Dulcis in Fundo 2001

CalypsoC106
11.05.2013 - 14:39 Uhr
34
Top Rezension
6
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft

Wie ein Mann dir zu verstehen gibt, dass er den Duft nicht an dir riechen will

MonCherie hat mir eine Probe dieses Duftes geschickt, weil sie glaubte, es treffe mein Beuteschema. Ich trug ihn auf, als ich zur Arbeit ging. Ganz ohne Erwartungen, weil ich dachte, mich könnte so schnell nichts mehr begeistern. Dort angekommen, verspürte ich immer wieder Hunger. Eigenartig. Warum muss ich immer wieder an meine Mutter denken? Und warum an ihren Käsekuchen? Sie bereitete den Käsekuchen immer mit Vanillepuddings-Pulver anstatt mit Stärke zu und belegte den Kuchen mit Mandarinen, bevor sie ihn mit klarem Tortenguss überzog. In meinem Kopf drehte sich immer wieder dieser Kuchen. Kein Wunder: Das Parfum duftet so! Total begeistert davon wollte ich es einige Tage später meinem Freund vorführen. Wir wollten ins Kino gehen. Ich saß schon ausgehfertig im Wohnzimmer. Mein Freund betritt das Zimmer und fängt an zu schnüffeln. Dabei wandern seine Augen suchend durch den Raum.

„Komisch, hier riecht´s irgendwie nach Kuchen!“ entgegnet er und schaut mich dabei an, als ob ich etwas hinter meinem Rücken verstecken würde.

„Ja, das bin ich. Das ist der tolle Duft, von dem ich schon seit Tagen schwärme.“

„Bist du verrückt? Warum willst du nach etwas Essbaren riechen? Würdest du auch ein Parfum tragen, dass nach Steak duftet, nur weil du so gerne Steaks isst?“

Zu dieser Frage weiß ich immer noch keine Antwort. Im Kino dann, als wir uns auf den Film konzentrierten, schnaubte er plötzlich: „Ich fass es nicht, dass ich neben einem Kuchen sitzen muss! Als würde ich den Backoffen öffnen und mir den Dampf ins Gesicht blasen lassen.“

Lav hatte wohl Recht, als sie schrieb, der Duft hätte eine „heiße-Kuchen-Note“. Zu Hause ging das Theater dann weiter. Er öffnete sofort das Fenster, als ich mich ins Bett legte. Die Silage muss ungemein groß gewesen sein. Den Gute-Nacht-Kuss gab er mir, während er sich demonstrativ die Nase mit den Fingern zuhielt. (Wer will schon so einen Kuss bekommen?) Sein Kopfkissen legte er ans Fußende des Bettes, machte es sich dort bequem und zählte alle Backwaren auf, die ihm einfielen: Lebkuchen, Quarkbällchen mit Pudding, Donuts, Berliner, Vanillekipferl… Es klang wie ein Gebet. Morgens gab er ein erleichtertes Seufzen von sich, als er merkte, dass der Duft verflogen war. Ich fragte ihn, weshalb ihn dieser Duft so fuchsteufelswild gemacht hatte. Schließlich würde er Süßwaren doch lieben. Er antwortete, es wäre kein Problem kurz daran zu riechen, aber es die ganze Zeit vor der Nase zu haben, hielte er nicht aus. Diese Aussage erinnerte mich an die Zeit, als ich aus Überzeugung kein Fleisch aß. Wenn meine Eltern draußen grillten, machte mich der Geruch verrückt, weil es so lecker roch, ich es mir aber verboten hatte. Etwas Schmackhaftes zu riechen, es aber nicht essen zu können, löste Wut und Verzweiflung aus. So ähnlich lief es wohl auch bei meinem Freund ab. Das Parfum ist eine Süßspeise aus Mandarine, einem Hauch Zitronenschale und Vanillepudding.

MonCherie hatte also voll ins Schwarze getroffen! Es ist total mein Ding! Mein Freund und ich einigten uns darauf, dass ich mir den Duft nur zulegen darf, wenn ich ihn an Werktagen trage. Er und ich sehen uns nämlich nur am Wochenende ;-)
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