Precious
Precious’ Blog
vor 10 Jahren - 25.01.2014
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Der Duft, der die Seele berührt...

Hier nochmals ein Auszug aus dem Buch PARFUM - Der Traum im Flakon von J. Stephan Jellinek.

Da ich dieses Buch sehr schätze, teile ich gern einen Auszug aus diesem Buch mit allen Parfumliebhabern auf Parfumo. Ich hoffe, Ihr mögt den Text ebenso wie ich.

"Der Duft, der die Seele berührt, ist vielleicht die einfachste und die reinste Freude, die wir kennen.
Denken Sie an das kühl fruchtige Aroma einer frisch aufgeblühten Rose an einem Sommermorgen. Denken Sie an die berauschende Duftfülle des Jasmin in einer lauen Nacht in südlichen Gärten. Denken Sie an die prickelnde Würze von Humus und Fichtennadeln im herbstlichen Wald und an die staubig harzige Süße von frisch gesägtem Holz auf einer sonnigen Lichtung. Erinnern Sie sich an das uralte Mysterium des Weihrauchs, das Sie beim Betreten einer alten Kirche umfängt, an den Rauch von Holzfeuer an einem Regentag, der Sie in das Bergdorf Ihres Jugendsommer zurückversetzt...
Dufterlebnisse sind flüchtig, gewichtlos, schnell verhaucht, und doch berühren sie uns tief und hinterlassen ein seltsames Glücksgefühl. Es ist, als hielte die Zeit einen Augenblick den Atem an und als wäre das, was uns der Duft in diesem Augenblick sagt, das Wichtigste der Welt.
Aus der Erinnerung an solche Erlebnisse webt der Parfümeur seine Parfums, zarte wortlose Gedichte, strahlende Blütenflammen, dunkel schillernde Traumgebilde. Ein Parfum verwenden heißt, den Zauber einer Duftschöpfung mit dem eigenen Wesen verschmelzen. Auf Ihrer Haut wird die Kreation des Parfümeurs zum modischen Accessoire und zum Komplizen der Verführung, wird seine Inspiration zum Ausdruck Ihrer geheimsten Träume, werden die Tropfen aus dem kostbaren Flakon zu Ihrer ganz persönlichen Aura.
Die Kunst, mit Duft umzugehen, kann Ihr Leben wunderbar bereichern, doch sie wird nirgendwo gelehrt. Sie erfordert kein technisches Wissen und keine hochgeschulte Nase, wohl aber Liebe und den Willen, die Düfte auf sich einwirken zu lassen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
Wir tragen Parfum an der Oberfläche der Haut, genau dort, wo sich unter Körper und die Welt, die uns umgibt, berühren. Von dieser Stelle strahlt der Duft in zwei Richtungen: in die Welt hinaus und in uns selbst hinein.
Die Ausstrahlung nach außen findet ganz konkret statt: Moleküle, kleinste Teilchen des Duftes verlassen ständig die Hautoberfläche und werden mit der Atemluft von den Menschen in unserer Umgebung aufgenommen und wahrgenommen. So wird das Parfum eine unsichtbare Brücke, die wir zu den Menschen schlagen und ein lautloser Lockruf, mit dem wir sie ansprechen.
Die Ausstrahlung nach innen kommt durch unsere eigene bewußte oder unbewußte Wahrnehmung des Duftes zustande, und durch unser Bewußtsein, das Parfum verwendet zu haben. Auch wenn wir selbst den Duft bald nach dem Auftragen kaum noch bewußt wahrnehmen, so wirkt er doch noch lange nach. Er wirkt auf unsere Stimmung, auf unsere Selbstsicherheit und auf die Freude an unserem Körper.
Jede Veränderung, die wir an der Hautoberläche vornehmen, hat diese zweifache Ausstrahlung - so auch unsere Kleidung und das Make-Up, das wir verwenden. Deshalb haben Duft, Mode und Make-Up psychologisch vieles gemeinsam. Aber der Duft verschmilzt im konkreten Sinn enger mit dem Körper und in der Empfindung fester mit dem Wesen des Trägers als die Mode. Er verbindet sich enger mit dem Körper, denn wir können ihn nicht mehr ohne Weiteres ablegen; unsere Körperchemie wirkt auf ihn ein und macht ihn zu unserem ganz persönlichen Attribut. Und er verschmilzt in unserer Empfindung fester mit dem Wesen des Trägers, denn wir empfinden die Eindrücke unserer Nase mehr ganzheitlich und emotional als die kühl-analytischen Wahrnehmungen des Auges." (Text J. Stephan Jellinek)

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