Ronin:Eine spannende Frage - wobei zu klären wäre, was die "besten Düfte" ausmacht. Was kann als Maß für Qualität gelten? Unbestritten ist ein Maß für Qualität der Einfluss auf die weitere Parfumgeschichte: an welchen Düften kommt man nicht vorbei, welche Düfte haben nachhaltige Trends gesetzt oder die Art der Parfumkonzeption entscheidend voran gebracht?
Das Problem ist nun ein wenig, dass solch Qualität fast nur in der Rückschau erkennbar ist, d.h. wer kann beurteilen, welche aktuellen Düfte ihren Stempel auf die Parfumgeschichte setzen?
Wende ich dieses Maß für Qualität an, finde ich in den größten Häusern Deine These bestätigt:
"Pour Monsieur" von
Chanel hat das Bild, wie "ein Herrenduft zu sein hat", nachhaltig geprägt. Kein späterer Herrenduft des Hauses kann das von sich sagen.
Der erste Herrenduft
Diors - "Eau Sauvage"! Eines der größten Parfums von einem der größten Parfumeure, Edmond Roudnitska. Nichts war nach diesem Parfum wie zuvor, allein schon die erstmalige Verwendung des synthetischen Duftstoffs Hedion - für sich unscheinbar riechend, aber jedem Parfum einen frischen Glanz verpassend. Kein Wunder, dass seit "Eau Sauvage" in praktisch jedem Parfum Hedion Bestandteil ist. Selten hat ein Duftstoff so den kreativen Prozess der Parfumentwicklung verändert - dank Edmond Roudnitska, der dies erkannte und in "Eau Sauvage" erstmals umsetzte. Übrigens kann ich selbst dieses großartige Parfum nicht tragen - zu sehr steht es zusammen mit den zahlreichen davon maßgeblich beeinflussten Herrendüften für die Generation meines Vaters.
Dass beide Häuser nie wieder vergleichbare Düfte heraus brachten, ist auch der Commoditisierung des Parfummarktes geschuldet: vom exklusiven Produkt für den Sonntag oder der Oberschicht vorbehalten zum Alltagsgebrauchsgut. Mit diesem Trend sind Chanel und Dior extrem gewachsen, Mut und Innovation ist in so einem Umfeld risikoreich.
Ein No-Brainer: Begründer der Duftfamilie Fougère, Startpunkt der modernen Parfumerie, erstmalige Verwendung eines vollsynthetischen Duftstoffs in Parfums, aus Kunsthandwerk wurde Kunst: "Fougère Royale". Ergo der beste Herrenduft des an Highlights reichen Hauses
Houbigant.
Von Houbigant gerne abgekupfert hat das Haus
Guerlain, genauso wie es gerne Cotydüfte als Vorlage für eigene Optimierungen genommen hat. Der erste Herrenduft "Mouchoir de Monsieur" ist sicher bedeutend, griff aber letztlich so viel von "Jicky" und "Fougère Royale" auf, dass er die Parfumeriegeschichte nicht so entscheidend beeinflusst hat – zumindest nicht so sehr wie "Habit Rouge", dem ersten orientalischen Herrenduft überhaupt. Somit ist der dritte (oder vierte) Herrenduft Guerlains der beste (im Sinne von Einfluss auf die Parfumeriegeschichte), nicht der erste.
Die ersten drei Herrendüfte des Hauses
Hermès sind sehr solide und gute Kompositionen, für die sich die Luxusmarke nicht schämen muss. Den Status „Meilenstein der Parfumgeschichte“ haben sie freilich nicht. Dies gebührt dem vierten Herrenparfum: "Terre d’Hermès". Seit diesem Duft gilt die Kombination Zeder-Vetiver als typisch männlich und wer einen dezidiert männlichen Duft herausbringen möchte, kommt daran kaum vorbei. Des Weiteren ist "Terre d’Hermès" eine der konsequentesten Umsetzungen der radikalen Erneuerung der parfumistischen Formensprache durch Jean-Claude Ellena. Das in Verbindung mit dem großen kommerziellen Erfolg des Duftes erklärt, warum eine ganze Generation junger Parfumeure sich in der Parfumkonzeption so von Ellena inspiriert wurde und wird – Francis Kurkdjian, Laura Tonatto, Emilio Valeros, Mathilde Laurent, Geza Schön, Mark Buxton, …
OK, sorry, für die lange Antwort. Zusammengefasst sind also oft die ersten Düfte die besten, aber nicht immer.
Und was ist das denn für ein Generationen-Verständnis? Müssen den Opas und Omas immer oll riechen? Was für ein Unsinn! Mit "Pour un Homme de Caron", mit "No 5", "Arpège", "Knize Ten", "Bandit", "Miss Dior", "Shalimar" etc. haben sie garantiert besser (und vorallem spannender) gerochen als die Angel/A*Men- oder Le Mâle-Generation unserer Tage.