Turbobean

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6 - 10 von 98
Turbobean vor 12 Monaten 14 13
10
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
10
Duft
Ein Sommertag im Zypressenwald
Parfumeure schaffen es manchmal, eine ganz eigene geruchliche Welt zu schaffen, die an Orte erinnert, an denen man vielleicht schon selbst einmal war. Imagination trägt mich in die Oper, Green Irish Tweed an die Nordseeküste im Herbst, Original Vetiver an die spanische Mittelmeerküste und Erolfa in eine Strandbar auf Spiekeroog an einem Sommertag.

Auch On the Beach gelingt dieses Kunststück. Ich werde in eine andere Welt versetzt. Nicht direkt an den Strand, sondern ins Hinterland. Das Meer mag in der Nähe sein, aber hier ist ein Zypressenwald mit viel Buschwerk und alten Bäumen. Die Luft ist feucht, es gibt viel Schatten, auf einer Lichtung steht eine Holzhütte.

Die Menschen dort duften nach Sonnencreme, eine Frau hat ein erfrischendes Eau de Cologne mit Orangenblüten aufgesprüht. Das mischt sich mit dem Geruch aus der Küche, wo gerade Sojasauce in den heißen Wok geschüttet wurde. Die Hütte duftet nach trockenem Holz und jemand schneidet frische Yuzus auf, die herb-frisch duften.

Der schmale Grat zwischen Frische und Würze, zwischen Eleganz und Natur wurde hier gefunden. Es ist einer der Düfte, die ich problemlos in allen Situationen tragen kann. Er hat eine unkomplizierte frisch-würzige Ausstrahlung, die etwas Besonderes birgt.

Haltbarkeit und Projektion sind in einem angenehmen Bereich. Und jeder muss erkennen, dass Du Geschmack hast.

Inzwischen bin ich ein Bewunderer von Jacques Cavallier-Belletrud . Viele seiner Düfte sind hervorragend komponiert und ich glaube, er denkt tatsächlich an die Bedürfnisse der Trägerinnen und Träger. Hut ab.
13 Antworten
Turbobean vor 1 Jahr 7 4
6
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Die bessere Hälfte von Erolfa.
Meine Haltung gegenüber Dua Fragrances war und ist durchaus eine kritische. Parfums nachzumachen ist nicht die feine Art, aber andererseits macht das ja heute anscheinend fast jeder Hersteller in irgendeiner Form. Sicherlich ist das inzwischen mit den richtigen Analyse-Geräten auch kein Problem mehr.

Außerdem: Was gewisse Hersteller von Originalen so treiben, ist ebenfalls nicht sehr nett. Die Preispolitik mancher Labels ist ja mehr als grenzwertig. Insofern finde ich es gar nicht so schäbig, wenn Alternativen angeboten werden. (Das war jetzt purer „Whataboutism“, zugegeben.)

Mein erster Dua Test erfolgte mit dem „Supernova Cologne“. Angeblich ein Doppelgänger vom Elysium Parfum Cologne. Nach meinem Eindruck haben aber beide Düfte recht wenig miteinander zu tun, so dass ich mich in meiner kritischen Haltung bestärkt fühlte.

Gleichzeitig musste ich aber zugeben, dass der Duft sehr schön ist und dass er eine satte Performance hat.

Jedenfalls wurde mein Forschergeist geweckt und ich setzte ein paar interessante Dua-Düfte auf meine Watchlist. Letztens hat es dann geklingelt, es wurden mir 30 ml „High Seas“ angeboten und ich griff zu.

Der erste Test erfolgte wie gewohnt auf einem meiner Vorhänge. Der erste Eindruck war: Sehr synthetisch und auch ein bisschen nach Erolfa. Was aber komplett fehlte war die Meeresbrise, die Erolfa so unvergleichlich macht.

Vor einigen Tagen machte ich dann die Probe auf‘s Exempel und trug zwei Sprüher auf. Und was soll ich sagen: Da war er, der Zauber von Erolfa. Immer noch ohne die Meeresbrise, aber intensiver und ausdauernder als das Original. Die synthetische Frische, an die für mich sonst höchstens noch die Frische von Elysium heranreicht, begleitet einen auf höchst angenehme Art und Weise. Und irgendwann nehme ich dann auch noch einen Hauch Meeresbrise wahr.

Erolfa ist etwas sanfter und weicher als High Seas. Das ist möglicherweise ein Vorteil, wenn man den Duft für sich selbst aufträgt. Wenn man aber wahrgenommen werden möchte, ist dieser Dua eine gute Wahl, auch wenn er seinen Fokus auf die aquatische Frische legt.

Mich faszinieren Kompositionen, bei denen man die einzelnen Inhaltsstoffe nicht greifen kann, wobei dennoch jeder einzelne zu einem perfekten Gesamtbild beiträgt. Erolfa/High Seas ist so eine Komposition. Ein zitrisch-aquatisches Meisterwerk, bei dem lediglich der Moschus deutlich erkennbar ist.

Eine 30 ml Version von Creed würde gewiss 100,- Euro kosten (wenn's reicht). Der Dua kostet die Hälfte, hat aber die doppelte Performance. Insofern ist das ein guter Kauf.

Dass es für einen nachgemachten Duft keine volle Punktzahl gibt, versteht sich ja wohl von selbst.
4 Antworten
Turbobean vor 2 Jahren 33 15
7
Flakon
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Unverdächtig rein.
Ich mag es, gut zu duften. Aber ich mag es nicht, parfümiert zu duften. (Versteht das jemand?)

Der optimale Duft ist für mich einer, der erstens meiner Nase Freude bereitet, der zweitens anderen Nasen Freude bereitet, und bei dem ich drittens nicht den Eindruck habe, ich würde den Eindruck erwecken, Eindruck schinden zu wollen. (Versteht DAS jemand?)

Dieser Duft ist in puncto „Eindruck schinden wollen“ völlig unverdächtig. Nur ein Saubere-Wäsche-Duft. Aber in gut.

Ja: Man duftet nach frisch gewaschener Wäsche. Aber auf eine sehr angenehme Art. Wenn dieser Duft die Nase streift, und das tut er im Laufe des Tages häufig (und auch im Laufe des folgenden Tages), dann ist die Chemie nicht zu chemisch, die Süße nicht zu süß und ein bisschen Moschus passt richtig gut.

Ich sprühe „Marseille“ gerne auf meine Kleidung und ich könnte wetten: Wenn ich mit diesem Duft in Zukunft häufiger unter die Leute gehe, wird man mich fragen, welches Waschmittel ich benutze.

So lange habe ich keinen Duft mehr in meine Sammlung aufgenommen. Kein Jasmin, kein Neroli, kein edles Holz, kein Rhabarber, kein Alpenveilchen und keine Vanille konnten mich überzeugen. Und jetzt kommt dieser Ambrofix-Hammer geradewegs aus der chemischen Reinigung und meine Nase hat ihren Spaß. Sachen gibt‘s ...
15 Antworten
Turbobean vor 2 Jahren 36 13
10
Flakon
8
Haltbarkeit
10
Duft
Das Phantom der Oper.
Es ist Mittwoch Abend. Ich bin zwölf Jahre alt und meine Mutter nimmt mich wieder einmal mit in‘s Frankfurter Schauspielhaus mit seinen riesigen goldenen Aufhängungen im Foyer. „Der Barbier von Sevilla“. Keine Ahnung, worum es da geht. Das interessiert mich auch nicht. Ich brauche nur die Musik.

Aber auch das „Drumherum“ ist faszinierend. In der Pause gibt es Russische Eier, die Frau an der Harfe ist sehr hübsch, ganz vorne sind vier Plätze frei und wir müssen in der vorletzten Reihe Platz nehmen. Das Leben ist ungerecht, aber zumindest gibt es Operngläser.

Vor der Oper wartet noch ein zwanzig minütiger Fußmarsch auf mich. „Frische Luft tut gut. Wir sitzen nachher noch lange genug“ sagt meine Mutter mit den besten Absichten und Überzeugungen. Wenn sie wüsste, wie hart mich diese Herangehensweise trifft. Aber ich bin motiviert und leidensfähig, denn ich mag die Oper.

Für mein Schuhwerk bin ich selbst verantwortlich. Leider ist mir jegliches Putzen ein Gräuel. Dementsprechend sehen auch meine Schuhe aus, so dass ich mich gezwungen sehe, in letzter Minute, als Notmaßnahme, zu meinem blauen Anzug ein paar weiße Adidas-Turnschuhe anzuziehen. Meine Klassenkameradin Dorothea, eine Streberin, ist ebenfalls mit ihrer Mutter in der Oper. Als sie mich sieht, rümpft sie die Nase und am nächsten Tag wird mein Outfit Gesprächsthema in der ganzen Klasse und darüber hinaus sein. Tja liebe Dorothea, das ist kein Fauxpas, sondern ich bin lediglich meiner Zeit voraus.

Wir erreichen endlich das Opernhaus, gehen zur Garderobe und geben unsere Jacken ab. 50 Pfennige pro Person. Meinem Antrag, die russischen Eier bereits vor Beginn der Vorstellung zu erwerben, wird nicht stattgegeben. So schlendern wir zu den Türen mit der Aufschrift „Parkett links, Reihe 27 bis 35“, ich für meinen Teil federnden Schrittes.

Die Türe wird uns von einer studentischen Aushilfe geöffnet, und dann passiert es: Ich betrete den großen Saal und nehme den Duft von tausend Parfums wahr. Einige Düfte haften an Damen, andere haften an Herren und wiederum andere haften nach tausenden Vorstellungen in den Polstern, im Holz, in der Wandverkleidung und in den Vorhängen. Der ganze Saal ist ein großer Duftkosmos.

Jeder Konzertsaal der mit Holz und Stoff ausgekleidet ist, hat einen anderen, individuellen Duft. Und immer ist es eine elegante, feine, nicht greifbare Melange aus tausenden Quellen. So etwas kann man nicht komponieren, das muss sich in Jahrzehnten bilden. Dachte ich.

Dann sprühte ich zum ersten Mal „Imagination“ auf meine Haut. Es war wie eine Reise in die Vergangenheit, in den Konzertsaal, zu den Streichern, deren Klänge mich zu Tränen rührten, zur schönen Harfinistin, zu all den eleganten Menschen mit goldenen Ohrringen, Perlenketten und blitzblanken schwarzen Lederschuhen, zu den bequemen, stoffbezogenen Klappsitzen, zum Wirrwar der Instrumente, wenn jedes für sich vor Beginn der Vorstellung noch ein paar Töne anschlägt.

Dieser Duft ist elegant und schön, tief und fein, wunderbar ausgeglichen und doch so logisch, dass ich mich frage, warum es ihn bisher noch nicht gab. Tee und Holz, feine Zitrusnoten und das, was man nicht mit Worten erklären kann, das einen Duft zum Schweben bringt. Dieser Duft schwebt wie ein Stück Holz, das weder schwimmt, noch untergeht. Ein Meisterwerk.

Ich selber trage ihn nur zuhause, weil ich ein viel zu grober Klotz bin, um so einen feinen Duft zu tragen. Aber vielleicht demnächst mal in der Oper ...
13 Antworten
Turbobean vor 2 Jahren 11 7
5
Flakon
8
Haltbarkeit
7
Duft
Ein Kind seiner Zeit.
Wenn man bedenkt, wie viele synthetische Holzdüfte es mittlerweile gibt, dann sieht man, dass diese Duftrichtung aktuell sehr beliebt ist.

Nach dem puren Sauvage-Ambroxan ist synthetisches Holz die wohl am zweithäufigsten auftretende Duftgruppe beim schönen Geschlecht (kleine Flachskanone, hahaha).

Von Rojas Burlington 1819, über Kurkdjans Gentle Fluidity (Silver), Bohemian Lime von Goldfield & Banks, bis hin zu Nishanes Hacivat (sowie etliche weniger hoch bepreiste Marken) … alle nutzen diese beliebte Duftstoff-Familie.

Und das nicht ohne Grund: Wie schwierig ist es doch, einen Frischeduft zu kreieren, der KEIN Performance-Problem hat. Außer, man greift zu synthetischen Holznoten oder/und Ambroxan.

Im Jahre 2010 erschuf Creed meinen persönlichen Prototypen eines Holzduftes mit synthetischem Kern: Spice and Wood. Während hiermit eine meisterhafte Komposition auf den Markt gebracht wurde, sind viele der Nachfolger eher einfacher Natur. Es braucht ja nicht viel. Die Arbeit ist durch die Synthetik fast schon gemacht. Nur noch ein bisschen experimentieren, welche der üblichen Standardnoten alles zu einem interessanten Ergebnis vervollkommnen, und schon ist ein weiterer tragbarer Duft geschaffen.

Mit den hier genannten Düften, inklusive dem großartigen Spice and Wood, habe ich allerdings ein kleines Problem: Ich kann sie nicht tragen. Kopfweh.

Es wundert mich dennoch nicht, dass Club de Nuit Sillage hier eine sehr passable Bewertung erfährt. Besonders für seine Preisregion.

Dieser Duft versucht, den Zauber von Creeds Silver Mountain Water einzufangen. Und ganz am Anfang gelingt ihm das auch. Kein Wunder, denn auch Silver Mountain Water ist von Synthetik geprägt.

Wenn es dann aber ernst wird, gerät der „Sillage“ in‘s Schlingern: Statt der hauchzarten roten Johannisbeere gibt‘s halt was Süßes, statt der fluiden Aura gibt es frisch gefälltes synthetisches Holz, welches dem allgemeinen Geschmack halt sehr entgegen kommt. Während die Aura des Creeds nur noch von aufmerksamen Nasen wahrgenommen und gewürdigt wird, ist der „Sillage“ weniger schüchtern, wenn er mit seiner frischen Wucht ganze Räume einnimmt.

Ein Duft seiner Zeit. Und nicht viel schlechter als seine hochpreisigen Kollegen. Tragbar und spektakulär frisch, genau wie seine vielen Brüder.
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6 - 10 von 98