MiriamHa

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6 - 10 von 70
MiriamHa vor 3 Jahren 24 7
Lanzen und Schwerter
Ich rege mich oft auf, und hätte ich nicht von Natur aus einen recht niedrigen Blutdruck, dann würde mir das ganze Parfumhobby ordentlich auf die Pumpe gehen. Worüber ich mich aufrege? Über Vorurteile, horrende Preise, Arroganz und Co. Ich bin manchmal aus Prinzip dagegen wenn ich zum hundertsten Male Lobhudeleien auf 4€/ml-Düfte und völlig voreingenommene Negativtiraden auf 0,4€/ml-Düfte lesen muss. Es nervt mich weil ich nach wie vor überzeugt bin, dass wir alle viel öfter, wenn nicht immer, blind testen und erst dann Marke und Preis in Erfahrung bringen sollten. Amouage, Xerjoff, Roja haben schon ordentlich Kritik von mir abbekommen, dazu stehe ich. Ich bin - wie wir alle hier - kein ausgebildeter Parfumeur und nur weil ich mit den Jahren vielleicht besser Rose und Geranie unterscheiden kann, macht mich das längst nicht zum Experten. Daher finde ich, es kann nie schaden, das Ganze immer mit ein bisschen Demut zu betrachten und sich auch nicht von der Meinung der Masse mitziehen zu lassen. Trotzdem gibt es immer mal wieder Schnittstellen und Memoir ist definitiv eine davon, für mich. Der Duft erinnert mich an (auch in Puncto Werbung) Harry Potteresque dunkle Künste, and phantastische literarische Schauplätze des Kampfes von Gut gegen Böse. Weihrauch in dunkler Form, wenig Süße aber doch eine gewisse Wärme. Eine grauer Mantel, um meine Schultern bei kühler Nacht, in den Gassen der Altstadt, vorbei an einem einsamen Alten, vor der Bar mit seiner letzten Zigarre, der Regen der letzten Tage versickert in den Bäumen, es wird Zeit nach Hause zu gehen, noch eine Kerze anzünden, ein paar Seiten schreiben, dann lesen, ich lösche das Licht, bis zum Morgengrauen.
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MiriamHa vor 3 Jahren 10
Im neuen Gewand
Wie Wäscheweich und der Duft frisch gewaschener Haare legt sich Soleil Neige auf die Haut. Die Silage ist stark, das wird beim ersten Sprüher klar. Ich bin im Sommer-, nicht im Winterurlaub. Aprikosen und Pfirsiche sprießen, die Sonne scheint stark, die Haare sind nass und die Haut ist warm. Von Rosen keine Spur, auch rieche ich die anderen Duftnoten nicht gesondert heraus, außer natürlich Bergamotte zum Quadrat. Frisch und in der Basis trotzdem wollweich kommt er daher, nach Winter riecht es nicht. Vielleicht haben sich Tom Ford und Frédéric Malle zusammengetan, was ihre Winterimpressionen angeht. In jedem Fall, auch wenn das hier gewiss keiner hören mag, riecht dieses Parfüm nach ein paar Stunden genau wie Helene Fischers "That‘s Me!". Ja genau, weicher zwar und weniger stechend, doch letzten Endes bekommt man Soleil Neige für 1/5 des Preises wenn man auf das geringe Plus an Wärme verzichten kann. Ich finde das nicht schlecht, denn ich habe nichts gegen Helene Fischer und auch nichts gegen Tom Ford, und ja, meinetwegen ist das hier die hochwertigere Luxusversion. Es bleibt aber zu überlegen, ob das Rad neu erfunden oder bloß veredelt wurde.
Für mich ein angenehmer Duft, mit starker Abstrahlung und mäßiger Haltbarkeit. Bei Helene ein erst stechender, dann angenehmer Duft mit starker Abstrahlung und mäßiger Haltbarkeit. Fällt man nun dem Marketing zum Opfer oder vertraut man auf seine Nase? Sicher ist, ein gutes Gefühl lässt sich gerne mal kaufen, doch ob es dafür dieser Duft hier sein muss, sei mal dahin gestellt.
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MiriamHa vor 4 Jahren 34 9
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Was am Ende zählt...
Mir ist in den letzten acht Jahren auf Parfumo und darüber hinaus aufgefallen, dass man noch so viel testen kann, irgendwann kommt der Punkt, an dem man sich aufs Wesentliche besinnt. Ich hab über die Jahre hunderte Düfte getestet, weit mehr als ich hier notiert habe. Manche fand ich so belanglos, dass es nicht aufzuschreiben lohnte, andere so überzeugend, dass ich es nicht aufschreiben brauchte. Momentan besteht meine Sammlung aus 11 Düften und 14 Abfüllungen, auch das habe ich hier nicht auf den aktuellen Stand gebracht, ich weiß ja, dass Abfüllungen zuweilen recht schnell wieder verschwinden. Ich hab also jeden Tag die Wahl zwischen 25 Düften und ich muss sagen, selbst das empfinde ich als zu viel. Warum? Weil ich, glaube ich, mit 5 Düften schon auskommen würde, um abzudecken, was im Kern das Wesentliche ist. Sicher, mal zieht einer ein, den man lange vermisst hat, dafür geht ein anderer, für den man nicht mehr so in Stimmung ist. Aber die Essenz bleibt, in meinen Augen zumindest, dass Weniger eindeutig Mehr ist. Für mich gibt es vier wichtige Kategorien: weihnachtliche Düfte, Weihrauch, Wald, Amber. Natürlich gibt es innerhalb der Kategorien mehrere Schönheiten, beispielsweise habe ich letztens "Ambre Précieux" durch "Peau d‘Ambre" ersetzt. Nicht für immer, sondern einfach weil ich glaube, es braucht nicht mehrere Amberdüfte nebeneinander. So wie es im Grunde überhaupt aus jeder meiner Kategorien nur einen braucht. Der darf nach Belieben ausgetauscht werden, sicher. Aber diesen Wahnsinn mit 30, 40, 100 Düften mache ich nicht mehr mit. Ich bin langsam dabei, meine Düfte aufzubrauchen und sie nicht zu ersetzen. Es gibt wenige, die bleiben dürfen. Einer davon ist "Soul of the Forest". Warum? Weil er nach Wald riecht, wie ich ihn kenne und liebe. In meiner Studentenzeit bin ich jeden Morgen um 6 Uhr aufgestanden um eine Runde durch den Wald zu laufen. Ich habe es geliebt, vor allem im Winter. Wenn die Bäume frostig kühl und erhaben riechen, wenn die Natur in pittoresker Würde die Zeit anzuhalten vermag. Wenn Tannen zu voller Pracht erstrahlen und Eichhörnchen ihre letzten Vorräte verbuddeln, wenn Rotkehlchen auf schneeigen Ästen singen, wenn man das Zuhause mit Mistelzweigen schmückt. Ein paar Sprüher und ich bin genau da, wo ich am liebsten bin. In der Seele des Waldes.
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MiriamHa vor 4 Jahren 18 3
Gabrielle
Ich bin recht skeptisch mit teuren Nischendüften, vor allem seit ich blind teste und hier schon Lobeshymnen auf absolut schlechte Parfums gelesen habe, die zu unverschämten Preisen in speziellen Parfümerien angeboten werden. Der Hauptmann von Köpenick würde sich über einiges hier beömmeln, zu Recht ! Gabrielle war so ein Duft, auf den ich mich eher mäßig gefreut habe, weil mir Chanel in den allermeisten Fällen viel zu blumig langweilig daherkommt. Hell, leise, ja elegant, aber weit weg von den Gourmands, die ich so mag.
Wiederholtes Testen hat mich bestätigt, Gabrielle ist genau wie der Rest, eine Variation des Altbekannten; helle Blumen, blühende Frische, ein wenig Spritzigkeit, fertig. Hätte mich nicht vom Hocker gehauen, aber auch nicht abgestoßen. Halt so ein Duft, der schon gut und elegant ist, aber eben nicht mein Beuteschema. Ich hatte allerdings parallel zu Gabrielle noch einen anderen Duft, der wunderbar weich ambriert war, warm würzig und tief, genau mein Ding. Meine Pullover rochen nach Amber und einer Spur Safran oder Zimt, jedenfalls warme winterliche Gewürze, ich war hin und weg. Leider konnte ich nicht zuordnen, woher das kam und ich überlegte drei Tage lang, was das gewesen sein könnte. Ich dachte zunächst an meine Duftpappen im Kleiderschrank aber zugegebenermaßen rochen die selbst mit größter Vorstellungskraft nicht mal mehr nach Pappe. Irgendwann erschloss es sich mir plötzlich und ich fand heraus, was da so gut duftete: es war die langweilige Gabrielle, jeweils etwa 12 Stunden nach dem Aufsprühen entfaltete sie eine Wärme, die ich ihr nie zugetraut hätte und die auch den aufgeführten Noten so nicht zu entnehmen ist. Ich machte noch mal einen eindeutigen Test mit Taschentuch, das ich einsprühte und immer wieder kontrollierte. Tatsächlich, im Drydown ist Gabrielle eine wunderbar ambrierte Kuscheldame, mit Würze und Tiefgang.

Ein ähnliches Drydownwunder ist mir auch mit "Black Weed" passiert; von medizinisch ledrig holzig hell zu warm würzig und wunderbar in circa 8 Stunden. Die Frage ist natürlich, möchte man so lange warten? Kann man so lange warten? Lohnt es sich dann noch? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Beide Düfte finde ich im Abgang phantastisch, aber will ich so lange darauf warten müssen? Andererseits, eine so starke 180 Grad Wandlung hab ich selten erlebt und sie fasziniert mich. Ich ziehe mich zurück und denke drüber nach. Es zeigt aber, dass sich ausgiebiges, blindes Testen ohne die Einflüsse und Manipulationen von Marke, anderen Parfumos oder angegebenen Duftnoten durchaus lohnt!
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MiriamHa vor 4 Jahren 5 3
7
Flakon
7
Sillage
6
Haltbarkeit
8.5
Duft
Joyeux Noël
Bei Lush hineingestiefelt schnupperte ich mich durch die kleine feine Duftabteilung. Ob man mir helfen könne?, beantwortete ich mit einem Wunsch nach Weihnachtsduft. Also wurde mir „What would love do?“ gereicht und ich war selig. Nein, Lavendel rieche ich nicht. Mandarine und Benzoe umso mehr! Ein fröhlicher Abend auf dem Weihnachtsmarkt duftet nicht sehr anders. Zwar kann ich nicht sagen, dass es ein totaler Gourmand ist, es ist eher eine Melange aus weihnachtlich fruchtig balsamischen Wohlgerüchen, aber genau das bereitet meiner Nase ein frohes Fest.
Ich habe zum Glück einen wunderbaren Freund, der aufmerksam zuhört und mir den Duft, in den ich mich schockverliebt habe, als Geschenk mitgebracht hat. Ich habe ihn mittlerweile auch als festes Parfüm und bin von Haltbarkeit und Eleganz begeistert. Er begleitet mich vor allem jetzt, wo es kälter wird.
Allerdings sei auch gesagt, Düfte sind natürlich hochassoziativ und es kann sicherlich sein, dass viele hier andere Sachen mit „what would love do“ assoziieren, womöglich sogar Sommer, Sonne, Urlaub. Für mich jedoch ist diese weihrauchig harzige Balsambasis mit Mandarine einfach der Herbst- und Winterduft schlechthin.
Ich bin verliebt!
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