Unterholz

Unterholz

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11 - 15 von 54
Unterholz vor 8 Jahren 11 6
5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
5
Duft
Downgegradet & upgesext
Projekt: Eternity NOW (2015)

Inspiration: „Das gute alte Eternity. Wollen wir da nicht wiedermal was mit machen?“ – „Jau, das Zeug müssten wir mal aus der Bückzone rausbringen. Die 90er waren ja so geil. Ich war da ja noch klein, fast noch nicht auf der Welt, doch muss es damals echt abgegangen sein. Techno, House, Hiphop. MTV und Viva. Nicht so wie heute, wo alles so Wischiwaschi ist. Obwohl es heute ja auch extreem viel cooles Zeugs gibt...“ – "Jau." (Auszug aus dem Brainstorming der C.K. creative heads)

Anweisung an den Parfümeur: Nehmen Sie das alte Eternity (1989). Viel muss man da eigentlich nicht dran machen. Geben Sie einfach etwas mehr Zucker rein. Hey, Ingwer! Sternfrucht ist auch gerade Trend. Die von Creed haben doch mal so was Verrücktes gemacht, ein Cocktail mit Kokoswasser. Aber Sie haben wirklich freie Hand. Den Rest besorgen dann die vom Marketing.
Ah ja: Viel darf es nicht kosten. Wir haben eher so die jüngere Zielgruppe im Auge. Wir hätten allerdings gerne ein paar echte Burner drin. Patchouli ist ein recht günstiger Rohstoff und riecht kerlig. Braucht ja nicht zuu kerlig zu sein wegen der Jugendlichkeit (Sie verstehen schon: „Sex“ ohne Sex). Kriegen Sie „marokkanische Zeder“ hin? Ich meine ohne ECHTE Zeder? Und Madagaskar-Vanille? Weil, das klingt echt hochwertig mit den Provenienz-Angaben. Das machen die guten Parfümhäuser alle so, ist quasi Standard heute. Und ein bisschen Aquatik-Salz-Sex-Feeling wär auch nicht schlecht. Vielleicht auch etwas mehr davon, Sie können dann die Vanille wieder etwas zurückdimmen, auch preislich ganz schlau. Sonst haben Sie wie gesagt freie Hand. Viel Spass!

Gewünschte Assoziationen (können widersprüchlich sein --> möglichst grosses Zielpublikum): süss, süsser, jugendlich (süsser jugendlicher Verführer! jung! verletzlicher Teenie-Macho, ev. mit Gitarre, blond, auch ein paar Tattoos… nein, doch ohne Gitarre), Cocktails (Ibiza!), Sex! (siehe Werbekampagne), cool, frisch (Geschäftsleute und Bürotypen mögen das) Fougère (das schreiben wir in die Pröbchen-Pappklappe, das mögen/kennen auch die Älteren und ganz Alten), exotische Hölzer (Ich meine: wer den nicht bringt, ist selber schuld. Es gibt doch da tausend solche Moleküle. Eine Kombination von denen wird bestimmt noch nicht dagewesen sein). Mehr fällt uns momentan nicht ein. Ist ja schon was.

Design: Altes Design + was Peppiges dazu. Kommt super! (--> ergänzender Schriftzug??)

Marketinkampagne: Die lassen wir uns was kosten. Entweder zeigen wir einen Basejumper, wie er gerade von einer Klippe springt. So der sexy Adventure-Typ, allerdings sieht man im Suit seine Tattoos nicht (zu wenig Sex-Appeal?). Oder wir zeigen eine Szene am Strand, ein paar verschlafene Jungs und Mädels, nackt, aber sich gegenseitig verhüllend (der nächste Morgen einer heissen outdoor Sommernacht??), Sand auf der Haut, verträumte melancholische Mädchenaugen. Klingt doch genial. Oder was ganz anderes, was Urbanes. Der moderne Verführer im Asphaltdschungel…? Haben allerdings andere schon gemacht… Ist ja echt schwierig heutzutage aus der Masse herauszustechen. Wir machen vielleicht doch eher was Bewährtes, was zur Marke passt und bleiben bei unseren Leisten (Underwear). Hey, zeigen wir einfach sexy Models in Unterwäsche, ein erotisches Pärchen (die erwachsen und angepasst gewordenen crazy heads der 90er?). Das wird schöne Bilder geben. Jaa, sofort soll man dann denken: C.K.! Soo neu muss man sich ja eigentlich nicht jedesmal erfinden.

Meinung eines Endverbrauchers (Fanpost, Alterskategorie: 35+): Liebe coole Leute von C.K. Ich bin echt ein riesen Fan eures neusten Herrenduftes Eternity Now (und auch eurer Unterwäsche *smile*). Ich kannte den alten Eternity schon und fand den schon damals in den Neunzigern gut. Der neue ist recht ähnlich, dünkt mich aber etwas cooler. Auch frischer und süsser. Ich kann es nicht so genau sagen, ich kenne mich mit Parfüms nicht so aus. Alles was ich habe, sind die Bilder, die in mir entstehen. Ich fühle mich damit wirklich unwiderstehlich, sexy. Ich trage ihn immer im Büro. Leider wurde ich bis jetzt noch nie auf meinen neuen Duft angesprochen (was ja noch kommen mag). Es kann ja sein, dass die Leute denken, weil der neue coole Duft so ähnlich wie der alte ist, ich trüge immer noch den alten und sie getrauen sich nicht, mich auf den minimalen Unterschied (imho machen die neuen Details den Duft wirklich viel Besser, ihr habt da bei C.K. wirklich nichts falsch gemacht) anzusprechen. Ich habe durch euer Parfüm viel Selbstvertrauen gewonnen und ich glaube, dass ich bei den Frauen nun viel besser ankomme. Beim Mittagessen in der Kantine habe ich jedenfalls geglaubt, den einen oder anderen sehnsuchtsvollen Mädchenblick in meine Richtung aufgefangen zu haben. Wie auch immer, ich zweifle nicht daran, dass ich eines Tages die Herzen der Frauen erobern werde, auf jeden Fall rieche ich jetzt schon gut und trage auch eure sexy Unterwäsche. Von daher: es kann eigentlich nichts schiefgehen *smile*.
In Verbundenheit – Now: euer ewig junggebliebener Unterholz
6 Antworten
Unterholz vor 9 Jahren 19 8
10
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9.5
Duft
Und wenn sie nicht gestorben sind…
Ich gestehe, ich hab noch nie einen Strauss mit Freesien verschenkt, ihr Geruch muss wohl bis zu einer solchen Gelegenheit vage Ahnung bleiben. So geht es mir mit vielen Blumennoten, ich hätte bei einem Blindtest wohl keine Chance einer genauen Bestimmung. Für mich persönlich reicht im Umgang mit Parfums allenthalben, wenn ich die charakteristischsten Blüten wie Jasmin, Rose, Tuberose, etc. kenne. Alle diese kann ich in Parfums mittlerweile gut herausriechen, auch weil man durch ätherische Öle eine gute „Schablone“ erhält. Bei den „Fantasienoten“, die nun nicht durch natürliche Herkunft zustandekommen, sondern durch meisterliches Zauberwerk der Parfumeure, muss ich aber passen oder auf gut Glauben den euphemistischen Versprechen der Duftangaben vertrauen. Gehen wir also mal davon aus, in Forever and ever Dior sei es die Freesie, die die Tonart bestimmt: freundlichstes C-Dur. Irgendeine romantische Szene. Im lichtdurchfluteten Märchenwald trällert Prinzessin Fiona ein Liedchen, bis die Spatzen platzen.

So eklatant erlebe ich zumindest den etwas befremdlichen Start von Forever… Dior. Selten einen solchen Alkoholflash erlebt. Die gute Fiona musste sich wohl etwas Mut antrinken (mit Billigstwodka aus dem Discounter), steht ihr doch die Zwangsvermählung mit dem niederwüchsigen Prinz Charming bevor… Der Kartoffelbrand hinterlässt aber glücklicherweise keine Fahne; eine Minute später ist der Alk absorbiert und ausgeschwitzt und der perfekte Blumenstrauss bereits voll entfaltet.

Ein frisches zartblumiges Bouquet, man könnte von einem angenehmen Blumen-"Durchschnitt" sprechen, wie ihn bestimmt jeder Mensch als angenehm empfindet. Eine helle, frische Rose zusammen mit etwas unaufdringlichem unindolischen Jasmin und einem Zweiglein frischer Minze, das sind so etwa meine Eindrücke. Quäntchen Mandel ist auch da, von mir aus Mandelblüte, weit weg wie ein fahles fluffiges Luftschlösschen am Himmel.

Ein höchst romantischer Duft, feinstofflich, unschuldig, niemals aufdringlich, aufs Feinste austariert, ganz zart fruchtig (Birne?), ohne in die Teenie-Ecke zu zielen. Sicher auch nichts, womit grosses Auffallen gelänge. Ein juveniler, elfenhafter pleaser. Dennoch nicht beliebig. Moschus, Vanille und Muskat, die hier als Basis angegeben werden, sehe ich nicht wirklich als Grundgerüst. Gewiss spielt auch Waschmittelfrische eine Rolle, die mit Moschus zu vereinbaren wäre, minimalst gesüsst. Auch etwas Gewürziges ist da, eher Anis als Muskat, aber das macht noch lange kein Pefferkuchenhäuschen, das im dunklen Tannenwald mit schweren verbotenen Reizen lockt. Übererotsiert ist dieser Dior nicht, und das ist gut so.

Tatsächlich könnte ich mir Forever and ever... gut als Hochzeitsduft einer jungen Braut vorstellen, hat sie denn einmal ihren Prinz Charming gefunden… Den Rest der Geschichte dürft ihr euch selbst ausmalen.

Übrigens hab ich aus der gesamten „Monsieur Dior“-Reihe keinen einzigen schlechten Duft getestet. Alle solide bis top! Die Flakons sind eine Pracht, eine Symbiose aus Form und Inhalt. So muss (und kann) Parfum, auch in Zeiten glattgebügelter Reformulierungen!
8 Antworten
Unterholz vor 9 Jahren 6 4
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Chypre auf die harte (orientalische) Tour?
Wiedermal ein Damenduft, der mich geradewegs zu einem Kommentar drängt. Eins vorweg: Ich habe mich jetzt durch die gesamte Damen- und Herrenpalette der Marke Detaille getestet und dieses Parfum ist für mich das interessanteste. Das passiert mir nun ausgerechnet mit einem oriantalischen Damen-Chypre. Das Leben spielt einem wahrlich seltsame Streiche…
Wer sich die Duftangaben oben anschaut, muss wohl (vorausgesetzt man glaubt, dass Süss- und Naschwerk in Düften wenig (oder bestenfalls spurenweise) was verloren haben) das nackte Grauen die Wirbelsäule hochkrabbeln fühlen. Frische Noten als Eröffnung gehen ja ok, auch mit dem Blütentrio Jasmin, Rose, Iris(butter?) kann nicht wahnsinnig viel falsch laufen. Aber die sehr orientalische Basis aus Benzoe und Vanille deutet mir im Zusammenspiel mit den Blüten eine Keule der Opulenz an, die mir erfahrungsgemäss meist zuviel ist. Skeptisch hab ich auch das Teströhrchen beäugt: Die Flüssigkeit ist dicklich und beinahe orange! Krasses Zeug!
Doch Shéliane ist gar nicht wirklich orientalisch und süss, wie die Macher uns vermitteln wollen. Da kenne ich sehr viel süssere Düfte, die dazu noch kleben. Klar, der Duft bringt ein volles Volumen an Noten, blumig-weichen, blumig-cremigen und auch leicht seifig-frischen, in einer Lautstärke, die sehr sensible Nasen durchaus überfordern mag. Da ich ein absoluter Chypremaniac bin, hab ich allerding auch keine Mühe, wenn das normalerweise eher schlanke, bitterlich-moosige Konzept dieser Richtung mal etwas opulenter ausgestattet wird. Ein Parfum alter Schule, ganz klar, klassisch und mit grosser Klasse. Wer nicht mindestens das Selbstverständnis einer Diva mitbringt, lässt es besser gleich damit bleiben. Ok, ich übertreibe natürlich masslos, aber die Trägerin eines solchen Duftes, sollte sich ihrer Wirkung (damit, und allgemein) schon bewusst sein und entsprechende Garderobe dazu wählen. Aus meiner Sicht ist Shéliane eine Waffe für jeden festlichen Anlass, ein festliches Gewalts-Chypre, das olfaktorisch auf sich aufmerksam machen wird. Ob man das nun mag oder nicht, entscheidet allein die Trägerin ;-) Ich adressiere hier bewusst auch keine Träger, da der Duft wirklich maximal feminin ist und auch gelegentlich im designierten Damensegment wildernde Herren eher schrill als olfaktorische Dragqueens entstellen würde.
Die Qualität aller bisher getesteten Detailles ist wirklich exzellent, was eigentlich zum sehr konservativen Image der Marke passt. Hier werden wahrscheinlich noch tonnenweise echte Blumenessenzen und Absolues verarbeitet, obwohl das im Zeitalter äusserst raffinierter Chemie nichts sagen muss, denn nur zu leicht lässt sich menschliche Wahrnehmung mit Molekülzauber austricksen.
Kurz zusammengefasst: Shéliane ist ein erkennbares Chypre der eher sauber-seifigen Art, wenig pudrig, auch frisch, verhalten süsslich, breit, mit viel femininem Blütenvolumen, chypre-cremig, verursacht bei mir aber durchaus keine Kopfschmerzen. Obacht beim Dosieren, da zuviel tatsächlich zuviel ist. Aber zu einem entsprechenden Anlass ist man hiermit absolut mit einem Gala-Hammerduft bewaffnet, der nicht nur die erste halbe Stunde hält, was er vollmundig verspricht. Und wie gesagt: Entwarnung für all jene, die Süsses in Düften nicht mögen. Shéliane ist viieel weniger opulent als zu erwarten. Haltbarkeit mindestens 6 Stunden bei relativ linearem Duftverlauf.
Also: Wer mal mit einem orientalischen Chypre klotzen möchte: Bitte.
4 Antworten
Unterholz vor 9 Jahren 15 10
7.5
Flakon
2.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8.5
Duft
Pep up your Büro! mit Zitronenpfeffer
Innert kürzester Zeit, ca. 3 Monaten, habe ich nun diesen 100er-Flakon vernebelt; bei mir ein untrügliches Zeichen, dass ein Parfum wirklich alltags- und im speziellen Fall 2015 auch gut hochsommerbruthitzetauglich ist. Ich gehe davon aus, dass mein Umfeld damit auch ohne Schnappatmung und Gesichtslähmung klargekommen ist. ;-)
Ein sehr frisches Pfeffer-Zitronenbouquet schlägt einem bei der Eröffnung von White entgegen. Die Zitrone zieht sich bald zurück und der Pfeffer bleibt, eigentlich bis fast zum Schluss. Der gute Don Pepe hat etwas sehr Erquickendes, zusammen mit der cremigen Zeder eine gutes Paar. Pfeffer kann viele Eindrücke hervorrufen (je nach Reifegrad der Pfefferbeeren): würzig-scharfe, blumige, je nach Qualität auch indolische. Durchaus interessant für ein Parfum sind die blumigen Seiten des Pfeffers. Wer schon mal einen Tropfen ätherisches Pfefferöl auf der Haut verrieben hat (am besten eben weisser Pfeffer, womit sich das Konzept von White erschliesst), weiss was ich meine. Dieses leicht Blumige tritt vorallem im mittleren Duftverlauf hervor und findet vielleicht noch Unterstützung durch eine leicht jasminige(?) Note (hier „Veilchen“ genannt), die gut artifiziellen Ursprungs sein kann. Eine Messerspitze Muskat macht‘s erst noch richtig interessant.

In White wurde vorallem auf die trockenen Aspekte gebaut. Mit Zitrus, Moschus und Zeder eine dennoch frische Kreation, ohne damit in die gängige Waschmittelecke zu zielen. Ein bisschen fühle ich mich immer an Traubenzucker erinnert, geschmacklich entfaltet dieses meist in Pastillenform angebotene Stärkungsmittel genau einen solchen trocken-süss-säuerlichen Eindruck, was irgendwie künstlich anmutet, aber doch auf authentische Art erfrischend wirkt. Ideal für den Büro-Alltag, sogar bei einem Bewerbungsgespräch könnte ich mir den vorstellen, er ist wirklich zurückhaltend, kaum überdosierbar. Hat man ihn aufgetragen, glaubt man, er sei grad wieder weg. Pfefferspraylähmung? Vielleicht werden hier kurz die Rezeptoren geblitzdingst, aber es ist nicht chronisch. Dann ist er wieder da, als diese helle und leichte Einheit aus frischen und würzigen Noten. Es ist eine eher weniger „tiefe“ Komposition und ich meine das durchaus nicht negativ, sondern im Sinne eines soliden & linearen Duftverlaufs. Dennoch ein richtig gut gemachtes Parfum, mit der perfekten Balance aller Zutaten; und auch der schwere Flakon mit dem ebenfalls gefälligen Deckel ist gar nicht mal so camp und liegt gut in der Hand. Erstaunlich, dass man sich beim Art Déco-Traditionshaus Lalique auf so etwas Schlichtes, Modernes einigen konnte. White ist wirklich unverwüstlich wie eine solide Büroeinrichtung mit USM-Möbeln. Grundsolide Qualität, die nie verleidet.
10 Antworten
Unterholz vor 9 Jahren 6 2
7.5
Flakon
2.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Mehr als Suppengemüse
Ein merkwürdiges Parfum, dieses L‘ Être Aimé Homme. Es fällt mir kein weiterer Duft mit ähnlichem Konzept ein. Eingang in meine Sammlung fand LEAH nach wiederholtem Testen. Wie bereits Apicius mit seinem Kommentar aufzeigte, ist es ein Parfüm, das sich einem nicht gleich erschliesst und das man sich erarbeiten muss. Zugegeben, manchmal faszinieren mich schräge Kreationen mehr, als dass ich sie nachher tragen könnte. Ich habe schon einige Düfte in meine Sammlung aufgenommen, die ich anfänglich als spannend und assoziationsreich empfand. Aber später auch als anstrengend. Seither versuche ich solche Käufe zu vermeiden. Warum hat es LEAH dennoch in mein Schränkchen geschafft? Nun, ein Duft bewährt sich erst, wenn ich morgens im Bad nicht erst überlegen muss, was ich aufsprühe. Ein Duft bewährt sich (für mich zumindest) wenn ich ihn jederzeit ohne grössere Irritationen tragen kann und mich damit wohlfühle. Ich muss damit ideal bekleidet sein. Klar, ganz der Situation entsprechend: In Jeans und Shirt ist das etwas eher Unkompliziertes, mit Hemd und Jackett darf es auch mal etwas Üppigeres sein. Im ersteren Fall wäre das so die Zitrus-Holz-Chypre-Barbershop-Ecke. Im zweiten Fall vielleicht ergänzt durch etwas Leder, Ambriertes, Blumiges… Allerdings mag ich es nicht, wenn in einem Duft dauernd Einzelkomponenten zu sehr herausstechen und sich über Stunden bemerkbar machen oder gar irritieren. Deshalb bevorzuge ich keine allzu opulenten Parfüms mit zuviel Süsse (mit Wumms-Amber, Vanille, Tonka, Zistrose, Honig, Caramel usw.) oder mit zuvielen „scharfen“ gewürzigen Anteilen (Zimt, Kreuzkümmel, Koriander, auch würzige Anteile von Hölzern oder Harzen). Das alles sind Komponenten, wie etwa zuviel Weihrauch oder Patchouli (Duftstoffe, die ich wohlgemerkt als einzelne Gerüche sehr mag), die ich mit der Zeit als anstrengend empfinde, sofern sie sich nicht harmonisch in die Gesamtkomposition einfügen.

Ich muss mich wiederholen, LEAH ist ein merkwürdiges Parfum. Ein Blick auf die Duftangaben scheint das zu bestätigen: Gewürze, Gemüsiges, Holziges und eine Basis, die im Widerspruch dazu sehr ambriert und süsslich anmutet. Allerdings tragen hier die Angaben nicht viel zu der Dufterfahrung bei. Manchmal ist man also besser bedient, wenn man sich nicht zu sehr davon (ver-)leiten lässt. Sonst wäre mir ein wirklich grossartiger Duft entgangen.
LEAH startet relativ dunkelwürzig mit verhaltener Frische. Mit etwas zitroniger Ingwerschärfe bei leicht kräuterigem Grün-Grundton (Basilikum?). Augen- bzw. nasenfällig ist ein origineller Schuss Sellerie. Der Sellerie trägt merklich dazu bei, den Duft in eine fast unspassige und ernsthafte, gemüsige Richtung zu lenken. Ich stelle mir vor, dass es das ist, was viele davon abhält, sich mit dieser Kreation ernsthaft auseinanderzusetzen zu wollen. Persönlich mag ich Sellerie sehr gerne, eine eher selten eingesetzte Note, da möglicherweise der Eindruck einer Suppenküche entstehen mag. Ich hab keine Mühe mit solchen Bildern, oder anders: ich sehe nicht ein, warum ein schöner Duft nach frischem knackigem Gemüse nicht ebenso seine Berechtigung haben darf. Wenn die ganze Welt schon nach Kokos, Ananas und Melone riecht, warum nicht auch mal frisches Gemüse? Hat man sich erstmal darauf eingelassen, kommt einem LEAH schon vertrauter vor. Grundsätzlich ist es ein hautnaher Duft ohne Riesenprojektion. Trotzdem wird er gut wahrgenommen, die Strohblume mit ihrem leicht knarzigen Hintergrundrauschen ist sicher kein Mauerblümchen, eher eine strahlende kleine Sonne, in deren Korona die Gewürze und Hölzer erst recht erblühen. Diese leise glimmende Strohblume passt wunderbar zu den Gewürzen und lässt den gesamten Duft sehr trocken erscheinen. Auch die Zistrose in der Basis verfügt eher über eine trockene Süsse, zum guten Glück hat Yann Vasnier auf alles Balsamische verzichtet, was das Gemüse-Konzept dann doch ad absurdum geführt hätte. So bleibt es ein nicht frisches, aber erfrischendes, zart harziges Gemüsebouquet mit holzigen und zartbitteren Untertönen. Ich habe lange überlegt, womit man den Duft assoziiert und schliesslich glaube ich, dass ein trockener Vermouth dem Gesamtbild ziemlich nahe kommt. Auch dort finden sich gemüsige (von Artischocke) und gewürzige Anteile. Der Vergleich zu trockenem Aperitiv passt defititiv. Anwendung findet er das ganze Jahr über, sogar bei warmem Wetter, und ich mag es sehr, diverse Parfums meiner Sammlung gelegentlich mit einem Spritzer LEAH selleriemässig aufzupimpen.
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