ThomC

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6 - 10 von 28
ThomC vor 2 Jahren 5 1
6
Flakon
6
Sillage
4
Haltbarkeit
8
Duft
Wunderbar, aber warum so dünne, Herr Morabito?
Zugegeben: Von günstigen (aber sehr guten) Marken wie Pascal Morabito erwarte ich erstmal keinen stilistischen eigenständigen Volltreffer. Wir wissen, dass sie alle irgendwo gern abkupfern: hier ein wenig von dem da, dazu ein bisschen von diesem Hi-End-Hersteller. Morabito, und besonders Saint Hilaire (aus gleichem Hause) arbeiten ja ganz gern so und das auf der erfolgreichen Seite.

Und trotzdem hat es Morabito mit dem "Bois & Pluie" geschafft, einen sehr eigenständigen Duft auf den Markt zu bringen. Für mich zählt er mittlerweile zu den wenigen Düften, die ich mit Verzückung gern beschnupper, weil sie hochassoziativ sind. Er hat etwas Spätsommerliches an sich. Reife Pflaumen und andere Obstbäume, dazu die kürzer werdenden Abende und die tagsüber bleibende Hitze. Nur wenige Düfte habe ich so ehrlich in mein Duftherz geschlossen wie diesen.

Aber was nur macht man bei Pascal Morabito? Da haben sie einen wahren Goldesel im Korb sitzen, und sie bringen diesen Duft als dünne Cologne-Version heraus! Es ist ein Trauerspiel, weil erl verfliegt so schnell wie Bienen aus dem Stock. Nachsprühen und nachsprühen ist das Credo dieses Düftes, ansonsten hat der Träger und das Umfeld wenig davon. Spinnen die in Paris?

Sicher meint es Herr Morabito gut mit uns, weil er diesen Duft auch noch im 200ml Flakon günstig bei TKMaxx verkauft. Ich würde aber auf all das verzichten, und einen 50 ml Flakon in dichter Konzentration bevorzugen. Würde ich auch gern mehr für zahlen.

Ich hoffe, dass diese Gebete in Paris erhört werden. Ansonsten heißt es: Nachsprayen bis es glüht.
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ThomC vor 2 Jahren 8 1
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Der Herbst ist gerettet!
Brauche ich den x-ten Duft mit Oud? Ganz besonders wenn er von einem abendländischen Hersteller stammt und der erwartbar das Oud westlich interpretiert und verwässert? Offen gesagt mache ich daher in letzter Zeit einen Bogen um "westliche" Oud-Düfte und konzentriere mich auf die unzähligen arabischen Hersteller, die oft Interessanteres und eigenwilligere Oudinterpretationen bieten - vom günstigeren Preis ganz zu schweigen.

Ausnahmen mache ich - besonders wenn der Duft von Ted Lapidus stammt - einer Marke, die zur Bogart Gruppe gehört und viel eigenständige Düfte für verflucht wenig Geld bietet (wie auch Bogart selbst). Ich finde, mit Ted Lapidus kannste meist nix falsch machen. Deren Portfolio bietet ja auch nur zwei Oud-Düfte an, ein Zeichen also, dass sie die Oud-Welle mit Milliarden Flankern nicht totgeritten haben wie es Montale schon länger anschaulich betreibt....

Vor mir der geriffelte, schmale schwarze Flakon mit goldenen Etiketten. Er wirkt recht schwer und wertig und fürs Auge minimalistisch. Wenn man bedenkt, dass dieser "Oud Noir" gerade für ein bisschen mehr als 20 Euro verkauft wird, sollte man hier nicht mal in Ansatz meckern.

Der Duft ist eine kleine Offenbarung, er wirkt viel teurer und edler, als man zunächst vermutet. Wundervolle herbstliche Rauchnoten verbinden sich da mit einem Hauch von Kaffee. Deutlich die Kokelnote von angezündetetn Hölzern und von dieser einzigartige Würzigkeit, die man im Spätsommer und Frühherbst von den Erntefeuern kennt. Eigentlich kenne ich sowas nur von Amouages "Interlude Man" und seine nicht minder bekannten arabischen Dupes "Midnight Oud" und dem weißen "Shaghaf Oud Abyad". Beim Ted Lapidus verbinden sich noch weitere Noten zu einem kompakten Duft, den ich ziemlich maskulin empfinde, wie auch einzigartig. Es sind diese wenigen Düfte, die aus vielen umgehend herausstechen und die sich ins Gedächtnis bohren. Einzig mit der bezeichnung "Oud" mag ich nicht ganz mitgehen, eher verbranntes Oud. Was soll's. Ist trotzdem ein völlig gelungener Duft. Kompliment, Ted!

1 Antwort
ThomC vor 2 Jahren 7 2
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Perfektes Paradoxon für Anzugträger
Das mit der "Synthetik" ist so eine Sache. Fragt man allgemein, wird damit in Parfüms eher Negatives assoziiert. Es riecht künstlich, also synthetisch, lese ich oft und der Daumen geht nach unten. Was sich hier beißt ist, dass die meisten Parfüms aus synthetischen Stoffen zusammengebaut sind. Das wäre so, als würde man dem Winzer vorwerfen, Wein aus Trauben zu machen, weil der Wein nach vergorenen Weintrauben schmeckt.

Ich finde eine gut gemachte Synthetik wunderbar und assoziiere sie nicht pauschal mit Negativem. "Synthetik" wirkt clean, zurückhaltend, wenig laut und bei der richtigen Zusammensetzung edel. Es sind diese Anzugträgerdüfte, denen ich als erstes Synthetik zuschreibe. Und ein gutes Beispiel ist ein unbekannter Cheapie von Saint Hilaire "Santal Subtil".

Saint Hilaire machen ja empfehlenswerte und eigenständige Sachen für verflucht wenig Geld, auf meiner Liste aller Cheapiehersteller Liste stehen sie im Ansehen weit vorn. Nur mit deren Haltbarkeit hapert es dauernd, ist aber vernachlässigbar bei diesen kleinen Preisen. Dicker auftragen und nachlegen, ist die Devise. Na und?

Der "Santal Subtil" ist mir noch nie aufgefallen, aber heute hing er bei TKMaxx, eingeschweißt in der durchsichtigen Plastikbox. Normalerweise mache ich um bläulich gefärbte Flakons einen Bogen, denn das heißt: Vorsicht! Cool-Water-Aquaten-Alarm! Also frische Duschdüfte, die ich nicht mag und nicht mehr brauche.

Die Duftpyramide des "Santal Subtil" auf Parfumo hat mich noch direkt im Laden umgestimmt: Erdige Noten, Oud, animalische Noten! Der Duft sei "synthetisch-animalisch" steht da geschrieben. Hey, was für eine spannende und widersprüchliche Kombination! Hier könnte sich ein totaler Volltreffer anbahnen, aber dieses Gefühl hatte ich schon allzu oft und wurde jäh enttäuscht. Kennen wir alle bei Blindkäufen, gell?

Aber dieses günstige Zeug ist phantastisch. Es ist der perfekte Anzugträgerduft, der mich von der Machart her an die neuen Düfte von Brioni erinnert: auf perfektes Maß und Understatement abgestimmt. Nur ist der "Santal Subtil" ein wenig auffälliger, da eine leichte Welle von rauchigem Holz mitschwingt. Und das nie zu viel, oder besser gesagt "subtil" um beim Namen zu bleiben. Und da ich später bei Breuninger in Düsseldorf beide Düfte von Brioni noch mal nachgetestet habe, muss ich sagen, dass der "Santal Subtil" beide Brionis im Gedächtnis aussticht. Alle Achtung!

Und es stimmt: Da ist wieder diese auffällige, cleane Synthetik, diese schöne Künstlichkeit, die beim Santal Subtil hervorsticht - auf der einen Seite. Als Gegenpol kommen diese Gewürznoten und Hölzer zum Vorschein, die ein wundervolles und widersprüchliches Spannungsfeld aufbauen. Im Drydown kommen diese Noten deutlicher zum Vorschein und besiegen im Laufe der Zeit das Synthetische. Zusammengehalten wird das zuletzt alles von einer herrlich eingesetzten Portion Weihrauch: nicht zu viel, und nicht zu wenig. Und trotzdem wirkt das in Summe clean. Ich bin schwer begeistert! Hier wird ein Paradoxon zusammengeführt, dass es Freude macht.

Erstmal stimmt hier bei diesem Saint Hilaire auch Sillage und besonders die Haltbarkeit. Kein spürbares Abflauen nach einer Stunde, kein Nachsprayen. Der sitzt für einen ganzen Abend wie ein Maßanzug. Und der muss ja nicht von Brioni sein. Spart euch das Geld!

Der cleane Synthetiksound zum Duft ---> Depeche Mode "People Are People"

---> https://www.youtube.com/watch?v=MzGnX-MbYE4
2 Antworten
ThomC vor 3 Jahren 2 3
10
Flakon
5
Sillage
6
Haltbarkeit
7.5
Duft
Digital ist besser
Ich gestehe, es war Liebe auf den ersten Blick, der mich zum Blindkauf bewogen hat. Damit meine ich das Äußere des Flakons - wie er riechen würde, konnte ich auf Seiten des Onlineshops ja nicht ahnen. Aber dieser Cheapie funkelte mich vom Monitor aus an, mit seinem liebenswerten Design der krassen 80er. Solchen Style ich gerne 1985er-Futurismus: Alles neongrell, kantig, eckig, pixelige 8-Bit-Treppenstufengrafik, RoboCop und Disneys Tron, kantig-kalter Synthiepop, herzlose Drummaschinen und gnadenlos aufgeblähter Digitalsound eines Trevor Horn oder gar Def Leppards Meisterwerk 'Hysteria'. Und natürlich der eckige DeLorean im poliertem Aluminium, dazu der Vier-Zylinder-BMW-Turbolader und unterkühltes Thatcherism. Ja, so gingen sie die popkulturellen Achtziger - es war alles andere als warm, rund, analog und kuschelig. Diesen Zeitgeist heruntergebrochen: 'Plötztlich war alles digital - aber niemand wusste was das war.'

Als Fan von Zeitgeistdüften musste ich den 'Le Coupé' einfach kaufen. Der Verantwortliche dieser designtechnischen Geschichtsstunde: Lomani aus Paris. Für das kleine Geld haben die ganz nette Sachen, oft oldschool und etwas out-to-date - was per se ja nicht schlecht sein muss. Egal wie der Duft sich geben wird - der 'Le Coupé' hat schon mit seiner Äußerlichkeit meinen Hattrick geschossen.

Erwartet habe ich eine tranige belanglose Synthetikbrühe - heraus kommt dennoch eine kleine Überraschung, zumindest ein Achtungserfolg. Ganz gut macht er sich auf der Haut, sauber, clean. Zunächst etwas schrill, dann setzt er sich. Dezenter, nett gemachter synthetischer Lavendel, eher rund und fest. Mit zunehmenden Drydown wird er fruchtiger. Erinnert an Blaubeeren und hinterher einen Hauch von Eisbonons und Lavendel, mit dezenter Plastikfolientonkabohne. Weich und sauber duftend wie eine Wäscherei zur Öffnungszeit. Er nervt nie, wirkt nicht billig aber auch nicht edel. Kann als Büroler durchgehen und als Sportler hinterher, riecht aber auch nicht duschgelig. Jedenfalls wirkt er - trotz seiner Erscheinung - so gar nicht 80er-brachial. Eher will er sich verstecken - seine Sillage hat viel Luft nach oben. Herunterbrechen kann man ihn als "Blaubeerlavendelsynthetiker"

Der 'Le Coupé' ist nichts, was die Achsendrehung der Erdkugel umgekehren würde - ist aber doch solide in seiner Klasse. Könnte den Fans des 'Prada L'Homme' durchaus gefallen, vielleicht auch den Sauvage-Jüngern. Auf jeden Fall aber den Fans des silbernen 'Power' von Kenzo. Alles Düfte, denen ich von Natur aus eher herzlos gegenüber stehe, weil sie sehr clean sind.

Und trotzdem ertappe ich mich nach Stunden dabei, wie ich immer wieder dran schnuppern muss, an dem günstigen 'Digitalen' aus Frankreich.

PS: Nach einigem Nachdenken bin ich drauf gekommen: Es gibt sogar ein passendes Hotel zum Flakon des 'Le Coupé' - nämlich das Ryugyŏng-Hotel in Pjöngjang - Nordkorea. Es wurde - hört hört - 1987 begonnen und ist bis heute noch nicht ganz fertig gestellt. Sieht von außen aber ähnlich beeindruckend zeitgeistig aus wie das 'Le Coupé' von Lomani. Da fragt man sich was zuerst war: Das französische Parfüm oder das nordkoreanische Hotel?

https://de.wikipedia.org/wiki/Ryugyŏng-Hotel

Die Musik zum Duft ---> Jean Michel Jarre 'Zoolook'

---> https://youtu.be/_x-v8KamefA

3 Antworten
ThomC vor 3 Jahren 16 5
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Der Yogi Tea® im Herbst
Meist geht das ja bei einem Parfüm in die Hose, wenn gefühlt alles reingemischt wird, was gefühlt geht. Einige auf das westliche Publikum zugeschnittene Araber sind gern so, auch manche Nischenmarken, ebenso der Großteil der netten Rammsteiner, um ein populäres Beispiel zu geben. Darin findet sich ein Mischmasch aus Einzelkomponenten, die das Endprodukt dickleibig und unbeweglich werden lässt. Wie Pizza vom Taxi mit meterdicker Käseschicht aus Analoggouda: für den primitiven Kalorienhunger zunächst ganz nett - für das Gourmetgewissen zum letzten Stück hin allerdings schlecht. Will man so etwas häufiger? Wer Völlegefühl liebt, dann ja. Doch beim 'BlackSoul Imperial', da passt dieses dickliche Potpourri, sodass sich dieses eher unbekannte französische Herrenparfüm zu echter Größe aufrichtet. Und dieser Duft ist stark, das vorweggenommen.

Er gibt sich fast schon süßlich, ohne die Grenze zur Damenwelt zu überschreiten. Andererseits auch betont männlich mit holzigen Anklängen, die wärmend durchwabern und fantastisch passen zu den sich verfärbenden Oktoberbäumen deutscher Wälder. Ja, er hat diesen herbstlichen Vibe eines Waldspaziergangs und besonders den einer Tasse warmen Yogi-Tees - den scharfen mit Zimt und Milch. Dazu Sternanis, und Amber. Immer wahnsinnig weich auf der Haut, nie stechend. Im Drydown Kakaopulver und Vanille. Bleibt, wie immer, Ted-Lapidus-typisch sehr eigenständig. Er oszilliert zwischen Europa und Arabien und versucht, beide Dufttraditionen zu zitieren, um daraus etwas Neues zu 'synthetisieren'. Und das gelingt ihm. BTW: Nein, synthetisch riecht er nicht. Nach hinten aus aber nach westlich-angepasstem Psyeudo-Oud. Und das gekonnt gemacht.

Ein überaus intensiver, breiter Duft, der dann aber - und das erstaunt - sich nicht wirklich lange halten kann auf der Haut. Nach drei, vier Stunden ist nämlich Sense. Bedenkt man, dass er gerade als u20€ Cheapie verballert wird, ist das absolut verschmerzbar. Dicke gourmandige Freunde für das ausklingende Jahr werden wir beide trotzdem.
5 Antworten
6 - 10 von 28