Mersault

Mersault

Rezensionen
1 - 5 von 8
Mersault vor 2 Monaten 15 3
Mehr Schein als Sein
Xerjoff wirkt auf mich wie eines dieser selbsternannten Luxuslabels, die durch Preis und vermeintliche Exklusivität beeindrucken wollen, statt durch echte Handwerkskunst. Das Sortiment ist riesig, ständig erscheinen neue Düfte, und der Eindruck entsteht, dass hier eher Marketing als künstlerische Duftgestaltung im Vordergrund steht. Auch die Aufmachung erinnert mich weniger an klassische Eleganz als an überladene Orientlabels, die Luxus imitieren, statt ihn tatsächlich zu verkörpern.

Das Label überzeugt mich also bereits im Ansatz nicht. Dennoch bemühe ich mich, einen Duft so unabhängig wie möglich von meiner persönlichen Interpretation der Markenerzählung zu beurteilen. So empfinde ich etwa eine Marke wie Louis Vuitton als ausgesprochen unsympathisch, erkenne jedoch an, dass Imagination ein gelungenes Parfum ist. Natürlich spiegelt dies allein meine subjektive Einschätzung wider, und ich gönne jedem Parfumliebhaber die Freude an welchem Duft auch immer.

Doch nun zum Duft selbst:

Zu dem tatsächlich recht charmanten Mojito-Auftakt gesellt sich bei Torino meinem Empfinden nach eine eigentümliche, an leicht muffige Wäsche erinnernde Note. Vermutlich hervorgerufen durch einen hohen Anteil an Iso E Super oder ähnlichen synthetischen Holzakzenten. Diese Stoffe sollen Tiefe erzeugen, hinterlassen bei empfindlicheren Nasen jedoch oft diesen billigen, künstlichen Eindruck. Leider ist es dann auch diese Note, die bleibt und zwar hartnäckig. Nach dem schönen Auftakt nervt dieses unrunde Überbleibsel dann über Stunden und definiert damit letztlich die Dufterfahrung.

Für mich ist der Duft daher leider ein klassischer Kopfnotenblender. Dies gilt im Übrigen auch für alle weiteren von mir getesteten Xerjoff's, die da wären: 40 Knots, Naxos und Erba Pura. Dabei werde ich es dann wohl auch belassen.

Angesichts des Preises kann ich den Duft daher leider nicht empfehlen. Wie auch immer man Luxus für sich definiert, diese Kreationen schaffen es jedenfalls nicht, ein entsprechendes Gefühl bei mir auszulösen. Auch der Flakon und die Aufmachung wirken auf mich nicht besonders luxuriös: Die Flaschen liegen in einer sargähnlichen Box, die mit ihrer Lederoptik zwar bemüht edel wirkt, im Vergleich zu den mittlerweile bekannten orientalischen Präsentationen aber nicht sonderlich hervorsticht.

Da es ohnehin um den Duft gehen sollte rate ich dringend dazu das Ding vor dem Kauf zu samplen und ausgiebig zu testen.

Insgesamt steht Xerjoff für mich sinnbildlich für eine Branche, in der der Schein längst wichtiger geworden ist als die Substanz. Begriffe wie „Blindbuy“ prägen ein Konsumverhalten, bei dem Menschen fast schon konditioniert auf Schlagworte wie „Beastmode“ oder „Compliment Getter“ reagieren und sich zu spontanen Käufen hinreißen lassen ohne mit dem Produkt überhaupt in Berührung gekommen zu sein. Es ist eine absurde Entwicklung, die vor allem darauf abzielt, kopflosen Hyperkonsum zu erzeugen, während die eigentliche Wertschätzung für das Produkt auf der Strecke bleibt.

Wenn man Parfum als Kunst begreift, muss man sich früher oder später die Frage stellen, ob diese Entwicklung dem Handwerk überhaupt noch gerecht wird, oder ob wir es hier mit einem massiven Sellout zu tun haben, der Kreativität erstickt und damit das Wesen der Parfümerie selbst bedroht.

Ein Duft wie Torino bestätigt für mich jedenfalls einmal mehr, dass man sich nicht von überbezahlten Influencern und anderen Marketingkünstlern Hochglanzgeschichten erzählen lassen sollte. Diese „Baukasten-Düfte“ leben häufig vom Effekt ihrer anfangs durchaus gefälligen Kopfnoten, brechen dann aber schnell in sich zusammen. Was am Ende bleibt, ist die Erkenntnis einer ausgeklügelten Werbegeschichte auf den Leim gegangen zu sein und ein spürbares Loch im Geldbeutel.
3 Antworten
Mersault vor 6 Monaten 19 7
Mehr Drive, weniger Drama
Der große (unsportliche) Bruder genießt in der Parfumwelt einen gewissen Legendenstatus.

Er ist der kettenrauchende Goth, der angewurzelt und gelangweilt auf feuchtem Waldboden hockt und dabei seine Weltabgewandtheit beinahe schon genießerisch zelebriert.

Der kleine Bruder hingegen scheint sich genau davon abgrenzen zu wollen: Er rebelliert förmlich gegen die Tristesse seines düsteren Geschwisterchens und versucht, das Beste aus dem gemeinsamen Erbe zu machen – Weniger melancholisch, beweglicher – als hätte er keine Lust mehr, im Schatten zu sitzen und Trübsal zu blasen.

Herbe Grapefruit, Zypresse, eine dunkle, kühle Krautigkeit – und dazu diese weiche, balsamisch-blaue Note, die dem Duft jene Bewegung verleiht, die dem Original abgeht.

Während Encre Noire sperrig, düster und fast schon anspruchsvoll-nischig daherkommt, zeigt sich hier eine offenere, zugänglichere Seite – ohne die dunkle DNA zu verleugnen.

Der Kleine liebt seinen großen Bruder, kennt seine Herkunft genau, steht aber zugleich für eine neue Generation, die weniger auf Edginess setzt und sich mehr über Zugewandtheit und Kompatibilität definiert.

Für mich ist Encre Noire Sport einer der coolsten Flanker auf dem Markt.

Die Miesepetrigkeit des Originals war mir schlicht zu banal und viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.

Hier wird die Duftidee so clever weitergedacht, wie’s nur geht – fast schon ein kleines Wunder, wenn ihr mich fragt.

Ich wünsche euch ganz viel Freude mit dem Duft.
7 Antworten
Mersault vor 2 Jahren 8
Fruchtig frischer Allrounder in Nischenqualität
Happy Man ist ein toller Alltagsbegleiter mit einer eigenständigen und originellen Duftsignatur. Wie aus meinen anderen Rezensionen hervorgeht, bevorzuge ich eine unkomplizierte Herangehensweise an Duftanalysen. Ich bin fest davon überzeugt, dass es dem Duftliebhaber zugutekommt, wenn die markantesten Noten klar benannt werden, anstatt sich in komplexen Beschreibungen zu verlieren.

Happy for Man eröffnet frisch-fruchtig mit einer herben Mandarinenote, die von einer angenehm natürlichen Minznote begleitet wird. Diese Kombination verleiht ihm eine erstaunlich hochwertige und natürliche Wirkung, die angesichts des Preises überrascht. Der Duft verläuft linear und ändert sich lediglich in der Intensität. Seine "Schwäche" liegt eindeutig in der Haltbarkeit. Er verfliegt nach wenigen Stunden und wird schnell zu einem hautnahen Duft. Dennoch empfinde ich diese Eigenschaft mittlerweile als angenehm, da sie es ermöglicht, je nach Bedarf nachzulegen oder auf einen anderen Duft umzusteigen. Vielleicht möchte man auch gelegentlich nicht von einem Parfum umgeben sein. Somit könnte die vermeintliche "Schwäche" des Dufts sogar seine "Stärke" sein – wie so oft liegt dies im Auge des Betrachters.

Leider entspricht die Qualität des Flakons nicht meinen Erwartungen, und auch die Verpackung ist nur bedingt ansprechend. Zudem neigt mein Sprühkopf dazu, stark zu siffen, was die Nutzung beeinträchtigt. Ob dieses Qualitätsproblem alle Chargen betrifft, ist jedoch fraglich, da ich ähnliche Erfahrungen in diesem Preissegment gemacht habe, jedoch nicht ausschließlich.

Alles in allem kann ich Happy Man uneingeschränkt empfehlen. Mit diesem Duft bekommt ihr eine originelle, fruchtige Kreation für den Sommer, die zeitlos lässig und ungezwungen daherkommt, ohne anzuecken, und im Laufe der Zeit zu einem sympathischen Begleiter werden könnte.
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Mersault vor 2 Jahren 4
Keine Empfehlung
Aufgrund der vielen, positiven Rezensionen habe ich mich sehr auf den Duft gefreut. Regelmäßig fahre ich in den Somerurlaub auf die dänische Insel Bornholm zum Ferienhaus meiner Tante und GIT ist für eine Woche so etwas wie mein Urlaubssignature. Zwar erwartete ich keine 1:1 Kopie des Originals. Dennoch war meine Erwartungshaltung ob der Lobeshymnen einigermaßen hoch. Kurz: Leider wurde ich enttäuscht. Der Duft erinnert mich an 0815 ISO-E-Super Parfums von Ebay, mit diesem synthetisch-dumpfen, leicht holzigen Geruch, der entfernt an Chlor denken lässt. Das soll GIT für den schmalen Taler sein? Ich bin nach wie vor verwirrt angesichts der positiven Bewertungen und empfinde die Vergleiche zu GIT als nicht nachvollziehbar. Auch wenn ich die Vergleiche zwischen GIT und CW wohl nie verstehen werde erwähne ich der Vollständigkeit halber: Auch nach CW riecht er nicht. Armaf kann Parfum - CDN ist eine tolle Linie. Sillage und Milestone meiner Meinung nach besser als die Originale. Doch dieses Parfum ist Mist und das Geld nicht wert.
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Mersault vor 2 Jahren 5 1
Richtig gutes Zeug
Rasasi Hawas ist ein absolut lässiger Freizeitduft. Die erfrischende Pfefferminznote, der grüne Apfel und das klassisches Bubblegumaroma treffen sicherlich nicht unbedingt den Geschmack ernsthafter Parfumenthusiasten. Wenn also schon Düfte wie 1 Million so gar nicht euer Ding sind, dann wird euch dieses Parfüm höchst wahrscheinlich auch nicht zusagen. Insgesamt wirkt der Duft also ziemlich künstlich und erinnert auch ein wenig an "Shishabar" - was ich nicht abwertend meine. Es ist eben so eine Ästhetik die man einfach mögen muss. Ich find das Teil echt gelungen und trage es immer wieder gern mit einem Augenzwinkern - genau wie das von mir geliebte 1 Million Parfum.

Es wird behauptet, dass Hawas einige Reformulierungen durchgemacht hat, aber die Haltbarkeit des mir kürzlich gelieferten Batches ist definitiv solide, und Sillage und Projektion sind absolut in Ordnung. Trotzdem ist das Parfüm keineswegs überwältigend, was angesichts der Synthetik jedoch auch kein Nachteil ist. Die mir zuvor zugegangene Duftprobe aus dem SOUK ist noch etwas stärker. Ob dies an dem Batch liegt oder mein Flakon ein wenig atmen muss kann ich noch nicht beurteilen. Jedenfalls werd ich einigermaßen Noseblind von dem Juice, was die Beurteilung nicht unbedingt leichter macht.

Der Flakon präsentiert sich äußerst ansprechend, und die lilafarbene Flüssigkeit verleiht der Präsentation fast schon so einen leicht futuristischen Touch. Wer sich meine Kollektion vor Augen führt, stellt schnell fest, dass ich einige Flakons mein Eigen nenne. Dieser hier gehört mMn tatsächlich zu den coolsten - noch besser gefällt mir der Hawas ICE.

Bei der Suche im Netz fällt auf, dass der Duft scheinbar nicht mehr so leicht erhältlich ist. Stattdessen stößt man schnell auf zweifelhafte eBay-Anbieter, die versuchen, den Preis zu treiben. Möglicherweise liegt die knappe Verfügbarkeit an einigen nicht zugelassenen Inhaltsstoffen, die dazu geführt haben könnten, dass der Duft nicht mehr regulär verkauft wird.

Als Alternative würde ich auf jeden Fall zum 1 Million Parfum raten (so geil!). Ein toller Duft, der noch etwas herber und hochwertiger überkommt, aber grundsätzlich ganz ähnliche Duftnoten bietet.
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