Rookie82

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11 - 15 von 30
Rookie82 vor 4 Jahren 7 2
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Verborgene Schönheit
Dieser Titel könnte im ersten Moment natürlich einen Kommentar vermuten lassen, der in poetischer Art und Weise mit Worten spielend, dass ganze im gedanklichen Hintergrund akustisch durch mehr oder weniger schiefes Harfengezirpfe begleitet, ein durch den Duftverlauf reisend olfaktorisches Märchen erzählt, welches sich im besten Falle gar reimt.
Liebhaberinnen und Liebhaber derartiger Werke muss ich an der Stelle allerdings den Wind aus den Segeln nehmen. Niemand sollte allerdings enttäuscht zurück bleiben, schließlich können das andere Menschen mit Sicherheit auch deutlich besser.

Der eigentliche Hintergrund ist tatsächlich deutlicher pragmatischerer Natur. Immer wieder und gerne nehme ich diesen Flakon in die Hand. Haptisch kann kein Duft aus meiner Sammlung dieser hübsch-bauchigen Flasche das (Duft-)Wasser reichen. In Häusern wie Viktor & Rolf wären sie wohl bestürzt, würden gar wohl empört zu Protokoll geben, dass die Idee eigentlich geklaut sei und dieses herausragende Flakondesign ja eigentlich exclusiv der bestenfalls soliden Spicebomb-Reihe vorbehalten sein sollte.
Die edle Anmutung findet in einer schnörkellosen Holzkappe einen mehr als würdigen Abschluss. Ein Holzdeckel wird natürlich niemals per Magnet festgehalten. Derart präzise lässt sich dieser über den Sprühkopf schieben, ein beinahe gleitend-erotischer Vorgang. Das dies einer simplen-, in den Holzknauf eingelassenen Kunststoffhülse zu verdanken ist, möchte man an der Stelle allzu gerne unterschlagen.
Das dunkle Gefäß ist hierbei, obwohl ansonsten gänzlich aus Glas hergestellt, überraschend unempfindlich gegenüber Fingeraberdrücken, oder wie man im südbadischen sagt, „Fingerdobäde“. Dies ist natürlich neben der Optik, dem Umstand vor der zerstörerischen Macht der Lichteinstrahlung zu schützen, der letzte Vorteil dieser dunklen Farbgebung und bringt mich zurück zum pragmatisch gewählten Titel.
Keine mir bekannte natürliche-, oder auch künstliche Lichtquelle vermochte mir bisher einen Einblick darüber zu geben, welche Menge dieses köstlichen Saftes mir noch zur Verfügung steht. Nicht das ich es jetzt wahnsinnig schlimm finden würde, aber naturgemäß ist wo Licht, eben auch etwas schatten. Sollte ich womöglich anhand eines Baustrahlers, oder Stadionflutlichtmastes doch noch das Thema erfolgreich auflösen können, erfährt dieser olfaktorisch vermutlich eher wenig hilfreichende Kommentar ein Update, versprochen!

Das Parfüm selbst ist einfach phantastisch. Oft wird angemerkt, manchmal auch negativ anmutend, er sei dem Mainstream sehr nahe. Ich frage mich dann immer welcher Definition nach man zu diesem Urteil kommt. Weil der Duft einen gefälligen Charakter hat? Das ist sicher richtig, aber darf das Nische nicht? Ansonsten ist das Parfüm in seinem gesamten Auftritt ziemlich einzigartig. Selbst bin ich sicher kein Experte, kenne weitaus weniger Düfte als viele andere Mitglieder hier, kann aber zwischenzeitlich auch behaupten olfaktorisch nicht auf der Felge daher geschwommen zu sein.

Der Duft bietet nach meiner Nase eine einzigartige Qualität der einzelnen Dufstoffe, verpackt diese in einem nahezu grenzenlos anwendbar tragbaren Gewand und dies ist aus meiner Sicht die Königsdisziplin die ein herausragender Duft zu meistern hat.

Ich empfinde den Duft als fruchtig-holzig, dezent süß-cremig abgefedert. Die Haltbarkeit deckt in etwa einen Arbeitstag ab. Die Silage ist wie so oft die üblichen ersten 3-4 Stunden angenehm kräftig und zieht sich im Anschluss nach und nach zurück. Dem gefälligen-, manche(r) würde wohl behaupten kantenlosen-, Duftcharakter geschuldet wird auch die präsentere Anfangsphase nur den wenigsten negativ aufstoßen.

Dringende Testempfehlung meinerseits!
2 Antworten
Rookie82 vor 4 Jahren 22 7
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Aktuelle Stimmung oder doch mehr?
Es wird so etwa zwei Jahre her sein. Ich durchlebte gerade eine meiner enthusiastischeren Phasen auf Parfumo, bestellte und testete viel. Allzu häufig kam ich zu einem Urteil, welches aus heutiger Sicht viel zu unüberlegt getroffen wurde. Der Versuchung unterliege ich im übrigen heute noch. Mag womöglich einer impulsiv direkten Art geschuldet sein. Da ich grundsätzlich kein Problem damit habe Irrtümer als solche später auch einräumen zu können, lebe ich ziemlich gut damit.

Lumiére Noire pour Homme begegnete mir von Anfang an als Ausnahmeduft. Auch nach so einigen getesteten Blumenkalibern ist mir bis heute nichts vergleichbares unter die Nase gekommen.
Ich empfand ihn als derart besonders, dass ihm dieser Umstand zum Nachteil wurde. Auch war mir die Rose grundsätzlich, und das ist Kopfsache, einfach zu „weiblich vorbelastet“ hinter die Stirnlappen genagelt. Dieser neue Dufteindruck hatte große Probleme sich in der Rolle eines Männerduftes etablieren zu können. Ich ordnete dieses Parfüm als einen Hochzeitsduft, einen Kandidaten für besondere Anlässe ein und das sind Umstände die mich fast schon sauer zurück lassen.
Ich mag sowas nicht ... Parfüms nur für besondere Momente ... will ich mir nicht kaufen. Genauso wie gutes Besteck für besondere Anlässe. Gegenstände und Produkte die der täglichen Nutzung unterliegen in solche Kategorien einzuteilen finde ich für mich gesehen albern und versuche ich zu vermeiden.

Vor wenigen Wochen fiel mir die bis dorthin sträflich missachtete Abfüllung wieder in die Hände. Es war ein Sonntag und ich traute mich den Duft zu verwenden. Meine Nase hatte in der Zwischenzeit einige neue Eindrücke gewonnen, viele auch welche blumige Aspekte zur Grundlage haben, ich glaube sogar die meisten aus der gleichen Feder stammend.
Jene Eindrücke verbesserten die Chancen dieses Kandidaten zunächst nicht, manifestierten sie doch nur den Eindruck die Rose sei für mich als Mann keine Alternative für ein regelmäßig anwendbares Parfüm.
Nun, mittlerweile besitze ich einen Flakon dieses Meisterwerkes.

Ich empfand diesen Duft ab diesem besagtem Sonntag als völlig anders, ordnete ihn ab dem ersten Moment aber komplett neu ein. Eindeutig maskulin, daran gibt es aus meiner Sicht doch überhaupt keine Zweifel. Täglich anwendbar? Aber ich bitte doch darum. Ich kenne wenige Düfte welche ein für mich schwieriges Kernthema derart verwoben, einerseits Präsent und doch im Hintergrund agieren lassen, hierbei eine solch unaufgeregte Präsenz mitbringen und dabei trotzdem, maßvoll dosiert, eine so tolle Potenz bieten.

Was ich hier im Vergleich zu meinen Anfangszeiten sehr zu schätzen gelernt habe, sind Düfte die den Spagat hinbekommen, auch wieder rechtzeitig los zu lassen und nicht wie eine Klette zu haften und fast folgerichtig irgendwann den gegensätzlichen Nerv zu treffen.
Ich weiß, solche Kandidaten habe ich auch noch in der Sammlung. Diese haben es aber zunehmend schwer und stehen entsprechend auch auf der Kippe. Bei Lumieére Noire pour Homme ist es seinem Schöpfer in gottesgleicher Art und Weise gelungen, diesen Umstand spielerisch zu vermeiden.

Dieser Duft so denke ich, passt zu mir wie wenige andere
Er, will ich zum Ausdruck bringen, menschelt auf seine ganz eigene Art und Weise. Pudelwohl fühle ich mich in der Benutzung. Die letzten 14 Tage habe ich ihn an derer 9-10 getragen und nicht nur das er mir in keiner Sekunde überdrüssig wurde, ich hätte ihn auch liebend gern an den Tagen 11-14 aufgetragen. Einzig die Furcht, der Respekt vor Adaption und das Besondere an die Gewöhnlichkeit zu verlieren treiben mich prophylaktisch in dieses kalkulierte Handeln.

Hat was von Verlustängsten, muss doch folgerichtig Liebe sein, oder?
7 Antworten
Rookie82 vor 5 Jahren 17 1
8
Duft
Der Niedergang einer Branche?
Befasst man sich mit Düften, insbesondere solchen die der Nische (oder doch Niche?) zugeordnet werden wollen, schlägt der allgemeine Tenor ja gerne in die Kerbe von auserlesenen Ingredienzien, oft natürlichen Ursprungs und natürlich nur selten bzw. kostspielig zu finden oder gar zu extrahieren. Die entsprechende Selbstdarstellung und Positionierung des jeweiligen Hauses tut ihr übriges und der geneigte Käufer hat fast schon folgerichtig die Überzeugung es mit etwas ganz besonderem zu tun. Entsteht jetzt noch der allgegenwärtige Rudelhype klingelt aber so richtig die Kasse. Chapeau ... kann man so machen.
Ehre wem Ehre gebührt und schafft es eine Person eine nachhaltig begeisternde Duftkomposition zu komponieren, ist das sicher bewundernswert.

Auf der anderen Seite gibt es Unternehmen wie Dua Fragrances. Sie lassen sich von den Schöpfungen etablierter Künstler „inspirieren“. So propagieren sie es. Andere würden behaupten sie stehlen geistigen Eigentum. Dem lässt sich in vielen Fällen nur schwer widersprechen. Man müsste glauben ein Geschäftsmodell wie dieses kann allenfalls funktionieren, wenn neben einer recht aggressiven Werbekampagne der Preis im Vergleich zum Vorbild vergleichsweise lächerlich gering ausfällt.
30 Milliliter dieses Stoffes sind für 65$ ohne Versand zu haben. Wie in diesem Fall lässt sich bei den meisten Werken von DF, wenn überhaupt, keine exorbitante Einsparung erzielen.
Wieso zur Hölle funktioniert das dann trotzdem?
Vorweg ... sicher hab ich keine Antwort die der Weisheit letzter Schluss ist, aber ich habe eine Vermutung.
Ich denke es hat mitunter auch mit Mut zu tun. Wieso Mut?
Nehmen wir den hier überaus peinlich martialisch betitelten „Poseidons Invasion“ daher. Ein lausiger Name, der genauso gut im Nachtprogramm von Tele5 merkwürdigen Menschen Unterhaltung in Form eines B- ... oder vielleicht eher C-Movies bieten könnte.
Der Auftakt bestätigt auf beängstigende Art diese These. Aufs Handgelenk gesprüht, habe ich das Gefühl ich schnupper an einem leeren Röhrchen welches mal Vitamin C - Tabletten beheimatet hat.

Auweia, dabei hat mich die Unvernunft in Form eines Blindkaufes nur deshalb gepackt, weil ich aus reinem Zufall in die Situation kam eine kleine Restmenge Original Aventus (gääääähn) mit dem bereits seit längerem in meiner Sammlung befindlichen „Invasion of Barbers“ zu layern.
Dieses Mischmasch an Dufteindrücken hat mich in diesem Moment derart begeistert, dass ich nur anerkennend nicken konnte, als ich las DF bringt tatsächlich einen Hybriden aus beiden Düften auf den Markt. Ich stelle es mir tatsächlich so vor, dass dem Mix bekannter Düfte, bevor sie in Duás Labor auf welche Art auch immer übereinander gelegt werden, erstmal ein simpler Layerversuch
zugrunde liegt.

Ich finde das einen äußerst erfrischenden Ansatz und auch mutig. Mir gefällt der Gedanke, dass irgendwo über dem großen Teich ein Ami genauso wie ich da saß, sich womöglich aus purem Zufall die beiden Düfte auf den Arm sprühte und ähnlich begeistert war.
Schaut man die aktuellen Neuerscheinungen von DF an, so soll dieses Geschäftsmodell wohl in erweitertem Ausmaß etabliert werden. Aktuell jagt eine Neuerscheinung die andere.

Ich kann mir vorstellen, dass dies vielen hier nicht gefallen wird. Ich kann es auch ein Stück weit nachvollziehen. Ich persönlich sehe das eher pragmatisch. Mich interessiert was am Ende dabei raus kommt. Ich betrachte in den meisten Fällen den Gesamteindruck und schätze konstante Duftverläufe in aller Regel mindestens genauso wie Duftentwicklungen mit komplexen Verläufen, die mir auch schon mal ein Schätzchen verlitten haben.

Letztlich haut mich persönlich das Gesamtpaket regelrecht von den Socken.
Das Brauseröhrchen verabschiedet sich Gottlob nach wenigen Minuten und eine tendenziell eher fruchtige Ananas springt nach meiner Nase vornehmlich mit dem Veilchenblatt, etwas Lavendel und einer göttlichen Patch-Note ins Bett.

Dieses Parfüm erweist sich als recht ergiebig. Kenner der DF-Flakons wissen um deren geizige Zerstäuber. Mit 2-3 Sprühstößen kommt man gut über den Arbeitstag einer Führungskraft. Die ersten etwa 3-4 Stunden strahlt der Duft hierbei recht kräftig, bevor er sich in seinem linearen Verlauf zunehmend zurück zieht, aber mindestens 11 Stunden wahrnehmbar bleibt.

Die forsche Methodik Dufthybride zu erschaffen ist meines Wissens nach neu, aber ein aus meiner Sicht gelungener Ansatz. Die Branche wirds daher verkraften ;)
1 Antwort
Rookie82 vor 5 Jahren 12 6
7
Sillage
6
Haltbarkeit
7.5
Duft
Einfacher Summer Opener 2019 oder ist die Akzeptanzphase erreicht?
Älter werden ... kennen wir alle. Wenig prickelndes Gimmick des Lebens. Man wird ruhiger, kann dennoch weniger lange schlafen. Es wird weniger gefeiert, umso mehr sprintet man im Trott des Alltags in seinem Hamsterrad, bestehend aus Job und nicht seltenst Verpflichtungen die der Vergnügungssteuer gerade noch so entgehen. Dabei jagt eine Kalenderwoche die Nächste und den 2. Bausparvertrag hat man sich kürzlich auch erst ausbezahlen lassen. In der Sehnsucht nach jugendlicher Unbekümmertheit fängt man an Motorrad zu fahren und hat damit sogar Erfolg.
Passend dazu trägt man sein immerhin noch in voller Pracht vorhandenes Haupthaar länger und modern zu einem Zopf, nein Knäul, achja richtig ... es heißt „Man Bun“ ... klar, was auch sonst.
Scheisse trotzdem (Tschuldigung), einer 4 vorne weg ist man zwischenzeitlich näher als der per se reizvoller anmutenden Drei und zu allem Überfluss beginnt man klassische Dufteindrücke die ihren Ursprung irgendwo Mitte der 60er haben, einer breiten Palette moderner Alternativen vorzuziehen.

Der Sommer ist noch jung, aber das morgendliche Ritual der Parfümwahl ist die Tage entschieden bevor das Bad betreten wurde. Nur schwer vorstellbar, dass ein Tag olfaktorisch besser beginnen kann. Vor noch kurzer Zeit ließ ich mir bei einem Statement zur Edition Blanche (EDP) erst noch zur Aussage hinreißen, dieser sei doch tatsächlich eine Ode an die Zitrusfrucht.
Lächerlich und doch irgendwie tröstlich, dieser vielleicht jugendliche Leichtsinn?
Putting Green mag dreist abgekupfert sein. Nehme ich schulterzuckend hin, mir fehlt der Vergleich zum Original. Die Kopfnote garantiert beste Laune, alle Zutaten wirken perfekt aufeinander abgestimmt, ja fast schon für einander geschaffen. Frische Harmonie und Fröhlichkeit in Vollendung.
Ein weiterer Segen .. dieser Duft pendelt sich nach etwa 4-5 Stunden doch sehr hautnah ein. Zweimal am Tag in den Genuss dieser Kopfnote zu gelangen ist ein Privileg, dass man erstmal zu schätzen wissen muss. Diese Erkenntnis beruht aber doch hoffentlich nicht auf dieser ähhh ... Altersweisheit? Für den Moment jedenfalls rede ich mir erstmal ein, dass ich einfach pfiffig bin.
Sagt man heutzutage noch pfiffig? .....

Wirkt das ganze jetzt klassisch oder gar altbacken? Nicht eine Sekunde ... wagt doch hoffentlich niemand um mich herum zu glauben mit seinen Hipsterpfützen erhabener als meine Wenigkeit zu duften.
Ganz ehrlich? Akzeptiere ich doch gerne, so dass sich die vorherigen Phasen der traumatischen Erlebnisse des Älter werdens (Leugnung / Zorn / Verhandlung / Depression / .... ) doch mehr in Grenzen halten, wie es jetzt der geneigte Leser vielleicht vermutet. :-)
6 Antworten
Rookie82 vor 5 Jahren 21 6
8
Sillage
9
Haltbarkeit
8
Duft
Herren Olymp
Zunächst möchte ich mich bei den wenigen Menschen bedanken, die sich bisher mit dem Duft beschäftigt- und ihre Eindrücke hier niedergeschrieben haben. Die in der Anzahl spärlichen Meinungen hierzu haben mir gereicht diesen Duft blind über den großen Teich zu bestellen.
Um es vorweg zu nehmen, ich kenne den MDCI, an welchem sich dieser Dua orientiert nicht und werde auch weiter keinen Bezug dazu nehmen können.

Umgerechnet knapp 65€ (incl. Versand) werden für 30ml fällig. Holt man jetzt den Taschenrechner raus, ist man im Vergleich zum Original nicht mehr soviel günstiger dran. Entscheidend für mich war die große Neugierde auf diese Duftrichtung ohnehin und vor allem die wenigen Meinungen, welche dem Dua entscheidende Vorteile gegenüber dem MDCI attestierten. Zugegeben, mir erschien das Wagnis recht überschaubar, war ich doch überzeugt bei Nichtgefallen diesen schnuckligen kleinen Überseekraftzwerg schnell über den Souk wieder an die Frau, oder den Mann zu bekommen.

Was war ich aufgeregt, als ich den solide verpackten Duft von Pappe und Luftpolsterfolie befreit habe. Dann liegt er in der Hand, der kleine Flakon. Minimalistisch, zeitlos und praxisorientier Standard würde ich mal behaupten, mit ansprechendem Labeldruck auf die Front geklebt und auf der linken Seite über die Kante gezogen. Manche würden es auch billig nennen. Ich mache mir groß nichts aus Flakons. Mir gefällt er aufgrund seiner Minimalistik gut, zumal der Platz in meinem Duftschränkchen ähnlich eingeschränkte Formen annimmt, als beispielsweise Wohnraum in meiner Heimatstadt Freiburg.

Der Duft selbst bietet eine Entwicklung die in mir wahre Begeisterung auslöst. Ich hatte mir ja schon viel versprochen, war aber auch darauf gefasst aufgrund der Erwartungshaltung mit Prozessen der Ernüchterung umgehen zu müssen. Weit gefehlt ... endlich wurden hohe Erwartungen bei weitem mal wieder übertroffen!
Der direkte Auftakt hat mich noch etwas verunsichert. Grapefruit und Bergamotte leiten in den ersten Sekunden, noch eher auf solide gutbürgerliche Küche hinweised, einen Start ein, der nicht unbedingt dieses Dinner verspricht, welches am Ende wurde. Nach und Nach ergänzen die weiteren Noten dieses Kunstwerrk und die Melange all dessen schickt mich auf eine mindestens 12stündige Reise, welche gespickt von Momenten des totalen Wohlbehagens under purer Verzückung ist.

Dieses Parfüm ist außerordentlich stark konzentriert. Der Sprühkopf ist so konzipiert, dass je Hub nur geringe Mengen dieser kostbaren Flüssigkeit zerstäubt werden. Das ist auch von entscheidender Bedeutung! Angenommen jemand von euch bezieht diesen Duft eines Tages über ein Sharing und am besten über einen dieser 10ml Standard Zerstäuber, ist allerhöchste Vorsicht geboten! Ein einzelner Sprühstoss aus diesen wäre garantiert bereits überdosiert. Der durchdachte Zerstäuber des Originalflakons lässt eine sehr sehr zielführende Dosierung zu. Dreimal mit diesem abgefeuert, ist man gefühlt etwa bei der Hälfte dessen, was die oben erwähnten Reisezerstäuber herraus ballern. Invasion of the Barbers schafft es trotz seiner enormen Konzentration nicht durchweg in der Nase zu hängen und vermittelt niemals den Eindruck dieses „parfümiert seins“. Er wird nie zuviel und ist doch stets Präsent. Seit ich ihn besitze, trage ich ihn täglich bisher auf Arbeit. Was meine persönliche Begeisterung untermauert ist die Tatsache, der abendlichen Dusche fast schon aus dem Weg gehen zu wollen. Bis aufs letzte wurde sie hinausgezögert. Heute werde ich ihn, minimal höher dosiert, auch zur Anwendung bringen. Was freue ich mich jetzt schon! Schnupper ich doch beim Verfassen dieser Zeilen immer wieder am Sprühkopf.

Niemals wirkt dieses Parfüm aus der Zeit gefallen. Allerdings empfinde ich das auch aus meiner subjektiven Sicht als Kind der frühen 80er Jahre. Vermutlich sollte man sich um das 30te Lebensjahr herum (oder älter) bewegen, um in der Summe auch einen stimmigen Eindruck bei außenstehenden zu hinterlassen.

Ich liebe diesen Duft! Der kompromisslos maskuline Beginn kündigt einen gestandenen Mann an, der mit fortgeschrittener Dauer immer mehr von seinem charmanten menschlichen Wesen Preis gibt. Wie wenn man jemanden kennenlernt und seine weiche verletzliche Art erst mit der Zeit vorsichtig zum Vorschein bringt, schafft es dieser Duft Stunde um Stunde mehr Vertrauen aufzubauen, wird weicher und offener, zeigt mehr und mehr Züge um Züge, in die man sich verlieben kann, oder vielleicht sogar muss. In der Weltklasse-Basis angekommen, die nach einer Ewigkeit am Ende des Tages, oder einer Nacht nur langsam ruhiger ausklingt, ist er der perfekte Partner, den man, so glaubt man, bis ans Ende der Tage bei sich behalten möchte.

Auch wenn Invasion of the Barbers sich als äußerst ergiebig erweist und mir die 30ml lange halten werden, ist jede Parfuma und jeder Parfumo gerne dazu eingeladen mich vor einer Sammelbestellung bei Dua zu informieren. Denn eins scheint festzustehen, ein Bunkerflakon muss auf Lager. Zuviel Schiss habe ich aktuell, er könnte irgendwann eingestellt werden.

100%, nicht weniger!
6 Antworten
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