vor 11 Jahren
Och, ich fahre jeden Tag S-und U-Bahn. Der olfaktorische Eindruck ist stark zeitabhängig - morgens sind die Bahnen voll mit Studierenden und Berufspendlern und ich rieche - wenig. Gut so. Eine diffuse Fruitchouli-weißer Moschus-Mischung ist nicht unbedingt schön, aber auch nicht unangenehm. Die Herren sind noch zurückhaltender in der Dosierung, maximal ein Le-Mâle-Träger pro Waggon. "Boss Orange for Men" scheint recht beliebt zu sein, zum Glück sparsam dosiert. Trotzdem irritiert mich zur Sommerzeit der Geruch von Bratapfel ungemein. Insgesamt kann ich nicht klagen. Überhaupt nicht. Da ich selber frisch beduftet bin, kann ich auch immer wieder an meinem Handgelenk riechen, um mich von der Umgebung abzulenken.
Nachmittags sieht es etwas anders an - die gleichen Leute, mit denen ich morgens in der Bahn saß, fahren jetzt auch nach Hause. Die Deo-Benutzung liegt 12 Stunden zurück, der eine oder andere stillt seinen Heißhunger mit dem vermeintlichen Schönheitselixier Döner oder einem Stück Pizza. Nun ja, so schlimm finde ich das auch nicht.
Nachhaltig meinen Parfumgeschmack geprägt haben aber abendliche U-Bahn-Fahrten: "Angel", "A*Men", "Hugo Red", "Dior Homme Intense", "1 Million" mögen so schlecht nicht unbedingt sein, aber die Dosis macht das Gift. Wenn jedeR zweite in der Bahn sich aber so eindieselt, als wäre er/sie anosmisch auf Zuckerwatte/Karamell/Schokolade etc. und zusätzlich als würde am Folgetag die Welt untergehen und entsprechend muss die Parfumpulle noch schnell leer gemacht werden (Parfumeschatologie) ... Seit diesen traumatischen Erlenissen bevorzuge ich für mich körpernahe, klar konzipierte Düfte und gourmands haben es sehr schwer bei mir. Und manchmal, in Momenten mangelnder Ausgeglichenheit, verliere ich meine tolerante und liberale Grundhaltung und wünsche mir, andere würden es auch so halten ...