Scentjunkie

...zumindest an mir.
Startschuss: Blumiger Osmanthus, Zimt, Vanille, Tonka... alles da, aber mir zu süß und ich hatte wegen Weihrauch, Salbei und Patchouli irgendwie was spektakuläreres erwartet. Also im Sinne von "more edgy": ein mit süßen und ungewöhnlichen Aspekten verwobenes, nicht ganz fassbares Kunstwerk für die Nieschenwelt.
Das ist der Duft aber keineswegs, eher elegant mit einem Spritzer Mystik in zwei getrennten Phasen.
Die Süße wird mit der Zeit immer gemäßigter und die Basis cremt deutlich würzig-samtig das Handgelenk. Erst im Drydown wird er in meinen Augen Unisex.
Der Duft ist zweifellos gut, aber ich bräuchte ihn in all der Fülle von möglichen Vanilleoptionen nicht.
Wer etwas verwobeneres will, dem kann "gentle Fluidity (Gold) | Maison Francis Kurkdjian" ans Herz gelegt werden.

Ewig währende Orchideengöttin.
Verführerisch, edel, mysteriös. Warm einhüllend und gleichzeitig unerreichbar auf einem violetten Glasthron eines Tempels.
Auf meiner Haut startet er mit leicht blumiger femininer Süße. Danach kommt eine samtige, fast schon narkotische Vanille.
Durch die leichte Würzigkeit wirkt er nicht verspielt wie Butterplätzchen, sondern wie eine exotisch-teure Köstlichkeit.
Ich bekomme auch nicht wirklich Essbar-Vibes.
Er ist so geradlinig und unaufgeregt intensiv präsent.

Der Flakon ist stilistisch ein Traum, genau richtige Sillage und gute Haltbarkeit.
Für mich ein absolutes Must-Have.

Zuerst etwas muffiges, modriges - Morast? Kleine Schwanenfüßchen, die auf schwarzen schlammigen Seeuferboden in Richtung Wasser watscheln.
Dann nach wenigen Momenten unglaublich blumig, auf dem See schwimmt ein Meer aus weißen Blumen - nein, es schwimmt nicht nur, es ist auch abgehoben in die Luft, hat etwas schwebendes und leichtes. Die Blüten sind also im Wasser, im Himmel, überall.
In den kleinen Wellen öffnet sich ein Strudel, darin kommt sehr präsent der Honig zum Vorschein, danach der Kakao, alles wird immer süßer, aber bleibt durch die Wässrigkeit leicht.
Definitiv etwas ganz besonderes, nichts alltägliches, sehr zart und dennoch intensiv.
Toll!

Dunkelhaarige Schönheit in eine Ylang-ylang-Helioptrop Aura und kleines Schwarzes gehüllt steigt mit magnetischem Charisma in einer Sommernacht aus einer verspiegelten Limo. Der Name bedeutet Palast, aber ich verbinde hier nicht direkt den Orient.
Der Duft ist nicht zum übersehen (bzw. Überriechen) und ich kann verstehen, warum manche ihn aggressiv finden. Ich würde das eher präsent nennen, an dem kannst du nicht vorbei. Aber ich halte ihn für unheimlich faszinierend. Er kommt nicht mit einem "wumms" sondern subtil, dafür aber intensiv.
Für mich auch kein Unisex, ich sehe hier eine Frau, aber könnte natürlich unheimlich charmant an einem besonderen Mann sein.
Er ist nicht unbedingt schwer, die Blumen verhindern das. Zudem ein bisschen boozy, weswegen ich ihn auf Festivitäten sehe, die schicker sind. Dort trinkt man eleganten Pflaumenschnaps auf Zedernholz-Tischen. Zumindest bei einer Feierlichkeit, bei der man Eindruck schinden muss und nicht unschuldig Spaß haben kann. Aber wer so einen Duft trägt, lebt für genau diesen Auftritt.

Eine zitrisch-frische Brise weht durch die cremefarbenen Motelvorhänge. Vor den Fenstern liegt ein weißer romantischer Rosengarten.
Im Zimmer selbst pudert sich eine ältere gepflegte Dame im fuchsiafarbenem Kleid aus einem lackschwarzen altmodischen Tiegel die faltige Haut so heftig, dass sie husten und das Fenster noch weiter aufreißen muss. In Wolken stiebt der Puderstaub auf die zarten Rosengewächse nach draußen und vermengt sich mit deren süßen Duft. Es bleibt im Abendverlauf frisch und moschusartig weich, als hätte sich eine zärtliche Frühlingsnacht auf die Gartenszenerie gesenkt. Irgendwo liegt noch ein Teich, der für leicht wässrige Noten sorgt.
Wenn Punk, dann Vivianne Westwood in einer außergewöhnlichen, aber nicht provokanten Kreation.