Warum ich es mit den Gourmands besser bleiben lassen sollte. Ein Fazit nach drei Jahren
Je mehr wir testen, desto besser wissen wir, was wir nicht mögen
Etwas mehr als drei Jahre bin ich jetzt hier und getestet habe ich inzwischen über 2.000 Düfte. Nicht, dass ich die alle hätte testen wollen, aber was hier bei mir landet, wurde probiert und sorgte für neue olfaktorischen Eindrücke. Dieses ausgiebige Testen half mir wahnsinnig gut dabei, herauszufinden, was mir nicht gefällt. Düfte mit bestimmten Noten kann ich zwischenzeitlich von einem Kauf ausschließen, weil ich weiß, dass genau diese mich irgendwann enorm stören würden. Leider passierte das jedoch nicht nur mit Testkandidaten, sondern ebenso mit geliebten Parfums, die ich oft jahrelang mit großem Vergnügen getragen habe. Plötzlich tat ich es nicht mehr, denn trotz aller Schönheit hatten sie einen kleinen Nervfaktor, der zeitweise auch zum größeren Ärgernis werden konnte. Wer kennt das nicht?
Ich habe schön früher, aber vor allem in den letzten drei Jahren, seit ich mich wieder intensiver mit Düften beschäftige, gemerkt, dass ich – oh Wunder – Gourmanddüften eigentlich gar nicht so wirklich zugetan bin. Im ersten Moment sorgen sie noch heute dafür, dass mir erstmal das Wasser im Mund zusammenläuft, aber dann merke ich plötzlich, „nö, das ist doch eigentlich gar nicht mein Ding.“ Inzwischen sagt der kleine Teufel in meinem Kopf glücklicherweise „Stop“, bevor ich den Flakon hier im Schrank stehen habe. Meistens zumindest.
Back to the Roots
Einer meiner lieben Parfumofreunde schrieb mir kürzlich, als ich mich nach so einigen Trageversuchen mit Meringa, den ich vor drei Jahren noch vergöttert habe, jetzt doch getrennt habe, dass wir Düften wieder entwachsen. Ja, das kann durchaus sein. Aber mehr und mehr stelle ich fest, dass ich, je mehr ich entdecke, mag oder nicht so mag, doch immer wieder zu den Anfängen, zu den allerersten Lieben, zurückkehre. Denn meine dauerhaften Duftlieben sind tatsächlich die geblieben, die ich schon vor über 20 Jahren vergöttert habe: Von der Kopf- über die Herz- bis zur Basisnote. Nur, dass ich sie damals noch nicht eindeutig benennen und auseinanderklamüsern konnte.
Da viele meiner Düfte eine eher süße oder süßliche Basis haben, hatte ich jahrelang den Irrglauben, meine Düfte wären Gourmands. Warum eigentlich? Den allerersten Gourmand, nämlich Angel Eau de Parfum, konnte ich nie so richtig leiden. Wieso sollte ich dann andere mögen? Anyway, ich war überzeugt, ich täte es. Und so kaufte ich viele von diesen Süßlingen und sortierte sie irgendwann fast alle wieder aus.
Entdecken und klassifizieren: Was gefällt mir denn nun wirklich am besten?
Geblieben sind immer dieselben. Geprägt sind meine Lieblinge fast alle von einer weichen Moschusbasis, gern mit ein bisschen Vanille oder auch mal einer zarten Mandel- oder Heliotropnote. Amber in der Basis finde ich ebenfalls herrlich. Ich liebe diese feine Balsamik. Und etwas Weihrauch darf gerne dabei sein oder auch mal Benzoe, Styrax oder Ähnliches.
Blüten mag ich tatsächlich lieber, als ich es immer geglaubt habe. Ich liebe nicht nur Orangenblüten, sondern auch Jasmin, Iris und - obwohl ich es selbst immer noch nicht so recht glauben mag - tatsächlich auch Rosen. Fast in allen meine ganz großen Duftlieben steckt irgendwo ein Röslein. Außerdem habe ich Lavendel lieben gelernt, den ich früher nicht mal mit dem Hinterteil angeguckt habe. Heute weiß ich, dieses Kraut hat Zauberkräfte. Und auch grüne Düfte punkten bei mir sehr oft, auch wenn ich nicht jeden unbedingt an mir selbst sehe. Typische Gourmands allerdings fallen über kurz oder lang immer wieder durch.
Sehr oft sind sie mir zu lebensmittelecht und ich fühle mich regelrecht überfressen. Andere lassen mich an einen meiner duftenden Endgegner La Vie est Belle L'Eau de Parfum denken. Diese Maltolnote genügt oft schon in homöopathischen Dosen und ich kann dem Duft nichts mehr abgewinnen. In Kombination mit Patchouli bin ich meistens sofort raus. Siehe
Angel Eau de Parfum. Oder auch wieder
La Vie est Belle L'Eau de Parfum.
Überraschungen
Dafür habe ich inzwischen so einige Parfums in meiner Sammlung, die duften nach Muskat, nach Pfeffer, nach Eisenkraut, nach Freesien oder haben sogar dezent aquatische Anklänge. Aquatik und ich? Ich dachte immer, das kann nie und nimmer funktionieren. Oh doch, das kann es tatsächlich. Es gibt nämlich nicht nur die Calone-Melone, die sich für meine Nase auch gern mal als Gurke, die nicht mehr so ganz frisch ist, manifestiert. Ja, das alles entdeckte ich auch beim Testen. Und besitze heute etwa einen Ahood Alenezi - Bravery Eau de Parfum oder einen
Close, die, so behauptet es zumindest die Duftpyramide, neben Moschus und Blüten auch aquatische Noten beinhalten sollen. Merke: Aquatik per se ist kein No-Go für Frau Huhn.
Die unglaubliche Fülle an Dufthäusern und ihre Perlen
Tja, und trotzdem landen auf der Merkliste nach wie vor die Gourmands. Denn: Man weiß ja nie, ob es nicht trotzdem mal wieder Klick machen könnte. Schließlich zählt am Ende die Gesamtkomposition. Ich habe nämlich auch gelernt, dass es Häuser gibt, die es schaffen, mit Duftnoten zugänglich zu machen, die es gewöhnlich eher schwer bei mir haben. Santa Maria Novella etwa oder Perfumer H haben da so einige, ganz bezaubernde Kompositionen, die bei einem Blick auf die Duftpyramide erstmal nicht so verlockend für mich klingen.
Genauso gibt es auch Häuser, die verleiden mir selbst die schönsten Zusammenstellungen. Und ich stellte fest, es lohnt sich immer, auch mal Düfte zu schnuppern, die auf den ersten Blick uninteressant oder gar ungeeignet klingen. Ich sag nur Ikiryō. Eine Marke, die ich niemals auf dem Schirm hatte. Der lieben Gandix verdanke ich mit Drifting einen meiner absoluten Lieblingsdüfte. Ja, auch so habe ich teilweise große, olfaktorische Freuden entdeckt. Eines sollten wir nie vergessen: Zwischen massenhaft hässlichen Entlein kann sich trotzdem ein Schwan verstecken. Der eine, ganz besondere Schwan mit magischen Kräften.
Mein Antrieb: Die Suche nach dem Besonderen
Eigentlich kann ich nur wieder das gleiche Fazit wie schon vor einigen Jahren ziehen, auch wenn ich heute nicht mehr so vieles testen möchte. Ich weiß inzwischen recht genau, was ich definitiv nicht mag und sowas möchte ich nicht jeden Tag aufs Neue unter der Nase haben. Trotzdem bin ich neugierig geblieben. Die Suche nach dem Besonderen, egal ob Gourmand oder Blümchen, Sauberduft oder Aquate, Indiemarke, Designer oder Hypeduft, treibt mich nach wie vor an. Und es ist nach wie vor ein Spaß, ein Genuss, Neues zu entdecken. Auch wenn ich mir am Ende meistens treu bleibe und wieder Bewährtes trage. Mit dem Unterschied, dass ich es heute aber um ein ganzes Stück besser klassifizieren kann.
Kommt gut ins neue Jahr ihr Lieben! Eure Polly.
Süßer&schwerer schindet nur mehr Eindruck, ist einnehmender und zieht mMn deshalb für den Moment mehr in seinen Bann, mich eingeschlossen.
Die Entdeckungsreise und der Spaß daran, Neues zu entdecken ist bei mir auch eigentlich der Hauptfaktor. Große Freude über einen Schwan, aber auch an der ganzen großen Wasservogel-Party. ^^
Und diesen Übergangsbereich, in dem ich einen Duft als nicht passend aber auch nicht nervig sondern reizvoll empfinde, begehe ich deshalb auch gern. Nur die zig-ste Vanillesauce lasse ich mittlerweile auch nach Möglichkeit sein, man muss keine Steine melken.
So ein hübsches, passendes Foto von Close! Gute Wünsche dir für ein sonniges neues Jahr!
Mit Gourmands habe ich auch so meine Probleme. Es darf einfach nicht zu essbar riechen. Lese ich irgendwo, es handle sich nicht um einen typischen Gourmand, wird dennoch getestet. So funktioniert das ganz gut.
Als ich vor etwas über einem Jahr angefangen habe, mich mit Düften zu beschäftigen, hatte ich immer eine bestimmte Vorstellung von einem edlen Duft, leicht süß, dachte ich mir, aber auch holzig, vielleicht nussig. Er sollte nobel wirken und Eleganz ausstrahlen. Diesen habe ich eher durch Zufall auch gefunden: 4Rosso, DER Duft.
Ich bin überaus dankbar, gefunden zu haben, was ich suchte. Dennoch befinde ich mich weiterhin auf der Suche nach anderen Düften, die mich überraschen und begeistern.
Ich wünsche dir einen guten Rutsch...
Ich arbeite mich gerade noch an den erhofften Schwänen zwischen den hässlichen Entlein ab. Mit anderen Worten: Welches Dufthaus kann ich tatsächlich aufgeben und welches hält womöglich eine Überraschung bereit?
Aktueller Stand: Marken, die eine starke "Haus-DNA" haben, die ich für mich nicht so mag, hake ich ab. (Chanel z.B.).
Und: Marken, deren Formulierungen nicht gegen meine gefräßige Haut ankommen, teste ich nicht mehr (z.B. The House of Oud). Den Frust erspare ich mir.
Was für mich auch nicht geht, sind essbare Düfte. Süß finde ich toll, zumindest im Herbst und Winter, jedoch sollte es im Hintergrund sein und dennoch parfümiert riechen und nicht, als wären es Duftreste aus der Küche 😄
Ich persönlich hätte never ever gedacht, dass mir mal Iris gefallen würde. :-)
Frohes Neues!
Es ist ein wunderbar lehrreiches und genussvolles Hobby, hier dabei zu sein, und eine Bereicherung an Neuentdeckungen.
Vielen Dank für diesen schönen und treffenden Blogeintrag! … und hab einen wunderbaren Jahresabschluss!
Aber die Abkehr von gemochten Noten zu neuen, vormals unbekannten habe ich auch...
Einen guten Jahreswechsel wünsche ich dir !
Wenn es jedoch im Hintergrund dezent gourmandelt und dem Naschwerk etwas anderes Spannendes gegenüber steht, dann kann ich das aber durchaus mal reizvoll finden.
Neues entdecken ist immer wieder wunderbar und wird bei mir auch immer so bleiben....
Aber auch ich kehre immer wieder zu meinen alten Lieblingen zurück. Meistens einem zu einem Chypre.
Ich wünsche Dir und den Hühnchen einen guten Rutsch ins neue Jahr und alles erdenklich Gute.
Freue mich auf Deine Schreibe auch im neuen Jahr.
Liebe Grüße
Tabla
Es war sehr interessant, von deiner Reise in der Duftwelt zu lesen. Du hast Recht, das, was wir mögen, was unsere Sinnen am ansprechendsten finden, das kann uns keiner nehmen! Und die Abzweigungen nach rechts und links sind so wichtig und wertvoll, da sie uns in unseren Kernvorlieben bestärken.
Mir geht es genauso, ich habe mittlerweile ganz viele unterschiedliche Düfte in meinem Schrank, und ganz viele dabei, die eigentlich so GAR NICHT meins sind im Grunde. Nichtsdestotrotz habe ich sie gebraucht, um mich selbst zu erfahren. Und letztendlich finde ich nichts schöner, als aromatische weiche Holzdüfte (mal frischer mal tiefgründiger), ob mit Harz, Amber, Vanille, Gewürzen und auch mal hier und da mit Blûmchen arrangiert. Das bin und bleibe einfach ich.
Ich wünsche dir einen fröhlichen Rutsch ins neue Jahr und alles erdenklich Gute.
Ich stelle auch immer wieder fest, das es Düfte gibt, bei denen mir das passiert. Ich denke, ich brauche ihn und nach langem Tragen stelle ich fest, ach nee ist einfach doch nicht meins. Zum Glück sind es dann meist nur Abfüllungen geworden ;D..
Aber bei mir geht es durch jede Duftrichtung.
Den Duft selbst habe ich nie richtig getestet. Sollte ich vielleicht nachholen :-)
Ich kann das nicht! Dieses ansammeln von ungeliebtem! Ich kann auch gerade kein Soukgebaren... irgendwie die duftigen Stiefkinder einigermaßen würdevoll ziehen lassen... im Grunde unwesentlich ^^
Die Lust Neues zu entdecken kommt bei mir immer Schubweise, ich brauche zwischendurch auch mal testfreie Phasen und erfreue mich dann an altbekannte, liebgewonnene Parfums, die mich teilweise schon viele Jahre begleiten.
Ich wünsche dir auch einen angenehmen Jahresausklang und ein tolles neues Jahr ✨
Schön geschrieben.
Gute Gourmands sind mir durchaus willkommen.
Das "Rauswachsen" kenne ich auch :) Oder auch das Reinwachsen, plötzlich gefällt mir etwas, dass ich jahrelang nicht mochte.
Guten Rutsch und ein schönes neues Jahr, meine Liebe :)
Happy New Year und einen tollen Start im 2023
Deine Beschreibung für deinen eigenen Duftgeschmack klingt sehr ähnlich zu meinem Geschmack. Da werde ich mich gleich mal durch deine Sammlung klicken!
Und ich teste tatsächlich alles, was mir unter die Nase kommt 🤭
LG und einen schönen Rutsch ins neue Jahr,
Franzi
Das ich eher süße Düfte, auch gerne Gourmands mag, wusste ich schon.
Dass aber tatsächlich knapp 80% meiner Sammlung gemäß Parfumo-Einteilung süß sind (was dann noch so eingeteilt wird, also würzig, pudrig etc., scheint mir egal zu sein, Hauptsache süß... ;>) war mir gar nicht klar...
Ich habe zu meiner Anfangszeit hier alles Querbeet getestet, mittlerweile bin ich aber auch etwas vorsichtiger, da ich bei einigen Dingen nun weiß, dass die mir in der Nase pieken...
"Je mehr wir testen, desto besser wissen wir, was wir nicht mögen"
-> Würde ich so unterschreiben :)
Ich bin gespannt, wie das mit meinen Duftvorlieben weitergeht, wenn ich den Blog und die Antworten lese, kann sich das ja noch ändern!
LG & einen guten Rutsch :)
Ich mag süße Düfte meistens auch nicht, primär nicht tragen, weil ich es unpassend zu mir finde. Nach Süßspeise oder ähnlichem will ich auch nicht unbedingt riechen, esse es meistens ja auch nicht unbedingt immer gerne mehr. Obwohl ich primär Düfte vermeide zu testen, deren Noten mich nicht ansprechen, bin ich auch offen welche zu testen, wenn es sich ergibt oder ich neugierig bin. Habe nun den Naxos getestet und Honig scheint für mich in Ordnung zu sein, würde da aber auch nur 15ml Flakon nehmen, sonst wahrscheinlich zu viel für mich. Beim Aventus war ich ursprünlich desinteressiert wegen der Ananas, doch will ihn nun kaufen, weil die Ananas nicht so sehr in meiner Wahrnehmung war beim Testen.
Bewährtes ist beständig und Neues kann nur überraschen, besonders wenn die Erwartung nicht zu groß ist.
Frohes neues Jahr wünsche ich dir noch.
Ich glaube, ich kenne die falschen Leute ...
Du hast Recht man lernt seinen eigenen und sogar den Duftgeschmack der anderen über die Jahre immer immer besser kennen. Ich hab letztens mal im Ticker gefragt ob man denn nicht filtert welche Düfte man testen will und welche nicht. Und ja ich mache das, um unschöne Überraschungen zu vermeiden. Aber viele testen ja wohl so ziemlich alles. Ich sichere mich lieber ab! Ich wünsche dir auch einen guten Rutsch! 😊
Die Erkenntnis, daß mich die Klassiker auch mehr interessieren als anderes, hatte ich auch vor einiger Zeit. Aber neugierig auf alles mögliche bleibe ich doch :-)
Unser Körper und somit die Nase mit Hirn durchleben Verbindungen mit all ihren Synapsen.
Es ist also ganz natürlich, was wir mit Gerüchen, Düften und Parfums erfahren.
Und.. manches, das wir erst Erriechen können, möchte uns letztlich vor "Schlimmerem" bewahren.
Danke, liebe Polly für dein Teilen hier.
Herzlichst wünsche ich dir erleichterndes Loslassen von Altem und ein beschwingt duftendes neues Jahr!
🌹🍃
Jasmin
Konnte jedes einzelne Worte so gut nachvollziehen. Auch ich kenne meine Duftpräferenzen mittlerweile ziemlich gut und weiß unter anderem auch, dass Gourmands und ich, keine Freunde mehr werden.. Habe mittlerweile einfach gemerkt, dass süße Vanillenoten oder weitere essbare Duftnoten, überhaupt nichts für mich sind, daher teste ich in dem „Gerne“ auch nicht mehr. Möchte nur noch das tragen, was mir wirklich gefällt und wie du, meinem Geschmack treu bleiben.
Wir wünschen Dir einen wohlriechenden Guten Rutsch!
Petits Fours schaut man gerne in der Pâtisserie an, doch täglich essen ist suboptimal.