TVC15

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11 - 15 von 216
TVC15 vor 12 Jahren 13 5
5
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
7
Duft
Der Hotel-Spagat
Um durch die Vorgängerkommentare kein falsches Bild entstehen zu lassen, "Bergamotto Marino" ist erstmal eines: preiswert. Wie Seymour schon festgestellte, hier riecht es für den vollmundigen Namen recht wenig nach Bergamotte, welche ja eher eine viel verwendete Lückenfüller-Ingredienz ist und solo in Parfums doch nicht so souverän und unverwechselbar überzeugen kann wie im Earl-Grey-Tee. Weder in Le Labos "Bergamote 22", noch in Ellenas TDC-"Bergamote" oder Acqua Di Parmas "Bergamotto Di Calabria". Was wohl daran liegt, dass die Bergamotte so'ne Art Chamäleon der Zitrusfrüchte ist und mal nach Orange, mal nach Grapefruit und wieder ein anderes Mal nach Zitrone duften kann.

Altmeister Pierre Bourdon ("Cool Water", "Kouros", "Green Irish Tweed" etc.) hat mit "Bergamotto Marino" einen Hotelduft kreiert, der - gebettet aufs kuschelige Badehandtuch - den Gast des Hauses die Rechnung besser verstehen lässt. Somit durfte er natürlich kein Außenseiter oder Rebell sein, sondern musste versuchen, möglichst vielen Geschmäckern gerecht zu werden. Und womit gelingt das erfahrungsgemäß ganz gut, klar, mit Früchtchen. Neben der zitrischen Frische der Bergamotte finden wir hier einen Haufen Aquatisches in Form von Melone und einen samtigen Cassis-Akkord, der versucht, den Munterwerd-Duft der morgendlichen Dusche als Allrounder auch noch bedingt abendkompatibel zu machen (analog Kenzos "Eau Indigo"). Am Wegesrand nehmen wir noch ein paar verhaltene Blümchen mit, und das war's dann aber auch schon. Der Duft bleibt eindimensional, linear und hält als erfrischendes Cologne natürlich keine Ewigkeiten.

"Bergamotto Marino" ist angenehm zu schnuppern, aber Ähnliches kennt man eben auch schon recht massiv von Calvin Klein, Ermenegildo Zegna, Paul Smith oder noch günstiger von Jaguar. Ich mochte ihn anfangs sehr gern, aber angesichts seiner lieblichen Flachheit kam mir beim dritten Mal dann doch schon ein "Och, der nu wieder!" über die Lippen.

Tipp: Kein direkter Duftzwilling, aber von Anmutung und Einsatzzweck her ähnlich, nur etwas interessanter: Angel Schlessers "Esprit de Gingembre pour Homme".
5 Antworten
TVC15 vor 12 Jahren 20 16
5
Flakon
2.5
Sillage
5
Haltbarkeit
4
Duft
Wir sind nicht gekommen, um uns zu beschweren
Lassen wir die Kirche mal im Dorf, das wird jetzt kein Rundumschlag, wie ich es befürchtet hatte. Denn dafür ist François Demachy zu sehr Profi. Was natürlich auch bedeutet, dass er exakt das macht, was der Auftraggeber erwartet. Und die Zeichen der Zeit stehen nunmal nicht auf stechende Zitronen und Alain Delon mit retuschierter Fluppe, sondern auf Warmduscher-Vanille und Matthias Schweighöfer. Aber ich will ja nicht lästern. Es ist nur so, dass dieses Parfum nicht mehr viel mit Eau Sauvage gemein hat. Die Zitrone ist weg, die herbe Frische ist weg, alles was das Originalwasser "wild" machte, ist unter die Räder gekommen. Zugunsten eines braven, angepassten Crowdpleasers, den sicherlich all die jüngeren Burschen mögen werden, die seinerzeit die x-te Reformulierung von "Habit Rouge" als Klassiker für sich entdeckten und dafür ihr "Le Male" bei eBay einstellten.

Nun ja, notfalls kann man "Eau Sauvage Parfum" als "Winter-Edition" durchgehen lassen. Das Schönste daran finde ich eigentlich, dass ich schon wieder Geld spare , weil es ein Duft ist, den ich nicht vermisst habe und somit auch nicht brauche. Ein gemäßigter Langweiler, der seiner spartanischen Pressemärchen-Pyramide kaum gerecht wird, sondern vielmehr das Flair eines "Halb zehn in Deutschland"-Knoppers auf der Tischlerei-Werkbank verbreitet. Vanille, Ambra und ellenlang Holz. Aber ich wollte doch gar nicht lästern.
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TVC15 vor 12 Jahren 15 6
5
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2.5
Haltbarkeit
4
Duft
It's fun to stay at the DLRG
Mysteriös sind die Wege des Hauses Rochas. Dem absolut großartigen "Eau de Rochas Homme", einem Zitruswasser mit klassischem Chypre-Flair, stellte man im Jahr 2006 ohne Not ein - um es in freundlichen Worten zu sagen - sehr schüchternes Obstwässerchen zur Seite. Als Flanker hat es dummerweise so gut wie keine Berührungspunkte mit dem Original (sagte ich schon, wie gut das ist?), stiftet aber durch seine Farbgebung einigermaßen Verwirrung. Das Grunddesign von "Eau de Rochas" wurde beibehalten, lediglich blau durch grün ersetzt. Warum grün? "Reflets..." hat nicht das geringste von Waldesfrische oder herb Krautigem, sondern ist genau dieses harmlose Melonen-Aquatic, bei dem alteingesessene Nischenfreunde nicht ganz unberechtigt gern mal die Näschen rümpfen. Ihr wisst schon, wieder so'n süßlicher Freibadduft, zu dem Cassandra Steen "So schmeckt der Sommer" trällert. Schade schade. Dass "Reflets" mittlerweile eingestellt wurde, überrascht nicht. Dass es bei eBay als Rarität zu Liebhaberpreisen weggeht, schon. Das "Beyond Paradise"-Syndrom :)
6 Antworten
TVC15 vor 12 Jahren 13 6
5
Flakon
2.5
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5
Haltbarkeit
7
Duft
Erwachsener als es aussieht
Lime & Bergamot, das liest sich erst mal wie eines der vielen Acqua Colonias von 4711, und die fruchtig-frische Verpackung sieht auch haargenau so aus. Doch weit gefehlt! Das, was das britische Traditionshaus Bronnley hier recht preisgünstig über den Drogerie-Tresen schiebt, wäre sicherlich gern ein ausgewachsenes Chypre geworden, so sehr erinnerten mich seine Bemühungen an Diors Genre-Klassiker "Eau Fraîche".

Erst vor ein paar Tagen änderte ich hier sozusagen mutwillig (also ohne den Duft zu kennen und nur aufgrund der Einordnung der Konkurrenz) die Kategorisierung "weiblich" in "unisex". Mittlerweile würde ich das wieder zurücknehmen. "Lime & Bergamot" könnte für Männerhaut evtl. etwas zu diffizil sein. Obwohl die beiden Agrumen-Noten namentlich eindeutig im Vordergrund stehen, haben wir es hier weder mit stechenden Zitronen noch mit eisiger Frische zu tun, weder mit einem klassischen Kölnisch Wasser noch mit einem After Shave für die Rasierpinselfraktion, sondern vielmehr mit einem zarten und sehr ruhigen, überwiegend weiblichen Skinscent... einem - bitte nicht falsch verstehen - angenehmen sophisticateten Grauschleier der die Toskana in die britische Countryside verlagert. Ich war ziemlich überrascht.
6 Antworten
TVC15 vor 12 Jahren 33 10
2.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
2
Duft
Düfte, die die Welt nicht braucht. Heute: Karamell-Likör
Schön dass Alessandro Gualtieris Produkte eine klare Formensprache sprechen, denn bei dermaßen proportionsgestörten Flakons im Puppenstuben-Design wäre ich eigentlich gar nicht erst auf die Schnapsidee gekommen, die Düfte der "Verrückten Nase" (= Nasomatto) jemals testen zu müssen, hätte es sich eine nette Parfumoistin nicht zur Aufgabe gemacht, meinen kümmerlichen Parfümgeschmack von Zeit zu Zeit mit etwas Nische zu pimpen. Man kann die klobigen Deckel, die bezeichnenderweise fast größer als das eigentliche Behältnis sind, natürlich auch als Griff zum Wegschmeißen sehen.

Ja nee, schon klar, ähnlich wie Christopher Sheldrake im Hause Lutens möchte Alessandro Gualtieri mit seinen etwas gewöhnungsbedürftigen Kreationen an den Riechgewohnheiten eines Klientels herumdoktern, das 110 Euro für 30 ml nicht als Hindernis empfindet, sprich: Provokation zum Wohle des Riechkolben-Spektrums. Eine durchaus ehrenhafte Einstellung, wenn es irgendwo auf der Welt einen Ort und eine Zeit gäbe, wo Ausdünstungen von der Güteklasse einer Pulle namenlosen Fusels zusammen mit den Resten der Notration Daim nicht direkt in die Ausnüchterungszelle des lokalen Polizeireviers führen.

Eieiei, was isser wieder gemein, riecht er denn nicht die grünen Noten und den ernsthaften Vetiver? Doch, tut er, nur frage ich mich, warum so'n schöner ernsthafter Vetiver von einer albernen Kiosk-Gourmandnote gemeuchelt werden musste. Und das Grün, das hier so viele wahrnehmen, die die Duftpyramide gut studiert haben? Tja, wenn das grün sein soll, dann muss ich als leidenschaftlicher Grün-Fan meine persönlichen Präferenzen vielleicht doch mal updaten. Für mich bedeutete "grün" immer Blätter, Gräser, Chlorophyll. Gualtieris Werk wirkt auf mich eher rotbraun.

Nach dem unvermeidlichen Abwaschen, also quasi in der aquatischen Variante stellte ich dann - nein, nicht etwa die verbotene Wermut-Substanz "Thujon", sondern eine ganz profane Brausebonbon-Note fest, wie man sie von "Le Male" oder "1 Million" kennt.

"Absinth" dreht und windet sich, um ernstgenommen zu werden, landet aber immer wieder im infantilen Umfeld. Doch hören wir hierzu Avangardist und Nasomatto-Chef Gualtieri selbst über seine Absinth-Partys berichten: "Nach kurzer Zeit waren alle, ich inklusive, unheimlich stoned. Einige meiner Freunde wurden wieder zu kleinen Kindern, sie sabbelten Unsinn und machten Witzchen über rein gar nichts." Ob sich der Duft das zum Vorbild nahm?
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