NikEy

NikEy

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6 - 10 von 60
NikEy vor 4 Jahren 14 9
6
Sillage
9
Haltbarkeit
8.5
Duft
Ein Kuss der Muse Vanille
Wer auf Spigo trifft, für den scheint es unmöglich nicht an die Lavendel-Vanille Referenzkombination von Caron denken zu müssen. Diese eint beide Düfte, ebenso wie die Eigenschaft, dass es sich augenscheinlich um alte, klassische Herrendüfte handelt. Wie so oft, sind diese Düfte vor so langer Zeit komponiert worden, dass sie ihren vermeintlich altbackenen Flair schon längst wieder eingebüst haben.
Wenn ich das Wort klassische Herrendüfte höre, denke ich an würzig-ledrige oder krautige Düfte die allesamt mit ihrer unsüßen und herben Art vermeintliche Maskulinität ausdrücken. Ganz anders bei Spigo (oder Pour un Homme de Caron), kaum zu glauben, dass derart süß-weiche Düfte lange vor der Ära der würzig-ledrig-grünen 70er-80er Jahre Düfte, rein im Herrensegment angesiedelt wurden. Viel witziger, dass viele die heutigen pudrig-vanilligen Herrendüfte als zu feminin verschreien, Klassiker wie diesen aber als maskulin und alt betrachten. Sehe ich doch fast mehr Übereinstimmungen zu heutigen Düften als zu denen vor 30-40 Jahren.

Genug philosophiert! Spigo verlangt aufgrund seiner weichen, ruhigen Art zwar nicht schreiend nach Aufmerksamkeit. Ganz im Gegenteil, er verbindet eine herrlich frische und strahlend blaue Lavendelkopfnote mit einer beruhigenden Vanillebasis. Während ich mich schwertue deutliche Hölzer oder krautige Noten wahrzunehmen, kann ich zumindest die ersten Sekunden einen Zitrusauftakt erahnen. Wenngleich er in meiner Wahrnehmung keine Rolle spielt. Der eigentliche Verlauf von Spigo spielt sich eher in der Lavendel-Vanille Kombi ab, die – witzigerweise – für mich schon beim Caron eine deutliche Ähnlichkeit zum WD-40 Spray hat (wo wir wieder bei den echten Männergerüchen sind). Anders aber als beim genrebildenden älteren Bruder, ist mir die Art der Vanille beim Spigo deutlich sympatischer. Nachdem der Lavendel sich weitestgehend verzogen hat, schält sich nämlich eine satte, dunkle Bourbonvanille heraus. Süß? Ja, aber deutlich weniger als die Vanillinzuckersüße im PuHdC. Und damit für mich auch in gewisser Art maskuliner, ambrierter und beruhigender.
Und wann trägt man Spigo jetzt? Für mich passt der Duft total gut in den Herbst, sonnige Tage, kühle Nächte. Eine warme Umarmung tut schon gut - und tut es ganz sicher dann immer noch im nahenden Winter!

Abschließend sei gesagt, dass sich mir nach meinem Empfinden kaum erschließt, wieso ein Lavendel-Vanille Duft mehr von Männern als von Frauen getragen werden kann, also die Damen, bitte testen! Wer auf schöne Lavendelnoten und eine der allerschönsten Bourbonvanillenoten steht, ist hier absolut richtig. Mir gefällt Spigo in jedem Aspekt besser als der - nicht wirklich - Duftzwilling von Caron!
9 Antworten
NikEy vor 4 Jahren 45 19
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Ein Sommerabendtraum...
Noch vor einem Jahr hätte ich mich niemals einfach so an einen Damenduft gewagt. Erst recht nicht aus einem DER Parfumhäuser schlechthin. Heute bin ich an einem Punkt angekommen, an dem die externe Einordnung zu welchem Geschlecht eine Duftnote oder ein Parfum passen soll, kaum mehr eine Rolle spielt. Und so hat sich in letzter Zeit der ein oder andere Duft in meine Sammlung geschlichen, der eigentlich für die Damenwelt konzipiert war.

Warum ich gerade heute, an einem der wärmsten Sommertage und -abende Coco als Duft aus meiner Probensammlung ausgewählt habe, ist eher ein Glücksfall. Eine spontane Eingebung über Nacht, unterstützt durch viele tolle Kommentare und mir unschlüssig darüber, wieso die Dufteinordnung sich hier auf Parfumo eigentlich fast nur auf Herbst/Winter bezieht - habe ich doch Coco aus vorangegangen Tests gar nicht so in Erinnerung. Und auch, dass hier noch kaum jemand herausgestellt hat, wie toll sich der Chanel im Sommer trägt, verwundert mich!

Gesagt, getan. Coco eröffnet mit einem so wunderschönen saftigen Pfirsich, wie ich ihn noch selten gerochen habe. Zwar nicht in der Pyramide angegeben, scheint sich durch die frischen Noten und die Blüten diese Fruchtassoziation einzustellen. Auf meiner Haut erscheint der Duft kaum süß, wenig pudrig und hat nur eine sehr, sehr schlanke Ambriertheit. Im Gegenteil, zu dem Pfirsich gesellt sich recht schnell ein fantastischer, sandiger Jasmin, der dem Duft einen Akkord wie sonnengebräunte, warme Haut gibt. Immer mehr schieben sich die zartwürzigen Nouancen in den Vordergrund, auch wenn Pfirsich bis zum verschwinden des Duftes präsent bleibt. Patchouli und etwas Leder in der Basis kann ich noch als ehestes ausmachen, von süßer oder oppulenter Ambriertheit, Zimt oder Tonka ist Coco – wie gesagt – für mich weit entfernt.

Und so fruchtig-blumig-würzig trägt mich Coco bei diesem Wetter durch die Sonne. Wirkt absolut trocken und niemals überladen, trägt mich in den Sonnenuntergang um eins mit den orangenen Wolken zu werden, die in dieser Stimmung die Duftfarbe Cocos perfekt widerspigeln.

Also wieder einmal landet ein Damenduft auf meiner Wunschliste. Und bitte: ein kleiner Apell an alle Besitzer/innen: lasst Coco auf eure gebräunte, sonnenbeschienene Haut! Probiert aus, was Hitze mit diesem Duftjuwel macht und wie sie die Frucht zum strahlen bringt und die Jasminblüten trocken lässt.
Und an die Herren: wer einen fruchtig-würzigen Duft sucht, wird hier mehr als fündig. Verratet halt keinem, dass ihr gerade die große Chanel tragt...
19 Antworten
NikEy vor 4 Jahren 14 11
10
Sillage
10
Haltbarkeit
6
Duft
Der Mann und das Meer #letzte - Zum Abschluss der Reise
Es neigt sich dem Ende. Und heute ist - seit langem mal wieder - ein Pritzkoleit dran, den ich von einem sehr lieben Menschen hier auf Parfumo zur Probe bekommen habe! Wer den Parfumeur nicht kennt, der sei gewarnt, dass die meisten seiner Düfte nichts für schwache Nerven sind. Besonders nichts für diejenigen, die kein Freund der animalischen Duftgefilde sind.

Aufgesprüht und, HEUA, JA! Ich rieche wie 'ne Ziege am Arsch. Verdammt, ja! Das ist authentisch. Sea Salt Tar ist definitiv die ungewöhnlichste Zusammenstellung von Aquatik die ich jemals testen durfte. Und hier haben wir keine Aquatik im geläufigen Sinn, vielmehr scheint in dem Duft eher eine frische Salznote präsent zu sein, die sehr ätherisch wirkt. Keinesfalls cremig oder melonig. Was aber – neben dieser wirklich angenehmen Salzigkeit – den Duft wirklich außergewöhnlich macht ist die rauchige Animalik. Blind würde ich defnitiv Zibet, Bibergeil, Costus und Moschus in diesem Duft vermuten. Laut Pyramide haben wir es nur mit Letztgenanntem zu tun, was ich aber nicht bestätigen kann. Und wer aufmerksam die Pritzkoleit-Website ließt, dem verrät der Begriff MuskS(!), der in der Originalpyramide steht, dass hier sicher mehrere Moschusarten (zu denen man eben auch Zibet, Bibergeil, etc. zählt) versteckt sind. Die volle Breitseite tierischer und pflanzlicher Animalik vereint. Hier bei Parfumo müsste also korrekterweiße nicht 'Moschus' sondern 'animalische Noten' stehen.
Eine leichte Säuerlichkeit von Gewürzen und Johannisbeere kann man finden, wo allerdings die Blüten abgeblieben sind..... Achja, der Teers als rauchig-ledrige Attidüte spielt ebenfalls eine deutlich tragende Rolle, die den Duft trocken, fast schlank erscheinen lässt und vermutlich die Animalik letztendlich unterstützt.

Spannend zu testen ist dieser Pritzkoleit allemal. Aber ich wüsste keine Situation in der ich ihn tragen kann. Bereits nach meinem 1/4 Sprüher aus einer kleinen 2ml Probe, tönt es aus der anderen Ecke der Wohnung, 2 Zimmer weiter, dass man den Duft ordentlich riecht. Die Sprengkraft und Sillage ist hier also definitiv atomar! Wenigstens daran sollten hier einige Parfumos ihren Spaß haben.
11 Antworten
NikEy vor 4 Jahren 15 9
8
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Der Mann und das Meer #vorletzte
Als Abschluss meiner Kommentarreihe der Aquaten möchte ich einen Sprung in die Gegenwart machen. Zum damaligen Testzeitpunkt stand mir leider keine Probe von Tirrenico zur Verfügung, wenngleich ich durch einen einmaligen Test in der Parfümerie schon auf diesen Duft aufmerksam wurde. Gleichsam ist mir – neben Sel Marin – bis heute kein Aquat mehr im Gedächtnis geblieben das dieser von Profumi del Forte. Keiner ist für mich – neben Sel Marin – authentischer, was die wahre Begebenheit des Meeres angeht.

Tirrenico hat eine unheimliche Kühle und Klarheit. Mit dem ersten Sprüher wird man direkt an ein kaltes, gar eisiges Meer gespült, voller Leben, aber auch voller morbider Erinnerungen. Als einer der wenigen Düfte dieser Kategorie wird hier der aquatische Eindruck hauptsächlich durch Fenchel verursacht, eine kühle, krautige und anisige, aber dabei doch sehr naturalistische Erfahrung. Doch Tirrenico ist so viel mehr. Das gezeichnete Bild könnte niemals allein durch den Fenchel entstehen. Erst durch Algen, die einen leicht fischigen Eindruck beisteuern und vermoderndes Treibholz wird das Meer komplett.

Vielleicht ist dieser Duft – noch viel mehr als Sel Marin – wahre ParfumKUNST. Und vielleicht ist dieser Duft die authentischste und dabei gleichzeitig künstlerischste Darstellung zum Meeresthema. Kalte Ostsee, Hafenbecken, Brackwasser, modernde Algen, Eismeer ....... all diese Eindrücke passen und alle sorgen sie dafür, dass ich Tirrenico so sehr mag.
9 Antworten
NikEy vor 4 Jahren 16 7
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Der Mann und das Meer #10 – von Strandhüten und Sandstränden
Costarella beginnt mit spritzigen Zitrusfrüchten, Pfeffer, maritimen Akkorden und sauberem Moschus. Azurblaues, absolut klares Wasser in seiner reinsten Frische. Bilderbuchurlaub, Hochglanzmagazin und Urlaubsträume. Das die zitrische Kopfnote freilich nur ein kurzes Funkeln im Verlauf ist, wird schnell klar. Schon nach kurzer Zeit ist das Hochglanzmagazin beiseite gelegt und schnell wird bewusst: da ist ja tatsächlich Strand und Meer!

Sand-Akkord, erstaunlich gut getroffen, wird der Duft zwar nicht wirklich trocken, aber spürbar mineralisch. Eine Dame mit rein-weißem Strandhut spaziert vorbei, der Moschus sorgt für Diffussion, drängt sich aber nicht länger in den Vordergrund. Es wird salzig. Nicht wie der algig-salzige Geruch des Meeres, eher wie eingetrocknetes Salz auf gebräunter Haut. Erfreulicherweiße nur mit einer ganz zarten Ambroxan Unterlegung eingecremt! Zarte dunkelgrüne Noten im Hintergrund steuern dabei eine eher rau wirkende Kante bei. Und wäre da nicht das Salz und eine Art (Treib)Holz, dass unwiderruflich das Meer in den Fokus stellt, könnte der graugrün-mineralische Duft einen glatt an kühl-steinige Bergseen denken lassen.

Carner's Duft ist einer der erfreulichsten meiner Testreihe. Nicht nur, weil er weder süß noch bedeutend cremig ist, sondern auch weil er einen Blick liefert, der über das Meer hinausgeht. Der Strand und Stein einfängt, der sogar eine andere Landschaft interpretieren könnte.
Sillage und Haltbarkeit sind angenehm sommerlich, wenngleich sie davon entfernt sind einen ganzen Tag zu überdauern.
7 Antworten
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