09.08.2019 - 18:06 Uhr
Floyd
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Von der tektonischen Qualität ambrierter Harze
Ich traf Thierry Autour, den manche (wie er sich selbst) als Wissenschaftler, andere jedoch eher als Wahnsinnigen beschreiben, in einem Nationalpark Nordamerikas an einem für die Zivilisation nur schwer zugänglichen Ort, dessen Lage ich versprach geheim zu halten. Die Beschaffenheit und Temperatur des Bodens sei hier ideal für seine olfaktorischen Experimente, versicherte er mir. Hier habe er vor einiger Zeit verschiedene Harze aus Nord- und Südamerika, Ägypten und Thailand vergraben, um ihre, wie er sagte, tektonischen Qualitäten zu untersuchen. Durch die Anomalie des Bodens würden die Harze nie aushärten und ständig in Bewegung bleiben, teilweise sogar verschmelzen und sich wieder voneinander trennen, wie in einer Lavalampe, schilderte er begeistert. Das Dufterlebnis bei der Freilegung der Harze sei jedoch einmalig, würden die Aromen sich doch nach geraumer Zeit allmählich verflüchtigen, es sei also eine Ehre für mich und ich solle meine Augen schließen, lächelte er verschmitzt, als er sich mit einer kleinen Schaufel und einer Wurzelbürste auf den feuchten Boden kniete und die ersten vorsichtigen Schaufelstiche in den Boden setzte. Ich schloss meine Augen.
Zu Beginn nahm ich einen warm-würzig erdigen Geruch von Patchouli wahr, der sich mit leicht scharf-grünem Vetiver zu vermischen schien. Beide Düfte verschmolzen durchaus angenehm, schienen sich in ihrer Gegensätzlichkeit spannend zu ergänzen. Das sei nur der Geruch der Erde und des Grases hier, lachte Thierry und ich hörte, wie er weiter schabte.
Etwa fünf Minuten später übernahm ein leicht rauchiges, harziges, minimal zimtig-vanilliges Aroma, das mich ganz entfernt an Lebkuchen erinnerte und Thierry versicherte mir, dass es sich hierbei um die südamerikanischen Peru- und Tolubalsam-Harze handele, welche diese Noten hervorriefen und die bei ihrer tektonischen Bewegung gerne miteinander verschmolzen, um ihre Aromen gegenseitig zu verstärken.
Nach weiteren zehn Minuten hellte der Duft etwas auf, bekam dabei einen leicht medizinisch harzigen Charakter, den Thierry dem Benzoeharz zuschrieb, der sich nun mit dem Geruch der feuchten Wiese mische. Für mich roch diese immernoch nach frischem Vetiver. Dieser Eindruck changierte nun mit einem entfernt cuminhaften Duft, der sich in das Zimt-Vanille-Harz mischte und mit warmem Honig glasiert zu sein schien. Das sei nun das Labdanumharz, welches dem Peru- und Tolubalsam diese Impression entlocke, schwelgte Thierry, bevor er mir einen einstündigen geologischen Vortrag über die Besonderheiten der Harztektonik hielt, dem ich jedoch keine Beachtung schenkte ob des würzig-warmen Genusses, in den sich nun langsam immer mehr der Duft von balsamisch-tabakartigem Ambra mischte. Dieser Ambra-Duft entstünde durch die Abspaltung des cis-Abienols aus der Nordamerikanischen Balsam-Tanne, dozierte Thierry und kam mir mit chemischen Bodenprozessen, die ich beim besten Willen nicht nachvollziehen konnte, ich konzentrierte mich vielmehr auf den immer süßer werdenden, warm-würzigen Ambraduft, der nun über viele Stunden anhielt, ehe er langsam verschwand.
Ich könne meine Augen nun wieder öffnen, sagte Thierry bemüht ernst, woraufhin ich genau dies tat. Tränen lachend hielt er mir eine Flasche Ambre Mystère hin. Diese Parfumo-Junkies glaubten auch die absurdesten Theorien, solange es nur um die Entdeckung neuer olfaktorischer Kompositionen ginge, prustete er, Harztektonik und Aromaarchäologie, er bekam sich nicht mehr ein. Ich könne den Flakon behalten, sagte er schließlich, er empfehle den Duft für Herbst bis Frühling und dass die Sillage eher moderat sei, hätte ich ja selbst bemerkt.
Zu Beginn nahm ich einen warm-würzig erdigen Geruch von Patchouli wahr, der sich mit leicht scharf-grünem Vetiver zu vermischen schien. Beide Düfte verschmolzen durchaus angenehm, schienen sich in ihrer Gegensätzlichkeit spannend zu ergänzen. Das sei nur der Geruch der Erde und des Grases hier, lachte Thierry und ich hörte, wie er weiter schabte.
Etwa fünf Minuten später übernahm ein leicht rauchiges, harziges, minimal zimtig-vanilliges Aroma, das mich ganz entfernt an Lebkuchen erinnerte und Thierry versicherte mir, dass es sich hierbei um die südamerikanischen Peru- und Tolubalsam-Harze handele, welche diese Noten hervorriefen und die bei ihrer tektonischen Bewegung gerne miteinander verschmolzen, um ihre Aromen gegenseitig zu verstärken.
Nach weiteren zehn Minuten hellte der Duft etwas auf, bekam dabei einen leicht medizinisch harzigen Charakter, den Thierry dem Benzoeharz zuschrieb, der sich nun mit dem Geruch der feuchten Wiese mische. Für mich roch diese immernoch nach frischem Vetiver. Dieser Eindruck changierte nun mit einem entfernt cuminhaften Duft, der sich in das Zimt-Vanille-Harz mischte und mit warmem Honig glasiert zu sein schien. Das sei nun das Labdanumharz, welches dem Peru- und Tolubalsam diese Impression entlocke, schwelgte Thierry, bevor er mir einen einstündigen geologischen Vortrag über die Besonderheiten der Harztektonik hielt, dem ich jedoch keine Beachtung schenkte ob des würzig-warmen Genusses, in den sich nun langsam immer mehr der Duft von balsamisch-tabakartigem Ambra mischte. Dieser Ambra-Duft entstünde durch die Abspaltung des cis-Abienols aus der Nordamerikanischen Balsam-Tanne, dozierte Thierry und kam mir mit chemischen Bodenprozessen, die ich beim besten Willen nicht nachvollziehen konnte, ich konzentrierte mich vielmehr auf den immer süßer werdenden, warm-würzigen Ambraduft, der nun über viele Stunden anhielt, ehe er langsam verschwand.
Ich könne meine Augen nun wieder öffnen, sagte Thierry bemüht ernst, woraufhin ich genau dies tat. Tränen lachend hielt er mir eine Flasche Ambre Mystère hin. Diese Parfumo-Junkies glaubten auch die absurdesten Theorien, solange es nur um die Entdeckung neuer olfaktorischer Kompositionen ginge, prustete er, Harztektonik und Aromaarchäologie, er bekam sich nicht mehr ein. Ich könne den Flakon behalten, sagte er schließlich, er empfehle den Duft für Herbst bis Frühling und dass die Sillage eher moderat sei, hätte ich ja selbst bemerkt.
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