Pollita
Hühnergegacker
Von Parfumo empfohlener Artikel
vor 1 Jahr - 29.12.2022
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Warum ich es mit den Gourmands besser bleiben lassen sollte. Ein Fazit nach drei Jahren

Je mehr wir testen, desto besser wissen wir, was wir nicht mögen
Etwas mehr als drei Jahre bin ich jetzt hier und getestet habe ich inzwischen über 2.000 Düfte. Nicht, dass ich die alle hätte testen wollen, aber was hier bei mir landet, wurde probiert und sorgte für neue olfaktorischen Eindrücke. Dieses ausgiebige Testen half mir wahnsinnig gut dabei, herauszufinden, was mir nicht gefällt. Düfte mit bestimmten Noten kann ich zwischenzeitlich von einem Kauf ausschließen, weil ich weiß, dass genau diese mich irgendwann enorm stören würden. Leider passierte das jedoch nicht nur mit Testkandidaten, sondern ebenso mit geliebten Parfums, die ich oft jahrelang mit großem Vergnügen getragen habe. Plötzlich tat ich es nicht mehr, denn trotz aller Schönheit hatten sie einen kleinen Nervfaktor, der zeitweise auch zum größeren Ärgernis werden konnte. Wer kennt das nicht?

Ich habe schön früher, aber vor allem in den letzten drei Jahren, seit ich mich wieder intensiver mit Düften beschäftige, gemerkt, dass ich – oh Wunder – Gourmanddüften eigentlich gar nicht so wirklich zugetan bin. Im ersten Moment sorgen sie noch heute dafür, dass mir erstmal das Wasser im Mund zusammenläuft, aber dann merke ich plötzlich, „nö, das ist doch eigentlich gar nicht mein Ding.“ Inzwischen sagt der kleine Teufel in meinem Kopf glücklicherweise „Stop“, bevor ich den Flakon hier im Schrank stehen habe. Meistens zumindest.

Back to the Roots
Einer meiner lieben Parfumofreunde schrieb mir kürzlich, als ich mich nach so einigen Trageversuchen mit MeringaMeringa, den ich vor drei Jahren noch vergöttert habe, jetzt doch getrennt habe, dass wir Düften wieder entwachsen. Ja, das kann durchaus sein. Aber mehr und mehr stelle ich fest, dass ich, je mehr ich entdecke, mag oder nicht so mag, doch immer wieder zu den Anfängen, zu den allerersten Lieben, zurückkehre. Denn meine dauerhaften Duftlieben sind tatsächlich die geblieben, die ich schon vor über 20 Jahren vergöttert habe: Von der Kopf- über die Herz- bis zur Basisnote. Nur, dass ich sie damals noch nicht eindeutig benennen und auseinanderklamüsern konnte.

Da viele meiner Düfte eine eher süße oder süßliche Basis haben, hatte ich jahrelang den Irrglauben, meine Düfte wären Gourmands. Warum eigentlich? Den allerersten Gourmand, nämlich Angel (Eau de Parfum)Angel Eau de Parfum, konnte ich nie so richtig leiden. Wieso sollte ich dann andere mögen? Anyway, ich war überzeugt, ich täte es. Und so kaufte ich viele von diesen Süßlingen und sortierte sie irgendwann fast alle wieder aus.

Entdecken und klassifizieren: Was gefällt mir denn nun wirklich am besten?
Geblieben sind immer dieselben. Geprägt sind meine Lieblinge fast alle von einer weichen Moschusbasis, gern mit ein bisschen Vanille oder auch mal einer zarten Mandel- oder Heliotropnote. Amber in der Basis finde ich ebenfalls herrlich. Ich liebe diese feine Balsamik. Und etwas Weihrauch darf gerne dabei sein oder auch mal Benzoe, Styrax oder Ähnliches.

Blüten mag ich tatsächlich lieber, als ich es immer geglaubt habe. Ich liebe nicht nur Orangenblüten, sondern auch Jasmin, Iris und - obwohl ich es selbst immer noch nicht so recht glauben mag - tatsächlich auch Rosen. Fast in allen meine ganz großen Duftlieben steckt irgendwo ein Röslein. Außerdem habe ich Lavendel lieben gelernt, den ich früher nicht mal mit dem Hinterteil angeguckt habe. Heute weiß ich, dieses Kraut hat Zauberkräfte. Und auch grüne Düfte punkten bei mir sehr oft, auch wenn ich nicht jeden unbedingt an mir selbst sehe. Typische Gourmands allerdings fallen über kurz oder lang immer wieder durch.

Sehr oft sind sie mir zu lebensmittelecht und ich fühle mich regelrecht überfressen. Andere lassen mich an einen meiner duftenden Endgegner La Vie est Belle L'Eau de ParfumLa Vie est Belle L'Eau de Parfum denken. Diese Maltolnote genügt oft schon in homöopathischen Dosen und ich kann dem Duft nichts mehr abgewinnen. In Kombination mit Patchouli bin ich meistens sofort raus. Siehe Angel (Eau de Parfum)Angel Eau de Parfum. Oder auch wieder La Vie est Belle L'Eau de ParfumLa Vie est Belle L'Eau de Parfum.

Überraschungen
Dafür habe ich inzwischen so einige Parfums in meiner Sammlung, die duften nach Muskat, nach Pfeffer, nach Eisenkraut, nach Freesien oder haben sogar dezent aquatische Anklänge. Aquatik und ich? Ich dachte immer, das kann nie und nimmer funktionieren. Oh doch, das kann es tatsächlich. Es gibt nämlich nicht nur die Calone-Melone, die sich für meine Nase auch gern mal als Gurke, die nicht mehr so ganz frisch ist, manifestiert. Ja, das alles entdeckte ich auch beim Testen. Und besitze heute etwa einen Ahood Alenezi - Bravery (Eau de Parfum)Ahood Alenezi - Bravery Eau de Parfum oder einen CloseClose, die, so behauptet es zumindest die Duftpyramide, neben Moschus und Blüten auch aquatische Noten beinhalten sollen. Merke: Aquatik per se ist kein No-Go für Frau Huhn.

Die unglaubliche Fülle an Dufthäusern und ihre Perlen
Tja, und trotzdem landen auf der Merkliste nach wie vor die Gourmands. Denn: Man weiß ja nie, ob es nicht trotzdem mal wieder Klick machen könnte. Schließlich zählt am Ende die Gesamtkomposition. Ich habe nämlich auch gelernt, dass es Häuser gibt, die es schaffen, mit Duftnoten zugänglich zu machen, die es gewöhnlich eher schwer bei mir haben. Santa Maria Novella etwa oder Perfumer H haben da so einige, ganz bezaubernde Kompositionen, die bei einem Blick auf die Duftpyramide erstmal nicht so verlockend für mich klingen.

Genauso gibt es auch Häuser, die verleiden mir selbst die schönsten Zusammenstellungen. Und ich stellte fest, es lohnt sich immer, auch mal Düfte zu schnuppern, die auf den ersten Blick uninteressant oder gar ungeeignet klingen. Ich sag nur Ikiryō. Eine Marke, die ich niemals auf dem Schirm hatte. Der lieben Gandix verdanke ich mit DriftingDrifting einen meiner absoluten Lieblingsdüfte. Ja, auch so habe ich teilweise große, olfaktorische Freuden entdeckt. Eines sollten wir nie vergessen: Zwischen massenhaft hässlichen Entlein kann sich trotzdem ein Schwan verstecken. Der eine, ganz besondere Schwan mit magischen Kräften.

Mein Antrieb: Die Suche nach dem Besonderen
Eigentlich kann ich nur wieder das gleiche Fazit wie schon vor einigen Jahren ziehen, auch wenn ich heute nicht mehr so vieles testen möchte. Ich weiß inzwischen recht genau, was ich definitiv nicht mag und sowas möchte ich nicht jeden Tag aufs Neue unter der Nase haben. Trotzdem bin ich neugierig geblieben. Die Suche nach dem Besonderen, egal ob Gourmand oder Blümchen, Sauberduft oder Aquate, Indiemarke, Designer oder Hypeduft, treibt mich nach wie vor an. Und es ist nach wie vor ein Spaß, ein Genuss, Neues zu entdecken. Auch wenn ich mir am Ende meistens treu bleibe und wieder Bewährtes trage. Mit dem Unterschied, dass ich es heute aber um ein ganzes Stück besser klassifizieren kann.

Kommt gut ins neue Jahr ihr Lieben! Eure Polly.

Aktualisiert am 29.12.2022 - 04:24 Uhr
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