Peeva

So habe ich diesen Roja bezeichnet, als ich den Preis dafür im Souk gesehen habe.
Zur Farbe des edlen Elixiers würde der Name durchaus passen.
Also erst mal schön brav die Scheinchen (mit Münzen ist da ja nix zu wollen....) zusammen gehalten.

Ja und siehe da, das Warten hat sich gelohnt, gestern durfte ich diesen Schatz bei meinem lieben Parfumo Freund testen.

Diaghilev startet kurz und heftig mit einer zitrischen Note. Danach wird es fast magisch.
Ich kann keine einzige Duftnoten mehr ausmachen und fühle mich wie ein Muggel der in den großen brodelnden Hexenkessel von Professor Snape blicken darf...keine Ahnung was da brodelt aber es duftet großartig....
Allerdings kann ich soviel sagen, dass es bis dahin absolut nicht nach Chypre riecht.
Ich schätze die Zeit am Hexenkessel auf ca eine halbe Stunde...dann geht es in den Wald. Und da ist er.
Der Godfather of Chypre (ich weiß, fast vermessen wenn man die getesteten Chypres noch an beiden Händen zählen kann).
Kultivierter als der Bandit, verbindlicher als der Scherrer, beherzter als Lubins Eva oder Guerlains Mitsouko.

Die Sillage und Haltbarkeit sind meisterhaft wie der Duft selbst.

Ganz großes Kino für Chypre Liebhaber*innen.

Schön ist was gefällt - ganz egal ob Mainstream oder aus der Duftindustrie - ich finde ihn wunderschön. Nicht jeder Duft muss facettenreich, außergewöhnlich oder sonst was sein.
Das sog. Original von Audrey Hepburn war vielleicht so, habe ich aber leider nie kennengelernt.
Dieser hier ist einfach schön. Kann ihn nicht aufspalten. Frisch, blumig. Punkt. Es erfüllt mich ein wohliges Gefühl.
Duftverlauf linear. Hält auf meiner Haut mit 2 Sprühern am Handgelenk ca 5 Std.
Zur Sillage kann ich bis jetzt nichts sagen, hatte heute noch keinen Kontakt mit der Außenwelt ;)

Eva läuft Barfuß mit den ersten warmen Sonnenstrahlen durch den Zitronenhain. Die Luft ist erfüllt vom Duft der grünen Früchte. Ihr Weg führt sie ein kurzes Stück durch einen alten Baumbestand mit knorrigen Wurzeln und ihre nackten Füße versinken im weichen moosigen Waldboden. Am Ende des Weges warten schon ihre Geschwister Jean-Louis und Mitsouko.

In der Pyramide finde ich kein Moos aber meine Nase besteht drauf...wunderschöner Frühling/Sommerduft ohne jegliche Süße. Entwickelt sich etwas cremig/seifig aber in sehr angenehmer Weise. Für mich ein Chypre weil er teilweise Ähnlichkeiten mit Jean-Louis Scherrer und Guerlain Mitsouko aufweist.

Eva hat sich gut 4,5 Std auf meiner Haut gehalten. Im Drydown der perfekte Duft einer gepflegten, eleganten Frau (für mich kein Unsex Duft). Die Sillage ist eher mäßig, trotz Überdosierung mit 6 Sprühern nach 20Minuten nur noch körpernah wahrnehmbar.

Würde dieser Duft den Blutzuckerspiegel beeinflussen, wäre er definitiv nur in der Apotheke erhältlich und für Diabetiker ungeeignet.

Ein (!!!) Sprüher hat ausgereicht...
Eine zuckersüße Wolke bzw. Walze bringt meine Riechzellen an ihre Belastungsgrenze.
Ich bemühe mich erstmal mein Handgelenk eine Weile nicht in Richtung Nase zu führen, was nicht ganz einfach ist weil mich dieser heftige Geruch doch lockt (wahrscheinlich wie bei Gaffern bei nem Unfall). Nach kurzer Zeit wird die Süße vanilliger, ein heftiges Techtelmechtel zwischen Butterkeks und Popcorn, enorm was die beiden für eine Ausdauer haben....nach ca 5 Std scheint die Liaison ihren Höhepunkt gefunden zu haben und der Duft nimmt sich eine Pause zum verschnaufen.
Er erinnert jetzt sachte an Baccarat Rouge. So potent wie dieses Parfum daher kommt, ist die Erholungszeit natürlich nur von kurzer Dauer, danach kommt eine omnipräsente Vanille die sich, sobald sie ihren Platz eingenommen hat, keinen Zentimeter von der Stelle rührt.....

Ich habe nachmittags den einen Sprüher aufgetragen und bin gegen 23 Uhr ins Bett gegangen. Die Vanille auf der Haut war noch immer so stark, dass ich meinen Arm unters Kopfkissen stecken musste, damit dieser Duft erstickt wird. Ich gehöre glücklicherweise zu den Menschen die nach ein paar Sekunden Kopf auf Kissen einschlafen, sonst wäre ich bestimmt nochmal aufgestanden um die Vanille mit dem Peelingschwamm abzuschubbern.

....ihre besten Jahre sind längst vorüber, das Make up in mehreren Schichten aufgetragen, kriecht um die Augen und die einst vollen Lippen in tiefen Falten. Spuren eines Lebens mit zu wenig Schlaf, zu viel Alkohol, zu viel Tabak und Enttäuschungen.
Grelle Farben auf Lippen, Augen und Nägeln. Zu eng und zu tief ausgeschnitten spannt sich ihr Top über Busen und Bauch.
Ihr Duft überlagert alles. Eine mächtige Wolke aus Gewürzen, Harzen, Blumen und Patchouli umgibt sie und sie fragt dich: „na Süße, was soll’s sein?“
Ihre Bar ist ihr Leben.