Precious
Precious’ Blog
vor 10 Jahren - 19.01.2014
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Die Düfte meiner Kindheit

Wenn ich mich frage, wann genau meine Liebe zu schönen Düften begonnen hat, so fällt mir sofort der wohlriechende, italienischen Körperpuder Azzurra Paglieri ein, den meine Mutter regelmäßig kaufte als wir Kinder noch klein waren. Auch eine Reihe von feinen Seifen der Firma Roger & Gallet sind mir im Gedächtnis geblieben, mit der wir uns alle so gerne wuschen.
Damals gab es eine feine "Indische Blumenseife", die köstlich roch und heute leider nicht mehr erhältlich ist. Ich vermisse sie wirklich sehr. Von seinen Geschäftsreisen in Spanien, brachte mein Vater stets einen 6er Pack Maja-Seife mit, in die wir am liebsten hineingebissen hätte, so sehr gefiel uns der herb-verführerische Duft. Auch die Verpackung in schwarzem Seidenpapier ließ diese feine Seife besonders luxuriös erscheinen und die schöne Spanierin, mit ihrem leuchtend roten Kleid und dem Fächer in der Hand, die auf der Geschenkpackung abgebildet war, gab uns damals das Gefühl, etwas ganz Kostbares, ja benah Exotisches, zu besitzen.

Maja-Seife ist heute in guten Drogeriemärkten und Kaufhäusern erhältlich u. keine seltene Kostbarkeit mehr, wie damals als ich Kind war. Da konnte man sie nur im Herstellungsland erwerben. Aber gerade das machte ein solches Produkt auch so reizvoll. Die Nasen der Menschen waren in den 70er Jahren noch nicht so verwöhnt wie heute, wo man fast schon ein bisschen abgestumpft ist, weil es überall halbwegs nett duftet. Es gab auch keine Drogeriemärkte, wo man nach Lust und Laune viele Produkte testen kann und sich selbst bedient, sondern man ging gezielt in eine Drogerie und ließ sich beraten. In der Drogerie meiner Heimatstadt waren Verkäufer und Kunde durch einen Counter aus schwerem Holz voneinander getrennt.

Wenn ich daran denke, werde ich fast etwas wehmütig. Die einzelnen Produkte erschienen dadurch so viel wertvoller u. bedeutender. Häufig wurden sie nach dem Kauf noch in seidiges Papier gewickelt und man trug die erworbenen Dinge ganz stolz nach Hause. Egal ob Deo, Seife, Creme oder Lippenstift, jeder Kauf war ein kleines Abenteuer. Die junge Verkäuferin in diesem Laden hatte es mir besonders angetan. Sie war eine hübsche, aparte junge Frau mit dickem kupferroten Haar, das sie häufig zu einem schönen Zopf geflochten hatte. Sie trug einen strahlend weißen, gestärkten Kittel und sie war die beste Verkäuferin, die man sich vorstellen konnte. Sie hatte ein Talent Menschen Ware zu verkaufen, als hätten sie Edelsteine erworben. Alles was sie in die Hand nahm, wurde wertvoll.
Ich erinnere mich bis heute daran, wie sie meiner Mutter und mir eine Sonnencreme für unseren bevorstehenden Badeurlaub in Italien verkaufte. Ich weiß noch genau wie bezaubernd die Creme roch, die sie auf ihrem Handrücken verteilte, um uns zu zeigen, wie schön die Creme in die Haut einzieht. Wie sehr sie uns davon abriet, Sonnenöl zu verwenden, weil dadurch die Haut in der Hitze zu sehr gebrutzelt u. geschädigt würde. Meine Mutter und ich hörten ihr aufmerksam zu, kauften die von ihr empfohlene, duftende Creme und freuten uns riesig auf den bevorstehenden Urlaub am Meer.

Heute sausen wir durch die diversen Kaufhäuser und Drogeriemärkte, bedienen uns selbst und legen die Ware in den Korb, um sie später zur Kasse zu bringen. Kein einziges Wort muss gesprochen werden und alles verläuft recht anonym. Die Drogerie meiner Kindheit hatte drei Stufen bis zur Tür und wenn man sie öffnete, ertönte eine angenehme Klingel, dann erschien entweder der freundliche Besitzer oder eben das nette, rothaarige Fräulein. Der Kunde war König und tauchte ein in eine wohlriechende Welt, die mir wie ein kleines Schlaraffenland erschien. Es duftete und das dunkle edle Holz der vielen Regale ließ alles sehr seriös erscheinen, fast einer Apotheke gleich. Man brauchte beinah ein wenig Mut, um diesen kleinen, intimen Laden zu betreten. Ich kaufte mir dort als Zehnjährige meinen ersten Lippenpflegestift. Ich habe seinen Duft noch immer in der Nase, sobald ich mich darauf konzentriere. Es war eine andere Zeit u. so wie sich die Zeiten über die Jahre ändern, so ändern wir uns fast unmerklich mit ihnen.
Diese Drogerie meiner Heimatstadt gibt es schon lange nicht mehr. Viele verschiedenste Läden zogen in die renovierten Räume ein und aus, doch ich werde sie wohl niemals vergessen. Das besagte Fräulein mit dem schönen Haar besitzt nun eine eigene Parfümerie voller betörender Luxusdüfte und bedient kaum mehr selbst. Und wie es so ist, die alten Zeiten lassen sich nicht festhalten, aber sie bleiben eine Erinnerung. Auf jeden Fall weiß ich, dass der wunderbare Körperpuder von Paglieri meine Duftvorlieben stark beeinflusst hat und ich stets auf der Suche nach Parfums war, die eine Ähnlichkeit zu ihm aufwiesen. Irgendein Hauch Duft, der mich an diesen Puder denken ließ. Selbstverständlich verwende ich immer noch dieses herrliche Produkt, obwohl ich den Eindruck habe, dass es sich in den vielen Jahren ebenfalls ein wenig verändert hat und nicht mehr ganz so großartig riecht wie in meiner Kindheit.

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