Schallhoerer

Schallhoerer

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16 - 20 von 66
Schallhoerer vor 3 Jahren 9 4
8
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft
Eine Nacht in Leder und Patchouli
Die Marke Ulrich Lang wurde im Jahr 2002 vom gleichnamigen Ulrich Lang gegründet und stellt seitdem sehr interessante Düfte im Nischenbereich her. Lang war davor viele Jahre Produktmanager von Loreal und Amaris. Mit seiner eigenen Marke versucht der leidenschaftliche Fotograf die beiden Bereiche in Form von Fotografie und Parfum miteinander zu verbinden. Die Fotografie ist dabei ein Einfluss der sich durch viele seiner Düfte zieht. Sei es dabei die Verpackung, vereinzelt die Namen der Düfte (wie z.B. der Aperture) oder auch die Werbekampagnen. Die aktuelle Kollektion umfasst dabei 8 Düfte, die olfaktorisch nicht unterschiedlicher sein könnten.

Der Nightscape ist 2009 erschienen, kommt in einem 100ml Flakon und einer Eau de Toilette Konzentration. Ich würde den Duft dabei als erdig-ledrig bezeichnen. Der Parfümeur hinter dem Duft ist der deutsche Frank Voelkl. Voelkl ist ein profilierter Parfümeur und kann dabei auf ein großes Portfolio an den Düften zurück schauen. Er ist unter anderem für seine zahlreichen Arbeiten mit Le Labo (Santal 33, The Noir 29) bekannt. Er hat aber unter anderem auch den meiner Meinung nach hervorragenden Roses on Ice von Kilian kreiert.

Die Flakons von Ulrich Lang sind alle identisch und unterscheiden sich lediglich vom Aufkleber auf der Frontseite, auf dem wir den Namen des Hauses sowie des Duftes finden. Auch in der Farbe der Flüssigkeit unterscheiden sich die Düfte dabei. Der Flakon ist bauchig und verschlankt sich etwas nach oben hin. Die durchsichtige Kappe ist aus Plastik und gibt den Blick auf den Sprüher frei. Die Kappe fühlt sich dabei leider nicht sehr hochwertig an, schließt aber mit einem Klicken. Man kann den Duft daher beim Verschluss hochnehmen. Der Sprüher ist auf einem durchschnittlichem Niveau und gibt einen recht feinen Sprühnebel aus.

Das Patchouli sowie das Leder sind hier die am herausstechendsten Noten von Nightscape. Der Duft eröffnet dabei beim ersten Sprühen kurz ganz frisch durch die Bergamotte, und während diese noch ihren kurzen Frischekick liefert, zieht sie sich schon zurück und lässt für meine Nase direkt das Patchouli durchkommen. Patchouli kann ja viele Facetten haben. Von dreckig bis modrig und feucht ist da alles dabei. Viele verbinden den Geruch von Patchouli ja mit einem feuchten Keller, bzw. mit schlechter Luft in lange nicht gelüfteten Räumen. Hier im Nightscape hingegen wirkt das Patchouli angenehm erdig, ohne aber ins schmutzige zu driften. Er strahlt eine enorme Wärme aus, entfaltet sich sehr angenehm auf der Haut und bildet dabei das Fundament für die weiteren Noten im Verlauf. Bei dieser Art von Patchouli schwingt ganz weit im Hintergrund für mich auch eine minimale Alkohlnote mit. Als würde ganz weit im entfernten Jazzclub jemand an einem Whisky nippen, während wir am Tresen einen Mokka trinken, der uns etwas an das warme, erdige Patchouli mit seiner leichten schokoladigen Aura erinnert. Diese dominante Patchouli Phase dauert ungefähr eine Stunde, dann nimmt er sich etwas zurück und die zweite tonangebende Note von Nightscape kommt zum Vorschein. Das Leder. Hier sehr weich und angenehm gezeichnet. Kein verwittertes oder abgetragenes altes Leder, sondern für mich eher wie ein weiches Veloursleder, das einen in einen zarten Umhang aus Wärme und Geborgenheit hüllt. Durch das im Hintergrund schwebende Patchouli, das ebenfalls eine wohlige Wärme ausstrahlt, kann sich das Leder hier vollkommen entfalten. Der Moschus hier im Duft ist nicht dominant, wirkt eher wie ein ergänzender Stoff, der den Hauptcharakteren den Rücken frei hält und sie in den wichtigen Momenten unterstützt. Die Tonkabohne gibt dem Duft zum Ende hin noch etwas mehr Süße und unterstützt dabei das bereits weiche Leder. Und so endet der Nightscape dann nach einigen Stunden auch. Als wäre man eingehüllt in einer Velourslederdecke an einem verregnetem Sonntag Abend.

Wo wir am Anfang von Fotografie gesprochen haben, schafft der Duft es mir diese Art von Bilder ins Gedächtnis zu zeichnen. Eine Großstadt, deren Lichter sich in den Regenpfützen der Nacht spiegeln. Nur noch wenig Menschen die zu dieser Zeit auf der Straße unterwegs sind. Taxifahrer die eine weitere Nacht durchmachen, in der Hoffnung das eine vereinzelte Seele sich noch zu ihnen gesellt. All das ist Nightscape für mich. Dieses Gefühl in einer Großstadt verloren zu sein und sich trotzdem geborgen zu fühlen. Beschützt von den Lichtern der Reklamen aus den Geschäften an den Straßenseiten.

Die Haltbarkeit von Nightscape liegt bei guten 6-7 Stunden. Für ein Eau de Toilette gibt es hier meiner Meinung nach keinen Grund zur Beschwerde. Die erste Stunde ist der Duft dabei in der Ausstrahlung sehr stark und wird dann zunehmend intimer und hautnah.

Meiner Meinung nach hat Ulrich Lang mit dem Nightscape hier ein tolles Händchen für einen wunderbar toll abgestimmten Patchouli-Leder Duft gehabt. Das ist eine Art von Duft, die es in dieser feinen Abstimmung nicht allzu häufig gibt. Die einzelnen Komponenten sind meisterhaft miteinander verwoben und ergänzen sich hervorragend. Der Duft steht dabei relativ allein für sich und andere Vertreter dieses Genres fallen mir da nicht wirklich ein. Dadurch das hier das Leder so wunderbar weich und nicht sperrig gezeichnet ist, könnte ich mir Nightscape sogar auch an Frauen vorstellen. Es besteht thematisch keine Verbindung zum Cuir Beluga von Guerlain, da in Nightscape keine dominierende Vanille auftritt. Aber das Gefühl des geschmeidigen Leders ist vergleichbar. Hier in Nightscape halt perfekt in Verbindung mit Patchouli gebracht.
4 Antworten
Schallhoerer vor 3 Jahren 12 4
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Der Kopfnoten-König
Aquaten aus Bayern? Klingt auf dem Papier irgendwie nicht richtig. Diese noch relativ junge Marke hat aber bereits mit 2 Düften mein Herz erobert und dem Genre neuen Wind verliehen.

Wir werfen aber als erstes einen Blick auf den Flakon. Der Flakon ist würfelförmig, recht schwer und wirkt von der Haptik ziemlich hochwertig. Auf der Frontseite haben wir ein kleine Stoffplakette mit dem Namen des Hauses sowie des Duftes. Der Flakon hat einen schönen hellblauen Farbverlauf. Das Stofflogo auf der Front ist ebenfalls in einem hellen blau gehalten. Die Kappe fühlt sich hochwertig an und bei diesem Flakon überzeugt mich auch der Sprüher vollkommen. Ein schöner fein dosierbarer Sprühnebel. Das ist überdurchschnittliches Niveau.

Was nützt aber der schönste Flakon, wenn der Inhalt nicht überzeugt? Aber da muss man hier keine Sorge haben. Denn mein Gott, dass ist eine der besten Kopfnoten die ich wahrscheinlich jemals gerochen habe. Hier ist alles so frisch, belebend und spritzig, dass mir im ersten Moment die Spucke weggeblieben ist. Der Sauerstoff-Akkord (aus was auch immer er zusammengesetzt ist) macht durchaus Sinn. Das wirkt wie ein frischer Luftzug aus einem geöffnetem Fenster. Die Bergamotte ist so perfekt mit der frischen und herben Limette abgestimmt und wird von etwas minimal grünem unterstützt. Ich kann beim Opening ehrlich gesagt aus dem schwärmen nicht mehr rauskommen. Hier ist die Verteilung zwischen frischen-zitrischen Noten und aquatischen Noten so perfekt ausbalanciert, dass einfach alles stimmig und absolut rund wirkt. Wenn ich alleine Noten für die Kopfnote vergeben müsste, dann hätten wir hier eine ganz klare 10 von 10. Das ist die Art von Kopfnote, die einen einfach umhaut und erstaunt zurück lässt. Jetzt könnte man natürlich meinen, dass wir es hier mit einem Kopfnotenblender zu tun haben. Dem ist aber nicht so. Auch wenn der Duft nach der Kopfnote dieses meisterhafte Niveau nicht komplett halten kann, ist der Lago über den gesamten Verlauf immer noch ein absolut überzeugender Duft. Durch den Salbei in der Herznote gewinnt der Duft noch etwas grün-würziges das sich dabei hervorragend mit den frischen Elementen der Kopfnote verbindet. Das Treibholz gibt dem Duft im Drydown dann die grundlegende Basis, die auch hier wie beim Monte minimal salzig ausfällt. Der Moschus bettet die restlichen Noten auf einer angenehm frischen Wolke und gibt den restlichen Elementen genug Platz um sich zu entfalten. Das Ambra, hier wahrscheinlich eher in synthetischer Form als Ambroxan, verleiht dem Duft eine minimal duschgelige Frische, die aber absolut stilvoll und gekonnt eingesetzt wirkt. Generell muss ich sagen, dass dieser zu keiner Zeit wie übliche aquatische-calone Unfälle wirkt. Calone ist eine chemische Verbindung die oft in aquatischen Düften verwendet wird um frische bzw. den Geruch vom Meer zu vermitteln. Das gepaart mit einer Überdosis an Ambroxan, was ebenfalls eine chemische Verbindung ist, die das natürliche Ambergris emulieren soll, führt oft dazu das aquatische Düfte nach Unfällen im Reagenzglas riechen. Sowohl der Monte aber auch der Lago sind hier ganz klare Ausnahmen. In beiden Düften ist das Ambroxan vorhanden, aber niemals nervig oder vordergründig eingesetzt. Hier wird es genau so verwendet, wie es vorgesehen ist. Als unterstützendes Mittel zum Feinschliff vorhandener Noten.

Die Haltbarkeit liegt bei 4-5 Sprühern bei absolut stimmigen 7-8 Stunden. Die Ausstrahlung nimmt dabei nach 2 Stunden etwas ab, ist aber in der näheren Sillage stets wahrnehmbar.

Der Lago ist somit für mich die frisch-aquatische Überraschung der letzten Jahre. In diesem Genre hat mich bisher kein Duft auf ganzer Linie so überzeugt wie dieser aus dem Hause Acqua di Baviera. Wer sich z.B. einen Afternoon Swim von Louis Vuitton für 220€ kaufen will, der sollte man vorher den Lago testen. Hier bekommt ihr für ein 1/3 des Preises einen frisch-aquatischen Duft mit einer der schönsten und frischen Kopfnoten überhaupt. Und ihr bekommt eine Haltbarkeit, die ihren Namen auch verdient. Während dem Afternoon Swim bereits nach 5 Stunden die Puste ausgeht, kommt ihr mit dem Lago ohne Probleme über einen ganzen Arbeitstag.
4 Antworten
Schallhoerer vor 3 Jahren 7 7
8
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft
Der Tor zur grünen Hölle
Matca Naturals ist ein kleines Indie-Label aus Rumänien, dass 2019 gegründet wurde und sich im Bereich der "Botanical Perfumes" angesiedelt hat. Hier werden also Düfte zu 100% aus pflanzlichen Inhaltsstoffen ohne jede Synthetik hergestellt. Weil Kollege Floyd und Bloodxclat hier schon so geschwärmt haben und weil mit Tabak und Eichenmoos zwei meiner Lieblingsinhaltsstoffe in einem der Düfte enthalten sind, viel der Entschluss schnell diese kleine und noch recht unbekannte Marke mal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Der 10ml Flakon ist dabei relativ minimalistisch gehalten und wird lediglich durch einen strukturierten Aufkleber auf der Front und Seite geschmückt. Auf diesem findet man sowohl den Namen des Hauses wie auch des Duftes.

Der Oakmoss Tabac ist 2020 erschienen ist. Der Name ist hier dabei auch Programm. Eichenmoos und Tabak sind die ganz eindeutig dominierenden Töne und Farben in diesem Duft. Beim ersten Sprühstoß steht man direkt vor einer dunkel-grünen Wand, die einem die Sicht versperrt. Das Licht kann dabei nur durch kleine Spalte in der von grünen Moos bedeckten Wannd blitzen. Der Boden um einen herum wirkt schwer, feucht und man bekommt das Gefühl nicht los als könnte man jede Sekunde anfangen darin zu versinken. Wenn man die Hand nach dieser Wand ausstreckt kann man die einzelnen Fasern des Mooses spüren. Langsam scheinen sich diese um die Finger zu spinnen. Hinter der meterhohen grünen Wand stehen Blumen, deren Geruch die bittere und herbe Mooswand aufzulösen scheinen. Die Bäume senken sich nun, umhüllen die Wand und teilen diese in der Mitte. Der Blick ist frei, das atmen fällt leichter. Nun sieht man die Umrisse der Blumen, sie sind unscharf gezeichnet und doch vertraut. Die einstige Wand aus Eichenmoos liegt uns zu Füßen und von den Bäumen tropft das Harz von Tausend Jahren. Die Tropfen lösen sich in Rauch auf und deuten uns den Weg. Mit Tabakblättern unter den Füßen schweben wir über den Boden, lassen das Eichmoos hinter uns und folgen dem hölzernen Weg aus dieser grünen Hölle. Wir können wieder durchatmen und werfen einen letzten Blick zurück über unsere Schulter. Die grüne Wand hat sich wieder geformt. Wir stehen in ihrem Schatten und während der nun hölzerne Pfad uns den Weg nach draußen zeigt, können wir den Blick nicht von dieser monströsen Schönheit in smaragdgrün abwenden. Es wird der Tag kommen, wo wir den Ausgang nehmen. Aber im hier und jetzt wollen wir wieder vor dem Tör zur grünen Hölle stehen.

Matca Naturals ist hier mit dem Oakmoss Tabac ein wunderschönes Dufterlebnis gelungen. Die zu Beginn erdrückende Naturgewalt in Form der Eichenmooswand wird mit der Zeit immer vertrauter. Der Tabak nimmt dem grün, bitteren Eichenmoos etwas von seiner Wucht und wärmt gleichzeitig mit seinen hellen Tönen. Zusammengehalten wird am Ende alles von Hölzern und einem Hauch cremigkeit. Meisterhaft alles miteinander verwoben.

Die Haltbarkeit liegt bei 6-7 Stunden. Die ersten 2 Stunden strahlt der Duft dabei recht stark von der Haut ab.

Wer auf absolut naturbelassene Düfte mit herb, stellenweise am Anfang bitterem Einschlag steht, der wird hier seine wahre Freude haben. Ich werde in Zukunft immer häufiger diese "Ausflüge" in die Welt der 100% natürlichen Düfte machen. Das ist wie ein Reset für die ganzen synthetischen Stoffe in Düften, die einem mittlerweile unterkommen.
7 Antworten
Schallhoerer vor 3 Jahren 19 9
6
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Ein Herbst-Charakter
Die Jagd nach den Cheapie-Schätzen der Parfum Welt geht weiter. Oftmals frage ich mich dabei in letzter Zeit wieso man so viel Geld für teure Nischen Düfte ausgibt, wenn man unter Umständen hier solche Juwelen für weniger als ein Abendessen an einer Imbissbude bekommt. Der Caractère ist dabei wieder ein Vertreter dieser "hidden Gems" Kategorie. In Kennerkreisen zwar kein Geheimtipp mehr, aber viele kennen ihn trotzdem noch nicht.

Der Duft ist 1989 erschienen und Alain Verjus ist der Parfumeur. Verjus ist ein mir unbekannter Parfumeur, den ich mit keinen mir bisher bekannten Marken in Verbindung bringen kann. Caractere würde ich als würzig-aromatisch bezeichnen. Ein Blick auf den Flakon zeigt uns leider warum der Duft so preiswert zu bekommen ist. Er wirkt leider nicht sehr hochwertig, vom Design etwas altbacken (was mir persönlich aber irgendwie auf eine charmante Art und Weise gefällt) und die Verschlusskappe ist mit das schlimmste was ich bisher in den Händen hatte. Der Sprüher ist durchschnittlich und verteilt einen recht kurzen Sprühnebel.

Wie es sich für einen Duft aus dieser Zeit gehört, ist die Duftpyramide sprichwörtlich zum bersten gefüllt an Inhaltsstoffen. Artemisia, Bergamotte, Zitrone, Basilikum, Gartennelke und Bibergeil sind dabei nur kurze Auszüge.

Die Farbe des Flakons nimmt den Geruch dabei wunderbar vorweg. Wir haben hier einen klassischen Old-School Duft mit einem starken Eichenmoos Einschlag, der einen an eine Wanderung durch einen verregneten Wald im Herbst erinnert. Dabei dienen in der Kopfnote ganz kurz ein paar frische Momente um den Duft etwas von seiner anfänglichen Schroffheit zu nehmen. Durch das Bibergeil sowie dem Lederakkord rückt der Duft allerdings im Drydown wieder in diese herb, maskuline Richtung wie man Sie z.B. von einem Santos von Cartier kennt. Der Grundcharakter hier ist relativ bitter und krautig und wird zum Ende hin dann etwas versöhnlicher und endet in einem herb-seifigen Akkord der vom Leder unterstützt wird.

Der Caractère bedient sich bei einigen der Vertreter von dieser Art von Düften. Seien es die Kreationen von Jaques Bogart, Oscar de la Renta (Pour Lui) oder dem angesprochenem Santos von Cartier. Ganz gemäß dem Namen, hat der Duft aber einen eigenen Charakter und wirkt nicht wie eine bloße Kopie. Angesichts des Preises (ungefähr 10€ für 50ml) macht man hier keinen Fehler, wenn man auf stark maskuline, herbe Düfte der späten 80er und frühen 90er steht. Ich sehe diese Art von Düften aber tendenziell eher an Trägern im Alter von +30 aufwärts.
9 Antworten
Schallhoerer vor 3 Jahren 28 12
3
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Von gefallenen Königen und Thronnachfolgern
Die Marke Milton Llyod ist für absolut billige Düfte bekannt, die oftmals erfolgreiche Duft-DNAs kopieren. Das Problem bei Kouros ist tatsächlich das der Duft über die vielen Jahre immer mehr verwässert, angepasst und letztendlich kastriert wurde. Was in den frühen 80igern als absolutes Powerhouse galt, ist mittlerweile nur noch ein Schatten seiner selbst. Der aktuellen Formulierung von Kouros fehlt so ziemlich alles, was den alten Gott ausgemacht hat. Wer Kouros in den frühesten Formulierungen kennt, der weiß das wir hier über einen absolut maskulinen-würzigen Duft mit leichtem animalischem Einschlag reden. Ein Duft, der gefühlt die Brusthaare um ein paar weitere Zentimeter hat wachsen lassen. Kouros war in der Urformulierung für viele der Inbegriff von sexuellem Selbstbewusstsein. Für viele damals aber auch schon zu viel, da manche auf diese leicht urinöse Note nicht klarkommen konnten. Ich kann diese Pissoir-Assoziation zwar nachvollziehen, aber nicht teilen. Kouros riecht für meine Nase nicht dreckig sondern frisch, aromatisch und einfach wie eine Herrenumkleide in den frühen Neunzigern, wenn wir im Hallenbad waren.

Der Flakon wirkt dabei wie ein billiges DEO aus dem Discounter. Auf der schwarzen Vorderseite haben wir den Schriftzug und die Konzentration, in diesem Fall Eau de Toilette. Der Sprüher ist hier eine Besonderheit. Denn es handelt sich um keinen klassischen Pump-Sprüher, bei dem der Duft durch Unterdruck aus dem Flakon gesprüht wird, viel mehr handelt es sich um einen Sprüher, wie man ihn eben von Deos kennt. Hier wird mit Gas im Flakon gearbeitet. Ihr könnt also theoretisch mit einem Druck auf den Sprüher den kompletten Inhalt des Flakons raussprühen. Der Parfumnebel ist dabei aber sehr fein und gleichmäßig. Schaut einfach das ihr den Sprüher nur kurz bestätigt.

Der The Man Silver riecht tatsächlich wie der Kouros aus den späten 80igern und frühen 90igern. Ihr habt hier einen klassischen aromatischen-würzigen Duft mit Lorbeer, Artemisia und Salbei in der Kopfnote. In der Herznote haben wir Zimt, Koriander, Bergamotte und Gartennelke und in der Basis dann Vetiver, patchouli, Honig, Leder, Amber und Moschus.

Beim ersten Sprühen kommt euch im Opening dieser Mix aus allerlei Gewürzen in die Nase. Das wirkt erfrischend, würzig und absolut belebend. Was Kouros ausmacht, ist diese fein mitschwingende animalische Note aus dem Honig und dem Moschus, die zusammen stellenweise diese Assoziation zu einem Pissoir erzeugen können. Und der The Man Silver hält sich hier nicht zurück. Wo bei der aktuellen Kouros Formulierung von YSL dem Duft komplett die Ecken und Kanten abgefeilt und kastriert wurden, powert der The Man Silver hier richtig los. Diese teils herben aromatischen Inhaltsstoffe wie der Koriander oder die Nelke werden durch Süße Akzente des Zimts sowie des Honig perfekt ausbalanciert. Das Leder kommt dann später dazu und gibt dem Duft noch etwas mehr Profil in Richtung Maskulinität. Kouros ist zurück. Wie Milton Llyod das hinbekommen haben, wird mir ein Rätsel bleiben. Aber offenbar muss man hier an die Original Formel von Kouros gekommen sein. Anders kann ich mir diese nahezu perfekte 1:1 Vintage Kopie nicht erklären. Die Haltbarkeit liegt bei überragenden 10 Stunden. Für ein Eau de Toilette und diesen Preis einfach unglaublich.
12 Antworten
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