RoMi58

RoMi58

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6 - 10 von 29
RoMi58 vor 8 Jahren 14 6
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Morgenbrise am Gewürzmarkt in London
Meine späte und zögerlich- lange Düfte- Sozialisation begann nicht mit Parfüm, sondern zu Studentenzeiten mit dem Deostick von Old Spice und später - schon junger Vater - mit Duftlämpchen und ätherischen Ölen von Primavera. Wieder später dann erste Eau de Toilettes von einem kleinen Bioversand (den es, glaube ich, nicht mehr gibt), nochmal später entdeckte ich über eine Anzeige „The English Scent“ (aus dieser Zeit habe ich noch einen feinen Restbestand), nach einiger Zeit dann im Internet auf der Suche nach Biodüften diejenigen von Ayala Moriel (schön, sehr teuer), irgendwann landete ich dann bei Nischenortimenten wie dem von „Aus Liebe zum Duft“ und schließlich fand ich glücklicherweise auf der Suche nach Duftinformationen Parfumo.

Inzwischen schätze ich manche deutlich synthetische Düfte (aus meiner Sammlung ordne ich z.B. Bosque, Cozumel und Salina hier ein), aber ein Faible für das vielschichtige Aquarell- artige Gewebe der „natürlichen“ Düfte blieb und bleibt mir wohl. Wenn ein Duft aus ausschließlich natürlichen Aromen - um einen solchen soll es sich hier laut Info des Londoner Parfümeurs Timothy Han glaubhaft handeln - dann auch noch nicht im üblichen Bio- Barock daherkommt, sondern modern und urban wie „She Came To Stay“, dann finde ich das Konzept so sympathisch und spannend, dass ich nicht widerstehen kann:

Der noch junge Parfümeur hat bei der Umsetzung des künstlerischen Konzepts vielleicht ein klein wenig übertrieben: Der stabile, schöne und sauber gearbeitete Umkarton ist für den hübschen 50 ml- Flacon ein bisschen überdimensioniert. (Entsprechend wird der zweite und später erschienene Duft von Timothy Han: „On The Road“ schon in einem etwas kleineren Karton mit 60 ml- Flacon geliefert, da passen die Proportionen schon eher.) Den Umkarton zieren künstlerische Darstellungen von in sich gebrochenen Mimiken schöner individueller menschlicher Antlitze. Der Name des Duftes verweist auf den gleichnamigen Roman von Simone de Beauvoir, der Konzepte menschlichen Zusammenlebens, menschlicher Freiheit und Individualität auslotet. Ein Duft des Unterstreichens unterschiedlicher menschlicher Individualitäten also soll das sein.

Ein aufgedruckter Hinweis warnt vor der möglichen Allergenität von Eichenmoos.

Positive Erwartungshaltung führt oft zu Enttäuschung, hier aber nicht. Der Duft gewinnt mich vom ersten Moment an: Eine warme, würzige Brise umfängt mich, vermischt mit dezent zitrisch- minziger Kühle. Da ist etwas sehr fein zurückhaltend Minziges, Krautiges, da sind warme Gewürze und Spezereien und da ist schließlich eine zarte, angenehme Bitternis, die den Duft abrundet und schärft und ohne die er nicht komplett wäre. Es dauert eine Weile, bis mein Kopfkino anspringt und Bilder auftauchen: Es sind die eines Gewürzmarktes, der mich in seine runden, warmen Düfte einhüllt (Nelken, Muskat….), darüber weht eine kühler herber Hauch grüner Kräuter (Rosengeranie und Basilikum), und darunter als feine Erdung die Kistchen aus Holz, in denen die Spezereien dargeboten werden sowie Bitterkräuter (Eichenmoos), die alles abrunden und verdaulich machen. Diesen luftigen Gewürzmarkt im frischen Morgentau nehme ich von Anfang an als komplettes Duftgemälde wahr, im weiteren Verlauf schärft sich das eine oder andere Detail, aber einen zeitlichen Ablauf hintereinander aufscheinender Noten erkenne nicht. Die Gewürze sind warm und trocken, wohlausgewogen, ohne Süße, das Basilikum und die Rosengeranie frisch und grün mit einer zitrischen Note, die Hölzer weich und das Eichenmoos dezent, zurückhaltend und elegant. Dieser saubere, feine Gewürzmarkt ist so einladend und herrlich, dass ich ihn jeden Tag besuchen könnte. Erstmals überhaupt finde ich es schade, dass es keinen größeren (und damit etwas preisgünstigeren) Flacon gibt!

Mir bekannte ähnlich Düfte: Auf halbem Weg von „Semma“ (Odin New York, steht für die warmen Gewürze) hin zu „Jacques Zolty“ (steht für den herben Fougère- Akkord) könnte man „She Came To Stay“ begegnen. Aber „She Came To Stay“ ist eigenständig: Warm und kühl zugleich, schmeichelnd und fein- herb, wohltuend ausgewogen, urban, dezent und elegant. Unisex. Für viele Gelegenheiten. Eigenständig, doch wenig polarisierend und daher individuell anpassungsfähig (als Bezug zum Konzept).

Den natürlichen Ingredienzien geschuldet kein Sillage- und Haltbarkeitsmonster, aber auch nicht enttäuschend. Wenn das Duftgemälde über den Tag hin nicht verblassen soll, tut einmaliges Nachsprühen gut. Der Flacon ist geradlinig, hübsch, handlich, die Metall- Kunststoff- Compound- Kappe benutze ich gerne und so, dass der Pegel im Flacon leider schon sichtbar sinkt! „She Came To Stay“ - oh yes, please keep staying with me!
6 Antworten
RoMi58 vor 8 Jahren 15 6
10
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
9
Duft
Flechte und Stein - Mineral und Leben
Pale Grey Mountain, Small Black Lake enttäuschte mich zunächst. Während mich aus der HYLNDS- Serie beispielsweise Spirit of the Glen sofort begeisterte, sich sofort erschloss, blieb Pale Grey Montain, Small Black Lake sperrig und blass. Nach und nach aber wendet sich das Blatt: Bleibt Spirit of the Glen langfristig eindimensional und verliert an Spannung, so schillert Pale Grey Montain, Small Black Lake unentwegt wie ein Ölfilm, dunkelbunt, changierend und interessant. Immer wieder wittert die Nase, schnuppere ich am Handgelenk, versuche den Duft zu erfassen, zu verstehen und kann ihn doch nur schwer beschreiben:

Schade, dass Düfte nicht blind „verkostet“ werden, ohne Kenntnis des Namens! Aber auch ohne dessen Kenntnis hätte ich diesem hier wohl die Farbe „grau“ zugeordnet: Ein dunkles, wolliges Schwarzgrau, Steingrau, je nach Lichteinfall auch gelegentlich mit einem Schimmer Dunkelsmaragdmoosgrün und Dunkelviolettblau. Beim Versuch einer unvoreingenommenen Duftwahrnehmung durch Ausblenden der vorgegebenen Duftbeschreibung / Duftpyramide assoziiere ich: Mineralisches, Metallisches, Erdiges, Isländisches Moos, holziges Bitterkraut, herbe Blüten, Magenbitter vielleicht. Geröllfeld. Dunkle Heidefläche - karg blühend, ein paar Honigbienen.

Komisches Bild für ein Parfüm: Ich stelle mir eine Männerhand vor, Hand eines Metallarbeiters, nach der Arbeit sorgfältig mit einer Kräuterseife gewaschen - jetzt duftet sie sympathisch nach Resten von Metall und Schmieröl, vermischt mit holziger moosiger Seifensauberkeit und -frische.

Ein archaischer Duft. Weckt Fougère- Assoziationen: Kein Lavendel, stattdessen aber „Heidekraut, Sumpfveilchen, Beerenblüte“ - kein Eichenmoos, aber „Flechte“ und „feuchter Stein“. Ich finde: Variante eines Fougère- Akkords.

Ist das nun schön? Für mich: Ja, unbedingt! Vertraut, vertrauenweckend, rauh, klar, ehrlich, spannend. Stein und Flechte. Mineral und Leben.

Klar: Ein Konzeptduft! Nicht geeignet für den jungen Disco- oder Clubbesucher oder für die abendliche Verführung. Keine brillierende Eleganz. Zu tragen, nicht um zu gefallen oder aufzufallen, sondern weil ER gefällt. Für mich (zugegeben kein Jüngling mehr) ein hoch zu schätzender Begleiter für Alltag und Muße, interessant wie ein guter Freund und Dialogpartner, herb, unaufgeregt, gelassen, erdend, heilsam. Wie ein warmer, schwerer Handschmeichlerstein aus Granit mit natürlicher, rauher Oberfläche. Ich hätte ihn eher für maskulin gehalten, aber es gibt weibliche Parfumas mit tollen, individuellen Sammlungen…. diese umgeben sich sicher auch wunderbar mit PGM,SBL ;-)

Sillage: zurückhaltend. Haltbarkeit: zurückhaltend, nach 4 Std. verblassend. Preis: hoch (steht nicht für Haltbarkeit oder Sillage, aber für Außergewöhnlichkeit und Besonderheit des Duftes). Flacon: Sehr ästhetisch proportioniert, schwere, perfekt sitzende Kunststoffkappe.
6 Antworten
RoMi58 vor 9 Jahren 6 1
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9.5
Duft
Jahre später - oder: La Immortelle
Habt Ihr an dieser Stelle weiter unten den kleinen Romanausschnitt von Meggi („Am Neujahrsmorgen“) gelesen? Hier die Fortsetzung, einige Seiten später:

Spätsommersonnenwärme ruhte auf beiden. IHR Kopf an seiner Schulter, Sonnenglanz auf ihrem duftigen Haar. Gerade hatte er am Cognacschwenker geschnuppert - nein, mit dem ersten Schluck wollte er warten, bis sie aufwachen würde, mit ihrem Pflaumenweingläschen mit ihm anstoßen könnte.

Sie waren von einem ausgedehnten Nachmittagsspaziergang im Bergwald zurück. Das trockene, gelbe Laub der Bergahornbäume hatte zu fallen begonnen, ihrer beider Schritte hatten im Laub geraschelt und er erinnerte wohlig den Duft der trockenen Herbstblätter und des Waldbodens. Die Ahornbäume ließen seine Gedanken schweifen - die Indianer Nordamerikas hatten die Kunst erfunden, aus Ahorn einen süßen Sirup zu gewinnen. Wie freigiebig die Natur sein konnte und wie scharfsinnig der Mensch, daraus Gutes zu gewinnen! Der Geschmack eines trockenen Stücks Hefezopf - er mochte derlei sehr - sparsam bestrichen mit ein wenig von dem herbsüßen Wald- und Edelkastanienhonig, den er so schätzte, lag noch als Erinnerung in seinem Mund. Von den längst kurzgeschnittenen Mahdwiesen etwas unterhalb schien ihm ein Rest von Heuduft heraufzuwehen.

Sie hatten diese gemütliche alleinstehende Hütte, auf halber Höhe in den Bergen, für ein paar sonnige Spätsommer- oder Frühherbsttage nur zu zweit gemietet. Jetzt ließ die kräftige Sonne von der warmen, mit Holzschindeln verkleideten Wand, an die beide sich auf einer rauh gezimmerten Holzbank sitzend anlehnten, und von Bank und Tisch das Aroma von verwittertem, alten Holz frei werden. Auf der Tischplatte verstreut lag eine großes Bündel frisch getrockneter Strohblumen, deren kräftiger blumig- herber Duft sich wunderbar mit Cognac, Pflaumenwein, Herbstlaub, Heu und mit der Erinnerung an Kuchen und Kastanienhonig vermischte. SIE wollte daraus später Sträuße zum Schmuck der Hütte binden. Ihr Kopf war tiefer gesunken, auf seine Brust. Vorfreude auf den Abend mit ihr am Kaminfeuer! Sie blinzelte. Ein Sonnenstrahl betonte ihre Lachfältchen. Er strich ihr eine Strähne aus der Stirn. Manche Dinge blieben eben einfach.

(P.S.: Ähnliche Düfte: Bullion - wegen des Pflaumenweins, ist aber nach meiner Erinnerung monothematischer und synthetischer. Chambre Noir - auch wegen der Pflaumennote und des Kuschelfaktors, versetzt mich aber eher in eine abendliche Ledersesselgarnitur einer schönen Hotellounge, schön, aber nicht so meine Welt. Spirit of the Glen, vermittelt einen ähnlichen Eindruck von Natur, wohliger trockener Wärme und Geborgenheit; Verwandschaft von Cognac- und Whiskey- Note? Rudis - der ebenso wie Bullion und Chambre Noir noch eine Ledernote besitzt, die bei Immortal Beloved fehlt und hier eher durch Stroh oder trockenes Holz ersetzt wird.

P.S. 2: Für mich ist das Wortspiel im Name: „Immortal -- Immortelle“ kein Zufall. Einem Fläschchen Immortelle - Duftöl von Primavera entströmt ein Aroma, das meines Erachtens einem gerüstbildenden Bestandteil von Immortal Beloved sehr ähnlich ist! Die neue Website von Ys Uzac listet als Duftbausteine aber lediglich: Cognac, Plum, Amber, Woods, Pepper. Das kann doch nicht Alles sein, oder?

P.S. 3: Sehr schöne Duftentwicklung von trockener, mild- süßer Fruchtigkeit zu Stunden später leicht rauchiger Holzigkeit.

P.S. 4: Übrigens: Dieselben Duftkomponenten, die Meggi inspiriert hatten, haben in mir teils ganz andere Assoziationen geweckt! Zu guter Letzt: Meine Frau, aller alkoholischen Getränke abhold, mag Immortal Beloved an mir! … und ich würde ihn an ihr auch mögen!)
1 Antwort
RoMi58 vor 9 Jahren 22 12
10
Sillage
3
Duft
Kandiertes Allerlei im Puderzuckergrab!
Mein erster Amouage- Test! Hatte mich sehr auf die Probe gefreut und war nach den vielen positiven Kommentaren sehr gespannt auf das Erlebnis eines edlen Duftes. Zumal ich mit dem Oman, woher der Duft ja stammt, sonnig- duftige schöne (Weihrauch-) Erinnerungen verbinde. Gleich nach dem Auspacken aber der Teststreifenschock: Leichte Übelkeit! Pappige Süße und irgendetwas Bitteres! Erst mal auf die Seite gelegt - später nochmal geschnuppert: Dasselbe!

Wenn ein Duft so positiv besprochen wird, muss er doch gut sein!!! Nach einer Woche Warten an einem ruhigen kontemplativen Nachmittag daher der Hauttest: Vorsichtig, nur ein Sprühstoß aus dem Testsprüher: Leider dasselbe: Eine kräftige Duftwolke von etwas Blumig- Fruchtig- Krautig- Bitterem (wahrscheinlich kandierter Lavendel, kandierte Orange, die ich eher für Grapefruit gehalten hätte, und kandierter Muskatellersalbei) und diese dann partiell erstickt und begraben unter einer zähflüssigen monomorphen Puderzuckergußmasse! Immerhin ist die bittere Krautig- Fruchtigkeit so penetrant, dass sie sich durch die Zuckergussversiegelung noch einen Weg bahnen kann. Vanille, Tonkabohne und Zeder (die ich alle gerne mag!) konnte ich dagegen in all der Süße nicht recht wahrnehmen. Eigentlich mag ich bittere Süße, z.B. bittere Schokolade, aber dieses Dufterlebnis hier katapultiert mich auf eine Sommerkirmes, eingeklemmt zwischen Zuckerwatte und klebrige Kräuterbonbons. Das kann man sicher auch mögen!

Leider hielt ich diese Wolke nach etwa 45 Minuten nicht länger aus und wusch sie ab. Mir war zu diesem Zeitpunkt leicht übel - wie nach dem Verspeisen eines zu großen Stücks einer zu fetten und viel zu stark gezuckerten Orangen- Lavendel- Muskatellersalbei- Buttercremetorte. Bis dahin bemerkte ich keine Duftentwicklung, den weiteren Duftverlauf kann ich leider nicht kommentieren.

Ich bitte die Parfumo- Community recht herzlich, nun nicht exkommuniziert oder gesteinigt zu werden, aber die Ästhetik dieses Dufts erschließt sich mir persönlich einfach nicht: Barocke Allerlei- Opulenz, aber keine Eleganz. Vielleicht für Liebhaber, die es etwas güldener, süßer, kräftiger und schriller lieben, eher für Cola- (nicht die Light- Varianten!) oder Martini- Trinker als für Grüntee- Genießer?

(Um Missverständnisse zu vermeiden: Ich kenne wahrscheinlich eine ganze Reihe von Menschen, die gerne Cola oder Martini trinken oder gerne Buttercremetorte essen, und diese sind mir lieb und teuer und haben nicht unbedingt einen schlechten Geschmack! Nur für mich ist das hier halt nichts!)
12 Antworten
RoMi58 vor 9 Jahren 24 4
7.5
Sillage
5
Haltbarkeit
9
Duft
Taufrische Bitterblüten
Der spontane Kauf eines ganzen Flacons Foxglove rührt daher, dass mir meine kleine 2 ml- Probe gleich am ersten Testtag irgendwo beim Bücken aus der Brusttasche des Hemdes gefallen sein muss und verloren ging. So sehr hatte mich dieser Duft bis dahin bereits bezirzt, dass ich die verlorengegangene Probe (schwierig zu beschaffen) einfach durch einen Flacon ersetzen musste! Andernfalls hätte es auch ein anderer Flacon der Hylnds- Duftserie werden können, aus der mir eine Komposition besser gefällt als die andere (ich weiß nur nicht welche besser als welche…. :-))

Mein erster und bleibender Eindruck: ein herb- krautiger, vegetativer Blütenduft, seifig - frisch. Gut Herren- tauglich (wie auch Bitter Rose Broken Spear und Isle Ryder aus derselben Serie herrlich florale Unisex- Düfte sind). Helle lebendige unsüße Blüten, etwas herb- frisch Zitrisches, etwas Krautiges, eine Spur Immortelle - das konnte ich herausriechen. Fürs weitere Entziffern muss ich die angegebene Duftpyramide zu Hilfe nehmen: Wobei ich „Pyramide“ bezweifle: So klar kann ich hier Kopf-, Herz- und Basisnoten nicht trennen, der Duft ändert sich im Verlauf kaum. Rosenholz? - Ja, dieses seltsam adstringierend- blumig- holzig duftende Aromaöl, das in höheren Konzentrationen ein wenig Kopfschmerzen machen kann, das kann ich gut nachvollziehen, aber sanft im Hintergrund! Zitronenschale: Verantwortlich für die herbe, fast bittere, dezente Zitrusnote! Iris, Neroli, Champaka… da sind sie, die Blüten: hell, klar, frisch. Wilde Möhre ist wohl das, was ich als krautig- erdig empfinde und Immortelle ist hier nicht gourmandig, nicht Curry- artig oder Ahornsirup- artig (wie sonst oft), die Immortelle wirkt hier eher, als habe sie beim Trocknen auf dem Trockenblumen- und Heuboden neben einem Büschel Minze gehangen und sie gibt dem Duft Tiefe und Schliff. Pfirsichschale hätte meine Nase nicht herausdestillieren können, aber ein bisschen frische weiße Frucht ist tatsächlich wahrnehmbar und die Basis mag tatsächlich durch ein wenig pflanzlich gegerbtes Leder grundiert und gestrafft sein (draufgekommen wäre ich aber nicht…).

Alles zusammen ergibt eine blütenweiche und doch wunderbar herbe, frische, trotz der teils „südlichen“ Zutaten „nordisch“ anmutende, natürlich rein und klar wirkende Komposition. Wäre „Foxglove“ kein Duft, sondern ein Wein geworden, dann ein gut gekühlter, trockener leichter Chablis! Ein Spaziergang in der kühlen Frühsommermorgendämmerung. Tau- glitzernde Wiesenmatten in den Highlands. Geißblattranken in den Büschen und Bäumen haben nachts Blütenduftschwaden verströmt, die der feine Morgennebel gespeichert hat. Leider hält diese olfaktorische Morgenduftfrischestimmung nur etwa 4-6 Stunden an.

Etwas Vergleichbares ist mir bisher nicht begegnet - mit Ausnahme weiterer Düfte der Hylnds- Serie, die sich ähnlicher Harmonien und Melodien bedienen aber ganz unterschiedlich instrumentiert sind.

Die feine Ästhetik des Flacons - schweres Glas in klarer Form, gekrönt von einer wohlproportionierten, perfekt sitzenden und schwer in der Hand liegenden Verschlusskappe - passt großartig zum Duft. Schlicht der schönste Flacon in meiner Sammlung.

Foxglove, der rosa Fingerhut: In diese Blumengestalt verwandelt wacht seine Geliebte Nieve über dem Grab Oisins (so die Legende des irischen Mythos zum - amerikanischen - Duft, wenn ich das richtig verstanden habe).

Mir gefällt‘s ausnehmend gut! (Vielleicht auch jenen Parfumos, die ein Faible für „englische“ Düfte oder für Fougeres der sanfteren Art haben und gleichwohl Lust auf Experimentell- Neues.)
4 Antworten
6 - 10 von 29