Aber natürlich lasse ich mich von Rezensionen und Statements inspirieren und auch beeinflussen - wenn auch nicht von jeder.
Wenn jemand einem Duft eine Note unterhalb von 5 gibt, zur Erklärung aber lediglich in viereinhalb dahingeschlodderten Sätzen durchfunkt, daß der Duft gar nicht ginge, weil z.B. Gartennelke enthalten ist, dann werde ich das nicht ernst nehmen.
Am anderen Ende der Skala läuft das genauso: Da werden Düfte (interessanterweise fast immer von Neuanmeldungen und fast immer Hypedüfte im dreistelligen Taler-Bereich) in drei Sätzen als Blindbuy-Must angelobt, weil sie "geil" riechen (wahlweise auch "unique") und Frauen beeindrucken und mit 10 bewertet. Nicht Euer Ernst, oder?
Aber es gibt eine Vielzahl von Usern hier, die sich sehr viel Mühe geben, Düfte so detailliert wie möglich zu beschreiben.
Das kann mal ein Stimmungsbild sein ("Sie schob sich die nasse Locke aus der Stirn und betrachtete mit vorgezogener Schmoll-Lippe den Nebel, der sich unerbittlich in das schottische Hochmoortal drückte..."). Das ist auch nicht meine Welt, schon allein deshalb nicht, weil ich jetzt schon mal in einem schottischen Hochmoortal gestanden haben sollte, um mit dem Bild was anfangen zu können. Hab ich aber nicht.
Solche Rezensionen helfen mir persönlich nicht weiter, aber ich erkenne an, daß sich jemand viel Mühe gegeben hat und wer weiß, vielleicht können sich andere Parfumos gerade über die geschilderten Stimmungen angesprochen fühlen.
Ich mag am liebsten die Rezensionen, die sich sicht- und lesbar darum bemühen, möglichst differenziert den persönlichen Dufteindruck zu schildern. Rezensionen, in denen man eine gewisse Ernsthaftigkeit erkennen kann. Die anderen Parfumos erkennbar bei der Auswahl von Testkandidaten helfen wollen. Und solche Rezensionen dürfen dann auch sehr gerne mit einer persönlichen Note versehen sein - so lerne ich was über die Autoren, hab vielleicht was zu lachen oder zu schlucken - und im besten Fall sind diese kleinen Anektoden sogar sehr hilfreich bei der Einordnung des Duftes.
Pyramiden interessieren mich nur insofern, daß ich ein paar Showstopper habe - Duftbestandtteile, die ich die gar nicht leiden kann. So ein Duft ist dann tatsächlich schon beim Lesen einer Duftpyramide raus. Oder eben auch dann, wenn ich in einer Rezension, in einem Statement lese, daß dieser Duftbestandteil bei dem beschriebenen Duft stark wahrnehmbar ist. Dann kann es auch passieren, daß ich sinngemäß antworte, daß der Duft für mich nicht in Frage käme.
Ansonsten halte ich die Aussagekraft einer Duftpyramidenangabe für ziemlich beschränkt. Düfte können exakt die gleichen Duftstoffe in gleicher Reihenfolge angegeben haben und dennoch völlig, wirklich völlig!, unterschiedlich riechen. Ist der Duft jetzt eher herb, reserviert, zurückhaltend, still? Oder - bei gleicher Pyramide - süß, fett, laut, dicht, pastös? Keine Ahnung.
Eine gute und ernsthaft geschriebene Rezension kann aber genau das: Mir eine Ahnung davon geben, wie ein Duft riechen könnte.
Und wenn die Rezension dann von jemanden hier stammt, von dem ich im Laufe der Jahre schon oft inspiriert wurde, dessen Sammlung ähnlich der meinen zusammengestellt ist, dann ist das schon ein Wegweiser für mich.
Es gibt hier nicht wenige Autor*Innen, deren Duftgeschmack ich vertraue und deren Rezensionen daher wirklich hilfreich für mich sind.