31.10.2021 - 11:21 Uhr
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A Nightmare of Synthetic Saffron
Safran.
Lass mal 'nen Brainstorming machen. Was fällt Dir ein?
Der Kinderreim? Safran macht den Kuchen gel...? Oder denkst Du an Paella?
Mir fällt eine pakistanische Studentin ein, die mir vor einigen Jahren eine wirklich riesige Menge an "Safran" kredenzte. Bestimmt 300 g. In einer Zellophantüte. "Garantiert echter Safran" aus der Heimat. Ihre Worte.
Ich wunderte mich zunächst über die rote Farbe. Und darüber, daß der Tüte kein Geruch entströmte, auch nach dem Öffnen nicht. Bei nährerer Untersuchung stellte sich der Safran als Plastikfäden-Gemisch dar. Ja, Ihr habt richtig gelesen, es waren Plastikfäden. Natürlich habe ich sie korrekt im Gelben Sack entsorgt.
Ein Kilogramm Safranfäden kostet zwischen 2.000 und 7.000 Euro, je nach Qualität.
100.000 Blüten müssen für ein Kilo von Hand geerntet werden. 90% der weltweiten Produktion stammt aus dem Iran. Dort sind circa 150.000 Menschen im Anbau und bei der Ernte von Safran beschäftigt.
Warum ist das für uns im Kontext einer Parfum-Rezension interessant?
Nun, ich möchte - once and for all - festhalten, daß es fast keinen natürlichen Safran in der Parfumherstellung gibt. Ein solches Parfum wäre unerschwinglich! (Und würde überall extrem orange abfärben... ).
Was in Parfums normalerweise als "Safran" bezeichent wird, ist fast immer synthetisch. Meistens handelt es sich um "Safraleine", ein Molekül von Givaudan, das seit 2004 auf dem Markt ist. Aus echtem Safran gewonnenes "Safranal", wurde von der der IFRA sehr stark eingeschränkt .
Silvaine Délacourte schreibt dazu:
"Natural saffron is not allowed in perfumery because it contains safranol, a component that causes allergies. Safraleine by Givaudan is a synthetic molecule. "
Wundert das jetzt jemanden? Ich vermute, die meisten Parfumfreund*innen wissen, daß in den Düften, die so würzig-bitter duften, kein echter Safran drin ist.
Vor einiger Zeit habe ich sogar ein kleines Tütchen mit echtem iranischen Safran in eine bayrische Großstadt verschickt (sorry,Hasi, daß es nur so eine kleine Menge war, aber Du weißt, der Stoff ist teuer...), weil ich unbedingt wollte, daß meine Freundin eine Vorstellung davon bekommt, wie "the real thing" duftet.
Auf keinen Fall riecht Safran aus dem Iran so wie das hier zu Marketing-Zwecken ausgelobte Zeug in dem Duft "Der Handschuhmacher aus dem Iran."
Was gehen einem da für Bilder durch den Kopf?
Oder was sollten einem für BIlder einfallen?
Ein orientalischer Bazar, am besten der in Isfahan. In einer Ecke seines Ladens sitzt ein Mann mit gutgeschnittenem Gesicht, seine tiefbraunen mandelförmigen Augen ruhen auf seiner Arbeit, einem Stück gegerbten Leders, das er zu Handschuhen formen will. Der Duft von Safran, aromatisch und unvergleichlich, DER Duft unseres Landes, steigt auf, denn neben dem Mann steht ein Schälchen mit Shole Sard, einem Safran-Reispudding...
Ah, comme je suis romantique, toi aussi, Monsieur Le Gantier?
In ganz Isfahan habe ich keinen Handschuhmacher getroffen, aber bestimmt war Jimmy Bodin länger vor Ort als ich und kennt sich da besser aus...
Als ich den Duft vor einigen Tagen testete, war ich in sehr unromantischer Mission unterwegs. Meine Tochter und ich mussten im örtlichen Baumarkt etwas erledigen. Wir sind ein reiner Frauenhaushalt, haben weder einen Handschuhmacher noch einen anderen vernünftigen Handwerker in petto und müssen selbst defekte Regalbretter austauschen. Schon auf dem Weg zum Baumarkt meinte meine Tochter, daß wir doch noch gar kein Sperrholz im Auto hätten. Warum es denn trotzdem so nach Formaldehyd und Spreßspahn röche? Es war der ultra-teure, iranische "Gantier", der so in der Nase brannte. Frisch aufgesprüht, ein echter Baumarkt-Lockdown-Surrogat-Duft.
Das ist wohl eine Überdosis künstlichen Safrans. So riecht der. Und ich habe vollstes Verständnis für alle, die Safran in Parfums meistens schauerlich finden. Es geht mir oft ebenso. Besonders wenn die volle Dröhnung reingeknallt wird.
Doch auf der anderen Seite möchte ich nicht als Synthetik-Hasserin rüberkommen. Deswegen noch ein kleiner Gedankenanstoß zum Thema "aromachemicals".
Am 14.10.21 veröffentlichte "The Perfume Society" ein Interview mit Frédéric Malle.
Er äußerte sich im Kontext der Lancierung seines neuen Duftes "Synthetic Jungle" :
"Interesting perfumery really started at the end of the 19th century, because there were some synthetics available. Perfumery as we know it today has big doses of synthetics, and furthermore, if you want to recreate nature, you need synthetic. I love nature, it needs to be preserved, don't get me wrong, but this idea that everything from nature is great and everything from man is awful is a kind of new fascism".
Klare und bestimmte Worte von Herrn Malle , besonders am Ende.
Sein neuer Duft heißt genau deshalb "Synthetic Jungle", weil er sich zu synthetischen Molekülen bekennt. Das ist ein ehrlicher Ansatz.
Der "Gantier d'Iran" dagegen gaukelt uns vor, echten Safran verwendet zu haben, was ganz und gar nicht der Fall sein kann. Mich nervt diese Marketing-Masche extrem. Aber das habe ich jetzt wohl zur Genüge dargelegt.
Danke an die großartige Gandix, die mich immer wieder mit spannenden Abfüllungen versorgt.
Wir haben gestern über Safran gesprochen und sind beide zu dem Schluß gekommen, daß "Safran Troublant" von "L'Artisan Parfumeur" der schönste Safranduft ist, den wir kennen. Da sind wir uns - trotz aller Unterschiede - endlich mal vollkommen einig.
Der iranische Handschuhmacher kann gegen "Safran Troublant" echt einpacken.
Lass mal 'nen Brainstorming machen. Was fällt Dir ein?
Der Kinderreim? Safran macht den Kuchen gel...? Oder denkst Du an Paella?
Mir fällt eine pakistanische Studentin ein, die mir vor einigen Jahren eine wirklich riesige Menge an "Safran" kredenzte. Bestimmt 300 g. In einer Zellophantüte. "Garantiert echter Safran" aus der Heimat. Ihre Worte.
Ich wunderte mich zunächst über die rote Farbe. Und darüber, daß der Tüte kein Geruch entströmte, auch nach dem Öffnen nicht. Bei nährerer Untersuchung stellte sich der Safran als Plastikfäden-Gemisch dar. Ja, Ihr habt richtig gelesen, es waren Plastikfäden. Natürlich habe ich sie korrekt im Gelben Sack entsorgt.
Ein Kilogramm Safranfäden kostet zwischen 2.000 und 7.000 Euro, je nach Qualität.
100.000 Blüten müssen für ein Kilo von Hand geerntet werden. 90% der weltweiten Produktion stammt aus dem Iran. Dort sind circa 150.000 Menschen im Anbau und bei der Ernte von Safran beschäftigt.
Warum ist das für uns im Kontext einer Parfum-Rezension interessant?
Nun, ich möchte - once and for all - festhalten, daß es fast keinen natürlichen Safran in der Parfumherstellung gibt. Ein solches Parfum wäre unerschwinglich! (Und würde überall extrem orange abfärben... ).
Was in Parfums normalerweise als "Safran" bezeichent wird, ist fast immer synthetisch. Meistens handelt es sich um "Safraleine", ein Molekül von Givaudan, das seit 2004 auf dem Markt ist. Aus echtem Safran gewonnenes "Safranal", wurde von der der IFRA sehr stark eingeschränkt .
Silvaine Délacourte schreibt dazu:
"Natural saffron is not allowed in perfumery because it contains safranol, a component that causes allergies. Safraleine by Givaudan is a synthetic molecule. "
Wundert das jetzt jemanden? Ich vermute, die meisten Parfumfreund*innen wissen, daß in den Düften, die so würzig-bitter duften, kein echter Safran drin ist.
Vor einiger Zeit habe ich sogar ein kleines Tütchen mit echtem iranischen Safran in eine bayrische Großstadt verschickt (sorry,Hasi, daß es nur so eine kleine Menge war, aber Du weißt, der Stoff ist teuer...), weil ich unbedingt wollte, daß meine Freundin eine Vorstellung davon bekommt, wie "the real thing" duftet.
Auf keinen Fall riecht Safran aus dem Iran so wie das hier zu Marketing-Zwecken ausgelobte Zeug in dem Duft "Der Handschuhmacher aus dem Iran."
Was gehen einem da für Bilder durch den Kopf?
Oder was sollten einem für BIlder einfallen?
Ein orientalischer Bazar, am besten der in Isfahan. In einer Ecke seines Ladens sitzt ein Mann mit gutgeschnittenem Gesicht, seine tiefbraunen mandelförmigen Augen ruhen auf seiner Arbeit, einem Stück gegerbten Leders, das er zu Handschuhen formen will. Der Duft von Safran, aromatisch und unvergleichlich, DER Duft unseres Landes, steigt auf, denn neben dem Mann steht ein Schälchen mit Shole Sard, einem Safran-Reispudding...
Ah, comme je suis romantique, toi aussi, Monsieur Le Gantier?
In ganz Isfahan habe ich keinen Handschuhmacher getroffen, aber bestimmt war Jimmy Bodin länger vor Ort als ich und kennt sich da besser aus...
Als ich den Duft vor einigen Tagen testete, war ich in sehr unromantischer Mission unterwegs. Meine Tochter und ich mussten im örtlichen Baumarkt etwas erledigen. Wir sind ein reiner Frauenhaushalt, haben weder einen Handschuhmacher noch einen anderen vernünftigen Handwerker in petto und müssen selbst defekte Regalbretter austauschen. Schon auf dem Weg zum Baumarkt meinte meine Tochter, daß wir doch noch gar kein Sperrholz im Auto hätten. Warum es denn trotzdem so nach Formaldehyd und Spreßspahn röche? Es war der ultra-teure, iranische "Gantier", der so in der Nase brannte. Frisch aufgesprüht, ein echter Baumarkt-Lockdown-Surrogat-Duft.
Das ist wohl eine Überdosis künstlichen Safrans. So riecht der. Und ich habe vollstes Verständnis für alle, die Safran in Parfums meistens schauerlich finden. Es geht mir oft ebenso. Besonders wenn die volle Dröhnung reingeknallt wird.
Doch auf der anderen Seite möchte ich nicht als Synthetik-Hasserin rüberkommen. Deswegen noch ein kleiner Gedankenanstoß zum Thema "aromachemicals".
Am 14.10.21 veröffentlichte "The Perfume Society" ein Interview mit Frédéric Malle.
Er äußerte sich im Kontext der Lancierung seines neuen Duftes "Synthetic Jungle" :
"Interesting perfumery really started at the end of the 19th century, because there were some synthetics available. Perfumery as we know it today has big doses of synthetics, and furthermore, if you want to recreate nature, you need synthetic. I love nature, it needs to be preserved, don't get me wrong, but this idea that everything from nature is great and everything from man is awful is a kind of new fascism".
Klare und bestimmte Worte von Herrn Malle , besonders am Ende.
Sein neuer Duft heißt genau deshalb "Synthetic Jungle", weil er sich zu synthetischen Molekülen bekennt. Das ist ein ehrlicher Ansatz.
Der "Gantier d'Iran" dagegen gaukelt uns vor, echten Safran verwendet zu haben, was ganz und gar nicht der Fall sein kann. Mich nervt diese Marketing-Masche extrem. Aber das habe ich jetzt wohl zur Genüge dargelegt.
Danke an die großartige Gandix, die mich immer wieder mit spannenden Abfüllungen versorgt.
Wir haben gestern über Safran gesprochen und sind beide zu dem Schluß gekommen, daß "Safran Troublant" von "L'Artisan Parfumeur" der schönste Safranduft ist, den wir kennen. Da sind wir uns - trotz aller Unterschiede - endlich mal vollkommen einig.
Der iranische Handschuhmacher kann gegen "Safran Troublant" echt einpacken.
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