Stephan78

Beim ersten verteilen dieses Kunstwerks auf dem eigenen Arm stellt sich jeder bisher gerochene Duft in Frage. Die wunderschöne blumige Komposition nimmt die Luft ein und zieht vollkommen in ihren Bann. Was genau das ausmacht, lässt sich nicht erkennen, aber irgendwas in diesem Auftakt ist der blanke Wahnsinn, eine olfaktorische Offenbarung. Als würden einzelne Blüten durch die Luft schweben und jede für sich einen lieblichen Duftschweif hinterlassen. Der Duft wird getragen und der Träger schwebt in Erinnerung an das gerade erlebte. Auch beim zweiten Mal ist er hin und weg, das dritte Mal wird bereits aus dem eigenen Flakon gesprüht.
Doch trotz angemessener Pause zwischen jedem Tragen verblasst der Zauber schneller als erhofft. Die feierliche Eröffnung wird schwächer, die lieblichen einzelnen Duftschweife verschwimmen und das Augenmerk fällt mehr auf den restlichen Verlauf des Dufterlebnisses. Dieser hat es schwer, mitzuhalten. Teils süßlich, teils holzig, teils undefinierbar. Und so verschließt sich der Duft mit der Zeit und man verabschiedet sich voneinander. Vielleicht belebt ein Jahr der Trennung den Zauber auf ein neues.

"Cool Water Intense | Davidoff" hatte ich mir ganz am Anfang meiner Duft-Faszination blind gekauft und erwartet, eine stärkere Version des EDTs zu erhalten. Da hatte ich mich allerdings getäuscht, die Intense Version von Cool Water hat absolut nichts mit dem erfrischenden Original gemeinsam.
"Cool Water Intense | Davidoff" ist eine Kokosnuss, die mit ein bisschen Mandarine auf einem starken, künstlichen Ambrabett liegt und sehr wässrig wirkt, obwohl sie gerne eine gewisse Tiefe vermitteln möchte. Im Grunde ganz gefällig, aber genauso nichtssagend wie langweilig.

Schon beim ersten Schnuppern dachte ich: "Wahnsinn, ein Meisterwerk!" Und das ist Dior Homme Intense wirklich.
Kein Duft hat es für mich bisher geschafft, so eine Wärme und Sicherheit, aber auch so eine Attraktivität zu verkörpern. Die Art Attraktivität, die jemand hat der mitten im Leben steht und weiß, was er möchte.
Mit jedem Sprühen hüllt dieser Duft den Träger in einen pudrigen Mantel, der für mich fast etwas schokoladig wirkt und dezent holzig untermalen ist.
Diese pudrigkeit gefällt nicht jedem, aber das macht das Erlebnis umso besser, umso interessanter. Denn immer wieder frägt man sich wie etwas, das so sehr an Makeup erinntert, so männlich sein kann.

Ich habe Light Blue Intense wirklich eine Chance gegeben. Ich wollte ihn mögen. Aber irgendwie sind mir die zitrischen Noten einen Hauch zu künstlich. Die Aquatik nicht überzeugend genug, der Moschus etwas zu stark. Vor allem aber wird der Duft auf meiner Haut etwas beißend sobald ich schwitze. Was bei einem Sommerduft, der an heißen Tagen (im Idealfall beim Urlaub am kristallblauen Meer) am besten aufgehoben ist, leider überhaupt nicht verzeihbar ist.
Alle die ihm auch eine Chance geben wollen, erhalten einen aquatischen Moschusduft, der nur zwei mal gesprüht einen ganzen Raum füllt und ordentlich hält. Für manche riecht er nach Urlaub am Meer, für andere „einfach nur nach Parfum" (ein sehr ernüchterndes Feedback, welches ich wegstecken musste).
Mich wird der etwas billig wirkende aber recht beliebte Flakon wohl wieder verlassen.

Bleu de Chanel ist ein sehr geläufiger Duft. Man läuft ihm immer wieder über den Weg, ob nun dem Original selbst oder einem von vielen, die sich durch diesen Duft haben inspirieren lassen. Dennoch ist er etwas Besonderes.
Bleu de Chanel startet mit einer sehr hellen zitrischen Frische, die Holzig untermalen wird und durch eine leicht rauchige Note mysteriös männlich wirkt. Abgerundet wird der Duft durch einen Hauch süßlicher Tonkabohne, gerade genug um sie wahrzunehmen.
Der Duft ist zwar austauschbar, aber auch unglaublich hochwertig. Wer ihn trägt hat damit sicherlich kein Alleinstellungsmerkmal, riecht aber dennoch gefestigt, sauber und attraktiv. Für mich ist Bleu de Chanel der König geläufigen Düfte und wird immer einen Platz in meinem Schrank haben.