicht zu stark, aber sehr subtil wahrnehmbar und elegant zurückhaltend. Und ja, ich vertrage ihn tatsächlich. Er hat so gut wie nichts Synthetisches, nichts Stechendes, und ist doch überaus haltbar und präsent. Kein Vergleich mit anderen Naturparfums, die ich bisher probiert habe. Was hat man da nur gezaubert! Ich bin sehr angetan! Ich erkenne die Handschrift von Ellena und freue mich jeden Tag, wieder einen Duft von ihm um mich zu haben (er fehlt einem ja schon...).

Und das Beste war der erste Kommentar meines Liebsten, dem ich nicht erzählt habe, dass ich einen neuen Duft besitze: Ah, Du hast Deine Hermes Düfte wieder hervorgeholt...schön!

Mal sehen. Wie natürlich die Couvent-Düfte nun wirklich sind, vermag ich nicht einzuschätzen. Aber ich habe das Gefühl, hier wird gerade unter Beihilfe von Jean Claude Ellena etwas losgetreten. Auch die Parfumindustrie wird sich nun möglicherweise mit dem Thema „green“ and „clean“ befassen müssen. Ich finde es spannend. Und die Duftwelt ist wieder um eine Facette reicher. Unbedingt probieren!
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Martine vor 5 Jahren 13 2
Alles richtig gemacht
Wir befinden uns im Versuchslabor. Aufgabe ist es, einen völlig neuen Dufttyp zu kreieren, der das Beste aus der Vergangenheit beinhaltet und zugleich das bedient, was sich der anspruchsvolle Parfumliebhaber bald wünscht, aber heute noch gar nicht ausdrücken kann. Es finden unendlich viele Versuche statt. Guerlinade mit zeitgemäßen Molekülen versetzt, Guerlinade aquatisch, Guerlinade nur aus äußerst natürlichen Ingedienzen und und und. Alles wird verworfen. Bis, ja bis man auf den rasant klugen Gedanken kommt, die Guerlinade zu etwas zu formen, das eigentlich keine Flüssigkeit mehr ist, sondern Puder, Parfum in Puderform, genial. Es wird nicht mehr gesprüht, sondern aufgepudert. Dem Ganzen wird dann noch eine dezente Frische (Apfel?) und ein Hauch von Rose hinzugegeben, und das Beste: Man hält es ganz körpernah, damit sich der Duft, der immer mal wieder in kleinen unkalkulierbaren Puderwölkchen die eigene Nase oder die anderer Menschen erreicht, keinesfalls abnutzt. Hier haben wir es mit einem der modernsten Guerlains überhaupt zu tun. Schon für die nächste Generation gemacht. Clean ohne jegliche Künstlichkeit, subtil, da ohne Sillage, aber trotzdem präsent, duftig ohne je auch nur den Hauch von Süße. Zur besseren Vermarktung erzählt man die altmodische Geschichte mit dem Make-Up Perlen-Puder. Man könnte es nicht besser machen! Es brechen goldene Zeiten an!
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