Theodor

Das muss man erstmal hinbekommen, einen Duft zu kreieren, der eine solche Gefälligkeit und einen solchen Einschlag hat.

Die Grapefruit mit dem blauen Frischekick in der ersten Stunde ist dabei die Klarmachung des Anklingens einer neuen „blauen“ Duftära. Das Holzthema unterstützt dabei wohlig untermalend, ab Stunde 4 wohlig übermalend, die ausklingende Zitrik.

Doch das ist nur der Ingredienzaspekt des Duftes. Rückblickend betrachtet schuf er eine neue Ära. 2010 eingeführt, war er der erste Designer, der das Blauthema ausgefüllt hat und es passte in das folgende Jahrzehnt. In dem Jahrzehnt, in dem durch die flächendeckende Implementierung von smartphone, socialmedia und co., ebenfalls eine neue Ära für uns Menschen begann.

Er war der erste Desiger mit Magnetkappe, es folgten Dior und Armani und er war der erste blaue Designer, es folgten Dior, Versace und YSL.

Insofern kann man den Chanel Bleu EDT als OG bezeichnen und ist allein deshalb einen Kauf wert. Denn er prägte das Geschäft, hat etwas zeitloses und gleichzeitig etwas zeitgeistig Passendes entwickelt.

Der Dufteindruck ist gefällig und war gleichsam etwas Neues in 2010.

All diese Aspekte schwingen mit diesem Duft mit und machen ihn deshalb für mich zu einem modernen Klassiker und zu einem Meisterwerk mit Designermaßgaben.

Das wilde Öl auf die Haut gelegt, entfaltet sich zu einem tiefen, dunklen, feuchten, hölzernen, modrigen, lebhaften Eindruck.

Den Dschungel kann man sehen, wenn das Öl gerochen wird.
Es ist wirklich eine umwerfende Erfahrung.

Stellt euch vor, ihr seid inmitten der Bäume und Lianen, tief im Dschungel Papuas, wo das Gehölz so dicht bewachsen ist, dass das Licht nur noch wenig hindurchscheint. In diesem Milieu lebt allerlei Getier und Gewächs. Es ist feucht und für Menschen unbewohnbar, teilweise unbegehbar.

All das und mehr, kann man riechen.
Es ist, als hätte der Baum die gesamte Umgebung eingesogen, was wohl auch so ist. Dies wird sodann destilliert und heraus kommt dieses Dschungelerlebnis, von dem ich berichte ohne je dort gewesen zu sein.

Die einzelnen Noten zu thematisieren fällt wenig leicht, wenn doch ein Parfum einen Gesamtausdruck in die Lüfte wirft.

Dieser hier, wirft diesen in trockenste Wüstenluft, die sich mit Sand und Staub vermischt hat. Es dürfte das Balsamische sein, das diesen Eindruck vermittelt.

Ja, der Ausdruck führt zum Eindruck. Weiter noch, steht er für eine wärmende Männlichkeit, will dich in den Arm nehmen und dir sagen, du bist sicher bei mir.

Das trockene, wärmende Gefühl beim Tragen (oh, wärmender Amber) lässt sodann den Träger ausstrahlen, was eigtl der Duft äußert.

Er hat zugleich etwas altmodisches bzw klassisch-zeitloses und erschließt somit Balance zwischen Orient und Okzident.

Ein toller Duft, den ich mir prächtig im Herbst vorstelle.

Die Haltbarkeit und Sillage sind brauchbar mit 7-9 Std bzw 3-4 Std.


Ich bin begeistert, rieche ihn sehr gern für mich und trage ihn auch gern.

Klare Empfehlung!

Auch wenn Armenier und Türken ihre Dispute haben, so hat diese Zusammenarbeit hervorragend funktioniert. So hat das türkische Nischenhaus die Parfumeurin Cecile Zarokian engagiert und sie hat abgeliefert, wie auch bereits bei vielen anderen Nischenhäusern.

Interssant zu wissen, dass viele Marken eigentlich nur die Vertreiber der Kunst sind, die die Parfumeure gestalten.

Wer kenn denn noch Jil Sander Man Absolut? Es war ein zauberhafter Vanilleduft, der heute nicht mehr zu bekommen ist. Das ist nicht weiter schlimm, denn Ani übertrifft das gute Stück von damals und ergänzt es sogar noch mit dem Zusatz der anfänglichen grünen Verspieltheit, was den Duft so einzigartig macht.

Mit der Zeit legt sich die angewürzte Grünlichkeit und die tragende Vanille wird nun der Hauptdarsteller. Eine schöne und ehrliche Vanille, die von Mann und Frau gleichermaßen getragen werden kann.

Schön finde ich, dass der Duft nicht so süß ist, wie man vllt vermuten könnte, sondern etwas Natürliches hat, nichts Erzwungendes.

Die Haltbarkeit und Sillage sind vorbildlich und machen Lust, den Duft auch zu benutzen.

Insgesamt ein gelungenes Projekt und man kann nur hoffen, dass dieser Duft so bleibt wie er ist!

Edit zum Thema Batches:

Ich finde gut, dass wir uns über Batches unterhalten, es ist sogar wichtig! Denn auch bei Wein und Whiskey unterhält man sich über Jahrgänge und das aus gutem Grund. Wenn die Düfte aus verschiedenen Jahren anders riechen, sollte das kommuniziert werden. Gerade weil wir so into fragrances sind, haben wir fast die Pflicht, derartiges aufzuzeigen und zu besprechen.

Also Ani, bleib wie du bist, denn du bist schön wie du bist!

… oder, die letzten 20% kosten!

Eingehend zu erwähnen ist der für mich eindrucksvolle Wohlgefallen, der dieser Duft ausstrahlt. Das Gefühl an der Spitze der Duftkunst angekommen und zufrieden zu sein.

Anders als der Sculpture hat er eine Art Vollendung und Abgeschlossenheit. Er steht für sich, ist in seiner Dichte und Präsens hervorragend abgestimmt und will nicht mehr von sich zeigen, als die paar Stunden, die er uns gibt, denn es reicht, um in Erinnerung zu bleiben.

Zugegebenermaßen ist die Haltbarkeit und Sillage für den Preis miserabel, doch die letzten 20% der Formvollendung kosten leider 80% mehr.

Ob sich der Aufpreis am Ende lohnt, darf jeder für sich entscheiden, doch würde Geld keine Rolle spielen, so würden wir wohl alle den Uden bevorzugen, da bin ich sicher. Denn er bietet eben auch mehr.

Diese letzten 20% sind eben schwierig zu beschreiben, doch sie sind da und umspielen nicht nur die Nase sondern lassen Luxus assoziieren. Während bei Anderem diese Verknüpfung nicht wirklich kommen möchte.

Hoffe die Gegenüberstellung hilft einigen. Bis bald :)