Zionist

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Rezensionen
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21 - 24 von 24
Zionist vor 11 Jahren 17 7
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
2
Duft
Quentin Tarantino goes Diptyque
Eine Rezension über ein Parfum zu schreiben, welches gar nicht mein Herz eroberte und mit dem ich mich nicht wirklich emotional identifiziere, habe ich bisher noch nicht getan. Oyedo ist da insofern eine Herausforderung, weil bei diesem alles anders zu laufen scheint und es mit hoher Wahrscheinlichkeit anderen Gesetzmaessigkeiten unterworfen ist.
Angefangen hat alles gestern im Ka De We am Diptyque Counter wo es mir nicht nachvollziehbar ist, wie Oyedo überhaupt in meinen Besitz gelangten konnte, da ich zielsicher eigentlich vor hatte, einen Blumenstrauss namens Olene von Diptyque zu kaufen.
In Erwartung eines völlig anderen Duftes war zuhause die Irritation groß. Im Kontakt mit dem selbstbewusst pubertärhaften und in erster Linie inkongruent auftretenden Kopfnoten war ich mal etwas vor dem Kopf gestossen und fragte mich ob ich im richtigen Film bin.
Im Kontext mit dieser kleinen Vorgeschichte geht die Planlosigkeit, in der man sich zunächst mit Oyedo wiederfindet weiter – welches jetzt retrospektiv offensichtlich das Konzept dieses Parfums zu sein scheint.
Ein zitrisches Gewitter mit Tangerinenhagel zieht wie Flußballfans nach einem LokalDerby durch die Strasse und schon ist man neuerlich überrascht, da sich ein anderes Dufterlebnis hinzugesellt, welches zunächst für mich nicht klar zu identifizieren ist, und sich als krautig – kräuteriges teilweise medizinisches Destillat erweist, welches mir Erinnerungen an meine liebe Oma hochruft, deren Atem oft nach Malzbonbons roch, die einem Hustensirup verabreichte oder mit sonstigen medizinisch riechenden Hausmitteln in der Kindheit Gutes tat.
Oyedo verhaelt sich in seinem weiteren Kontakt wie eine launische Urlaubsbekanntschaft, die man, aufgrund einiger weniger Tage verbrachter Nähe schon glaubt zu kennen, und die einen aufgrund unvorhersehbarer Handlungen und Aktionen in ihrem weiteren Verhalten nur wundern lässt.
Da auf den aufgetragenen Stellen meiner Haut auch lokal eine Kühlung zu spüren ist, sind hier sicher auch ätherische Inhaltstoffe beinhaltet, die in weiterer Folge mit den Gewürzen – in erster Linie ist für mich viel Thymian und einiges an mit Zucker verwobenen Estragon beteiligt- mit den hölzeren Noten ein Gewürz Flashback im LSD Stakkato- Stil veranstalten.
Vom ersten Atemzug an sind bei diesen Duft die Dimensionen irgendwie verschoben, wie bei der Derealisation oder was man so von Halluzinogenen gelesen hat.
Es würde mich nicht wundern wenn sich Leute unter Oyedo an Alice in wonderland versetzt sehen.
Wie zu Sylvester am Nachhimmel explodieren neue olfaktorische Salven, die hyperassoziativ und multi-tendent in ihrer Entwicklung und Verlauf sind - ich fühle mich wie nach einer langen durchfeierten Nacht – wieder zurück im Büro alles klappt nach Ablauf - und trotzdem ist das ein fremdartig anders anmutender Tag mit gänzlich anderen Vorzeichen.

Bezüglich meines veränderten Koordinatensystems unter Oyedo fallt mir das Konzept von Architekt Daniel Libeskind ein, der das jüdische Museum in Berlin entwarf und mit einem
irrationalem Liniensystem die Besucher irritiert. Ein Wegesystem aus drei Achsen steht symbolisch für drei Wirklichkeiten der deutschen jüdischen Geschichte . Alle drei unterirdischen Achsen sind miteinander verbunden und kreuzen sich.
Neben der Achse der Kontinuität, ist vor allem die Achse des Holocaust und der Emigration so gestaltet, dass der Besucher des Museums beim betrachten der Exponate mit unerwarteten Schrägen im Boden und an der Wand dimensionelle Veränderungen erlebt, die einen aus der Alltagsemfindung herrausrütteln, schwindelig machen und nachempfinden lassen, wie es sie nachfühlen lässt entwurzelt zu sein.
Oyedo ist ein Erlebnis der besonderen Art – leicht Tarantino -esque aber nicht uninteressant. Eine starke Abneigung wie das zum Beispiel Ence Noire von Lalique bei mir evoziert, tritt nicht auf.Trotz anfänglicher großer Irritiertheit weiss ich um meine Subjektivität bei der Wahnnahme von Düften bescheid und gebe mir noch Zeit, mich an seine Eigenart heranzuarbeiten.
7 Antworten
Zionist vor 11 Jahren 25 5
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
A solid Englishman
Der Mensch ist ein Wiederholungstäter.
Als Freund der English Scents war es insofern nur noch eine Frage der Zeit bis Kreationen von D.R. Harris meine Sammlung erweiterten.

Die Düfte und die vorwiegend aus dem „Barber Bereich“ stammenden Pflegeprodukte von D.R. Harris, stammen aus dem Apothekerhaus von Daniel Roteley Harris, der vor mehr als 200 Jahren in einer der vornehmsten Gegenden Londons in der St. James Street, sein Unternehmen eröffnete.

Dieser unverwechselbare dezent englische Stil seiner hochqualitativen Produkte gepaart mit der Affinität zu Traditionellem und seine Nähe zur englischen Aristokratie werden wohl der Grund gewesen sein, warum dieses Familienunternehmen kurz vor dem 2. Weltkrieg zum königlichen Hoflieferanten des englischen Königshauses aufstieg.

Windsor kam mit DHL in der Morgenpost.
Die ideale Gelegenheit, ein neues Parfum frischgeduscht zu testen.
In all zu großer Antizipation, und weil der erste Sprühstoß so ganz meinen Erwartungen entsprach – habe ich bei diesen Duft nicht mit einer so starken Sillage (bis nach der Arbeit abends um 21 h) gerechnet.
Auf dem Weg in die Arbeit von der Bäckerin wurde ich wohlwollend darauf angesprochen, dann die Frau die neben mir ihr Fahrrad bei der S Bahn neben meinem abschloss, meine Sekretärin und mehrere Kontaktpersonen im Geschäftsalltag konnten es sich nicht verkneifen, mir mitzuteilen wie gut und wie sauber sympatisch frisch ich doch riechen würde.

Windsor beginnt wie zu erwarten mit einer ausgesprochen frischen zitrschen Kopfnote mit süßlicher Orange, Zitrone und Limette, welches von Neroli verwoben erscheint, und bei mir das Gefühl von unglaublicher mediterraner Frische aufkommen lies.
Im Auftakt wird auf die sonst oft omnipräsente Bergamotte ganz verzichtet, was den Duft sicher
schon mal von vielen Deja vu Erlebnissen abhebt.
Nach diesem Auftakt eines harmonischen Zitrusakkords gesellen sich neben der Orangenblüte wärmende und würzige Noten hinzu, die durch die Anwesenheit von Muskat, Nelke und schwarzen Pfeffer bedingt sein müssen und in weiterer Folge von Vetiver und Geranium und sehr dezent ledrigen Noten ergänzt werden, die in ihrer Gesamtheit für diese bereits beschreibene Sillage und lange Haltbarkeit verantwortlich sind, weswegen Windsor im Gesamtverlauf gar nicht so körpernah bleibt, wie von mir zunächst subjektiv erlebt.

Diesen Duft ist wunderbarer englich traditionell und trotz seines Alters alles andere als ein Vertreter des Altherrenduftgenres.
Wie bei den Eau de Colognes auch, ist dieses Parfum vom Konzept her eine weitere Interpretation eines bereits bekannten Themas.
Nur Windsor möchte ich in meinem Repertoir nicht mehr missen.
5 Antworten
Zionist vor 11 Jahren 17 5
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
3.5
Duft
Sissinghurst - love at second sight
Der Name Sissinghurst kann sich meiner Duftwahrnehmung nach nur auf den Garten von Sissinghurst Castle beziehen, welcher gut in einem Tagesausflug von London aus in der Grafschaft Kent zu erreichen ist.
Sissinghurst ist ein wunderbarer klassisch frischer floraler Duft, der trotz seines hohen Anteils an weissen Blüten nie süsslich wirkt und auch beim Übergang in die Herznote distinguiert seine männliche Akzentuierung behält. Ich fühle mich dabei wirklich in einen blühenden englischen Garten im Mai versetzt und rieche geradezu wohlig warm den Blütenreichtum, den uns die Natur im Frühling in aller Opulenz an einigen Frühlingstagen durch blühende Blumen und Bäume wahrnehmen lässt.
An Sissinghurst garden kommt man als richtiger Gartenliebhaber ja nicht vorbei, da dieser Garten fast in jedem Buch, das sich fundierter mit englischen Gärten beschäftigt, erwähnt wird, da er wie kein anderer die moderne Gartenkunst geprägt hat.
Insofern denke ich, hat sich Crown Perfumery, die Sissinghurst erstmals kreierten, sicherlich bei ihrer Namensgebung am Reichtum der Sinneseindrücke eher von Sissinghurst garden als von einer schlichten „Waldlichtung „ ( wie die andere englische Bedeutung lautet ) inspirieren lassen.
Crown Perfumery`s Ursprung ist bei Hrn. William Sparks Thomson zu sehen, der sich in der Damenkorsettherstellung Mitte des 19. Jhds. in London einen Namen gemacht hatte. Da Ohnmachtsanfälle bei der Anpassung enger Korsetts an der Tagesordnung standen und keine Besonderheit waren, kam sein Sohn Thomson Jr. als Chemiker auf die Idee, im Geschäft seines Vaters ein auf Lavendel basierendes Duftsalz bei der Anprobe den Kundinnen anzubieten. Thomson´s Sohn William war in der Herstellung belebender Duftwässer so erfolgreich, dass sich in weiterer Folge das Warenangebot der hochwertigen Korsetts automatisch um wertvolle Parfums unter dem Firmennamen Crown erweiterte.
Die um 2002 in Birmingham gegründete Firma Anglia-Perfumery Ltd. hat sich zum Ziel gesetzt die traditionell alten englischen Düfte, vor allem der früheren sehr renomierten Crown Perfumery wiederzubeleben wofür ich wiederum sehr dankbar bin.
Ich habe jahrelang außer Vetiver von Guerlain und Penhaligans Blendheim Bouquet jeden anderen Duft nur mit Desinteresse und Achtlosigkeit gestraft und erst über die Anglia Kreationen so etwas wie einen zweiten olfaktorischen Frühling durchgemacht.
Die große Ignoranz – wenn ich mal etwas gefunden habe, was mir entspricht und gefällt– ist mir weiterhin nicht fremd, jedoch besteht Besserungswille.
Insofern zu Sissinghurst, welches auch nach dem Kauf mal für ein einhalb Jahre wieder im Badezimmer in der hintersten Ecke landete, um an einem verschlafenen Morgen durch einen Fehlgriff – am Morgen stehen die ersten 90 Minuten meiner Tätigkeiten unter Autopilot – aus seinem Dornröschenschlaf erweckt zu werden.
Inzwischen ist Sissinghurst einer meiner Lieblingsdüfte, und die große Liebe auf den 2. Blick.
Sissinghurst begrüsst einen beim Auftragen mit einer wunderbar sanft mediterranen Zitrus Kopfnote die auch nicht sofort verblasst sondern lange Beständigkeit hat. Die zitrsch florale Herznote durch weisse Blüten wird ergänzt und abgelöst durch warme Holzakkorde mit einer dezenten Würzigkeit. Grün Krautiges kann ich nicht wahrnehmen. Der Ausklang ist für mich mild ambrisch vanillig akzentuiert. Statt auf die Haut nur auf das Hemd aufgetragen von noch längerer Haltbarkeit und unglaublicher Frischheit.
Um das Besondere und Einzigartige um Sissinghurst garden zu erläutern bedarf es einiger Hintergrundinformation.
Sissinghurst garden ist untrennbar mit dem englichen Ehepaar Sackvile-West und Nicolson und deren in allen Lebensbereichen ausgiebig zelebrierter Exzentrik verbunden, die in den 30er Jahren einer umtriebigen hedonistischen englichen Oberschicht angehörten,und wegen vielfacher außerehelichen Beziehungen in aller Munde standen.
Der berühmte "White Garden" von Sissinghurst wurde als Konzeptgarten von Fr. Vita Sackville-West und ihr Mann Harold Nicolson Sissinghurst im Jahre 1930 angelegt. Im Laufe ihres Lebens erschufen die Schriftstellerin und der Diplomat damit den wohl bedeutendsten und berühmtesten Garten der englischen Gartengeschichte. Nicolsons klassizistische Formenstrenge fügte sich auf magische Art und Weise mit Sackville-Wests romantisch-üppiger Bepflanzung zusammen. Um bei Festen den Garten auch nachts genießen zu können, wurden Teile des Gartens als monochrome Anlage mit ausschließliche weissblühenden Blumen, Ranken und Sträuche und Bäume mit silbrigen Blättern verwendet.
5 Antworten
Zionist vor 12 Jahren 24 8
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
5
Duft
Al Waseem - Der Gutaussehende
Bei meiner letzten Reise durch die Vereinigten Arabischen Emirate - klimatisch schnell schwitzend und dehydriert, war ich natürlich schnell verführbar, mich
den angenehm airconditioned Luxuseinkaufsmalls hinzugeben.

Was mir schnell auffiel - ist,daß was die Parfumläden betrifft, ein flächendeckendes Angebot an sophisticated inszenierten,und an orientalische Prunkräume ähnelnde Boutiquen anzutreffen sind, die allerhand opulent durchdesignte Duftbehälter, mit einem in nicht enden wollenden Reichtum an spielerischen Überfluß gestalte Formen von Parfum Flakons in ihren Auslagen und
Displays zur Schau stellen.

Al Wasseem von Swiss Arabian - bedeutet im Arabischen "gutaussehend - der Gutaussehende ".
Die Firmen Namensschöpfung Swiss Arabian hat mich zunächst etwas irritiert, da ich mit der Schweiz vor allem nur Uhren,Käse - und zuletzt in Verruf geratene Bankungereimtheiten verbinde.

Die SAPG ( Swiss Arabian Perfumes Group) entstand 1974 aus einer Allianz einer
Parfumherstellerfamilie mit jemenitischen Wurzeln und einem schweizer Geschäftspartner.

Die Firmenniederlassung liegt im Emirat Sharjah, dem von allen VAE am religiös strengsten Emirat, wo auch generell Alkohol in den 5-7 Stern Hotels unter Strafe steht.
Da der Islam den Alkohol als unrein ansieht,sind die meisten, der in Europa und anderen westlichen Ländern angebotenen Sprays, Deos, EdT und Parfums für einen gläubigen Muslim nicht erlaubt.

Die Duftkreateure von Swiss Arabian haben sich in diesem Sinne bei der Herstellung ihrer verschiedensten Parfumschöpfungen verpflichtet,die Alkoholfreiheit aufrecht zu erhalten.

Die Angestellten bei Swiss Arabian waren von einer ausgesprochen wohltuenden
Zurückhaltung in der Produktvorstellung, ließen mir den Freiraum und die nötige Zeit, mich mit den von mir ausgewählten Düften auseinandersetzen zu können, und stellten jedem Kunden Dosen im exquisiten Design zur Seite, welcher frisch gemahlenes Kaffepulver enthielt, um seinen Geruchsknospen der Nase ausreichend Möglichkeit zur Regeneration zu bieten, um fit zu sein, um in ein neues Geruchserlebnis eintauchen zukönnen.

Die Duftbreite dieser orientalischer, islamischer Parfümöle, die meine Sinne da wahrnahmen ist überaus breit gefächert und reicht von olfaktorischen Assoziationen, die durch ihren schweren lieblich-floral- süßlichen Autritt nicht näher beschreibbar wollende Konkubinatphantasmen aufkommen lassen, und reichen in ihrer Bandbreite bishin zu pheromongesteuerter Phantasien von irgend welchen viril testosteronlastigen dominanten Archetypen.

Die hohe Qualität der errochenen Öle spiegelt sich natürlich auch in den Preisen wider, da genuine ätherische Öle schon in der aufwendigen Gewinnung meist teuerer sind.
Die Tochterfirma von Swiss Arabian hat sich unter dem Label Tihama auf den afrikanischen Markt spezialisiert.
Dieser "gutaussehende Orientale" wird in der Werbung als in seinen Tugenden so beschrieben, dass seine Charaktereigenschaften durch die Aufrechterhaltung dem Festhalten und der Durchsetzung traditioneller Werte in seinem Herzen
bestimmt sind.
Meine Erwartungshaltung war bezüglich dieser Aspekte natürlich hoch angesetzt und ich erwartete eine moderne dynamnische positive Päsenz, die mit den Unterschieden von Orient und Occident in einer Besonderzheit spielerisch umgeht.
Als Kopfnoten bestimmend werden weisse Blumen, vor allem Maiglöckchen angegeben, die sich für mich aufgrund dominierender würziger Noten nicht erkennen lasse
Die Herznote wird durch die stärker im Vordergrund stehende Hyazinthenanwesenheit als durch die Mitwirkung von Rose, Geranium bestimmt und eher noch durch das für mich weiter aurtretende Cumin und Pfeffereinfluß abgeschwächt.
Die Basis wird durch Patchouli, Muskat und die Holznoten Agar und Zeder dominiert.
Insgesamt wirkt AlWaseem auf mich - und ich kann auch nur von mir sprechen - eher westlicher Mainstream, wenig orientalisch und vor allem wenig differenziert, was seine oben beschriebenen Tugenden betrifft,da ich seinen Charakter,der ihm zugeschreiben wird, einfach nicht finden kann.

Was meine Vorlieben betrifft bin ich ja sehr british beprägt -
dass "Tausend und eine Nacht" noch vieles bereit hält, welches nur zu entdecken ist- bin ich zuversichtlich und mit Vorfreude abwartend darauf vor allem mich in den Oud Bereich vorzutasten.
8 Antworten
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