Mikayla
Mikaylas Blog
vor 1 Jahr - 07.04.2023
21 74
Die Welt der synthetischen Duftstoffe

Die Welt der synthetischen Duftstoffe

Parfums setzen sich aus einer Vielzahl an chemischen Verbindungen zusammen, einschließlich Duftmolekülen, die gemeinsam eine einzigartige Duftkomposition bilden. Während früher ausschließlich auf natürliche Duftstoffe zurückgegriffen wurde, haben synthetische Duftmoleküle im 19. Jahrhundert neue Dimensionen in der Parfumindustrie eröffnet. Dieser Artikel bietet eine kleine Reise durch die Welt der synthetischen Duftstoffe.


Von der Natur inspiriert, im Labor erschaffen 

Es gibt zwei Arten von synthetischen Duftstoffen: Naturidentische Duftstoffe und vollsynthetische Duftstoffe. Naturidentische Duftstoffe sind chemische Verbindungen, die künstlich hergestellt werden, aber dieselbe chemische Struktur und denselben Geruch haben, wie ihre natürlichen Vorbilder. Ein Beispiel für einen solchen Duftstoff ist synthetisches Linalool, das auch im Lavendelöl enthalten ist. Vollsynthetische Duftstoffe werden hingegen vollständig im Labor hergestellt und haben keine natürlichen Vorbilder. Ein Vertreter davon ist das Molekül ISO-E-Super, das in vielen modernen Düften Anwendung findet.

Tetramethyl acetyloctahydronaphthalenes (ISO-E-Super), die geheime Zutat hinter einigen der faszinierendsten Düfte der Welt
Tetramethyl acetyloctahydronaphthalenes (ISO-E-Super), die geheime Zutat hinter einigen der faszinierendsten Düfte der Welt

Inzwischen bestehen zahlreiche Parfums ausschließlich aus synthetischen Duftstoffen. Diese haben den Vorteil, dass sie eine hohe Reinheit und Qualität bieten, wodurch Parfumhersteller eine beeindruckende Bandbreite an Duftnoten kreieren können. Im Vergleich zu natürlichen Duftstoffen sind sie kostengünstiger und das ganze Jahr über produzierbar. Darüber hinaus können auch wertvolle, tierische Duftstoffe wie Zibet oder Moschus, die aufgrund von Tier- und Artenschutzgesetzen in vielen Ländern verboten sind, synthetisch ersetzt und in Parfums Einsatz finden.


Von Rose bis Amber: Wie synthetische Duftstoffe den Charakter eines Parfums beeinflussen

Doch welche synthetischen Riechstoffe gibt es und wie werden sie in Parfums wahrgenommen? Hier sind einige Beispiele:

  • Vanillin: Vanillin kann sowohl aus der Vanilleschote gewonnen, als auch im Labor hergestellt werden. Im Jahr 1858 wurde der Duftstoff erstmalig von dem deutschen Chemiker Ferdinand Tiemann und seinem Schweizer Kollegen Wilhelm Haarmann synthetisiert. Vanillin wird in vielen Parfums als Basisnote verwendet und verströmt einen süßen und warmen Duft, der an Vanille erinnert. 

  • Paradisone: Der Schweizer Aromen- und Duftstoff-Hersteller Firmenich synthetisierte Paradisone erstmals in den 1990er-Jahren. Paradisone verströmt einen frischen, blumigen Duft mit Grapefruit- und Jasminnoten sowie einer leichten Moschusnote. Sein intensiver und anhaltender Duft kann je nach gewünschter Wirkung als Kopf-, Herz- oder Basisnote eingesetzt werden. 

  • Ambroxan: In den 1950er-Jahren wurde Ambroxan als kostengünstiger Ersatz für den seltenen grauen Amber entwickelt. Sein warmer und holziger Geruch erinnert an Amber, Eichenholz und Moschus. Ambroxan wird oft als Basisnote in männlichen Parfums verwendet, um eine tiefe Duftkomposition zu erzeugen.

  • ISO-E-Super: ISO-E-Super wurde 1975 von dem deutschen Unternehmen International Flavors & Fragrances erfunden. Es hat einen einzigartigen, schillernden Duft, der schwer zu beschreiben ist. Er erinnert an Sandelholz und Zedernholz, enthält Ambranoten und ist zugleich zart, süß und samtig.

  • Calone: Im Jahr 1966 wurde Calone (Methylbenzodioxepinon) vom Pharmakonzern Pfizer patentiert. Calone verbreitet einen frischen und aquatischen Duft, der an frisches Meerwasser erinnert und eine leichte zitrusartige Note aufweist. Calone wird oft in der Kopf- oder Herznote verwendet, um eine erfrischende und belebende Komposition zu schaffen.
Methylbenzodioxepinon (Calone) - das  Molekül, das für seine aquatischen Eigenschaften bekannt ist
Methylbenzodioxepinon (Calone) - das Molekül, das für seine aquatischen Eigenschaften bekannt ist




Wie werden synthetische Duftstoffe hergestellt?

In der Regel erfolgt die Herstellung durch chemische Syntheseverfahren. Dabei kommen zahlreiche Duftmoleküle zum Einsatz, die sowohl natürlichen als auch synthetischen Ursprungs sein können. Abhängig von den spezifischen Eigenschaften und Anforderungen des gewünschten Duftstoffs werden für die Herstellung verschiedene Methoden und Technologien eingesetzt.

Eine besonders häufig genutzte Methode ist die aromatische Synthese, bei der chemische Verbindungen aus unterschiedlichen Ausgangsstoffen erzeugt werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Fermentation, bei der man Mikroorganismen einsetzt, um die spezifischen Duftstoffe zu produzieren.

    Angenommen, das Ziel ist es, Vanillin synthetisch zu erschaffen. Um das Aroma herzustellen, dienen in der Regel Guajacol oder Lignin als Ausgangsstoffe. Während Lignin ein Bestandteil von pflanzlichen Zellwänden ist, kommt Guajacol natürlicherweise in Buchenholzteer und dem Harz von Guajak-Bäumen vor.

    Die Herstellung kann nun in hier vereinfacht dargestellten Schritten erfolgen: 

    1.  Zunächst wird der Ausgangsstoff mit einem Oxidationsmittel, wie Natriumhypochlorit, oxidiert. Dadurch entsteht das Zwischenprodukt Vanillinsäure.

    2. Vanillinsäure wird unter Einwirkung von Säure und Hitze decarboxyliert, das heißt, dass die Carboxylgruppe entfernt wird. Dadurch entsteht das gewünschte Endprodukt Vanillin.

    3. Nach Abschluss der Synthese wird das Vanillin gereinigt und in der Regel nochmals kristallisiert, um eine höhere Reinheit zu erreichen. Das Endprodukt hat dabei eine nahezu identische chemische Struktur und den gleichen Geruch wie das natürliche Vanillin.

    Ein Löffel voller Vanillin: Das Duftmolekül, das Parfümerie und Süßigkeiten ihren verführerischen Charme verleiht.
    Ein Löffel voller Vanillin: Das Duftmolekül, das Parfümerie und Süßigkeiten ihren verführerischen Charme verleiht.



    Molekül-Parfums: Wie funktionieren die Nischendüfte

      Synthetische Duftstoffe eröffnen der Parfumindustrie zahlreiche Möglichkeiten, um völlig neue Arten von Parfums zu kreieren – darunter Moleküldüfte. Obwohl diese keine Neuheit sind, gewinnen sie immer mehr an Beliebtheit. Doch was macht diese Parfums besonders? Im Gegensatz zu traditionellen Parfums, die oft aus einer Vielzahl von Zutaten zusammengesetzt sind, wird bei Molekülparfums nur ein oder wenige Moleküle in hoher Konzentration verwendet. Diese Moleküle haben oft eine starke olfaktorische Wirkung und können je nach individueller Chemie des Trägers unterschiedlich riechen.

      Zwei bekannte Düfte auf diesem Gebiet sind „Molecule 01“ und „Escentric 05“„Molecule 01“ basiert auf dem synthetischen Molekül ISO-E-Super und wird von vielen Menschen als warm und holzig mit einem Hauch von Moschus wahrgenommen. „Escentric 05" hingegen enthält das synthetische Molekül Cashmeran als Hauptbestandteil und wird oft als rauchig, holzig und leicht fruchtig beschrieben. 

      Molecule 01 von Escentric Molecules
      Molecule 01 von Escentric Molecules



      Die Gefahren synthetischer Duftstoffe

      Obwohl synthetische Duftstoffe aufgrund ihrer vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und geringen Herstellungskosten viele Vorteile bieten, sind sie umstritten. Einige synthetische Duftstoffe wurden als persistent und bioakkumulativ eingestuft, was bedeutet, dass sie sich in der Umwelt und lebenden Organismen anreichern und hormonelle Auswirkungen sowie gesundheitliche Probleme verursachen können. So haben Studien beispielsweise gezeigt, dass synthetische Moschusverbindungen in der Muttermilch nachgewiesen wurden, was ein Risiko für das Kind darstellen könnte.

      Synthetische Duftstoffe in der EU müssen vor ihrer Verwendung in kosmetischen Produkten kontrolliert werden. Allerdings wurden viele Duft- und Aromastoffe noch nicht ausreichend untersucht, um ihre langfristigen Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt vollumfänglich bewerten zu können.
      Zudem müssen in der EU nicht alle Duftstoffe, die in einem Produkt enthalten sind, explizit auf diesen aufgeführt werden. Dies ist nur erforderlich, wenn sie in ausreichend großer Konzentration vorhanden sind oder zu den Duftstoffen mit einem hohen Allergiepotential gehören. Falls dies nicht zutrifft, werden in der Liste der Inhaltsstoffe lediglich allgemeine Bezeichnungen wie „Parfum“, „Fragrance“, „Flavour“ oder „Aroma“ verwendet.

      Da jedoch der Aspekt der Nachhaltigkeit in der Gesellschaft zunehmend an Bedeutung gewinnt, setzen immer mehr Unternehmen auf Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, um durch Biotechnologie und synthetischer Biologie biologisch abbaubare synthetische Duftstoffe herzustellen.

      Doch unabhängig davon, ob es sich um Parfums mit synthetischen oder natürlichen Duftstoffen handelt — letztlich entscheidet unsere individuelle Wahrnehmung und Vorliebe, für welche Düfte wir uns begeistern.

      Bildnachweise: iStock (Ninell_Art), Danny S

      Aktualisiert am 08.04.2023 - 03:28 Uhr
      21 Antworten

      Weitere Artikel von Mikayla