RobGordon

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6 - 10 von 59
RobGordon vor 5 Jahren 19 12
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Bruder im Geiste!
Keine weiteren Erzählungen zum eigenen Stammbaum, wie der Titel womöglich verheißt. Duftnamen ringen uns gerne Urteile ab, die mit dem Inhalt wenig gemein haben.

Wir suchen in Düften, die das Prädikat "Oud" im Namen tragen gerne die Holznadel im Dufthaufen und dennoch erweist sich dieser Edelholz-Scheit gerne als scheues Reh. Somit muss auch nicht verwundern, wenn unglückliche Übersetzungen von "Cologne" immer wieder gerne zur Vorstellung allzu dünner Wässerchen führen.

Die Muglers wissen zu täuschen. Schon der kleine grüne Giftzwerg "Mugler Cologne" ist kein Cologne sondern liegt in EdT Konzentration vor und es muss daher auch nicht verwundern, wenn es sich bei beim "Hot Cologne" um ein EdP handelt, fernab von Kurzlebigkeit.

Somit wird das "Cologne" im Namen zum größten gemeinsamen Teiler der beiden Düfte, was mich zu diesem Titel bewegte. Der Preis der "Les Exceptions" Serie ist natürlich abgehoben, das macht den grünen Giftzwerg aber nicht automatisch zu einer Alternative.

"Hot Cologne" ist ein idealer Kompromiss für Duftfreunde, die mit Colognes nichts anfangen können. Er ist keine Sekunde lang seifig und hat auch das Strahlemann Moschus-Heck seines kleinen Bruders nicht. Neroli kann man mit der Lupe suche und dabei scheitern. Je nach Jahreszeit der Verwendung ist die Zitrone im Auftakt dominanter oder kurzlebiger.

Vor Petitgrain muss man sich nicht fürchten, ist es doch gerne Signalgeber für einen Altherrenduft. Hier hat es die Aufgabe die Kaffeenote frischgrün erscheinen zu lassen und das gelingt ausgesprochen gut. Ich würde gerne erwähnen, dass die Note "grüner Kaffee" eine kreative Idee des Mugler-Marketings ist. Weil selbst das Ergebnis kaltgefilterter geröstete Bohne, nicht nach Kaffee riecht sondern maximal nussig.

Würde man versuchen aus grünen Kaffeebohnen tatsächlich ein Absolue herzustellen, wäre das typische Kaffeearoma, das überhaupt erst durch Röstung + heißem Wasser entsteht, nicht gegeben. Neroli ist für mich ein Streichresultat, ebenso wie der Ingwer. Man kann sich das kurze Kitzeln nach dem Auftragen zwar als Ingwer imaginieren, ich habe hier einfach den Alkohol im Verdacht. Jedenfalls nichts das länger hervor sticht, um sich damit eingehend zu beschäftigen.

Im Grunde lebt auch dieser Duft vom beispielhaften Verlauf. Das macht für mich Düfte überhaupt erst aus der Masse hervorstechend, es stimmt die Dosierung aller Duftstoffe, ich habe nie den Eindruck mich mit einem künstlichem Karamell-Macciato angeschüttet zu haben und verneige mich vor dem ineinander fließen
von Petigrain und der richtigen Dosis Kaffee-Absolue [?] das im weiteren Verlauf durch subtile Betonung von Würze noch an Dichte gewinnt, ohne typisch klebrige Gourmand-Themen überhaupt zu strapazieren.

Auf Kardamom hätte ich hier selbst nicht getippt, mir fällt aber auch keine Alternative dazu ein. Die meisten Düfte mit deutlicherer Kardamom-Betonung die ich kenne, haben eine charakteristische Holzspäne-Aura, die mir hier gänzlich fehlt. Könnte natürlich auch als Staffel-Übernehmer dienen, einen Hauch frischer Einsprengsel von der Front in die Basis zu retten um die Idee des grünen Kaffees aufrecht zu erhalten.

Dem Flakondesign würde ich hinsichtlich praktischer Tauglichkeit eine 12/10 bescheinigen. Der Sprühkopf ist abschraubbar und dabei das Gewinde versenkt. Somit erscheint der Flakon wie aus einem Guss und dennoch ist sein Inhalt sehr leicht dekantierbar, sofern gewünscht. Mit seiner Metallumrahmung halt leider auch
ein Fingerabdruckmagnet.

Hot Cologne hat hier wenig Airplay. Ich habe in letzter Zeit mehrere kleine Abfüllungen davon verschenkt und der Duft kam immer gut an, ohne ein Feedback überhaupt einzufordern. Für mich auch ein Plus, dass man ihn das ganze Jahr über tragen kann und der Duft einen Arbeitstag auch im Sommer übersteht, selbst wenn er aus
dem eigenen Wahrnehmungsradar längst entschwunden ist.

Er hat etwas mehr Projektion als der hier mehr geschätzte "Over the Musk", dennoch kein Sillage-Monster. Beide stellen für mich trotz ihrer Schlichtheit den Gipfel dieser Serie dar. Hot Cologne ist als unisex gelistet und dort sehe ich ihn auch gut aufgehoben. Wer rein anhand des Auftakts urteilt, könnte versucht sein, diesen Mugler intuitiv in die Herrenabteilung zu schieben.

Fazit: Ein sehr kreativer Duft, dem, aufgrund seiner ausgesprochen guten Tragbarkeit, nicht die Gelegenheiten hinsichtlich Einsatz fehlen. Mit offensichtlich nicht ganz dem Prestige, das man sich in dieser Preisklasse wohl allzu gerne erwartet.

Ob Hot Cologne in unseren Breiten, die beste Vermarktungsstrategie, für diesen Duft ist und nicht ein allzu schnelles Vorurteil abringt, will ich nicht beurteilen müssen. Schon einmal hat Mugler einen Duft aufgrund der Umstände des Werbeträgers (Pistorius) umbenannt. Einen Teil des abgegebenen Namens für diesen Duft zu nehmen und somit "Hot Shot" zu taufen, wäre von einer Ironie, die zumindest mir sehr sympathisch erschiene.
12 Antworten
RobGordon vor 6 Jahren 33 13
6
Flakon
8
Haltbarkeit
8
Duft
Der Adler will nicht landen!
Als Kind besuchte ich gerne meinen Vater im Büro. Damit ich seinen Mitarbeitern nicht zu sehr auf den Sack ging, durfte ich das Zimmer meines Großvaters in Beschlag nehmen.

Er lebte nicht mehr und dennoch war alles so unaufgeräumt, als wenn er es gerade verlassen hätte. Dieses Gen trag ich auch in mir. 3 Dinge in diesem Zimmer werden mir immer in Erinnerung bleiben:

Eine Flasche Alkohol mit einem Apfel darauf, die, bevor ich sie entdeckte, noch ungeöffnet war. Damals wusste ich nicht was Calvados ist, aber ich wusste, warum der Füllstand mit jedem meiner Besuche weniger wurde. Ein Fall von Spontan-Verdunstung. In den Schreibtischladen (die Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte hatte er in meinem Augen wohl verwirkt) ein verrosteter Trommelrevolver von Grabungsarbeiten, wahrscheinlich aus einem der Weltkriege.

Sowie eine schwarze lederbezogene Box, die einen benutzten Elektrorasierer beherbergte. Dieser verströmte schon beim Öffnen der Box einen nicht einfach zu beschreibenden Duft, der im Bereich des Schutzgitters der rotierenden Klingen sein Duftmaximum fand.

Wie beschreibt man überhaupt einen Duft, für den eine Note verantwortlich zeichnen soll, von der nur wenige eine konkrete Vorstellung haben? Am besten gar nicht. Aber einen Versuch ist es wert.

Als ich die Abfüllung in Empfang nahm, roch ich lediglich an der Düse. Und jeweils mit einigen Tagen Abstand wiederholte ich diesen Vorgang immer wieder. Ich wusste von Beginn an, diesen Dufteindruck habe ich schon mal gerochen, wusste nur nicht wo und wann.

In diesem Fall musste ich sehr weit zurückgehen. Da war ich nun am Schreibtisch meines Großvaters. Die Box mit dem Elektrorasierer, von dem ich immer wieder die metallene Klingenschutzfolie abnahm und feststellen musste, dass der Rasierer sich wohl nicht von selbst reinigte. Und mein Großvater war wohl auch zu beschäftigt, um dieser Tätigkeit zu Lebzeiten nachzugehen.

Was ich damals, wie auch beim Testen dieses Duftes in der Nase hatte, war ein Akkord aus Nähmaschinenöl, das einen charakteristischen Duft entwickelt, wenn es durch Reibung erwärmt wird, abgerundet mit dem Hauch eines strengen Moschus-Rasierwassers, mit dezent mitschwingender Süße. Auf der Haut ebenfalls höchst linear.

Wer "Eaglewood" "blind" testet, wird nie auf die Idee kommen, hier von holzigen Noten zu sprechen, somit lässt sich der Eindruck über Holz eher schwer kommunizieren. Hätte Christi Meshell diesen Duft aus einem bestimmten Oud-Destillat erstellt, wäre Sie als Parfumeurin zur Abfüllerin degradiert. Es muss also nicht verwundern, dass es sich hier laut Parfumeurin, um eine Komposition mehrerer Oud-Destillate, aber dennoch ohne Pyramide, handelt.

Echtes Oud ist hier, einmal mehr, eine interessante Erfahrung, dennoch bleibt dieses für mich ein Problemstoff in der Parfumerie. Oud Chips zu verbrennen ist ein spannendes Ritual mit langer Tradition, in der Parfumerie für mich eher ein Hype, um höhere Preise zu rechtfertigen und das fast ausschließlich mit Substituten, für in Wirklichkeit kleines Geld aus dem Labor.

Die Haltbarkeit beträgt etwa 8 Stunden, den Projektionstest lass ich diesmal aus. Frau weigerte sich hier, sich hier für die Duftwissenschaft zur Verfügung zu stellen. Pantys regnet es nicht, evt. aber kantige Aschenbecher und Schwiegermutter-Vasen.

Animalische Noten haben manchmal neben ihren abstoßenden Eigenschaften auch etwas anziehendes. Das sehe ich hier erfüllt. Reicht aber nicht, um diesen Duft selbst tragen zu wollen. Dafür empfiehlt sich jedenfalls ein soziales Umfeld, welches das mit den anziehenden Eigenschaften ebenfalls sieht. Und es liegen Welten zwischen einen Duft mal gerne unter der Nase zu haben und ihn regelmäßig tragen zu wollen. Der Preis liegt übrigens bei 660$/50ml.

Dankbar bin ich der Parfumeurin, für den Ritt in die Vergangenheit und das in mir beim Testen aufkommende Bewusstsein, meinen Vater nie danach gefragt zu haben, warum er Großvaters Büro nach dessen Tod unverändert ließ.

Mein Dank auch an @Fluxit für das zur Verfügung stellen einer Duftprobe.
13 Antworten
RobGordon vor 6 Jahren 20 8
9
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Weniger als 5 Sekunden!
Ich sag's gleich, ich hab beim Testen dieses Duftes kein weißes Slim-Shirt getragen. Hätte ohne die geschulterte Palette Coca-Cola auch nicht die Wirkung, welche die Werbung einst versprach. Ersparte mir auch mitleidiges Grinsen.

Es gibt Düfte, die sich nach einer Ein- bzw. Überleitung sehnen. (Hierfür nehme ich mir gerne die Zeit, weil diese hier wird etwas länger als sonst. Und den in der Überschrift zitierten Song von einstigen Vertretern der Hamburger Schule mit Namen "...but Alive", habe ich schon lange im Lauf, um ihn an passender Stelle mit Textauszug abzufeuern:

"...Nur wegen ihm bin ich hier,
wegen diesem letzten Moment,
kurz bevor es bitter wird.
Sekunden voller Licht,
der Rest interessiert nicht.
Zwischen Geduld und Bereuen,
Wenn du vergißt was du weißt,
atmen und sich freuen.
Hallo Bomben und Applaus,

Und das ist nicht gerade das, was man bürgerliches Leben nennt,
beziehungsweise das, was man vom "drüber reden" kennt.
Man sieht nur Dinge, die man so nicht kannte,
und dann macht man sich bereit für den Sprung von der Teppichkante.
Kein letzter Wille, kein mildes Erbarmen,
der Zustand in dir gibt alles einen Namen.
Und das Ganze in weniger als 5 Sekunden.
Einmal kurz da und verschwunden.
Und das bin auch nur ich und der Spacken in mir.
Und zusammen fragen wir uns: was machen wir hier?
Und für die paar Menschen, die einen wirklich kennen:
muß ich alles beim Namen nennen?
Ich lasse das Erklären in Strophen lieber sein
und packe den Hobbyphilosophen wieder ein.
Wir werden keine Brüder, weder hier noch am Meer.
Ich hab genug gesehen bisher."

Wer Lust hat, kann sich den Song hier anhören:
https://www.youtube.com/watch?v=gL2RWLm3ruI

Es kommt nicht oft vor, dass ich selbst Vertreter dieser Duftgattung kommentiere. Aber ich lese gerne die Eindrücke der anderen, wenn mir Zeit bleibt. Es bleibt nicht im Verborgenen, dass Prädikate wie "Duschgelfrische" sehr gerne und damit zuweilen in manchem Fall auch inflationär bemüht werden. Das hat zumindest dazu beigetragen, dass Duschgels mittlerweile nicht mehr nach Duschgel riechen möchten, weil mittlerweile eine negative Konnotation im Raum steht.

Hab gerade nachgesehen, meine Duschgels wollen im Moment nach "blauem Eukalyptus & Zypresse", nach "Zitrongengras & Guarana" sowie "Blutorange & Schwarzer Pfeffer" riechen.

Und wenn man sich das Angebot anderer Hersteller solcher Erzeugnisse ansieht, wird auch dort das Angebot an Dufteindrücken immer breiter und damit der verlockende Versuch des Einwort-Urteils "Duschgelfrische" zunehmend unpräzise. Was impliziert, dass 5 Sekunden einfach nicht zur Einschätzung reichen, bei keinem Duft!

Ich kann hier nur für mich sprechen, aber ich kenne die Klippen von News South Wales nicht und habe auch an dessen Felsenmoos noch nie meine Nase gerieben. Die Erwartungshaltung die der Name hier suggeriert, könnte bei Nasen, die dahingehend bereits eine Erwartung haben, in Enttäuschung umschlagen. Typisch moosig ist hier bei der gegenständlichen Duftkreation nämlich nichts. Darauf zu sprechen, warum das kein Fehler ist, komme ich später noch.

"Pacific Rock Moss" ist für mich kein neues Duftkonzept. Es handelt sich hier um einen aus dem Gedächtnis (Material zwecks Direktvergleich hab ich keines mehr) in der erstes Halbzeit überdeutlichen Nachbau von Korres "Blue Sage | Lime | Fir Wood", der wiederum in Anlehnung an "Potion Blue Cadet" (war mein erster Kommentar hier auf Parfumo) entstand. Pacific Rock Moss" geht aber im Auftakt trotz einer Zitrone aus dem "Bleu de Chanel" - EdP - Hain etwas verhaltener mit Chemie um. Die DNA von Korres lässt sich dennoch schwer verleugnen, wenn man sie rein an den Eindrücken auf der Haut festmacht.

In der Projektion biegt der Duft jedoch ab, es schießt jedoch anstelle des Tannenbalsam Absolues der Vorlage ein Anflug von Hyazinthe ein, die auch "M;0°C" von Masakï Matsushïma" floral in angenehmer Weise beflügelt. Diese Nuance geht auf der Haut leicht unter, weil die klebrige Zitrone lange die Oberhand behält. Die Bewegung die dieser Duft durchmacht ist insgesamt verhalten, der Duft gewinnt jedoch mit Fortdauer für mich an Attraktivität, weil das chemische dann doch weitestgehend verpufft und das Ergebnis eine Anschmiegsamkeit bekommt, dass man auch als Frau einen solchen Duft gut tragen kann.

Für mich hat der Duft keinen klassischen Verlauf, nur eine Phase mit und eine ohne (lästige) Zitrone, letztere lässt einen sanft aromatischen Grün-Ton durchscheinen, den ich weder Moos noch Salbei zuordnen würde. Dennoch gelungen!

Durch die Positionierung im Unisex-Lager wird auch klar, warum mögliche (Irish-)Moos Assoziationen im Vorfeld die Erwartungshaltung zügeln sollten. Um beim Thema Positionierung zu bleiben. Ich finde es gut, wenn solche Duftkonzepte auch die Nische erreichen.

Der Vergleich der Wertungen zu den anderen erwähnten Düften zeigt überdeutlich, wie stark sich die Präsentation im Wertungs-Empfinden niederschlägt. Ein Erfolg (das was vom Hype überbleibt) kommuniziert Mitbewerbern in diesem Segment, dass der Drops rund um aquatisch anmutende Frische-Düfte noch lange nicht gelutscht ist.

So kann auf Basis des Bestehenden, wieder etwas Neues entstehen und dem stehe ich grundsätzlich offen gegenüber.

Möchte man mich jedoch in dieser Duftklasse erreichen und einen Kaufimpuls auslösen, braucht es weniger den klingenden Namen, dafür eine schwebende, nicht klebende, lässig aromatische Duftaura an Projektion, die bislang der Papierform nach lediglich mittels Veilchen-Aldehyden bzw. Tannenbalsam im Zentrum funktioniert haben und mit subtiler Würze angereichert werden. Sowie eine angemessene Präsentation. Mir ist hier bei "Pacific Rock Moss" die Projektion etwas zu dicht und die Zitrone überrepräsentiert. Korres hat aufgrund des Synthetik-Vibes im Auftakt bei mir versagt, die Präsentation hatte den Charme von Hühneraugen-Tinktur. Von "Blue Cadet" schaffe ich mir heute noch alle heilige Zeiten ein Fläschchen an, ärgere mich aber immer noch über die Präsentation (= Fleckenentferner).

Liegt aufgrund seiner Ausgestaltung der Projektion einen halben Punkt besser in der Duftwertung. Dennoch gefällt mir "Pacific Rock Moss" etwas besser als seine direkte Vorlage von Korres.

Eine Problemstellung die wohl alle Düfte dieser Gattung gemein haben, ist der Auftakt. Entweder zu generisch zu synthetisch oder zu unausgewogen in der ersten halben Stunde. Und in einer Zeit, in der alles unter 5 Sekunden zu passieren hat, sind auch die Parfumeure gefordert Konzepte für den Auftakt zu entwickeln, wenn sie nicht möchten, dass Ihre Schöpfungen mitunter verheizt werden.

Vielleicht ist es hierzu hilfreich sich nicht schon hinsichtlich der Vorgaben/Ziele künstlich einzuengen und Frische nicht länger über Meeresbrandung und dergleichen zu definieren. Durch den Plastikmüll und ungefilterte Abwässer, geht die Rechnung sowieso früher oder später nicht mehr auf!

PS: Wünsche allen Parfumos/as einen schönen Sommer und ein abschließender gesonderter Dank an @Flanker, der mir mit seiner großzügigen Duftspende genügend Material zur Beleuchtung dieses Duftes überließ.

PS1: Es wäre schön, wenn die Hersteller endlich den Unsinn mit den Landkarten-Zutaten-Pyramiden ließen.
8 Antworten
RobGordon vor 6 Jahren 23 10
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Premium Places!
Hallo, ich bin der Ernst aus Fucking (Kleiner Ortsteil der Katastralgemeinde Hofstatt in Oberösterreich). Ich bin noch recht neu hier und würde mich gerne ganz kurz vorstellen.

Der Name "Fucking" hat uns Ortsansässigen gerade erst Berühmtheit in aller Welt beschert. Ich durfte in der Zeitung lesen, dass ich als Bewohner Fuckings ein Premium-Angebot gratis bekomme.

Genauso wie die Einwohner der Orte "Rectum" (NL) und "Cummings" (USA). Wir sind schon erlesene Glückspilze! Wenn mir bitte rasch noch jemand diesen Google erklären könnte. Ich würde gerne nachschlagen, was mich mit "Pornhub-Premium" erwartet und ob sich das für mich lohnt?

Ihr müsst nämlich wissen, im Grunde hab ich es mit Menschen nicht so. Bin eher so der Misanthrop im Sternzeichen und mit Menschen zu interagieren, ist mit anstrengend noch nicht hinreichend beschrieben, wenn ich ihnen dabei auch noch ins Gesicht sehen muss. Deswegen will ich auch kein Facebook. Da hab ich mich schon schlau gemacht. Der Nachbarbub warnte mich bereits. Furchtbar diese Bilder von Fratzen, wie Trophäen, mehr lebendig als tot!

Nasen, das geht gerade noch, aber bloß kein ganzes Gesicht. Ihr könnte die Welt wahrscheinlich auch nicht riechen und deshalb tummelt ihr euch hier unter euresgleichen und klagt euch euer Leid? Richtig? Wunderbar!

Aber wenn ich euch Riechorgane quasi schon an der Hand habe, könnt ihr mir vielleicht verraten, wie ich meinen Unterschriften-Duft finde? Ich brauche etwas, um mir den Postler vom Hals zu halten. Der will immer reden vom Stress mit seiner Alten. Furchtbar!

Mit Wachkötern zwecks Abschreckung hab ich es auch nicht so. Die fressen und kacken was das Zeug hält und das ständige Gebell. Man muss auch sanft Ernsthaftigkeit versprühen können, ich sag's euch. Man hat's nicht leicht in dieser Welt.

Ich denke da eher an so was zum Sprühen für den eigenen Pelz. Die Bäuerin, die mir wöchentlich die frischen Eier bringt, wird sich dann zwei mal überlegen, ob sie mir den Klatsch vom Nachbardorf als Odyssee erzählt. Was herbes, quasi einen Unkrautvernichter für das lebende Objekt, wäre fein.

Der Duft soll meine Verbitterung zum Ausdruck bringen, bzw. unterstreichen und ein gewisses eigenes Leid in meiner Wermut-Leder-Duftblase gefangen würde ich ihn Kauf nehmen. Wichtig ist, dass mir meine Umgebung auf Respekt-Abstand bleibt. Eine olfaktorische Zuchtpeitsche, wenn es so etwas in Duftform tatsächlich gibt, würde ich suchen.

Falls der Duft mit der Zeit an Lieblichkeit zunehmen sollte, sprühe ich einfach nach und der Ernst beginnt von vorne. Ich kenn' da nichts. In der Apotheke hab ich schon nach so einem Wundermittel gefragt, weil es hieß doch immer: "Da gibt's doch was von Ratiopharm."

Auf jeden Fall konnte man dort mein Problem nicht lösen. Eine edle Behausung für meinen Leibwächter-Duft ist sicher kein Hindernis. Meine Frau, die Trude, trinkt gerne einen und würde auch so manches Putzmittel runterschütten, wenn der Verschluss keine Kindersicherung hätte. Aber wenn etwas von außen edel aussieht, geht sie respektvoll mit dem Inhalt um. Sie würde wohl den Stoff eher für schlechte Zeiten oder zum Aufbrezeln fürs nächste Begräbnis im Dorf verstecken - es laufen eh schon die Wetten - und vorher das Behältnis noch auf Hochglanz polieren.

Ob mein Unterschriften-Duft zwingend natürlichen Ursprungs sein muss? Ach, hört mir auf an das Märchen von der Natur glaubt ihr doch selbst nicht mehr. Wie jetzt, ihr sagt, es gäbe da einen Duft der meinen Ansprüchen entspräche mit Bittermandel und Scharlei?

Leute, ich will doch niemanden töten, aber Versuch mach kluch. Und wie heißt bitte das Zaubermittel zum Mitschreiben?

"F u c k i n g F a b u l o u s"

Ja schon gut Fucking ist eine Reise wert, ich wohn' ja schließlich dort, aber wie heißt der Duft? Oder soll das gar heißen, wir sind mittlerweile so berühmt dass wir auch dieses Premium-Angebot geschenkt bekommen? Das wäre natürlich "sakrisch-klass", wie wir stolzen Fuckinger gerne zu sagen pflegen.
10 Antworten
RobGordon vor 6 Jahren 42 15
8
Flakon
9
Sillage
9
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10
Duft
Morillas im Nebel!
In diesem Beitrag geht es aber nicht um die aussterbende Gattung der Berg-Gorillas sondern viel mehr um die Ausrottung erschwinglicher und gleichzeitig gelungener Designerdüfte in einer von Rendite bedrohten Duftwelt.

Honig-Akkorde in Düften verstellen mir gerne die Sicht auf die Dinge welchen ich auf den Grund gehen möchte, was einer Vernebelung gleichkommt. Prominente Beispiele wären zB. Vermeil PH oder seine Vorlage, L'Envol, in Chergui nicht ganz so dramatisch, aber ich gewinne oft den Eindruck, die Dufmoleküle wären quasi mittels Hochdruckpasteurisation zusammengeschoben, bis zur Unkenntlichkeit entstellt und hängen wie ein trüber klebriger Schleier über dem Duftverlauf.

Meine Französisch-Kenntnisse entsprechen exakt meiner Expertise hinsichtlich der finnischen Sprache. "Honig aus Arabien" hätte mir eine Warnung sein können, die Zeit den Namen zu übersetzen oder die Noten zu lesen, hab ich mir bei der Bestellung nicht genommen. Es mussten einer ALzD Bestellung noch schnell Parfum-Probenwünsche nachgereicht werden und da fielen mir die Chopard Newcomer ein, von welchen ich mir einen blind ausgewählt habe.

Ein kurz eingeschobenes Lob für das Team rund um AlzD, die meine Wünsche prompt eingearbeitet und noch am selben Tag versandt haben. Der Service kann sich wirklich sehen lassen und nein, der Beitrag ist nicht gesponsert.

Von mir aus hätte der Duft auch "Lawrence d'Arabie" heißen und ohne den Bienensabber abgefüllt werden können. Aber Herrn Morillas gelingt das schier Unmögliche, dass mich ein Cameo-Honigauftakt tatsächlich nicht stört. Auf dem Teststreifen geht er fast völlig unter und der würzig-aromatische Grünton ist fast noch präsenter als im Verlauf auf der Haut.

Ausnahmsweise eine Empfehlung diesen Duft jedenfalls auch auf dem Streifen zu testen. Selbiges hinsichtlich Präsenz gilt für den Hauch von Iris, den ich am ehesten als eine Nuance einer staubigen Grundierung ebenfalls nur am Papier wahrnehme. Iris-Liebhaber haben jedenfalls noch keinen Grund bei diesem Duft in Ekstase zu fallen.

Aber alles der Reihe nach. Den Corpus bildet eine fast bis zur Unkenntlichkeit vermummte Rose, die höchst behutsam mit Weihrauch beregnet und sanft mit Harztönen trockengetupft wurde. Damit das Konzept nicht banal wirkt, kommen grüne, feinwürzige, sehr präsente ätherische Noten hinzu, die wesentlich zur Luftigkeit im Gesamtbild der Aromatik beitragen und diese zugedeckte Rose so mühelos aus dem Lager der Oppulenz ziehen. Das alles wird fast im gesamten Verlauf fein fruchtig-säuerlich kontrastriert. Nach dem Lesen in welche Richtung ich dabei denken soll, erscheint eine Granatapfelnachstellung durchaus plausibel.

Das Ergebnis ist dezent fruchtig,sauer-würzig-unschwülstig blumig, kurzum hoch aromatisch und das Wichtigste, nicht synthetisch anstrengend, was vielen Düften der Neuzeit auf die Stirn geschrieben ist, spätestens nach mehreren Stunden des Tragens. Es entsteht auf der Haut und in der Projektion eine wunderbare Verbindung, die am Grat des unisex-Pfades in perfekter Balance entlang tänzelt. Ich verwende Attribute wie "sexy" so gut wie nie, aber dieser Duft löst den Wunsch, ein solches Vokabel in den Text einzupflegen, durchaus aus. Es kommt auch nicht oft vor, dass ein Duft für mein Empfinden am Streifen aromatisch "leuchtet".

Es geht mir nie darum Hype-Trains (unentgeltlich) zu starten, aber ich teile gerne meine Freude an diesem Duft. Es dauerte ja bloß 24 Jahre bis Chopard wieder einen Duft rührt der mich so berührt, wie einst "Heaven" oder "Bogner Man" 1990, obwohl sie nichts gemeinsam haben, außer vielleicht eine vergleichbar ausgeklügelte Aura, die hier an Frau und Mann gleichermaßen funktioniert.

Vor meiner Tastatur liegt noch der Streifen der pulsartig sein Aroma versprüht und mir die Sinne raubt. Es ist trotz der sinnlichen olfaktorischen Attacke auf mein Vernunftzentrum sicher kein heiliger Gral unter den Düften.
Es wird nie einen Duft geben, egal ob Nische oder Designer, bei welchem sich die Duft-Community je einig wird. Ich halte das für einen sehr wesentlichen Aspekt den man bei seiner eigenen Duftreise nie aus den Augen verlieren sollte. Dafür gehen die individuellen Geschmäcker und natürlich auch die Möglichkeiten finanzieller Natur einfach zu deutlich auseinander.

Es ist für mich lediglich ein spannender Designerduft mit vergleichbarem Potential einiger 90er Düfte, den das Marketing in die Exklusiv-Linie geschoben hat und man dafür 275€/100ml sehen möchte. Der Duft selbst kann jedenfalls nichts dafür. Deshalb suche ich auch nicht krampfhaft nach Gründen den selbst gewonnenen Dufteindruck abzumildern.

Ich wage es jedoch hiermit öffentlich anzuzweifeln, dass man mit der Verdreifachung des Preises zur Unterstreichung der Exklusivität mit diesem Duft mehr Umsatz machte, als wenn er in der 90-100€ Klasse bei jeder Kette feilgeboten würde. Auch auf die Gefahr hin, dass man ihn womöglich auch an jeder Ecke röche. Was mir die Lust am Tragen eines Parfums eher nimmt.

Der Duft hat alles, was Parfum für mich braucht. Der Charakter der Projektion ist stimmig, er schmiegt sich wunderbar an die Haut an. Er ist vielseitig hinsichtlich Einsatzmöglichkeiten und nicht auf eine Jahreszeit beschränkt, nicht zu laut, nicht zu leise und trifft meinen Nerv perfekt. Ich habe mich in den nahezu 5 Jahren hier auf Parfumo immer gewunden eine 10 zu vergeben.

Mir fehlen hier eindeutig die Gründe es diesmal nicht zu tun. Die 10 bekommt der Duft jedenfalls nicht wegen seiner Präsentation sondern trotz seiner Aufmachung.

Eines möchte ich noch loswerden:
Das überschaubare Stelldichein von Honig im Auftakt bzw. als poetischer Namensgeber macht diesen Duft nicht einmal zum Halb-Gourmand, wer Schmutznoten zur Unterstreichung der sexyness braucht, ist hier ebenfalls am falschen Dampfer. An anderen Stellen des Internets wird noch eine Teenote gelistet. Diese suche ich zum Glück vergeblich.

Falls mir das Chopard-Marketing diesen Duft gerne schenken wollte, er würde von seinem Empfänger wohlwollend angenommen.
15 Antworten
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