ParfumAholic
Top Rezension
30
Wärmende Dunkelheit
Mit dem Haus Brecourt habe ich bislang in der Regel nur gute Erfahrungen gemacht. Die Düfte, die ich kenne und teilweise auch in meiner Sammlung hatte (z.B. „Ambre Noir“ und „Harâm“) zeichneten sich immer dadurch aus, dass sie allesamt alltagstauglich (sprich tragbar) waren und preislich im soliden Mittelfeld gespielt haben. Alle Flakons wichen optisch nicht voneinander ab (schwarz und quadratisch).
Nun bin ich hier vor einigen Wochen auf den neuen Brecourt – Duft „Oud Santal“ aufmerksam geworden. Da mich sowohl das Thema Oud interessiert und die von den normalen Flakons abweichende Gestaltung (dunkelbrauner Flakon mit Goldschild und goldenem, runden Deckel) zudem meine Aufmerksamkeit erregte, landete er erst einmal auf meiner Merkliste.
Bei einer Bestellung bei ALzD gab ich ihn dann als Probenwunsch an und so fand „Oud Santal“ seinen Weg zu mir.
Und eines muss ich gleich vorab feststellen: Man sollte unbedingt Oud mögen, denn dieser Duft besteht zum Großteil daraus und das in jeder Phase des Duftverlaufs.
Der Duft startet mit eher dunklem Oud (dunkel im Sinne von voll und raumgreifend, aber nicht medizinisch stechend), das allerdings von winzigen Sprenklern aus Iris und Veilchen aufgehellt wird. Wie hell leuchtende Sterne in dunkler Nacht durchbrechen sie die Dunkelheit.
Doch dieser Duft hat anscheinend ein Faible für das Dunkle, denn durch Nagarmotha und Gurjunbalsam ziehen erdige und leicht harzige Komponenten auf. Obwohl kein Patchouli gelistet ist, könnte ich fast schwören, welches zu riechen. Und um bei meinem Nachtbild zu bleiben: Die Sterne werden nun wieder durch Wolken verdeckt, so dass es dunkler wird.
Doch mit Eintritt in die Basis geht das Spiel aus der Kopf- und Herz - Note wieder von vorne los: Sandelholz (weich und warm), Ambra (bernsteinfarben und leicht balsamisch) und Moschus (eher kühl als seifig) werfen ihre ganze Strahlkraft und ihr ganzes Können in die Duft - Waagschale, um der Dunkelheit die Stirn zu bieten.
Und meiner Ansicht nach schaffen sie das wirklich grandios. Oud und die wärmeren Komponenten verschmelzen förmlich in- und miteinander. Kein zähes Ringen um die Oberhand, sondern ein gleichberechtigtes Miteinander zeichnet die Basis von „Oud Santal“ aus, die weder süß noch herb ist. Ausbalanciert und ungemein edel komponiert tänzeln diese „Duft – Stars“ auf meiner Haut. Über Stunden und ohne Ermüdungserscheinungen.
„Oud Santal“ hat mich vollends in seinen Bann gezogen, mich bei jedem weiteren Test nur wieder auf’s Neue darin bestärkt, hier einen ganz besonderen Duft auf der Haut zu haben.
„Oud Santal“ ist anfänglich ein Duft der Gegensätze, spielt härter auf, als er in Wirklichkeit ist, beherrscht die Klaviatur der Dunkelheit, die hier zu keinem Zeitpunkt etwas Beängstigendes hat. Auch ist nicht düsteres Schwarz die Grundfarbe, sondern eher Nachtblau, das weitaus weniger abweisend und kühl erscheint als pures Schwarz.
„Oud Santal“ hat für mich sogar etwas Einhüllendes und Tröstliches. Man fühlt sich geborgen in und verstanden von diesem Duft.
Insofern mag es niemanden verwundern, dass ich für diesen Duft die Höchstwertung vergeben habe und mich heute schon auf den Tag freue, an dem er bei mir einziehen wird.
„Oud Santal“ ist ein andersartiger Brecourt, der sehr wertig und edel erscheint. Der Duft an sich als auch die äußere Gestaltung weichen immens von den „normalen“ Brecourt – Düften ab.
Wem die Brecourt – Düfte also bislang zu „normal“ waren, sollte diesen Vertreter des Hauses unbedingt testen: Ein absoluter Unisex – Duft mit toller Duft – Aussage und inkludiertem Wohlfühl – Faktor.