Vom No-Go zur ganz großen Duftliebe. Teil 3: Cashmeran
Es ist mal wieder so weit. Eine bisher stets ungeliebte Note, eigentlich immerzu Ausschlusskriterium, konnte mich in einem Parfum so sehr um den Finger wickeln, dass ich den Duft besitzen wollte. Und nicht nur das. Der Duft hat für mein Schnäbelchen sogar eine derartige Magie, dass ich unmittelbar mein Herz an ihn verloren habe und ihn mit meinem bisherigen, allergrößten Duftliebling – Fil Rouge von Armani Privé - gleichsetzen würde. Signaturwürdig, gäbe es ihn regulär zu kaufen, wäre er definitiv. Tja, bringen tut mir das jetzt nicht allzu viel, denn der Duft ist, genauso wie auch Fil Rouge, schon lange nicht mehr regulär zu bekommen. Dank einer ganz besonders wundervollen Parfuma steht hier zwar ein fast randvoller Flakon, ich weiß aber, dass mein Vorrat hier definitiv ebenso endlich ist, wie der des roten Fadens von Armani. Die Rede ist von Succubus von Ikiryō.
Und damit nicht jetzt schon alle, die bis hierher gelesen haben, sich entnervt abwenden, weil Frau Huhn zum drölfzigsten mal über limitierte und eingestellte Düfte jammert, komme ich jetzt gleich zum Punkt. Denn darum, dass meine Lieblinge für gewöhnlich sehr, sehr selten sind, soll es heute überhaupt nicht gehen. Es geht um Cashmeran. Das Zeug aus der Escentric-Molecules-Reihe (Nummer 5), das für gewöhnlich bei meiner Nase als schimmlig, als Holzzuschnitt im Baumarkt und manchmal gar als schweißig ankommt. Ich hätte nie und nimmer daran geglaubt, dass ich irgendwann einen Duft besitzen werde, in dem Cashmeran sogar explizit als Zutat gelistet ist. Und das auch noch prominent. Hätte mir das einer vor kurzer Zeit erzählt, ich hätte abgewunken und den Menschen unmittelbar für komplett bescheuert erklärt. Und jetzt muss ich eingestehen, dass ich von Duftnoten und Parfumeuren mal wieder eines Besseren belehrt worden bin und betone hiermit erneut: Es gibt sie nicht. Die Endgegner-Noten, die steten Störfaktoren, die olfaktorischen Bösewichte, die einen Duft immer automatisch zum Ausschlusskriterium machen. Ich habe das schon so oft erleben dürfen, hätte aber mein komplettes Hühnergehege mit allen meinen Tieren drin drauf verwettet, dass ich in diesem Leben kein Parfum mit Cashmeran kaufen und auch noch tragen würde. Und jetzt muss ich das alles wieder einmal revidieren.

Tja, was soll ich sagen? Vincent of Dreamhouse war es, der mich vor einiger Zeit, gemeinsam mit der geliebten Armani-Privé-Haute-Couture-Reihe, bereits überzeugen konnte, dass ich Lavendel – auch zuvor kategorisch ausgeschlossen - im Parfum toll finde. Warum also nicht auch so ein fieses Aromachemical wie Cashmeran?
Ja, ich bin inzwischen der Überzeugung, alles geht, sofern die Rohstoffe in der richtigen Dosis eingesetzt werden. Vielleicht braucht es lediglich ein Mü oder noch weniger, oder es sind einfach die anderen Komponenten in genau dieser Zusammensetzung, die einen Duft in etwas Wundervolles verwandeln können. Würde nur eine Winzigkeit abgeändert werden, dann würde er für mein Verständnis vielleicht schon wieder stinken.
Kürzlich las ich, dass zwei Düfte, die ich zwar nie selbst besessen habe, an anderen Personen, die mir nahestehen, aber immerzu gerne mochte, tatsächlich Ambrocenide, mein persönliches Feindbild-Aromachemical, enthalten sollen. Es handelt sich um Light Blue von D&G, den meine Mutter über mehrere Jahre getragen hat, und Rabanne Black XS, lange Zeit ein Liebling meines Mannes. Es geht also anscheinend sogar damit, wenn die Parfumeure das richtige Händchen dafür haben.
Und was lernen wir daraus? Richtig. Dass wir doch vieles mehr testen sollten und keinen Duft aufgrund offenbar unschöner Inhaltsstoffe ausschließen sollten. Wir könnten dadurch nämlich so einiges verpassen. Ich bin so froh, dass ich Succubus nicht verpasst habe, sondern ihn jetzt mit Wonne genießen kann. Und Cashmeran ist hiermit ebenfalls von der Liste der ungeliebten Duftnoten gestrichen worden.
Und ihr so?
Bildnachweis: Microsoft Designer (oben), CHAT GPT (unten).

Allerdings kann ich gerade Cashmeran- Bedenken gut nachvollziehen! Das kann schon schlimm Düfte versauen.
aber schön wenn er dir gefällt
Vermutlich macht die Menge, die Qualität und die Verwobenheit eines Inhaltsstoffes aus, ob top oder flop: wer kennt nicht diese künstliche Autobäumchenvanille, stechende Fruchtigkeit, bohrende Tonkasüße oder das Überzuviel von künstlichem Oud? Aber das weiß man nicht vorher.
Ja, am besten probiert man alles. Aber wohin führt das? Man kommt nie zum Ende und gerät in Streß (ich weiß, wovon ich rede 😅 ).
Aber ich hab ja auch noch andere Problemnoten. Ganz vorne: Patchouli. (Gerade heute teste ich wieder einen, von dem ich glaube, er hat's im Fond, und zwar ungelistet, verdorri!) Funktioniert GAR nicht auf meiner Haut und auch gar nicht für meine Nase. Und doch besitze ich inzwischen einen Duft, wo's in der Pyramide steht. An ganz seltenen Tagen, wenn ich morgens meine Flakons abschnuppere, meine ich auch, es doch hauchfein wahrzunehmen. Dann stört es mich sogar. Aber die allermeiste Zeit rieche ich es einfach nicht im Black Opium Le Parfum... Erstaunlich.
Ich teste artig weiter. Fast immer bestätigen sich die Befürchtungen. Fast ;-)
Allerdings sind mir gestern in der Fußgängerzone dreimal kurz hintereinander Leute mit überdosierten, lauten, schrillen Kunstoud-Ambrocenide-Bomben unangenehm nahgekommen. Das hat sich so extrem in der Nase festgebissen, damit werde ich mich nie anfreunden können.
Generell habe ich null Probleme mit synthetischen Duftstoffen. Ein Parfüm muss mich einfach einnehmen und begeistern, da sind mir die Inhaltsstoffe erst einmal egal. Wir können doch froh sein, dass es Chemiker gibt, die es schaffen naturidentische Riechstoffe zu erschaffen, wenn wir mal in Richtung Tierwohl und Artenschutz denken.
Früher war für mich Iris eine schlimme Duftnote. Durch Oud Marrakech wurde ich eines Besseren belehrt. Nun habe ich mich dieser wunderbaren Pflanze immer mehr genähert und mag sie von der Wurzel über die Blüte bis zur Butter.
Schwierigkeiten habe ich allerdings nach wie vor mit Vanille und Tonkabohne wenn sie in der Basis zu vordergründig oder sogar tonangebend sind. Da reagiere ich leider körperlich mit Kopfschmerzen.
Wenn gut gemacht, hab ich mit Aromatik aus dem Labor keine Probleme.
Wie schön, dass du noch einen ergattert hast. Erst letzte Woche habe ich an einem Duft herumgerochen, der zwar ungelistet aber doch wahrnehmbar Ambroxan enthielt. Nicht um sinnlos Lautstärke zu pushen, sondern um fein dosiert dem Duft ein "Schweben" zu verpassen.
Es ist in der Tat häufig nicht der Stoff an sich sondern der Umgang damit der den Ton macht. Wobei ich glaube, dass die sich verbreitende Ablehnung insbesonders gegen synthetische Riechstoffe häufig damit zusammenhängt, dass zeitgeistkonform oft so kunstlos und Gewinnspanne optimierend damit umgegangen wird.
Muss mir allerdings direkt selbst widersprechen: Ein Parfum, das (offenbar) Ambrocenide enthält, würde ich zumindest nicht auf die Liste packen. Meine Ausnahme. Selbst wenn ich es nicht riechen würde, weiß ich ja, dass das so viele Träger nerviger Stechwolken auch nicht tun. Da hätte ich Paranoia, dass ich auch der ahnungslose Elefant im Raum bzw. Porzellanladen wäre, der selbigen verpestet. Was ich nicht hätte, ist hingegen das Gefühl, etwas zu verpassen. Dafür ist die Überauswahl bereits jetzt zu uferlos und muss irgendwie zumindest grob gefiltert werden. Ich kann/muss nicht alles kennenlernen. Meine Merkliste hat auch so schon die 900 überschritten. Zufällig überrascht wird man immer noch nebenbei.
Dieser Duft ist allerdings mit ganz feinem Händchen gemacht und sehr, sehr leise bis subtil. Das ist schon etwas anderes, als so mancher Ballercashmeranduft....
Und die Parallele zum LebenAnSich unterschreibe ich eh - wider dem diesmal ekligen Zeitgeist bitte unvoreingenommen, neugierig, weltoffen und Vielfalt bejahend sein…!
Gackern ist doch nie schlecht :-).
Danke für deine Eindrücke :-).
Genau, ich hatte es schon nach dem ersten Test gerochen und wie du so schön sagst, konnte ich es dann nicht mehr ausblenden. Es hält auch über Tage z.B. in meinem Kopfkissen.
Desweiteren habe ich Cashmeran sogar pur bei mir im Schrank stehen. Und das Zeug duftet, der Parfumo würde beastmodet sagen. Nur nicht schimmelig oder nach Obi Sägemehl. Wie war das mit den unterschiedlichen Nasen … Und ich meine nicht krumm oder Adlernase. Mehr so wie Weichspüler hoch drei, pardon auf Steroiden heisst das hier ja korrekt. Also das Cashmeran, nicht die Nase.
Und üblicherweise finde ich das Zeug pfui und werte das auch gerne als Ausschlusskriterium. Gerne. Nicht immer. Da sind wir wieder bei Punkt 1. Das mit dem Agree-en.
Und, was das Gehirn so liest. "Dank einer besonders wertvollen Parfuma .." 🫢☺️
Ich agree-e auch mit.
Ein paar Noten gibt es, die für mich oft (!) schwierig sind, unter anderem etwa Feige oder Cypriol. Aber in einzelnen meiner Liebsten sind genau die drin...
Und ich bin sehr froh über meinen Succubus, den ich im Oktober 2024 noch regulär bekommen hatte.