vor 11 Jahren
Louce:
... Wenn meine Nase und mein Hirn im Zusammenspiel kein klares Erkennungsmuster für einen Geruch hinkriegen, dann wird empfangener Wirrwarr ausgeblendet und eben nicht bewusst wahrgenommen. Das kennt jede/r: Für bestimmte Gerüche ist man hochsensibel und erkennt sie als erstes aus einem Gemisch heraus, andere Eindrücke sind weniger klar... und manche eben so unklar, dass das Hirn sie gleich streicht.
Dieses Zusammenspiel, die Verknüpfung von Wahrnehmung und Interpretation derselben im Hirn, kann bewusst angeregt und gebildet werden. Übung und Austausch mit anderen hilft da. Sprechen hilft nicht nur, sich zu verständigen, sondern kann Lernprozesse auch verfestigen, Abstraktes konkretisieren und speicherbar machen ...
Riechtraining und Versprachlichen nützen sicher enorm. Aber wohl nicht in jedem Fall...
Aus der eigenen Selbstbeobachtung:
Sehr viele Gerüche nehme ich sogar in extrem "niederschwelliger" Konzentration wahr. Und weil ich's generell mit dem Versprachlichen habe, kann ich sie meistens auch beschreiben/ zuordnen. Aber bestimmte Duft"akkorde" bereiten mir mitunter Probleme. Beispiel: "Leder". Dieser Eindruck resultiert nie aus einem einzigen Duftstoff, er ist immer aus mehreren kombiniert, Akkord eben. Und es gibt "Leder"-Parfums, bei denen ich alle möglichen Einzelkomponenten rieche, jedoch die "Leder"-Impression nicht zusammenkriege; anscheinend kann Geruchswahrnehmung auch analytisch statt, wie vom Parfümeur geplant, synthetisierend funktionieren, ohne dass die riechende Person das beabsichtigt oder bewusst steuert. (Hängt offenbar davon ab, wie der Akkord gebaut ist; bei den meisten "Leder"-Düften nehme ich tatsächlich Leder wahr:-) ).
Andere "Akkorde" wiederum scheinen - durch Erinnerungen und Assoziationen? - für verschiedene Leute verschieden zu "klingen". Bei manchen Düften denke ich an einem bestimmten Punkt: "Bohnerwachs". Oder "Türlack". Oder... Und das ist reproduzierbar - ich habe beim Testen auch schon blind in die Probenkiste gegriffen und erst nachher geguckt, was ich denn grad auf dem Arm trage.
Noch ein Beispiel, das wohl nicht nur für mich gilt: Manche Anfangseindrücke machen für den weiteren Duftverlauf offenbar unempfänglich, die Nase "macht dicht" (oder das Hirn?). Mir geht es z. B. so bei Parfums mit stark estragonlastiger Kopfnote; da kriege ich von der folgenden Duftentwicklung nur noch wenig mit. Aldehydische Eröffnungen scheinen auf andere Leute ähnlich zu wirken (wird in manchen Kommentaren deutlich). Und sicher gibt es da noch viel mehr.