Yharnam79

Yharnam79

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6 - 10 von 79
Yharnam79 vor 2 Jahren 13 6
8
Flakon
9
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8
Haltbarkeit
9
Duft
Meine kleine Perversion
Gourmands sind in der Regel Düfte, die mir erstmal nicht wirklich viel geben bzw. mich auch meist allein von den Ingridenzien her nicht besonders interessieren.
Ich wüsste aus dem Kopf nichtmal ob ich ach nur einen Gourmandduft besitze (zumindest keinen, den ich so bezeichnen würde)...
Daher hatte ich aufgrund der Bewertungen hier auch etwas Bedenken, was (gerade) den Auftakt von Perverso angeht. Aber entweder mein Unterbewusstsein will es nicht als gourmandig wahrhaben oder meine Definiton bzw. Wahrnehmung ist einfach eine andere.

Perverso startet mit einem Schwall aus gerösteten, fast verkokelten Nüssen, gewälzt in Rum und vermengt mit Pfeifentabak, der in seinem vergabbelten Tabakbeutel nicht erst einmal nass geworden ist. Wenn man gourmandig nun eimal gleichsetzt mit süß, dann ist der Auftakt für mich alles andere als gourmandig. Süß riecht da bei mir nix. Eher sogar das Gegenteil davon: stark pfeifentabaklastig, die Nüsse sehr natürlich wahrnehmbar aber eben schon etwas länger über dem Feuer. Aber auch hier riecht es nicht nur nach verkokelter Nussschale, es sind sogar ziemlich tolle Röstaromen, die da herumwabern. Und ja, der ganze Duft riecht auch etwas muffig. Marke: alte, verschranzte Couch oder Ledergarnitur.

Im Verlauf wird er etwas zugänglicher wobei das Wort hier wohl nicht so ganz passt, denn auch der Drydown verlangt einem einiges ab, gerade wenn man nicht zu den Liebhabern von Styrax (mit verbrutzeltem Nougat) gehört. Das drückt sich nämlich ganz schön nach vorne und klebt letztendlich noch viele, viele Stunden an den Röstaromen, der nun mittelschweren Rumfahne und dem Feuer, welches mittlerweile auch an der Ledergarnitur herumzüngelt.

Etwas weniger rau(chig) und bedrohlich und dafür etwas wärmer und einlullender überdauert er mehrere Stunden auf der Haut.
Der perverse Unterton bleibt.
Egal ob er Ekel oder Anziehung hervorruft.

Maggi kann ich persönlich zu keinem Zeitpunkt ausmachen, was mich aufgrund eines mittelschweren Maggie-Nudeln Kindheitstrauma zusätzlich freut.

Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Denn auch wenn ich Perverso als Duft schon fast verehre kann ich Jeden und Jede voll und ganz verstehen, der oder die hierbei exakt das Gegenteil empfindet.
Speziell als Komposition wäre noch untertrieben.
Gut gemacht steht jedoch außer Frage.

Und der Name passt insofern als dass ich durchaus zugeben muss, dass ich diesen Duft auf eine irgendwie schon etwas perverse Art und Weise ziemlich sexy finde...
6 Antworten
Yharnam79 vor 2 Jahren 12 5
8
Flakon
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Sillage
9
Haltbarkeit
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Duft
Verharzter ambrierter Waldmeister
In meiner Kindheit in den 80ern, auch noch später in meiner Jugend in den 90ern kamen immer wieder Produkttrends in die Lebensmittelregale, die sich in der Intensität nicht gehalten haben oder sogar ganz verschwunden sind (kennt noch jemand Oranginensoße???).

Ich kann mich noch erinnern, dass plötzich in jedem Supermarkt giftgrüne, manchmal ins türkis gehende Waldmeisterprodukte Einzug gehalten haben.
Es gab Waldmeisterlimo, Waldmeisterpudding und Wackelpudding, Waldmeistereis und Waldmeisterwassereis, Waldmeisterbonbons und auf diversen Dorf.- Zelt.- und Schützenfesten auch Waldmeistersaft und Waldmeisterzuckerwatte. Dort gab es auch so komische, ganz glibberige und klebrige, einzeln verpackte Waldmeister-Gummibärchen in groß und in Form von Schlümpfen. Die haben allerdings so übersüßt geschmeckt, dass man gar nicht erkennen konnte, ob es nun Waldmeistergeschmack oder irgenwas anderes war.
Bei meiner Omi (R.i.P.) gab es auf jeden Fall ab dem Zeitpunkt über Monate hinweg die Waldmeisterlimo. Ich mochte die gar nicht mal so gerne aber es war eine gute Abwechslung zu Mineralwasser; und hey, Süßgetränke in fast jeder Form gingen als Kind mehr als klar.

Labdanum eröffnet harzig, krautig, fast medizinisch und herb. Der direkte Auftakt ist schon recht fordernd und nicht wirklich greifbar und schräg. Irgendwie aber auch toll!
Auch was mineralisches hat er.
Im Verlauf gesellt sich deutlich wahrnembar Amber hinzu, was das "giftig wirkende" Duftbild erheblich auflockert und harmonisiert.
An sich würde ich Labdanum nicht unbedint als Crowdpleaser sehen, das der Auftakt hierzu zu eigen ist. Im Verlauf erscheint ein immer noch eigener, etwas medizinischer und harziger Amberduft mit Alleinstellungscharacter.

Süß wird Labdanum auf meiner Haut zu keiner Zeit.
Dafür durchlebt der Duft bei mir eine Metamorphose, die im Drydown das Katapult in meine Kindheit und Jugend anwirft. Ich habe eine Weile gebraucht, um einzuordnen, an was mich der Geruch erinnert und eines Abends hatte ich es plötzlich. Waldmeister!
Stark entzuckert, wenn ich mich an den Geschmack erinnere, aber trotzdem kommt dieses Bild jedesmal, wenn ich den Duft trage wieder. Ob das an meiner Haut liegt, an meinem körpereigenen Geruch oder an der Zusammensetzung und dem Zusammenspiel der Ingredenzien, keine Ahnung. Ist eigentlich auch gar nicht so wichtig, denn es riecht toll!
Und es gibt weitaus schlimmeres als von einem Duft in eine unbeschwertere Zeit zurückversetzt zu werden.
Ein bisschen wie Waldmeisterlimo trinken bei Omi...
5 Antworten
Yharnam79 vor 2 Jahren 12 9
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Es endet im eisigen Kräuterwald, direkt am gefrorenen See
Auch wenn ich die Pineward-Düfte schon an sich sehr mag, bei Icefall war ich schon beim Lesen der Duftpyramide recht skeptisch und auch ein wenig voreingenomen.
Ich habe es an sich nicht sehr mit frischen, noch weniger mit fruchtigen und wohl am wenigstens mit zitrischen Noten in Düften bzw. Düften an sich.
Testen wollte ich ihn natürlich trotzdem.

Und war ich beim Test schon recht verwundert und irgendwie angetan.
Fand ihn in erster Linie interessant bis total schräg.
Und im Auftakt knallt einem Grapefruit entgegen.
Dazu komme ich aber in der Beschreibung weiter unten.
Die Probe war nun leer und der Duft ging mir nicht mehr aus dem Kopf.
Kurzum: der Flakon ist mittlerweile bei mir eingezogen.
Und, wie es bei guten Freundschaften oftmals so ist: wir haben trotz bereits anfänglicher Sympathie eine Weile gebraucht, um uns richtig kennenzulernen. Jetzt ist sie endgültig da und gefestigt, die Zusammengehörigkeit.

Noch erwähnt, dass der Name toll ist und auch irgendwie passt wie Arsch auf Eimer, komme ich mal zu dem Versuch, der Beschreibung des Dufts.

Icefall eröffnet mit einem Schwall aus einer Mischung aus saftiger und eiskalter, fast gefrorener Grapefruit. Total authentisch, bitterherb-fruchtig und belebend.
Neben teils scharf-kräutrig anmutenden Essenzen irgendwo im Hintergrund dominiert die Grapefruitnote die ersten paar Minuten deutlich auf meiner Haut. Das tariert sich dann irgendwann so aus, als dass die pfeffrigen Kräuter weiter nach vorne durchdringen. Der Punkt, an dem der Duft irgendwie nochmal eine Schippe an Schrägheit dazugewinnt. Aber ab hier wird er wiederum auch erst richtig interessant.

Und spätestens ab diesem Punkt bin ich froh, dass die Grapefruit nun irgendwiegut in ihr Umfeld eingebettet ist, dass sie vorwiegend interessant wirkt anstatt zu nerven.
Aufgrund meiner Aversion gegen Früchte in Düften war das nämlich meine Befürchtung bei Icefall.

Nach der, gerade beschriebenen Mitte ist die Grapefruit ganz und gar durchzogen von würzig-pfeffrigen Kräutersäften und leichtem, kaltem Nebel. Hinzu kommt was waldiges, was tatsächlich sowohl als „waldig“ gemeint ist als auch in Bezug auf Euphorium Brooklyn’s WALD.
Bis zum Ende des Duftverlaufs blitzt ab und an der Hauch einer längst vergangenen Erinnerung einer erfrorenen Grapefruit ganz sachte wieder durch. So dezent, dass man es kaum wahrnimmt.

Der Drydown besticht auf meiner Haut durch eine bis dahin fehlende Nuance, nämlich einer, die der Basilikumnote aus Vert D’encens sehr nahe kommt. Ich vermute einfach, dass das an der Zusammenarbeit mit den anderen Nuancen liegt und eher was auch der Richtung Seetang ist. Zumal der „Basilikum“ hier auch deutlich feuchter und kühler wirkt. Diese legt sich, bei mir recht dominant wie eine Decke über den restlichen fast (Maruyama-) würzigen Eis-Kräuterwald.
Und auch genau hier, am Ende des Duftwegs, liegt für mich die eigentliche und bisher verborgene Stärke von Icefall.

Eine Reise, die mit pfeffrig-frischer Wintergrapefruit beginnt und im eisigen Kräuterwald, direkt am gefrorenen See endet.
9 Antworten
Yharnam79 vor 2 Jahren 8 5
2
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Kräutergeister
Keine Frage, die Düfte der guten Anna sind alles andere als Crowdpleaser - durch die Bank weg.
Aber wie es bei allen Unterschiedlichkeiten des Geschmacks so ist, Anhänger haben sie. Und das ist auch gerechtfertigt - zmindest meiner Meinung nach.
Auf der einen Seite gibt es die Mainstreamdüfte, es gibt die Nische und es gibt Düfte die dem Wort Parfumkunst verschreiben und eben (Parfum-)Kunst sind. Was letztlich wer mag und was er/sie als tragbar oder untragbar (diese Worte widerstreben mir ehrlich gesagt sowieso) empfindet ist eh durch und durch subjektiv.

Ghost House hat mich insofern zunächst ratlos zurückgelassen, als dass ich aufgrund der bisherigen Beschreibungen etwas völlig anderes erwartet hatte.
Verweste Leichen, Schimmel, Schweiß und Animalik? Nichts davon kann ich aus diesem Duft herausriechen.
Weihrauch kann ich auch beim besten Willen keinen ausmachen, was ich aber ehrlich gesagt nicht bedauere.

Schwierig ist er zunächst trotzdem.

Irgendwie als hätte man Succus und/oder (wahrscheinlich eher "und") Maruyama genommen, in einen Kessel gekippt und dann alles an Hustensäften und verschiedenen Kräuterbonbons plus Salben darin aufgelöst, die man finden konnte.
Kantig ist er.
Sau-scharf, sau-herb, beißend-grün und mini-mini-minimal rosig.
So startet und so bleibt er. Auch wenn er im späten Verlauf etwas an Mildheit dazugewinnt und somit etwas "einfacher" wird.

Ich mag beide der in den Kessel gekippten Düfte sehr gern und mir gefällt auch Ghost House in seiner Kompromisslosigkeit und Bissigkeit sehr gut.
Die Verbindung zu dem Namen, nämlich einem Geisterhaus fehlt mir persönlich allerdings komplett. Da hätte ich Witch Garden tatsächlich passender gefunden.
5 Antworten
Yharnam79 vor 3 Jahren 16 4
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Ewigkeit
Ganz im Gegensatz zu meinem/meinen Vorredner/Vorrednerinnen bin ich seit der ersten Begegnung mit diesem Duft ganz und gar schockverliebt. Ich weiß selbst nicht mehr, wann das so schonmal der Fall gewesen ist (evtl. noch bei Ceylon und/oder Aran).

Wie bei allen anderen Düften ist dies zwar rein subjektiv, ich empfinde War & Peace II als einen der gelungensten, eigenständigsten, charismatischsten und ja, auch als einen der besten Düfte, die ich bisher unter der Nase und an mir hatte.
Wer mit dunklen, ernsten Düften und mit Animalik auch nur das Geringste anfangen kann, dürfte hier wirklich seine wahre Freude haben...
Besser hätte man das Thema kaum umsetzen können.

Dunkelste Nacht und Kopfsteinpflaster, dann teerig, animalisch, schwitzig, düster und zutiefst rauchig kämpft er mit verführerischer, herbster Rose, mystisch-sakralen Räucherwerken und ledrig anmutender Tierwärme.
Beängstigend auf der einen und wunderschön auf der anderen Seite.
Für mich ein absoluter Ausnahmeduft.

P.S.: Die Haltbarkeit grenzt an eine halbe Ewigkeit.
4 Antworten
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