Rubia

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Rubia vor 3 Jahren 16 4
9
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Knutschen auf Kunstleder oder Smells like Oberstufe
Freitag, 23 Uhr, chaotisches Mädchenzimmer:
Nicki und ich essen saures Fruchtgummi und sprühen unsere Teenagerträume mit Haarspray fest. Sie leiht mir ihr Vanille-Deo mit FCKW, ich ihr meinen Lippenstift.
Da klingelt auch schon unser Kumpel Andi, der mit dem Führerschein. Wir klettern in seinen Opel Kadett und auf geht’s zur Disko!
Ups, Nicki hat mit ihrer Kippe ein Loch in den Kunstledersitz gebrannt. Andi ist knarzig, bis sie sich in ihrem Synthetikkleidchen auf dem regennassen Parkplatz an ihn presst – und Andi in einer Aura aus Duftradiergummi und Vanille versinkt.
Ich bin da wohl überflüssig, also verzieh ich mich durch die Novembernacht Richtung Eingangsschlange.

Ein Duft, wie ein Wochenend-Auftakt in den 90ern. Tanz, Ekstase und Trockeneisnebel fehlen noch, aber die Erwartungen hängen hoch. Noch kann alles passieren.

Der Duft schlägt ein paar Haken, aber irgendwie kriege ich das unter einen Hut. Anders als andere "abwechslungsreiche" Düfte zerfällt er für mich nicht in Stückwerk. Mag daran liegen, dass ein paar Noten für mich auf Erinnerungstasten hauen und so ein zentrales Thema setzen.
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Rubia vor 3 Jahren 5 4
Heilpraktikerin knackt Nivea-Formel
Nanu. Beim ersten Aufsprühen ist da nur ein schwacher Geruch. Ich überlege schon, ob ich es mit einem "Body Mist" zu tun habe, und neble beherzt nach.
Der Duft lässt mich an Strohblumen denken – oder eher: an eine Wiese nach langer Hitzewelle, deren Aroma von Weitem herüberweht. Es ist kurz vor der Heumahd, die Wiesenblumen und -kräuter dünsten etwas minimal Würzig-Harziges aus. Der Gesamteindruck geht in Richtung Biokosmetik.

In meiner Phantasie bin ich in einer Heilkunde- und Massagepraxis. In der Gemeinschaftsküche hat jemand Kamillentee aufgesetzt, durchs Kippfenster strömt der Wiesengeruch. Alles ganz unaufdringlich. Ich entspanne mich auf meiner Liege.
Gerade als die Masseurin das Fenster schließt und erzählt, dass sie nur noch Hauschka-Produkte kauft, wird ein anderer Geruch im Raum immer stärker und stärker.
"Komisch", sage ich, "ich könnte schwören, dass ich Nivea rieche, die aus der blauen Dose."
"Oh", sagt die Masseurin errötend, "ja – von der komme ich einfach nicht los."
Ich spüre: Da wo Nivea ein guilty pleasure ist, kann einem nichts Böses passieren. Frauen, die Angel's Trumpet tragen, gebe ich mein Kind an die Hand und erzähle ihnen von meinen Sorgen, weil mich sanftes Verständnis erwartet.

Nach vier Stunden hat der Duft auf meiner Haut sich nach einem letzten Nivea-Aufbäumen leise verabschiedet, im Wollpulli hängt er noch und hat eine leicht seifige Qualität dazugewonnen. Insgesamt ein netter Duft. Ich mag ihn zwar selber nicht tragen, ihm aber gerne ab und an begegnen.

(Edit: Mittlerweile weiß ich, dass meine Abfüllung des Parfums wahrscheinlich nicht mehr intakt war. Vergleichsfotos zeigen, dass die Farbe stark nachgedunkelt ist. Als Neuling habe ich jetzt auch gelernt, dass die Abfüllung im Plastikzerstäuber von 10/2013, die mich letzten September erreicht hat, keine optimale Testgrundlage ist. Insofern ist mein untenstehender Kommentar unbedingt vor diesem Hintergrund zu verstehen – als ein Hinweis darauf, wie dieser Duft zeitlich verändert wahrgenommen werden kann. Die für mich hilfreiche Erkenntnis: Ich werde meine Abfüllungen nicht horten, sondern genießen. Und ich bin jetzt sensibilisiert dafür, dass Duftqualität von vielen Faktoren abhängig ist. Eine kuriose Nase habe ich womöglich obendrein. Ach, Parfum: ein weites Feld und eine lange Reise – genießen wir die Aussicht.
Ein großes Dankeschön an Seerose für den hilfreichen, sachdienlichen Austausch.)
4 Antworten
Rubia vor 3 Jahren 20 6
8
Sillage
8
Duft
Holz in der Hütte
Ich habe ohne Blick auf die Pyramide getestet und die untenstehenden Eindrücke zu Papier gebracht. Falls mich jemand sucht: Ich bin in der olfaktorischen Selbsthilfegruppe.

Da zedert es deutlich zu Beginn. Und der Zeder folgt etwas, dass ich mit der Weisheit von zwei Oud-Düften als sparsam eingesetztes Oud zu erkennen glaube.
Der nächste starke Eindruck ist: Wärme. Das rührt vielleicht von der Süße, die sich nun einstellt, und einer spicy Note. Nelke? Zimt? Piment? Irgendwie so was.
Das Ganze wirkt auf mich edel, eher reduziert und harmonisch aufeinander abgestimmt. Zwischendurch denke ich, es menschelt ein wenig (Kreuzkümmel?), aber das verfliegt dann wieder. Ich frage mich auch, ob da eine untypische Vanille im Holz mitverbaut ist, denn im Hintergrund ist es dezent dessert-artig und lecker. Oder ist es hochprozentige Schokolade?
Ansonsten bleiben die Woody Moods für mich Cedar Moods; andere Bäume erkenne ich mangels Noten-Vokabular nicht. Außerdem ist der Gesamteindruck für mich weniger waldig (also Bäume, Moose, Gräser etc.), sondern vielmehr der von Möbelholz und Holzböden.

Diesen Duft finde ich schön, rund und nicht langweilig. Er wirkte beim ersten Tragen auf mich recht männlich und ich wollte ihn verschenken – aber nein: Den geb ich doch nicht her.
Wäre der Duft ein Dating-Profil, wäre er in meiner Vorstellung:
Lukas, 44, Architekt. Hat eine minimalistische Wohnung, die wegen der Naturmaterialien aber nicht kühl wirkt. Irgendwo steht ein Eames Lounge Chair. Er mag Kino, Trecking, melancholische Gitarrenmusik und erklärt gerne das Mahlwerk seiner Espressomaschine oder eine Shimano-Schaltung. Und wenn Lukas niemanden findet, würde mich das schon sehr wundern.

So – mehr Klischees hab ich nicht.
6 Antworten
Rubia vor 3 Jahren 5 1
5
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7
Duft
Komm kuscheln
Den Auftakt von Spicebomb finde ich grenzwertig süß, aber ich hab's mit offensiver Süße auch nicht so. Der Duft kommt mir bekannt vor. Hatte mein erster Freund damals einen Duft mit ähnlich süßer Kopfnote (Joop?), oder ist das einfach eine Richtung, die ich vom Testen in Flughafenparfümerien kenne? Auf mich wirkt der Geruch zunächst nicht besonders ungewöhnlich, er positioniert sich sehr im Vertrauten.

Das Schöne ist, dass die Süße bald angenehmer wird; besser eingebunden in Noten, die nun auf den Plan treten. Ist das in der Nase kitzelnde Gewürz Zimt? Oder Pfeffer? Ich glaube auch deutlich etwas Tonka-Coumarin-mäßiges zu riechen, und womöglich ist der Safran dafür zuständig, dass ich den Duft jetzt als edler und tiefer empfinde. Im Hintergrund meldet sich ein leiser Hauch Kreuzkümmel, für den ist "Fàra" meine Referenz, und ich freue mich, ihn hier zu erkennen. Leider ist der Kümmel ziemlich zugetonkat.

Im Verlauf gefällt mir der Duft immer besser. Aus Ablehnung wird "Joah, kann man in der passenden Stimmung durchaus mal machen."
H&S finde ich okay, aber nicht bombig. Auch den Namen "Spicebomb Extreme" halte ich für diesen würzig-kuscheligen Duft für übertrieben – aber wahrscheinlich ist "Die nette Janine Obermüller versucht das erste Mal, indischen Milchreis zu kochen" marketingtechnisch keine gute Alternative. Außerdem haue ich Gewürze ja auch eher löffel- als messerspitzenweise ins Essen. Womöglich bin ich abgestumpft und werde nach dem Lockdown mit meiner "Spicebomb"-Aura von der Gewürzpolizei festgesetzt wegen unerlaubten Blockierens des Luftraums.
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Rubia vor 3 Jahren 3 1
9
Flakon
6
Sillage
4
Haltbarkeit
9
Duft
Und was machst du morgen so?
Ganz am Anfang ist da eine saure, metallische Frische. Als würde ich mit einer Hand am Stahlgeländer ein frisch gewischtes Treppenhaus hocheilen und oben an meiner Handfläche riechen.
Das nächtliche Treppenhaus ist kalt, doch mein Date öffnet die Tür zu seiner Wohnung, in der es behaglich ist. Er setzt in der Küche einen Kaffee auf und stellt eine Dose Danish Butter Cookies auf den Tisch. "Ist dir kalt?", fragt er fürsorglich und dreht die Heizung höher.
Meine Nervosität verfliegt, und ich versinke in der Geborgenheit eines weichen Sessels, fasse Vertrauen. Wir reden, teilen Erinnerungen, und ich weiß: Falls nicht mehr aus uns wird, will ich, das wir Freunde werden. Weil ich mich wohl fühle, weil nichts anstrengend ist. Es ist zwei Uhr, als ich mich mit einer Umarmung in die Nacht verabschiede und seine Wärme mich ein letztes Mal umhüllt. "Zeder", denke ich – und: "Ich werde wiederkommen."

In schnöder words:
Ich mag den heftigen Rhabarber-Aufschlag und die Grapefruitschale. Schnell wird das ganze warm, leicht süß und heimelig: Kaffee ahne ich, Tonka und/oder Vanille ist deutlicher. Der Duft zerfällt in zwei Teile, die mir beide sehr gefallen, und der Verlauf vom einen zum anderen Teil ist auf meiner Haut fast forward. Viel zu schnell endet das Ganze mit einer warmen Ledrig-Zedrigkeit. Am liebsten würde ich sofort zurückspulen bzw. nachsprühen.
Die weiteren Noten rieche ich nicht raus (Muskatnuss? Wo?), oder ich kenne sie nicht (Wie bitte riecht Johannisbeerknospe?).
Nuit Rouge werde ich sicher oft tragen, ich finde es gefällig. Allerdings möglichst auf Textil und eingecremter Haut, damit es sich nicht so schnell verabschiedet.
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