Pollita
Hühnergegacker
vor 3 Jahren - 05.04.2021
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Liebe geht durch die Nase


Ich weiß nicht, wie es euch ergeht, aber ich bin seit meiner Kindheit mit einem enorm feinen Näschen ausgestattet. Das macht gewiss nicht immer Spaß, beispielsweise dann, wenn Leute auf die regelmäßige Dusche verzichten oder gerne etwas viel Knoblauch genießen, doch es ist unsagbar interessant, Menschen riechen zu können. Wenn man dann irgendwann anfängt, sich für das andere Geschlecht zu interessieren, wird das Ganze noch reizvoller und kann einen nahezu in den Wahnsinn treiben.

Ich weiß, wovon ich rede. In der fünften Klasse war ich zum ersten Mal schwer verknallt. Natürlich in einen für mich unerreichbaren Menschen, wie es nahezu allen Kindern (von Jugend kannst da ja noch nicht reden) in diesem Alter geht. Er ging nämlich in die Oberstufe, wohnte im selben Wohngebiet wie ich und ergo fuhren wir mit demselben Schulbus zur Schule. Er war riesig groß, trug gerne Lederklamotten (fuhr mit Sicherheit Motorrad) und hatte Stehhaare. Dunkelbraun. Ich vergesse nie, wie es sich anfühlte, als er sich im rappelvollen Schulbus einmal neben mich setzte. Und da war diese Duftaura, von der mir fast schummrig wurde. Ich glaube, Parfum war das gar nicht, was er trug. Parfum gefiel mir in dem Alter nämlich überhaupt nicht. Vielmehr mochte ich die Gerüche von Häusern, etwa von Freunden, und dergleichen. Parfum empfand ich damals oft als zu stark und auch künstlich, wenn ihr versteht, was ich meine. Nein, das war eine menschliche Duftaura, gepaart mit dem Leder seiner Klamotten und Waschmittel. Und das war der Wahnsinn für mich. Ich wollte, dass er nie mehr aufsteht, sondern am besten bis zum späten Abend hier neben mir sitzen bleibt. Hach! Seufz!

Parfum, bzw. Deosprays (ja, die billige Sorte, über die ich heute auch mal lästere, so sorry), fand ich erst viel, viel später interessant. Ich war 14 Jahre alt und hatte eine Brieffreundin im angrenzenden Landkreis. Wir besuchten uns hin und wieder übers Wochenende, da es ja quasi um die Ecke war. Und einmal durfte ich für eine Woche mit der Familie nach Spanien in deren Ferienhaus. Ich war verknallt in ihren Bruder (18 Jahre, natürlich auch komplett unerreichbar für mich Kind). Und ich vergötterte sein parfümiertes Deo, das er benutzte. Bestimmt für zwei Mark fünfzig im Schlecker zu kriegen. Da ich selbst noch keine Düfte & Co. verwendete (das kam erst so mit 16), hatte ich natürlich keinen Plan, was so etwas kostet. Auch wenn ich Herrendüfte prinzipiell gruselig fand, zumindest die, die mein Vater überdosiert trug. Das hier war schön, denn es war ja ER, der dieses Deo benutzte.

Und lacht mich aus, aber ich glaube, deshalb ist es auch völlig egal, was für einen Duft ein interessanter Mensch trägt, bzw. ob er oder sie überhaupt zu Parfum greift. Wenn man jemanden attraktiv findet, kriegt man, als olfaktorisch geprägter Mensch, wie wir es sind, von dessen Duftaura fast automatisch Schmetterlinge im Bauch. Oder etwa nicht? Bei mir war das fast immer so! Ob ich so manche Gerüche und Düfte heute noch als so göttlich empfinden würde? Vermutlich nicht, wenn der Rahmen nicht mehr derselbe ist. Liebe geht eben einfach durch die Nase.

Schönen Ostermontag

Eure Polly

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