Baraonda (Extrait de Parfum) von Nasomatto

Baraonda 2016 Extrait de Parfum

DerDefcon
11.06.2020 - 04:33 Uhr
17
Top Rezension
8Duft 9Haltbarkeit 8Sillage 10Flakon

Whiskey und Holz - ein traumhaftes Zusammenspiel

Reformulierungsgerüchte machen hier auf parfumo.de öfter die Runde, ebenso auch welche über Batch-Schwankungen und Ängste vor Qualitätseinbrüchen bei bestimmten Dufthäusern sind teilweise omnipräsent. Natürlich macht all dies auch vor dem Hause Nasomatto nicht halt und so liest man immer öfter von der miserablen Haltbarkeit bestimmter Parfüms oder einer kaum bis gar nicht vorhandenen Sillage. Ob an all dem etwas dran ist, vermag ich nicht sicher beantworten zu können, doch bin ich mal so frech und komme mit einer kleinen, vielleicht auch etwas provokanten Vermutung daher, indem ich behaupte, dass viele Nasen gewisse Duftwässerchen, gerade die stärkeren unter ihnen, einfach schnell adaptieren. Zumindest scheint es mir bei "Baraonda" so zu gehen. Ich selbst rieche den Duft nach fünf bis sechs Stunden nur noch recht schwach. Betritt dann aber die Verwandtschaft das Haus, wird naserümpfend gefragt, was ich denn heute wieder trage. Das rieche unangenehm, heißt es oft, wobei ich vermute, dass es sich hier einfach um eine Trotzreaktion gegenüber meinem Parfüm-Hobby handelt. Es waren dabei lediglich zwei kleine Sprühstöße aus dem Minizerstäuber - und da kommt wirklich nicht viel raus - die für eine derartige Duftwolke sorgten. "Baraonda" hat also nicht nur Fans, so viel kann vorweg schon gesagt werden. Ich aber mag ihn und das ziemlich! Ich erkläre mal, warum das so ist.

Benetzt dieses Extrait meine beiden Pulspunkte direkt unter den Ohren, vernehme ich auf Anhieb eine wunderbar authentische Whiskey-Note. Eine solche habe ich bis dahin in einem Parfüm noch nicht gerochen. Wahrlich kenne ich manch andere Dufthäuser, die mit Rum, Brandy oder Whiskey arbeiten, doch nicht selten waren jene olfaktorischen Nachbildungen alkoholischer Genussgetränke billiger oder übersüßter Natur. "Jazz Club" zum Beispiel wirkte auf mich wie ein flakonisierter Aschenbecher, in den billigster Rum gekippt wird. Und mancher Kilian-Duft war dermaßen süß und klebrig, dass ich fürchtete, schlagartig Typ II-Diabetiker zu werden. All diese Probleme hat "Baraonda" glücklicherweise nicht. Stattdessen mischt sich eine schöne Holznote mit hinzu, die Bilder eines dunklen Whiskey-Kellers mit vielen alten Fässern aufkommen lässt. Es sind jene Bilder, die man auch im Rahmen diverser Werbekampagnen aufgetischt bekommt. Dass die heutige Massenproduktion dieser Spirituose längst keine mehr so klassische ist, sondern vorwiegend industriell abläuft, blenden wir einfach gekonnt aus. Immerhin wollen wir uns unsere schönen Bilder nicht kaputt machen lassen, richtig?

Schlussendlich war es das auch schon. Nasomatto bietet allen, die alkoholischen Noten in Parfüms nicht abgeneigt sind, einen tollen Verbund aus Whiskey und Holz. Süße schwingt zwar auch hier mit, doch ist diese nie zu stark, keinesfalls klebrig oder gar billig. Es ist die natürliche Süße, die jenes alkoholische Genussgetränk mit sich bringt - vielleicht noch durch eine Minimaldosis Honig verfeinert, aber da bin ich mir nicht sicher. Alessandro Gualtieri ist hier etwas ganz Tolles gelungen.
"Baraonda" ist stark - zweifellos - aber dennoch alltagstauglich, zu diversen Anlässen passend, wärmend und sehr anschmiegsam.

10 Antworten
PortomingaPortominga vor 5 Jahren
Treffender Kommentar. Ich hab bei dem mehr das Whiskeyfass gerochen als das Getränk, den Alkohol. Ich glaube, der hat durch die Reformulierung nicht an Haltbarkeit eingebüßt, sondern an Natürlichkeit.
FlirtyFlowerFlirtyFlower vor 6 Jahren
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Whiskey... Interessant. Wobei ich bei manchen Düften auch das Gefühl bekomme, dass sie so süß sind, dass ich Diabetes davon bekomme. Moment, da war keine Brücke zu den einzelnen Themen... Egal, Pokal!
EinfachichEinfachich vor 6 Jahren
Schöne Beschreibung- und danke für die Warnung. Whiskey mag ich weder im Glas, noch im Duft ;-)
Melisse2Melisse2 vor 6 Jahren
Ich mag auch Whisky im Duft. Leider habe ich mit "Spirit of the Glen" mal wieder einen gefunden, den es nicht mehr gibt. Den Baraonda hatte man mir in der Kurfürstenparfümerie auch als Ersatz empfohlen.
SeeroseSeerose vor 6 Jahren
Alles klar, ich mag keinen Whisky, aber riechen schon. Nur, seh ich keinen Sinn darin, nach zu trinkenden Alkoholischem zu riechen, als ob ich eine Alkfahne hätte. Egal, Vielleicht nimmt man diesen Gualtieri an anderen anders wahr.
SchatzSucherSchatzSucher vor 6 Jahren
Den Duft kenne ich ja noch nicht, deine Beschreibung läßt aber auf jeden Fall aufhorchen. Gute Whiskynoten sind mir lieber als andere Schwipsnoten. Das kann schnell mal fuselig wirken. Schöner Kommentar!
ChizzaChizza vor 6 Jahren
Der würde mich auch mal reizen. Schön wie du den Whiskey beschrieben hast denn billige alkoholische Noten oder übertriebene Süße ist nicht meins.
PollitaPollita vor 6 Jahren
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Den muss ich definitiv auch noch testen. Mein Liebling dieser Marke ist bisher Silver Musk, aber auch Absinth hat mich begeistert. Ich mag die Marke und hatte bislang noch keine schwankende Qualität beobachten können. Schöner Kommentar!
Kali84Kali84 vor 6 Jahren
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Der Duft ist schon toll. Ich bin noch am überlegen ob es der Baraonda bei mir wird oder der Single Malt von Kilian.
DarkWinterCSDarkWinterCS vor 6 Jahren
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Es freut mich, dass dir der Duft letztendlich gefallen hat. Es ist wirklich ein wundervoller Flakon mit einer wunderschönen und traumhaften Flüssigkeit.