29.07.2022 - 05:26 Uhr
Intersport
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21
Detour X: Braucht's des?
Das 1996 gegründete Pariser neo-retro-bourgeois Keramik & Co Haus Astier de Villatte hat in einer Reihe von 'location-based' Räucherstäbchen bereits mehreren Orten eine fiktive, olfaktorische Fussnote versetzt, und konnten mit feinen Eau-de-Cologne-artigen Düften, allesamt von Françoise Caron, punkten. Besten Dank an Erno für den link! Mit Tucson wird hier versucht Neuland zu betreten. Ein Eau de Parfum anstelle vom Cologne, Alexandra Monet statt Françoise Caron, und, wie der Name und die verwendete Typografie schon sagt: Far West. Hmmm. Ich mag vieles mit Bezug zu trockenen, zum Teil kargen Landschaften. Hinterland Eaux, Garrigue Düfte, Macchia Parfums, Wüsten Wasser.
Tucson, Arizona, Almanac of the Dead, Leslie Marmon Silko … Nordamerikanische Wüstenlandschaften und deren Vegetation wurden in den vergangenen Jahren immer öfter zum Ausgangspunkt für independent, experimentelle und kommerzielle Parfumerie. Desert Resin (?) oder El Cosmico (2015) verkörpern diese Koordinaten u.A. beeindruckend. Olympic Orchids's Duft Duft mit dem gleichen Namen 'Tucson' (2010) ist auch noch dieser location gewidmet. Astier de Villatte's Tucson sucht den Anschluss zu diesen Geographien, nur nennt - und verwendet es hierzu zutiefst mediterrane Zutaten. Immortelle, Labdanum, Thymian, oder Birkenteer.
Tucson eröffnet bereits mit diesem Vierklang, wobei Birkenpech und Labdanum erstmal federführend sind, Basilikum und Zimtartiges schwingt mit, auch eine spirituoese Note, ähnlich der leicht rauchiger Mezcals. Hier ähnelt der Duft Olivia Giacobetti's merkwürdiger 'Chaman's Party' (2008) mit dessen teeriger Räuchernote. Die Kombination Hochprozentiges + Labdanum, Birke, Immortelle verweist zugleich an Histoires de Parfums's 1740 (2000), aber Tucson bleibt trockener, reduzierter und kräuterartiger. Die Birkenpechnote wird im Verlauf allmählich durch eine bitter-würziger Immortelle Note ersetzt; hier scheint tatsächliches Immortelle Absolute recht unverblümt am Werk zu sein; oft werden dessen bitteren Facetten ja ganz bewusst entschärft, nur L'Innommable (2018) setzte bei einem kurzem Moment im Verlauf auf diesen Aspekt den ich sonst nur mal direkt in LMR's Immortelle Absolute riechen konnte. Mal abgesehen von der Mezcal Note, Tucson's Profil ist - allein schon wegen den angegeben Akteure - mehr rustikale, kratzig mediterrane Zistrosen Hinterland Kreation als stimmig inszenierte Far West News. Im Pressetext wechseln die Keramik Messieurs schon mal zwischen Arizona's Dünen, Kakteen und wieder Maquis oder '...shrub[s] from mediterranean countries' – bewusste Disinformation, Mezcal induzierte Schludrigkeit oder nur PR Panasche?
Tucson ist vielleicht auch der wenigen Düfte die ERST als Räucherstäbchen erscheinen und darauf hin als Eau de Parfum. Die entgegengesetzte Richtung schlug z.B. Comme's Series 3: Incense (2002) vor, als ein paar Jahre nach der Veröffentlichung der fünft Düfte, Räucherstäbchenversionen erschienen. Astier de Villatte's gestalterische Expertise schlägt sich letztendlich im Flakon zu Gute: schon lange habe ich nicht mehr so eine feine kompakte Form gesehen, die von den Proportionen dann auch in allen Grössen 10, 30 und 100 ml verblüffend gut funktioniert. Auch wenn Tucson als Parfum vielleicht einen Tick zu wenig Verlauf aufweist, ein bisschen sehr auf 'rough' macht und ich mich frage ob's denn den Arizona Umweg wirklich braucht, ein solider, sommerlich hitziger Gesamtakkord ist es gewiss.
Tucson, Arizona, Almanac of the Dead, Leslie Marmon Silko … Nordamerikanische Wüstenlandschaften und deren Vegetation wurden in den vergangenen Jahren immer öfter zum Ausgangspunkt für independent, experimentelle und kommerzielle Parfumerie. Desert Resin (?) oder El Cosmico (2015) verkörpern diese Koordinaten u.A. beeindruckend. Olympic Orchids's Duft Duft mit dem gleichen Namen 'Tucson' (2010) ist auch noch dieser location gewidmet. Astier de Villatte's Tucson sucht den Anschluss zu diesen Geographien, nur nennt - und verwendet es hierzu zutiefst mediterrane Zutaten. Immortelle, Labdanum, Thymian, oder Birkenteer.
Tucson eröffnet bereits mit diesem Vierklang, wobei Birkenpech und Labdanum erstmal federführend sind, Basilikum und Zimtartiges schwingt mit, auch eine spirituoese Note, ähnlich der leicht rauchiger Mezcals. Hier ähnelt der Duft Olivia Giacobetti's merkwürdiger 'Chaman's Party' (2008) mit dessen teeriger Räuchernote. Die Kombination Hochprozentiges + Labdanum, Birke, Immortelle verweist zugleich an Histoires de Parfums's 1740 (2000), aber Tucson bleibt trockener, reduzierter und kräuterartiger. Die Birkenpechnote wird im Verlauf allmählich durch eine bitter-würziger Immortelle Note ersetzt; hier scheint tatsächliches Immortelle Absolute recht unverblümt am Werk zu sein; oft werden dessen bitteren Facetten ja ganz bewusst entschärft, nur L'Innommable (2018) setzte bei einem kurzem Moment im Verlauf auf diesen Aspekt den ich sonst nur mal direkt in LMR's Immortelle Absolute riechen konnte. Mal abgesehen von der Mezcal Note, Tucson's Profil ist - allein schon wegen den angegeben Akteure - mehr rustikale, kratzig mediterrane Zistrosen Hinterland Kreation als stimmig inszenierte Far West News. Im Pressetext wechseln die Keramik Messieurs schon mal zwischen Arizona's Dünen, Kakteen und wieder Maquis oder '...shrub[s] from mediterranean countries' – bewusste Disinformation, Mezcal induzierte Schludrigkeit oder nur PR Panasche?
Tucson ist vielleicht auch der wenigen Düfte die ERST als Räucherstäbchen erscheinen und darauf hin als Eau de Parfum. Die entgegengesetzte Richtung schlug z.B. Comme's Series 3: Incense (2002) vor, als ein paar Jahre nach der Veröffentlichung der fünft Düfte, Räucherstäbchenversionen erschienen. Astier de Villatte's gestalterische Expertise schlägt sich letztendlich im Flakon zu Gute: schon lange habe ich nicht mehr so eine feine kompakte Form gesehen, die von den Proportionen dann auch in allen Grössen 10, 30 und 100 ml verblüffend gut funktioniert. Auch wenn Tucson als Parfum vielleicht einen Tick zu wenig Verlauf aufweist, ein bisschen sehr auf 'rough' macht und ich mich frage ob's denn den Arizona Umweg wirklich braucht, ein solider, sommerlich hitziger Gesamtakkord ist es gewiss.
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